Viele Bakterien besitzen Geißeln (lat. Flagellum). Die Geißeln dienen der aktiven Fortbewegung der Bakterien und sind eigentlich nur wenige Nanometer dünn und können nicht ohne weiteres im Lichtmikroskop beobachtet werden. Die Anzahl und Anordnung der Geißeln waren wichtiger Anhaltspunkt für die Bestimmung. In Zeiten von PCR und Massenspektrometrie zur genauen Zuordnung ist dieses speziellere Verfahren im wissenschaftlichen Alltag in den Hintergrund gerückt.
Die Literatur zur Durchführung ist rar und meistens schon einige Jahrzehnte alt. Am häufigsten begegnet man der Leifson-Methode. Die in diesem Versuch durchgeführte Variante entspricht einer etwas abgewandelten Rezeptur. Man findet zahlreiche Variationen der angegeben Methode, im Prinzip haben aber alle dieselbe Funktionsweise.
A) Bakterien-Kultur
Eine einfache, sichere und auch zielführende Bakterienkultur wird hergestellt indem 5 ca. 1 cm dicke Scheiben einer Karotte für ca. 5 Minuten in Wasser weich gekocht werden. Die Karottenscheiben legt man dann in eine Petrischale die mit etwas befeuchteter Watte ausgelegt wurde. Nach 24 Stunden bei 33°C im Brutschrank bilden sich an der Oberfläche, schleimig, klebrige Kolonien aus denen nach oben beschriebener Weise Ausstriche hergestellt werden können. Bebrütet man die Karottenscheiben weiter (für ca. weitere 48 Stunden) kann man auch die Bildung von bakteriellen Endosporen beobachten. Hierbei wachsen vermutlich entweder Bacillus megaterium, oder Bacillus cereus an.
Anzucht auf Nährboden:
Für die Anzucht einer geeigneten Bakterienkolonie wird ein improvisierter Nährboden gegossen (es kann jeder andere Nährboden genauso verwendet werden). In einem 100 ml-Becherglas werden 50 ml dest. Wasser, 5 g fein zerhacktes Hühnerfleisch, 0,5 g Natriumchlorid, 0,5 g Glucose, ca. 3 ml Milch und eine Spatelspitze Harnstoff für 15 Minuten zum Sieden erhitzt. Danach wird die Lösung filtriert, mit 0,5 g Agar versetzt und für weitere 15 Minuten erhitzt, wobei sich der Agar rückstandslos auflöst.
Währenddessen wird eine improvisiert desinfizierte Petrischale vorbereitet. Dazu wird eine Petrischale mit ca. 7 ml 70%-Isopropanol ausgegossen, der Deckel aufgesetzt und solange geschüttelt, bis der ganze Isopropanol durch den Rand aus der geschlossenen Schale hinausgeflossen ist. Im Anschluss wird die geschlossene Schale mit einem Haarföhn von außen auf beiden Seiten solange erwärmt, bis die Schale trocken ist. Dabei darf die Schale nicht mehr geöffnet werden.
Sobald die Petrischale trocken und abgekühlt ist, wird sie seitlich leicht geöffnet und das noch heiße Nährmedium zügig eingegossen und verschlossen. Nach 1 Stunde ist der Nährboden fest und kann beimpft werden. Dafür wird mit einer Öse zuerst entlang einer Blumenkiste in die Erde getaucht und im Anschluss 3-mal über den Nährboden gestrichen und die Öse daraufhin im Bunsenbrenner ausgeglüht. Sobald die Öse abgekühlt ist, wird wieder 3-mal über den Nährboden gestrichen, wobei durch die 3 Linien aus dem ersten Ausstrich gestrichen wird. Danach wird die Öse nochmals ausgeglüht und wie oben beschrieben ausgestrichen (3 Ösen-Ausstrich). Die Agarplatte wird daraufhin über Nacht bei 33°C in einen Brutschrank gelegt (Deckel nach unten). Nach 16 Stunden können die anwachsenden Kolonien für die Färbung verwendet werden.
B) Farbstoff:
In einem 50 ml-Becherglas werden 0,5 Kaliumaluminiumalaun und 0,4 g Tannin in 7,5 ml dest. Wasser gelöst. Die Lösung wird auf einer Heizplatte zum vorsichtigen Sieden erwärmt. In einem 15 ml fassenden Zentrifugenröhrchen werden 0,4 g Fuchsin und 0,2 g Säurefuchsin vorgelegt und in 2,5 ml Ethanol 96% und 0,5 ml Glycerin aufgenommen und geschüttelt. Im Anschluss wird die Alaun-Tannin Lösung noch warm in das Zentrifugenröhrchen gegossen und sofort für mindestens 1 Minute stark geschüttelt. Danach lässt man das Zentrifugenröhrchen auf Zimmertemperatur abkühlen und für 1 Stunde ruhen, wobei immer wieder geschüttelt wird. Im Anschluss wird die Lösung zentrifugiert (5 Minuten bei ca. 5000 u/min) und der klare Überstand wird vorsichtig abgegossen.
C) Färbung:
Es werden mehrere Objektträger vorbereitet. Dazu gibt man auf den ersten Objektträger einen großen Tropfen dest. Wasser, auf die anderen einen kleineren Tropfen in der Mitte am Rand einer Längskante. Die Öse wird mit einem Tropfen Wasser befeuchtet und damit eine Kolonie auf dem Nährboden berührt. Dabei sollte man nicht hineinstechen, ein bloßes Berühren der Kolonie mit dem Wassertropfen auf der Öse genügt. Danach wird die Öse in den großen Tropfen des ersten Objektträgers eingetaucht und vorsichtig gedreht, sodass eine leichte Trübung wahrnehmbar ist. Danach wird die Öse ausgeglüht und abgekühlt. Im Anschluss wird die Öse vorsichtig in den großen Tropfen des 1. Objektträgers getaucht und im Anschluss in den kleineren Tropfen des zweiten Objektträgers getaucht. Daraufhin wird der 2. Objektträger der Breite nach gekippt, sodass der Tropfen von der einen zur anderen Seite rollt. Die Lösung des 2. Objektträgers sollte nicht trüb sein, da sonst eine zu hohe Bakterienanzahl vorliegt. Der 2. Objektträger wird an eine ruhige Stelle gelegt und man wartet, bis die Flüssigkeit verdunstet ist. Jetzt wird ober- und unterhalb des getrockneten Ausstrichs mit Wachs eine Linie gezogen, sodass die Färbelösung begrenzt bleibt.
Im Anschluss werden ca. 0,5 ml der Farbstofflösung aufgetropft. Die Färbedauer beträgt maximal 90 Sekunden, besser 50-60 Sekunden. Eine genaue Angabe der Färbedauer ist schwer möglich und es bedarf einer Versuchsreihe zur Ermittlung der optimalen Dauer. Nach abgelaufener Zeit wird die Lösung schnell abgespült. Auf dem Objektträger haben sich einige Farbstoffniederschläge gebildet. Die Gegenfärbung erfolgt entweder mit einer 1% Kristallviolett-Lösung oder einer 1% Malachitgrün G-Lösung in Wasser. Dafür wird 5 Minuten bei Raumtemperatur überschichtet und danach noch 1 Minute bei 70°C auf der Wärmplatte und im Anschluss mit dest. Wasser abgespült. Dabei löst sich ein Teil der Niederschläge im Hintergrund. Danach wird der Objektträger auf die warme Wärmplatte gelegt, zügig getrocknet, ein Tropfen Immersionsöl aufgetragen und kann bei 1000-facher Vergrößerung betrachtet werden.
Dünne Geißeldarstellung:
Möchte man die Geißeln dünner Darstellen, was sich bei kleineren Bakterien anbietet ,da andernfalls eine Unterscheidung Geißel und Bakterium oft nicht mehr möglich ist, oder überfärbt man ein Präparat und es kommt zur Bildung von Farbstoffniederschlägen, so empfiehlt sich folgendes Vorgehen.
Zuerst wird das Immersionsöl mit etwas Wundbenzin vom Objektträger gewaschen. Im Anschluss spült man den Objektträger kurz mit 96% Ethanol ab und spült danach zügig mit dest. Wasser nach. Dabei löst sich einiges der Färbung und die Geißeln werden weitgehend entfärbt. Jetzt wird erneut gefärbt, indem man den Objektträger für 5 Minuten mit einer 1% Fuchsin Lösung in Ethanol überschichtet und spült anschließend mit dest. Wasser ab.
