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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Mikroman in Januar 12, 2022, 16:48:40 NACHMITTAGS

Titel: Radical RPL-3B binokulares Polmikroskop (made in India)
Beitrag von: Mikroman in Januar 12, 2022, 16:48:40 NACHMITTAGS
Kleiner Rückblick: Ende letzten Jahres stieß ich auf eine Anzeige im Forum. Ulrich S bot für eine geringe Summe sein gebraucht gekauftes Radical RPL-3B an. Nach kurzer Bedenkzeit griff ich zu. Natürlich hat mich Ulrich vorab ,,gewarnt": ,,Objektive und Okulare von einfachster Qualität, Gesichtsfeld sehr klein, Beleuchtung dunkel..." Gestern habe ich mir für einen ausführlichen Test die Zeit genommen. Im Internet findet man das Polmikroskop hier:

https://www.radicalscientific.com%2Fpolarizingmicroscope.html%23RPL-3

Man bekommt es – free shipping from India – für 649 $ auf Ebay.com. Hier also mein kleiner Testbericht:

Auf den ersten Blick sieht es eher altbacken aus, wiewohl das Gerät, von den Einstellknöpfen abgesehen, aus Metall. Besteht; Plastikteile sind also eher nicht verbaut. Im Binoabstand stecken zwei WF 10x Okulare (aus Metall+Glas) drin. Der Augenabstand lässt sich einfach verstellen; eine Dioptrienverstellung findet sich am rechten Tubus. Verschraubt ist der Binotubus mit drei Madenschrauben. Dann folgt die Betrandlinse; sie lässt sich einschwenken, aber nicht zentrieren. Außerdem ist das Hebelchen dafür filigran – genau so wie der einschwenkbare Analysator. Versucht man ihn zu verdrehen und packt am Hebelchen, statt am Rändelring an, kann er abbrechen. Einen stabilen Eindruck macht das alles nicht. Tatsächlich musste ich nach der Ankunft den kompletten oberen Teil festschrauben. Der nicht wechselbare 4fach-Revolver rastet gut und war mit drei semiplanen Objektiven (SP 4; SP 10; SP 40) bestückt. Ich habe hier noch ein einfaches 20 / 0.40 Objektiv chinesischer Provenienz ergänzt. Der Revolver ist nicht zentrierbar – im Gegensatz zum verbauten Drehtisch, der sich in X-/Y-Richtung verschieben lässt. Der Poltisch läßt sich stufenlos drehen, auch fixieren, verfügt aber über keine 45 ° Rastung. Die Höhenverstellung des Tisches funktioniert; Grob- und Feintrieb sind aber eher unergonomisch angeordnet; man kolliert beim Fokussieren öfter mal mit dem Kondensortrieb.Der Kondensor verfügt über eine Irisblende, einen ausschwenkbaren Filterhalter und den ebenfalls ausschwenkbaren Polarisator. Den Kondensor kann man mit zwei Madenschrauben in kleinem Umfang zentrieren. Die Lichtaustrittsöffnung hat keine Irisblende, kann aber leicht in alle Richtungen verschoben werden. Die Halogenbeleuchtung ist regelbar.

Im Alltag zeigen sich dann die Unterschiede zu einem professionellen Polmikroskop. Normalerweise ist am Binotubus ein Okular (mit Messkreuz) verriegelbar, was hier fehlt. Die Betrandlinse ist nicht zentrierbar. Allerdings kann oberhalb des Revolvers ein Lamdafilter o.ä. Eingeschoben werden. Die Öffnung dafür ist verschließbar. Kommen wir jetzt zu Ulrichs Bewertung. Bei den Okularen handelt es sich um einfachste Weitfeldokulare. Das Gesichtsfeld ist aus meiner Erfahrung nicht sonderlich klein, aber für Brillenträger eher nicht geeignet. Ich habe sie versuchsweise durch zwei Brillenträgerokulare 10x/20 ersetzt, die tatsächlich für eine merkliche Verbesserung des visuellen Bildes sorgen. Eine positive Erwähnung verdienen Polarisator und Analysator. Gekreuzt ergeben sie ein relativ sattes Schwarz. Die Objektive sind Standard; ein probeweises adaptiertes NPL Fluotar 16 / 0.45 P zeigte eine etwas bessere Qualität als das 20er. Bzw. das 10er. Also im Ganzen brauchbar? Hätte ich jetzt keinen Vergleich, würde ich das vielleicht bejaht haben. (Un-)glücklicherweise habe ich hier aber ein älteres Dialux Pol. Der direkte Vergleich ist allerdings ernüchternd. Der Inder hat mit jedem Objektiv in jeder Einstellung ein grieseliges  Bild. Anbei einige Bilder, wobei der Unterschied zwischen den Polmikroskopen für mich stärker im visuellen Bereich ins Auge sticht als im fotografischen.

Fazit: Das Radical ist für den professtionellen Einsatz denkbar ungeeignet. Wenn man auf einen Drehtisch nicht unbedingt Wert legt, kommt man bei der qualitätiven Polmikroskopie mit einem Zeiss Standard o. vergl. Instrumenten und zwei Polfiltern vermutlich zu besseren Ergebnissen als mit dem Radical.

Die Aufnahmen wurden mit einer besseren 5MP Okularkamera (Vorsatz 0,4x) mit einer reduzierten Auflösung von 1280x960 erstellt.


Titel: Re: Radical RPL-3B binokulares Polmikroskop (made in India)
Beitrag von: Mikroman in Januar 12, 2022, 19:25:47 NACHMITTAGS
Hab' ich doch glatt vergessen, einige Bilder vom eigentlichen Mikroskop einzustellen: