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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: hajowemo in Dezember 14, 2021, 08:51:21 VORMITTAG

Titel: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: hajowemo in Dezember 14, 2021, 08:51:21 VORMITTAG
Hallo Forum,
Gestern hatten unsere Biologen eine Frage an mich als Mikroskopiker die ich nicht beantworten konnten.
Deshalb bitte ich euch darum.
Man nehme z.B. drei Mutterpflanzen (z.B. Orchidee) "geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)"; "breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis)" und
"Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata)"
Wenn ich von diesen Pflanzen Wurzelschnitte oder Schnitte vom Spross erstelle, haben diese drei Arten den gleichen Zellaufbau z.B. Anordnungen der Leitbündel, Xylem, Phloem oder kann man an dem Zellaufbau die Art identifizieren? Oder ist bei einer Familie (Dactylorhiza) so etwas gleich aufgebaut?
Und weiter:
Wenn sich aus diesen drei Arten Bastarde entwickeln, so kann man z.B. an Blattstruktur, Blütenfarbe, Blütezeit die dominierende Mutterpflanze herausfinden.
Geht das auch bei der Zellstruktur die durch Wurzelschnitt oder Sprossschnitt sichtbar gemacht wird?
ODER: Haben die Pollen der Mutterpflanzen ein anderes Erscheinungsbild und kann man an Hand der Pollen die verschiedenen Knabenkräuter identifizieren?
Für eure Hilfe möchte ich mich im Voraus herzlich bedanken.
Lieben Gruß Jochen
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: Detlef Kramer in Dezember 14, 2021, 10:12:53 VORMITTAG
Hallo Jochen,

zumindest versuchen will ich es:
ZitatGestern hatten unsere Biologen eine Frage an mich als Mikroskopiker die ich nicht beantworten konnten.
Deshalb bitte ich euch darum.
Man nehme z.B. drei Mutterpflanzen (z.B. Orchidee) "geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata)"; "breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis)" und
"Fleischfarbenes Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata)"
Wenn ich von diesen Pflanzen Wurzelschnitte oder Schnitte vom Spross erstelle, haben diese drei Arten den gleichen Zellaufbau z.B. Anordnungen der Leitbündel, Xylem, Phloem oder kann man an dem Zellaufbau die Art identifizieren? Oder ist bei einer Familie (Dactylorhiza) so etwas gleich aufgebaut? Dactylorhiza ist die Gattung, nicht die Familie. D. h. Die verschiedenen Arten sind sich sehr ähnlich. Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es da belastbare Unterschiede bei den angeführten Geweben gibt.
Und weiter:
Wenn sich aus diesen drei Arten Bastarde entwickeln, so kann man z.B. an Blattstruktur, Blütenfarbe, Blütezeit die dominierende Mutterpflanze herausfinden.
Geht das auch bei der Zellstruktur die durch Wurzelschnitt oder Sprossschnitt sichtbar gemacht wird? Ebenfalls sehr unwahrscheinlich
ODER: Haben die Pollen der Mutterpflanzen ein anderes Erscheinungsbild und kann man an Hand der Pollen die verschiedenen Knabenkräuter identifizieren? Die Unterschiede müssen so minimal sein, dass eine gegenseitige Befruchtung möglich ist. Mit dem Mikroskop kann man die unmöglich erkennen.
Für eure Hilfe möchte ich mich im Voraus herzlich bedanken.

Ich hoffe Dir ein wenig geholfen zu haben.
Herzliche Grüße
Detlef
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: hajowemo in Dezember 14, 2021, 11:01:52 VORMITTAG
Lieber Detlef,
herzlichen Dank für deine Antworten. Sowas habe ich mir schon gedacht.
Aber wenn ich eine andere Orchidee z.B. Schmetterlings-Orchidee (Phalaenopsis) nehme, müssten aber Unterschiede bei
der Zellstruktur gegenüber Knabenkraut (Dactylorhiza) erkennbar sein.
Oder sind hier die Ähnlichkeiten immer noch so groß, dass eine Identifizierung nicht gut möglich ist.
(Bei Schnitten und Pollen)
Hintergrund bei uns ist: es ist ein Orchidee-Liebhaber zu uns in den Verein gekommen und er will sich einbringen und wir stoßen auf Fragen.
Es geht dabei um die "Flora von Hagen" die in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen Feldarbeit leistet.
Lieben Gruß Jochen
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: jcs in Dezember 14, 2021, 11:15:44 VORMITTAG
Hallo Jochen,

in zwei Threads habe ich kürzlich das Rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra) und die Fuchs-Fingerwurz (Dactylorhiza fuchsii) im Mikroskop angeschaut. Da findest Du Beispielbilder für Schnitte durch den Spross, die Wurzel und die Blüten. Die deutlichsten Unterschiede zwischen den Arten findet man (nicht sehr überraschend) bei den Blüten. Stängel und Wurzel sehen doch recht ähnlich aus. Stelle ich mir schwierig vor, daraus die Art ableiten zu können.