Entsorgung:
Farbstofflösungen kommen in den organischen Abfall. Die Bakterienkultur wird spätestens nach 36 Stunden durch einlegen in 3% Natriumhypochlorit-Lösung (DanKlorix) für 24 Stunden vernichtet.
Erklärung:
Durch die Behandlung mit Tannin verdickt die bakterielle Geißel und wird schließlich Lichtmikroskopisch sichtbar und durch das Fuchsin gefärbt. Das Tannin lagert sich dabei an dem Flagellin, dem Protein aus dem die Geißeln hauptsächlich besteht, an. Die Geißeln färben sich dabei immer rot. Der Bakterienzellkörper wird durch die Gegenfärbung entweder violett, oder grün gefärbt, wobei sich aber nicht jedes Bakterium gleich gut anfärbt. Für die Gegenfärbung kann wahrscheinlich auch Malachitgrün verwendet werden (ist nicht dasselbe wie das hier verwendete Malachitgrün G).
Generell ist zu sagen, dass diese Färbung nicht immer gelingt, trotz anscheinend gleicher Ausgangsbedingungen. Das Gelingen hängt von vielen Faktoren ab (überschichtet man mit zu viel, oder zu wenig Farbstofflösung, der Einwirkzeit, der Anzahl der Flagellen [sie brechen leicht ab und man findet mehr abgebrochene als schön anhaftende], der Anzahl der Bakterien, ob überhaupt ausreichend Geißeln vorhanden sind, pH-Wert,..). Die besten Resultate erzielt man mit frühen Kolonien (16-24 Stunden alt), danach scheint die Anzahl der Flagellen abzunehmen (aus 48 Stunden alten Kolonien konnte kaum noch verwertbare Bakterien gefunden werden). Die Färbedauer kann durchaus bis zu 8 Minuten betragen, je nach verwendeten Bakterien, hier ist eine experimentelle Feststellung der optimalen Zeit notwendig, sie liegt aber meist zwischen 30 Sekunden und 8 Minuten, danach überwiegt die Bildung von störenden Niederschlägen. Generell ist die dadurch hergestellte Bakterienkultur nicht ganz optimal, da sie schwer gleich reproduzierbar ist und jedes Mal andere Keime anwachsen könnten. Viele gängige Bakterien sind aber begeißelt und man sollte damit Erfolg haben.
Bei der Kultivierung aus Gartenerde wachsen harmlose, peritrich begeißelte Bacillus sp. an. Die Bakterien breiten sich meist innerhalb kurzer Zeit über die Ganze Platte aus, was für eine hohe Motilität spricht.
Eine aufwändige Reinigung der Objektträger (wie in der Literatur oft angegeben) ist nicht notwendig und die Färbung funktioniert mit günstigen, neuen Objektträgern genauso gut.
Beobachtungstipps:
Beim Mikroskopieren ist es ratsam an den Randbereichen des eingetrockneten Ausstriches nach schönen Ausschnitten zu suchen. Das Präparat ist meistens uneinheitlich gut gefärbt und man muss etwas suchen bis man schöne Bereiche findet. Sind die Geißeln an einer Stelle schön dargestellt, sind sie oft wenige Mikrometer daneben schon schlecht gefärbt, von Niederschlägen überlagert oder gar nicht vorhanden. Meistens wird man mehr abgebrochene Geißeln beobachten können, die bei zu konzentrierten Ausstrichen das Bild überlagern.
Literatur:
Forbes L. Rapid flagella stain. J Clin Microbiol. 1981 Apr;13(4):807-9. doi: 10.1128/jcm.13.4.807-809.1981. PMID: 6164691; PMCID: PMC273886.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_43527150.jpg)
Nährboden nach 10 Stunden
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_56200037.jpg)
Während der Färbung.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_36038289.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_55909147.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_33420276.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_32347029.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_22687807.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_2863675.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_25773083.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_30631159.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316371_7244975.jpg)
LG
Alf
Hallo Alf,
die Bilder sehen gut aus.
Wo hast du das Rezept gefunden?
Ist dein Objektträger voll mit Bakterien und Geißeln oder sind sie nur vereinzelt zu sehen?
Habe dir das Rezept von Leifson angehängt. Ich bin damit nicht glücklich geworden.
Das mit dem Zentrifugieren ist ein interessanter Aspekt.
Liebe Grüße
Rudolf
Original 1930 Leifson: A method of staining bacterial flagella... (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC375116/pdf/jbacter00865-0050.pdf)
Herzlichen Dank für den Beitrag!
Ich habe die Geiselfärbung auch schon probiert bei Bakterien, aber es misslang.
Ich werde bei Gelegenheit dein Rezept probieren.
LG
Leo
Zitat von: rlu in Januar 03, 2022, 23:43:03 NACHMITTAGS
Hallo Alf,
die Bilder sehen gut aus.
Wo hast du das Rezept gefunden?
Ist dein Objektträger voll mit Bakterien und Geißeln oder sind sie nur vereinzelt zu sehen?
Habe das Paper angegeben jetzt, habe die Rezeptur etwas angepasst. Ich habe den pH-Wert nicht auf 7,6 gepuffert, das dürfte der größte Unterschied zu meiner vereinfachten Rezeptur sein. Ich habe zwischenzeitlich versucht das Wasser durch einen auf pH 7,6 eingestellten 0,1 M Phosphatpuffer zu ersetzen. Dadurch ist die Geißelfärbung aber nicht gelungen (fällt Aluminiumsalze aus).
Danke sehr, aber ich kannte das Leifson original Rezept schon auswendig und es hat nie funktioniert leider. Eventuell lag es aber auch an den Bakterien?
Ja der OT ist voll mit abgerissenen Geißeln und man muss bisschen suchen um eine gute Stelle zu erwischen. Deshalb sollte man nicht zu konzentriert auftragen und die Bakterien gut verdünnen.
LG,
Alf
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC273886/pdf/jcm00165-0223.pdf (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC273886/pdf/jcm00165-0223.pdf)
"Despite the recent modification of the Leifson
basic fuchsin-tannic acid method (1) and of the
Rhode silver-plating method (4),
most microbiology laboratories still regard flagella staining with suspicion."
I agree with that.
Zitat von: rlu in Januar 04, 2022, 20:56:13 NACHMITTAGS
"Despite the recent modification of the Leifson
basic fuchsin-tannic acid method (1) and of the
Rhode silver-plating method (4),
most microbiology laboratories still regard flagella staining with suspicion."
I agree with that.
Worauf bezieht sich die Aussage? Meiner Meinung nach auf das Gelingen der Leifson Färbung..
LG,
Alf
Eine weitere einfache und schöne Darstellung gelingt mit der Versilberung, wie sie in diesem Paper https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC274784/pdf/jcm00207-0114.pdf (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC274784/pdf/jcm00207-0114.pdf) beschrieben ist.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316831_32001227.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316831_19575591.jpg)
LG
Hallo Alf -
könntest du hier noch eine Größenangabe machen (Bildfeldlänge. 10mu Balken o.ä.) ?
Gruß
Rolf
Hallo Alf,
die Geißeln von Bakterien sind in einem Maßstab(20nm), die mit einem Lichtmikroskop nicht mehr aufgelöst werden können.
Deshalb klang die Leifsonfärbung von der Theorie so überzeugend.
Geißeln andicken(mit Beizmittel), dann färben.
Da es nur wenige äußere, morphologischen Merkmale gibt, wäre eine Geißelfärbung eine tolle Sache.
Hier das aber.
Wenn sie denn funktioniert hätte, dann gäbe es Bilder ohne Ende, und wäre ein Standardverfahren im Labor.
Ist es aber nicht. Ich habe es irgendwann mal für eine Wissenschaftsente gehalten.
Meine Überlegung ist/war, man muss rauskriegen, ob es überhaupt zu einer Verdickung durch Anbeizen kommt und unter welchen Bedingungen.
Das ist nicht geklärt. Also wer Lust hat, kann sich mit dem Thema beschäftigen oder man findet eine gute Anleitung.
In dem Leifsonrezept ging es stark um das Verhältnis Alkohol/Wasser. Habe die Lösungen separat angemischt und mit unterschiedlichen Konzentrationen getestet. Leider ohne guten Erfolg.
Dein erstes Verfahren zentrifugiert die Ausfällungen/(evtl nicht gelösten Stoffe) vom Beizmittel aus. Das habe ich auch beobachtet, das Beizmittel fällt schon vorher aus.
