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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Peter Ludwig in Januar 29, 2022, 07:19:54 VORMITTAG

Titel: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Peter Ludwig in Januar 29, 2022, 07:19:54 VORMITTAG
Hallo zusammen,

vor etwa 38 Jahren habe ich in meiner Ausbildung die Färbung von Blutausstrichen mit der Pappenheimfärbung kennengelernt und als recht einfach in Erinnerung. Blutausstrich machen, zwei Lösungen drauf, ein bisschen waschen und fertig.
Jetzt wollte ich mich wieder damit beschäftigen und bin gleich auf das erste Problem gestoßen. Die Lösungen werden nicht an Privatpersonen verkauft. Über die Firma, für die ich arbeite, wollte ich nicht bestellen und so habe ich "meine" Apotheke angeschrieben, ob sie bereit wäre, für mich bei Morphisto das Färbekit zu besorgen. Tatsächlich ging das, und gegen etwas Zuschlag habe ich das Färbekit + Blutlanzetten problemlos bekommen.

Die Blutausstriche selbst sind kein Problem, wenn man sich überwinden kann, sich in den Finger zu stechen. Aus dem Forum habe ich den Tipp, nicht mit einem Objektträger, sondern einem Deckglas den Ausstrich zu machen und das klappt wunderbar.
Die Ausstriche habe ich über Nacht getrocknet und dann gleich mit May-Grünwald 5 Minuten lang gefärbt, ohne vorher mit Methanol zu fixieren. Es kommen zwei Waschschritte je 1 Minute mit Puffer nach Weise (= PnW) pH 7,0 und dann empfielt Morphisto 15 Minuten eine 1:10 Verdünnung der Giemsalösung in PnW. Dann kommen nochmal zwei Waschschritte je 1 Minute mit PnW und ich habe noch kurz mit dest Wasser gespült und schließlich luftgetrocknet. Eingeschlossen habe ich in Euparal.
Das Ergebnis war ernüchternd. Das Präparat war übersäht mit schwarzen Partikeln, und schnell habe ich erkannt, dass die Empfehlung von Morphisto, die verdünnte Giemsalösung zu filtrieren wohl ihren Grund hat. Da ich nur einen Milliliter Giemsa angesetzt hatte, kam Filtrieren nicht in Frage, aber Zentrifugieren in einer Minizentrifuge für Eppis. Nach einer Minute Zentrifugation war ein dickes schwarzes Pellet im Reaktionsgefäß und der Überstand war hellblau und komplett durchscheinend. Giemsa war also fast quantitativ ausgefallen.

Dann habe ich im Forum und im restlichen Netz nach Hinweisen gesucht und bin auch fündig geworden. Um es kurz zu machen, Giemsa darf man nicht schief anschauen, sonst fällt es aus. Da wird viel Voodo um das Wasser zum Verdünnen betrieben mit Abkochen und nicht mehr bewegen, dann wird auf die Sauberkeit der Gefäße hingewiesen usw. Ich wollte eigentlich eine einfachere praktische Lösung. Schließlich bin ich auf eine Veröffentlichung gestoßen, in der eine Giemsaverdünnung von 10 - 20 Tropfen Stammlösung auf 10 ml Puffer beschrieben wird. Das war die Lösung für die Lösung. 2 Tropfen auf 1 ml Puffer fällt nicht aus und macht deshalb auch (fast) keine schwarzen Partikel im Präparat. Die ersten Ergebnisse sind unten zu sehen und Verbesserungsvorschläge sind erwünscht.