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41559.msg306220#msg306220 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41559.msg306220#msg306220)

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42043.msg310392#msg310392 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42043.msg310392#msg310392)

Aber Detlef kann das als Botanik-Profi sicher fundierter kommentieren.

LG

Jürgen
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: reblaus in Dezember 14, 2021, 16:30:37 NACHMITTAGS
Hallo Jochen -

die Definition von systematischen Kategorien ( z.B. Art, Rasse, Gattung, Familie) hat sich im Lauf der Jahrtausende - und besonders im letzten - so oft und stark geändert, dass sich Deine Fragen immer nur zusammen mit einschränkenden Vokabeln beantworten lassen (ziemlich, meist, i.d.R., abgesehen von).
       Nicht nur das, was man zum jeweiligen Zeitpunkt als "angewandte Wissenschaft" verstanden hat (z.B. Züchtung) spielte dabei ein große Rolle, sondern noch mehr die jeweils aktuellen Religionsrichtungen, die bei uns derzeit zwar im Schwinden begriffen scheinen, in Wirklichkeit aber von einem Gemisch von Ersatzreligionen und "political correctness" abgelöst werden, deren Einfluss keineswegs geringer ist. Von der heterogenen Vorbildung und den Emotionen des jeweiligen "exakten" Naturwissenschaftlers und anderer Experten lasst uns hier schweigen.
       In der Zoologie tritt das noch krasser zu Tage als in der Botanik, oder würdest du als Klingone, der die Mikroben auf der Erdoberfläche unter seinem Stemi untersucht einen Rehpinscher und einen Rottweiler als artgleich betrachten?

Viele Grüße

Rolf





Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: Wutsdorff Peter in Dezember 14, 2021, 17:36:54 NACHMITTAGS
Hallo in die Runde,
Kn-Kr. haben wir oft im Berner Oberland gesehen.
Ich habe mich aber nicht getraut eine Pflanze zu schneiden.
Die  Kn. Kr. sind m.W. geschützt?
Gruß vom unwissenden Inschenör  Peter
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: jcs in Dezember 14, 2021, 19:23:55 NACHMITTAGS
Hallo Peter,

die heimischen Orchideen sind alle geschützt. Die oben gezeigten Beispiele konnte ich nur "schnippeln", weil sie bei mir im Garten wachsen.

Jürgen
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: dicentra in Dezember 15, 2021, 08:04:33 VORMITTAG
Hallo Jochen,


wie Detlef ja schon angemerkt hat wird die Unterscheidung nahe verwandter Arten von Orchideen anhand von Pollen nicht ganz einfach sein.
Du kannst dir auf der Seite [size=78%]Kategorie:Orchidaceae – Pollen-Wiki (tstebler.ch) (https://pollen.tstebler.ch/MediaWiki/index.php?title=Kategorie:Orchidaceae)[/size] einen Eindruck verschaffen, wie ähnlich z.B. Pollen der Dendrobien-Arten sind. Orchideen neigen ja auch stark zum hybridisieren, bilden also relativ häufig Kreuzungen nahe verwandter  Arten (wie man bei Bestimmungsübungen im Feld leider oft feststellen muss). Das ist schon ein Hinweis, dass diese sich nahestehende Arten morphologisch nicht allzu stark unterscheiden. Aber vielleicht ist das ja grade dann ein fruchtbares Gebiet?


Grüße!


Oli
Titel: Re: Frage an Biologen Vererbungslehre
Beitrag von: Dünnschliffbohrer in Dezember 15, 2021, 20:39:46 NACHMITTAGS
Hallo in die Runde,
vielleicht ginge es anhand der Chromsomenzahl, die ja in den Bestimmungsbüchern oft mit angegeben wird, und die durch Polyploidisierung auch bei nahe miteinander verwandten Pflanzen sich deutlich unterscheiden kann. Aber dazu müsste man die erst mal präparieren, z.B. aus den Wurzelspitzen oder anderen Meristemen, was bestimmt nicht so einfach ist? Hat das hier schon mal einer zu Bestimmungszwecken versucht?