Und ist damit unbrauchbar, weil diese Ausfällungen das mikroskopische Bild extrem stören.
Was passiert, wenn du nach Zugabe vom Fuchsin noch mal zentrifugierst?
Wenn du z.B im Mikrokop verschiedene Bewegungsmuster siehst, dann müßten die Geisseln der Baktierien auf dem Objekträger auch ganz unterschiedlich angeordnet sein.
Das zweite Verfahren mit Silber kannte ich nicht. Das sieht nicht schlecht aus. Vielleicht beschreibst du genau, wie du vorgegangen bist, damit man es "nachkochen" kann.
Insbesondere wo du die Chemikalien gekauft und wie angesetzt hast. Damit das reproduzierbar wird.
Ansonsten tolle Arbeit und ich freue mich, dass das jemand macht und hinbekommen hat.
Liebe Grüße
Rudolf
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316907_36849274.jpg)
Hallo Rudolf,
Zitat von: rlu in Januar 08, 2022, 13:19:56 NACHMITTAGS
Hier das aber.
Wenn sie denn funktioniert hätte, dann gäbe es Bilder ohne Ende, und wäre ein Standardverfahren im Labor.
Ist es aber nicht. Ich habe es irgendwann mal für eine Wissenschaftsente gehalten.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/316916_32001227.jpg)
ja das habe ich mir auch schon gedacht, da die Färbung bei mir nicht im Ansatz funktioniert hatte, aber vielleicht lag es auch an den Bakterien. Ich glaube es wurde keine Standardmethode, da die Methode schwer reproduzierbare Ergebnisse liefert und selbst in einem Präaprat die Färbung teilweise sehr gut und wenige Mikrometer daneben gar nicht gelingt. Ausschlaggebend muss das Verdunsten des Ethanols sein, um die richtige Menge an Tannin-Farbstoff-Komplex Ablagerung zu erzielen.
Zitat von: rlu in Januar 08, 2022, 13:19:56 NACHMITTAGS
Dein erstes Verfahren zentrifugiert die Ausfällungen/(evtl nicht gelösten Stoffe) vom Beizmittel aus. Das habe ich auch beobachtet, das Beizmittel fällt schon vorher aus.
Und ist damit unbrauchbar, weil diese Ausfällungen das mikroskopische Bild extrem stören.
Was passiert, wenn du nach Zugabe vom Fuchsin noch mal zentrifugierst?
Das Fuchsin ist von Anfang an drin und wird auch abzentrifugiert, es bleibt generell viel ungelöstes zurück. Dass das beizmittel einen Film am Objektträger hinterlässt ist aber nicht zu umgehen. Es ist auch notwendig, da sich sonst auch an den Geißeln nichts anlagert. Bei Präparaten die klar aussahen am Objektträger hat die Färbung nicht funktioniert.
ZitatInsbesondere wo du die Chemikalien gekauft und wie angesetzt hast.
Die Durchführung ist genau dieselbe wie im Paper beschrieben, werde aber noch einen Beitrag dazu hier einfügen. Gekauft habe ich die Chemikalien in der Apotheke, man bekommt das meiste aber auch online momentan (S3 Chemicals, Omikron, Kremerpigmente, Lykien-Group,..), aber nicht alle Substanzen bei jedem Händler.
LG
Alf
Auch die Gegenfärbung mit Löffler Methylenblau liefert überzeugend kontrastierte Ergebnisse.
LG
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/319374_36849274.jpg)
Hallo Alf und Rudolf,
ich kann bestätigen, dass im Labor meist keine Geißelfärbungen für die Lichtmikroskopie mehr durchgeführt werden oder wurden. Ich habe mich auch damit lange beschäftigt und bin leider mit anderen Kollegen immer daran gescheitert, dass die Ergebnisse nicht reproduzierbar waren und man--wie schon angemerkt- immer nur in einem kleinen Fenster zufriedenstellende Ergebnisse sieht. Auch wird die Methode immer bei eingereichten Veröffentlichungen angezweifelt und nicht akzeptiert, da durch die Farbstoffe oft ein "Verkleben" der sonst im LM nicht sichtbaren einzelnen Geißeln erfolgt. Bei Bakterien mit nur einer Geißel, polar begeißelt, versagt die Färbung ganz. Oft sieht man im Lichtmikroskop nur die durch die Farbstoffe zusammengelagerten Geißeln. Trotzdem ist es eine hervorragende Herausforderung diese Geißeln abzubilden. Hat mich auch immer gereizt!