Viele Grüße,

Peter
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 22, 2023, 11:42:05 VORMITTAG
Hallo Peter, eine später Kommentar zu deinem Post! ;)

Die Pappenheim-Färbnung ist alles andere als "einfach". Das beginnt schon damit, dass Giemsa-Lösung nicht gleich Giemsa-Lösung und May-Grünwald nicht gleich May-Grünwald ist (siehe die Analysen hier (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=47498.0)). Man kann ein Färbeprotokoll daher nur zu 100% übernehmen - oder man muss selbst ein eigenes erstellen.
Zu meinen Klinikzeiten habe ich mich sehr ausführlich mit der Färbung beschäftigt, weil unser damaliges Protokoll grotteschlecht war. Filtrieren der verdünnten Giemsa-Lösung führt unweigerlich zu viel zu blassen Färbungen. Die May-Grünwald-Lösung zur Fixierung zu verwenden erschöpft dieselbe erstens rascher (nimmt H2O auf, bei Färbung von Knochenmark auch Fett und führt dann durch Fettreste zu Färbeartefakten) und zweitens lässt die Färbung - in meiner Erinnerung vor allem der Thrombozyten und basophilen Granula - zu wünschen übrig.

Das Protokoll, das ich jetzt verwende ist folgendes:

1. Ausstriche 5 Minuten in Methanol vorfixieren und trocknen lassen
2. May-Grünwald Lösung mit 25% gepuffertem Wasser verdünnen (sic!), d.h. 3 Teile May-Grünwald + 1 Teil Wasser. Ausstriche 7 Minuten färben.
3. Giemsa-Lösung 1:10 mit gepuffertem Wasser verdünnen, dazu 1 Teil Giemsa-Lösung unter Rühren in 9 Teile Wasser eingießen. Nicht filtrieren!
Ausstriche aus der May-Grünwald Lösung nehemn, abtropfen lassen (nicht trocken werden lassen!) und in die Giemsa-Lösung einstellen, dabei leicht schwenken. Ich stelle die Küvette etwas schräg, so dass die Schichtseite der Objektträger etwas nach unten zeigt. Das verhindert zuverlässig Farbstoffniederschläge auf den Präparaten. 18 Minuten in der verdünnten Giemsa-Lösung färben.
4. Präparate in reines gepuffertes Wasser einstellen, dabei kurz darin schwenken. Nach einer Minute herausnehmen und in frisches gepuffertes Wasser stellen, 3 Minuten darin belassen, abtropfen und trocknen lassen.

Die hier verwendeten Färbelösungen sind die von Merck. Ein Puffer ist unerlässlich. Das gepufferte Wasser muss einen pH von 6,8 haben (Puffersalzkonzentration ca 1 g/Liter). Einfaches destilliertes Wasser ist meist zu sauer, da es CO2 aus der Luft aufnimmt (wir haben aber auch schon unerklärlich alkalisches Aqua dest gehabt, vielleicht durch Herauslösen von Alkali aus den Glasflaschen).

Den May-Grünwald-Färbeschritt kann man auf der Färbebank vornehmen. Den Giemsa-Färbeschritt vielleicht auch, wenn man danach gut mit gepuffertem wasser spült, um evtl Farbstoffniederschläge abzuwachen. Ich mache ihn immer in der Küvette (s.o.), dann tritt das Problem nie auf.

In der Praxisroutine, wenn man nicht viele Präparate auf einmal zu färben hat, ist die Pappenheim-Färbung aber sehr zeitaufwändig. Dafür ziehe ich die Wright-Färbung (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=47498.0) vor. Nur wenn sehr zellreiche Ausstriche zu färben sind (Knochenmark) ist diese wegen der geringen Menge an Farbstofflösung pro Präparat oft zu blass. Dann wird nach Pappenheim in der Küvette gefärbt.

Kriterien für einen gut gefärbten Blutausstrich:

1. die Thrombozyten müssen deutlich erkennbar sein, das geht in der Regel parallel mit der Anfärbung der neutrophilen Granula
2. die Frabe der Zellkerne muss violettblau und von der des Zytoplasmas duetlich vershcieden sein
3. das Zytoplasma der Lymphozyten und der Monozyten muss unterschiedliche Farbnuancen aufweisen (Lymphozyten rein blau/"kornblumenblau", Monozyten graublau/"rauchblau")
4. Im Zytoplasma der Monozyten müssen feine azurophile (violettrote) Granula sichtbar sein
5. die Kernstruktur muss klar erkennbar sein (Nuerophile und Lymphozyten grobschollig kondnesiert, Monozyten feinmaschig)

Nach meinem Gefühl sind in deiner Färbung die Kerne etwas zu blau und zu blass. Ich würde den May-Grümwald Schritt modifizieren und erst mit Methanol vorfixieren, dann wie oben etwas verdünnte MG-Lösung anwenden.

Letzte Anmerkung: die Ausstriche sollten nicht zu alt sein bis wenn man sie färbt. Lässt man sie länger als 1 Tag oder 2 liegen, verliert sich die differenzierte Färbung und sie werden völlig blau-in-blau.


Hier ein Beispiel aus meiner Sammlung: dieselbe akute myeloische Leukämie oben mit schlechtem Färbeprotokoll, unten korrekt gefärbt:

Bild2.jpg

hier ein gut gefärbter Blutausstrich (leider kein Lymphozyt im Bild)

Bild3.jpg

Grüße
Thomas
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Peter Ludwig in Oktober 22, 2023, 20:44:47 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

vielen Dank für Deine ausführlichen Tipps und Bemerkungen!
Damit werde ich gerne bei meinen nächsten Versuchen experimentieren.

Viele Grüße,

Peter
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Aljoscha in Oktober 22, 2023, 20:49:41 NACHMITTAGS
Hallo Peter,

Ich verwende ein Kit aus dem Fachhandel, dass in weniger als 2 Minuten das gleiche Ergebnis produziert.

Es geht also auch einfacher.

Viele Grüße

Alexander
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 22, 2023, 21:00:50 NACHMITTAGS
Hallo Alexander,

verrätst du auch, welches das ist? Fall hier Schleichwerbung vermieden werden soll gerne per PN ...

Grüße
Thomas
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Aljoscha in Oktober 22, 2023, 21:24:57 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

Ich verwende dieses Produkt:

https://www.aurosan-shop.de/de/produkte/kinderwunsch/spermiogramm/haendisches-spermiogramm/diffquick-schnellfaerbesatz-3x100-ml-je-100-ml-fixierlsg-faerbelsg-i-ii1

Viele Grüße

Alexander
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 23, 2023, 08:41:06 VORMITTAG
Interessant. Von Merck gab es früher mal Haemacolor DiffQuick. Aber das habe ich seit langem nirgends mehr gesehen.

Sind das alkoholische ( methanolische) oder wässrige Färberlösungen? Hast du ein Foto von dem Färbeergebnis?

Es gibt eine wässrige Schnellfärbung, die auch sehr wenig bekannt ist, die FIELD- Färbung. Das Ergebnis ist für Blutbilder sagen wir mal ausreichend. Malariaparasiten sieht man damit besonders gut. Ich habe sie zuletzt vor 25 Jahren in Südamerika verwendet.
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Aljoscha in Oktober 23, 2023, 15:34:27 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

Das kit besteht aus drei Lösungen. Die Fixierung ist Methanol mit etwas Methylenblau drin. Die beiden Farblösungen sind auf wässriger Basis.

Ein Beispielbild habe ich beigefügt.

Viele Grüße

Alexander
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: rlu in Oktober 23, 2023, 17:43:56 NACHMITTAGS
Hallo,

Dr. Thomas Binder hat versucht, die Farbabweichung bei der Pappenheimfärbung durch Qualitätskontrollen und durch ein einheitliches Rezept zu minimieren.

Hier ein Leitfaden:
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?msg=293157

Hier dazu der Artikel
https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/labmed-2012-0027/html?lang=de

Homepage
https://thomas-rh-binder.de/pappenheim


Liebe Grüße
Rudolf
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 23, 2023, 22:46:11 NACHMITTAGS
Ach ja, der Herr Binder...

Den Abschnitt über die Chemie der Pappenheimfärbung in seinem Artikel habe ich mitverfasst. Auch unter seinen Bildern sind Präparate von mir.

@Alexander: das ist von der Zusammensetzung offenbar der Field-Färbung sehr ähnlich. Das sind auch eine methanolische Fixierlösung und dann eine gepufferte Eosinlödung und eine Azur-Methylenblaulösung.  Wo wendest du diese Färbung an?