Da ich von der Elektronenmikroskopie und Mikrobiologie komme, hilft bei Charakterisierung der Bakterienbegeißelung immer nur Transmissions-EM (TEM) oder neuerdings auch Raster-EM (REM, FESEM). Ich habe mir mal erlaubt ein paar Bilder anzuhängen, die Bakteriengeißeln im TEM und FESEM zeigen (wenn Interesse ist, kan ich die einzelnen Bilder noch mit den Bakteriennamen benennen; sollte nur mal so eine Übersicht sein). Falls Interesse besteht, kann ich näher erläutern wie diese Aufnahmen erstellt wurden.
Schönen Abend
Manfred
kurze Anmerkung: falls mit Agarplatten gearbeitet wird, seid sehr vorsichtig, dass sich keine pathogenen Bakterien mit vermehren.
Hallo Manfred,
vielen Dank für deine schöne Ergänzung und Bilder! Die schwierige Reproduzierbarkeit und nicht ganz korrekte Abbildung aller Geißeln, wie das mit der Elektronenmikroskopie möglich ist, hat wohl dazu geführt dass diese Färbemethoden in der Wissenschaft kaum Verwendung gefunden haben. Mit dem angegeben Färbeprotokoll sollte man aber ein schönes Präparat ür die persönliche Sammlung erhalten.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/319447_19575591.jpg)
LG
Alf
Hallo Alf,
das möchte ich auch gar nicht in Abrede stellen. Es hat schon seinen ganz besonderen Reiz, das Schwierigste anzufangen und sehr gute Resultate zu erzielen. Das von Dir gezeigte Bild ist echt gut und hätte mancher früheren Veröffentlichung gut zu Gesicht gestanden als Elektronenmikroskopie erst die ersten Schritte unternommen hat und manches doch noch teils nach Voodoo aussah.
Wir fixieren mal chemisch, entwässern mt Azeton, färben mit Osmiumtetroxid und Uranylacetat, betten in Harz ein, dann werden die Schnitte noch mal in Bleicitrat und Uranylacetat gebadet, dann beschiessen wir mit Elektronen und veraschen das meiste, Dann, ja dann sagen uns die Wissenschaftler so sieht die Zelle im Inneren aus oder die Bakterien.
Beste Grüße
Manfred
Hallo Manfred,
Danke für die ausführliche und spannende Beschreibung! Wofür benötigt man Elektronenmikroskopische Aufnahmen von Bakterien heutzutage? Nur für die Flagellen? Oder generell für die Darstellung der Zellorganellen etc.?
LG
Hallo Alf,
wir haben in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen, DSMZ, die in Braunschweig sitzt, meist erstmal die Morphologie also das äußere Aussehen der Bakterien im REM untersucht. Sind diese rund, eckig, viereckig, schraubig gewunden etc und dann noch Breite und Länge bestimmt. Die Anordnung der Flagellen war ein anderer morphologischer Parameter oder ob überhaupt Flagellen vorhanden sind. Da man durch Färbungen manchmal nicht zwischen Gram-negativen (dünne Zellwand) und Gram-positiven (dicke Zellwand) Bakterien unterscheiden kann, haben wir in Ultradünnschnitten, 80 nm dick, die Zellwand angeschaut. Dadurch hat man auch gleichzeitig das Zytoplasma der Bakterien gesehen, ob vielleicht Speicherstoffe vorliegen, Fettröpfchen oder wie bei photosynthetischen Bakterien die Photosysteme aufgebaut sind. Ansonsten sind Bakterien im Inneren eher langweilig, da sie kaum richtige abgegrenzte Kompartimente aufweisen. Nicht mit den membranumschlossenen Kompartimenten in höheren Zellen wie Lysosom, Mitochondrien, Zellkern etc zu vergleichen.
Neben Flagellen besitzen Bakterien noch Pili, Fimbrien und andere Anhängsel, die man im LM nicht färben kann. Im Rahmen der rekombinanten Proteinsynthese hat man häufig durch Antikörper versucht, das in Bakterien erzeugte Protein nachzuweisen, um zu zeigen, wieviel davon produziert wurde.