Viele Grüße
Thomas
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: Aljoscha in Oktober 24, 2023, 09:21:36 VORMITTAG
Hallo Thomas,

Ich selbst verwende diese Färbung ausschließlich für Blutausstriche.

Viele Grüße

Alexander
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: rlu in Oktober 29, 2023, 12:01:33 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

der Chemie-Abschnitt hat mich in dem Artikel sehr beeindruckt.
Wenn ich mir die Farben der verschiedenen Pappenheim-Färbungen hier ansehe, dann hat das Anliegen von Herrn Binder schon seine Berechtigung.

"
Chemische Grundlagen der Pappenheimfärbung
Die handelsüblichen Fertiglösungen von May-Grünwald( ,, May-Grünwalds-Eosin-Methylenblau" ) und Giemsa ( ,,Giemsas Azur-Eosin-Methylenblau" ) enthalten
(a.) die essenziellen Farbstoffe AzurB (blau) und EosinY (rot), und daneben
(b.) ,, polychromiertes " Methylenblau (blau),
das durch seine Oxidationsprodukte (Methylen-Violett, Azur A, Azur B, Azur C und Thionin) ebenfalls färberisch wirksam ist (z.B. Basophilie der Zytoplasmata) und zudem stabilisierend auf die Lösungen wirkt.
Die eigene Herstellung von Farblösungen ist aufwändig und erfordert eine Anpassung des Färbeprotokolls nach jedem Ansatz, damit ein stabiles Ergebnis erreicht wird [24].
Die hier verwendeten Fertiglösungen der Firma Merck(Merck KGaA, Darmstadt, Deutschland) ergeben seit Jahren eine identische Färbung ohne Anpassung des Protokolls.
Die chemischen und physikalischen Grundlagen der ,, Romanowsky-Giemsa-Färbungen" sind seit etwa 1990 weitgehend geklärt.
Grundlegende Analysen und Beschreibungen findet man v.a. in den Arbeiten von Wittekind(z.B. [15] ) und Marshall (z.B. [25] ) und ihren Mitarbeitern;
zuletzt hat RW Horobin 2011 eine umfassende Beschreibung der komplexen Vorgänge der Färbung und der Einflüsse
von Materialdichte, Fixation des Materials etc. veröffentlicht [23].
Die Färbung beruht auf drei grundlegenden Effekten:

- Säure-Base-Charakter der Farbstoffe und der anzufärbenden Strukturen:
Basische Farbstoffe wie Methylenblau oder Azur B färben saure( ,, basophile " ) Strukturen (z.B. DNA des Kerns),
saure Farbstoffe wie Eosin Y färben basische ( ,, azidophile " bzw. ,, eosinophile " ) Proteine mit freien Aminogruppen.
Dies erklärt auch den Einfluss des pH-Wertes auf die Färbung. Diesen Mechanismus hat zuerst Paul Ehrlich [2] erkannt,
später hat Alfred Pischinger [26] die chemischelektrostatische Färbetheorie ausgearbeitet.

- Metachromatischer Effekt: Bestimmte Farbstoffe der Thiazinreihe (wie Azur B oder Toluidinblau) bilden bei hohen Konzentrationen Dimere,
die Licht anders absorbieren als die Einzelmoleküle und damit eine andere Farbe besitzen.
Die sauren Mucopolysaccharide der Granula der Mastzellen und der basophilen Granulozyten binden den Farbstoff derart dicht, dass der metachromatische Effekt auftritt.

– Romanowsky-Effekt: Er verursacht die rötlich-violetten Farbtöne in den Zellkernen und in bestimmten Granula.
Dieser Effekt ist eine Kombination der oben genannten Vorgänge.
Er wurde um 1980 insbesondere in den Arbeitsgruppen von Wittekind und Marshall aufgeklärt.
An bestimmten Molekülstrukturen kommt es zur Anlagerung, dann zur Dimer-Bildung von Azur B und schließlich zur Komplexbildung mit EosinY ( ,, ChargetransferKomplex " ),
und damit zu einer selektiven Anfärbung.
Dabei entsteht eine neue Farbe (Wellenlänge 552 nm), nicht lediglich eine Mischung der Farben von Azur B und Eosin Y.
Der Romanowsky-Effekt tritt nur bei ausreichender Konzentration von Azur B auf, nicht mit der reinen ,, Muttersubstanz " Methylenblau, nur schwach mit polychromiertem Methylenblau.