In der Forschung mit pathogenen Bakterien kommt es sehr auf die die Bakterien umgebende Kapsel an, ob diese Bakterien pathogen wirken oder nicht. Oder vom Immunsystem erkannt und bekämpft werden können. Damit habe ich mich jahrelang beschäftigt. Ganz wichtig ist die Abbildung von Bakterien, wenn man am Eindringen/Invasion der Bakterien in die Wirtszellen interessiert ist. Dies wird überwiegend mit REM durchgeführt (Bild angehängt, Eindringen von Streptokokken in eine Wirtszelle).
Beste Grüße
Manfred
Ich möchte einen kleinen Beitrag zum Thema hinzufügen. Einige Monate vor habe ich ein Video aufgenommen. Bitte, schauen Sie ab Zeit 3:23 mal:
https://www.youtube.com/watch?v=2Q0_Mdd-UcQ&t=8s
Dort können wir einen Bazillus beobachten und (manchmal) seine Geißel. Eigentlich können wir sogar zwei Geißeln beobachten weil dieser Bazillus amphitrich ist.
Keine Färbung. Nur ein bisschen Glück, glaube ich. Da ich Spanier bin, ist leider das Video auf Spanisch (übrigens, mein Deutsch nicht besonders gut is, das tut mir leid :( )
Ausrüstung: Zeiss Primostar3 with Zeiss Achroplan 100x, NA=1,25. 5Mp Swiftcam Videokamera.
Grüsse aus Oviedo, Spanien, Luis.
Hallo,
Es ist nicht anzunehmen, dass eine bestimmte Bakterienart immer die gleiche Geißel besitzt. Ich erinnere mich an meine sehr frühe Forschung mit einem Bakterium, das erst nach dem Wachstum auf bestimmten Substraten begeißelt war.
Ich hatte das folgende Video veröffentlicht, das meiner Meinung nach mehr Aufmerksamkeit verdienen würde:
Wirkung eines Natriumpumpen-Inhibitors auf Vibrio diazotrophicus. / Effect of a sodium pump inhibitor on Vibrio diazotrophicus.
https://youtu.be/YOiBTvNu8EM
Vibrios spp. besitzen eine polare Geißel, die für ihre charakteristische, extrem schnelle Beweglichkeit verantwortlich ist. Die Geißeln werden von elektrochemischen Motoren angetrieben, deren Treibstoff Ionen sind. Während bei den meisten beweglichen Bakterien ihre Geißeln mit Motoren arbeiten, die von H+-Ionen (Protonen) angetrieben werden, bilden Vibrios eine Ausnahme, da der Motor ihrer polaren Geißel mit Na+-Ionen (Natrium) arbeitet.
In diesem Video demonstriere ich diese Tatsache, indem ich einen Natriumpumpenhemmer (= Amilorid, ein Diuretikum, das häufig gegen Bluthochdruck verschrieben wird) hinzufüge, der die Bewegung der Vibrios sofort stoppt.
Ich habe auch eine Flagellenfärbung vorgenommen, um die polare Geißel dieser Vibrios zu zeigen. Im Gegensatz zur konstitutiven Polgeißel besitzen einige Vibrios eine weitere Kategorie von Geißeln, die je nach Umweltbedingungen induziert werden. Diese Induktion scheint bei V. diazotrophicus aufzutreten, der eine Vielzahl von Geißeln aufweist, wenn er in Gegenwart dieses Natriumpumpeninhibitors inkubiert wird.
Diese lateralen induzierbaren Geißeln werden durch Protonen und nicht durch Natriumionen bewegt. Es wird vorgeschlagen, dass die Hemmung von natriumbetriebenen Flagellen zur Synthese von Flagellen führt, die mit einem alternativen Treibstoff "fahren"!
Aber ich habe nichts erfunden, sondern mit einem anderen Vibrio bereits veröffentlichte Ergebnisse reproduziert. Die Autoren verwendeten das Elektronenmikroskop und ich ein Photonenmikroskop.
MfG
Bernard
Hallo,
Ein sehr schöner Beitrag, den ich mit grossem Interesse gelesen habe. Beste Grüsse,
Rolf
Danke :)