Der Farbton und die Intensität der Färbung sind von vielen Variablen abhängig:
– Vorhandensein einer Pufferung der Farblösungen und Höhe ihres pH
– Konzentration der Farblösungen
– Lösungsmittel (Alkohol bzw. Wasser)
– Dauer der Färbung bzw. der Entfärbung
– Temperatur der Lösungen (höhere Temperatur beschleunigt die Färbung und die Entfärbung)
– Zellreichtum bzw. der Schichtdicke der Präparate
– Fixation der Präparate (z.B. vermindert Formalin die Anfärbbarkeit v.a. durch Eosin Y)
– Penetrierbarkeit der Strukturen, Molekülgröße der Farbstoffe (z.B. werden die Nukleolen nicht rötlich gefärbt,
            weil Eosin Y wegen seiner Größe und wegen der Dichtheit des Nukleolus sehr viel später eindringt als Azur B)
– Volumen der Farblösung pro Objektträgerüberlagerung des Präparats z.B. durch Schleim oder Fett
– Alterung der Gebrauchslösungen (die Farbstoffe werden durch die Verdünnung instabil).

Steigende Konzentration der Farbstoffe und zunehmende Färbedauer steigern die Intensität der progressiven Färbung.
Wegen der geringeren Molekülgröße färbt zuerst Azur B, dann Eosin Y, anschließend tritt der Romanowsky-Effekt ein.
Alkohole durchdringen Gewebe schneller als Wasser und beschleunigen dadurch die Färbung.
Die Präparate werden zunächst überfärbt(in unserem Standard-Protokoll stärker als bei Pappenheims Originalfärbung),
wodurch auch dichte Anteile des Präparats ausreichend angefärbt werden(z.B. Zellen in Knochenmark-Bröckeln).
Die überfärbten Anteile werden in der Pufferlösung wieder langsam entfärbt( regressive Färbung, Differenzierung), daraus resultiert eine in dünnen und dichten Anteilen ähnlich intensive Anfärbung.
Die alkoholische May-Grünwald-Lösung färbt besonders die Zytoplasmata und die metachromatischen Granula an, die Kernstruktur wird scharf abgebildet.
Der Romanowsky-Effekt tritt anschließend in der wässrigen Giemsa Färbung durch Azur B und Eosin Y auf, die Kerne erhalten eine vom Zytoplasma deutlich unterscheidbare rötlich-violette Farbe.
Das Ergebnis der Pappenheim-Färbung ist ähnlich wie das der von Hämatopathologen verwandten Giemsa-Färbung.
In der Giemsa-Histologie sind aber die Chromatin-strukturen gröber und kontrastreicher, die Zytoplasmata und die Granula sind weniger deutlich abgebildet (v.a. wegen der Formalin-Fixation).
In der HE-Histologie(Hämatoxylin-Eosin) sind die Nukleolen prominenter dargestellt, die Zytoplasmata wenig differenziert abgebildet.
Für eine zuverlässige Pappenheim-Färbung ist die Verwendung von gepuffertem Wasser von entscheidender Bedeutung, insbesondere dann,
wenn aus Kostengründen aqua demineralisata anstelle von aqua destillata verwendet wird.
Eigene kolorimetrische Ergebnisse zeigen, dass bei Verwendung von ungepuffertem Wasser nicht nur
(a.) eine Farbverschiebung in den bläulichen Bereich stattfindet, sondern dass zudem
(b.) sowohl rote als auch blaue Farbtöne stark vermindert gesättigt dargestellt werden, was ein graues Aussehen bewirkt, und dass
(c.) die Anfärbung weniger spezifisch wird; so wird z.B. das Farbton-Spektrum von Erythrozyten breiter, ohne die typische Form der Verteilung mit einer sehr hohen Spitze am Mittelwert.
Die Wasser-Pufferung ist sowohl für die progressive Anfärbung als auch für die regressive Entfärbung bedeutsam (vorläufige eigene Daten).
Mit steigendem pH nehmen die Blau-Töne zu, mit fallendem pH nehmen die Rot-Töne zu; unsere Vorschrift mit dem pH von 6,8 verursacht einen rein-roten bis rot-gelben Farbton der Erythrozyten.
Die Auswahl eines bestimmten pH in der Nähe des Neutralpunktes ist wahrscheinlich weniger bedeutsam für die Qualität der Färbung als die Tatsache der Pufferung selbst.
Es ist aber wahrscheinlich, dass bestimmte Strukturen bei starker Abweichung vom neutralen pH nicht nur in geändertem Farbton dargestellt werden,
sondern sich bei ungünstigem pH auch weniger intensiv anfärben (z.B. basophile Granula der Granulozyten). ""

Liebe Grüße
Rudolf
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 29, 2023, 23:18:34 NACHMITTAGS
Ja, das hat sicher seine Berechtigung, eine gute Pappenheimfärbung ist wichtig. Wie weit das Protokoll wohl tatsächlich übernommen worden ist? Ich habe da keinen Überblick, befürchte aber, dass das Thema durch die zunehmende Bedeutung der molekulargenetischen und immunzytochemischen Diagnostik in der Hämatologie ins Hintertreffen geraten ist.

Grüße
Thomas

Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in Oktober 29, 2023, 23:28:34 NACHMITTAGS
Hier noch die Anleitung für die Schnellfärbung nach Field (Text von mir, 1999 für ein Projekt in Lateinamerika verfasst):


Field Stain
Schnellfärbung für Blutbilder auf Basis wässriger Farbstofflösungen

Herstellung der Farblösungen:
Der Farbstoff liegt in Pulverform (Field A und Field B) vor. Zur Herstellung der Gebrauchslösungen wird folgendermassen verfahren:
In einem Erlenmeyerkolben oder Becherglas erhitzt man 100 ml destilliertes Wasser (z.B. im Kochtopf auf dem Wasserbad) nicht ganz bis zum Sieden und gibt anschliessend 2,5 g Farbstoffpulver zu. Vorsicht! Bei Zugabe des Farbpulvers kann ein leichtes Aufschäumen eintreten, deshalb mindestens ein 250 ml-Gefäss zum Auflösen verwenden. Die Farblösung B (rot) wird nach Abkühlen filtriert und ist sofort gebrauchsfertig. Die Lösung A (blau) gibt bessere Ergebnisse wenn man sie vor Gebrauch eine Woche "reifen" lässt. Hierzu füllt man sie nach dem Erkalten in eine Flasche ab, die eine Woche stehen gelassen und gelegentlich umgeschüttelt wird. Der Luftsauerstoff bewirkt eine Veränderung in der Farblösung, die azurophile Strukturen (Plättchen, Granula) besser hervortreten lässt. Nach einer Woche evtl. verdunstetes Wasser auf 100 ml auffüllen und in das Färbeglas abfiltrieren.
Den Farbstofflösungen sollte als Konservierungsmittel gegen Bakterienbefall 0,1 % Natriumazid beigefügt werden. Die so hergestellten Lösungen sind fast unbegrenzt haltbar.
 
Färbung von Blutbildern:
Es empfiehlt sich, 4 schmale, zylindrische Gefässe zu verwenden, die mit einem Schraubdeckel verschlossen werden können. In Glas 1 füllt man reines Methanol (zur Fixierung), Glas 2 wird mit Field B und Glas 4 mit Field A beschickt. In Glas 3 gibt man jeweils zu Beginn einer neuen Färbereihe frisches Leitungswasser zum Spülen der Ausstriche.

1.    Einstellen des Objektträgers in Methanol  für mindestens 20 Sekunden (bis 1 Minute)
2.    Trocknen lassen
3.    Schwenken in Field B (rot) für 4-5 Sekunden, kurz abtropfen lassen
4.    Schwenken in Leitungswasser für 8-10 Sekunden, gut abtropfen lassen
5.    Schwenken in Field A (blau) für 5-6 Sekunden, kurz abtropfen lassen
6.    Schwenken in Leitungswasser für 8-10 Sekunden, gut abtropfen lassen
7.    Ausstrich mit der Schichtseite und dem dünnen Ausstrichende nach oben schräg zum Trocknen aufstellen

Das Leitungswasser muss nach etwa 10 Färbungen, mindestens aber täglich, gewechselt werden.
Das Methanol wird gewechselt, wenn verstärkt Fixationsartefakte an den Erythrocyten auffallen (verwaschene Erythrocyten), etwa alle 3 Monate, wenn es gut verschlossen gehalten wird.
Die Farblösungen müssen erst gewechselt werden, wenn die Färbequalität nachlässt (je nach Anzahl der Färbungen).

Färbeergebnis:
Erythrocyten violettrot
Lymphocyten mit schmalem blauem Cytoplasma und dunkelviolettem Kern
Monocyten grosse Zellen mit graublauem Cytoplasma und wolkig aufgelockertem, violettem, oft hufeisenförmigen oder ausgebuchteten Kern
Granulocyten mit typischem mehrteiligem, dunkelviolettem Kern und zartrosa Cytoplasma, das in der Field-Färbung nur wenige, zarte Granula zeigt (bei starker Granulation an toxisch-infektiöse Veränderung denken!)
Eosinophile mit typischen, groben, leuchtend roten Granula im Cytoplasma
Blutplättchen blassviolett mit feinen violetten Granulationen im Zentrum
Malariaparasiten mit blauem Cytoplasmaring und rotviolettem Punkt (Kern) innerhalb der Erythrocyten
Basophile Granulocyten sind mit Field nicht oder nur sehr schwer von den Neutrophilen zu unterscheiden, da die basophilen Granula (in Pappenheim, May-Grünwald, Giemsa, Wright u.a. dunkel-schwarzblau) nur undeutlich oder gar nicht angefärbt werden

Anhang:
Zusammensetzung der Field-Färbung:

1. Field Stain A:
     Dinatriumhydrogenphosphat anhydr.   10,0 g
     Kaliumdihydrogenphosphat              12,5 g
     Methylenblau (C.I. 52015)                           1,6 g
     Azur B (C.I. 52010)                                  1,0 g

2. Field Stain B:
     Dinatriumhydrogenphosphat anhydr.    10,0 g 
     Kaliumdihydrogenphosphat               12,5 g
     Eosin gelblich (C.I. 45380)                          2,0 g

Man verreibt im Mörser zuerst die Salze und gibt dann die Farbstoffe nach und nach unter Reiben zu. Es wird verrieben, bis ein ganz homogenes Pulver entstanden ist.

Zur Bereitung der Gebrauchslösungen je 2,5 g Field A resp. B in 100 ml heißem destilliertem Wasser unter gutem Umrühren lösen, 1 Tag stehen lassen und filtrieren.
Unter Verdoppelung der Färbezeiten kann auch eine Lösung von 5 g in 500 ml Wasser verwendet werden, dabei wird jedoch insbesondere basophiles Zytoplasma nicht so schön angefärbt. Den Lösungen muß 1 g Natriumazid pro Liter zur Konservierung zugefügt werden (man kann das Azid vorteilhaft gleich bei der Herstellung des Farbpulvers mit einarbeiten).

Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: rlu in November 03, 2023, 11:27:17 VORMITTAG
Hallo Thomas,

super, dass du hier im Forum bist!!!

Ein paar Fragen die mich interessieren.
Die C.I Nummer, ist das die Nummer von einem bestimmten Hersteller für eine Chemikalie?

"nicht ganz bis zum Sieden", heißt es sind noch gerade keine Blasen sichtbar?
~90°C
Erhitzen, weil das besser durchgewirbelt wird, oder weil die Löslichkeit bei höheren Temperaturen steigt und man sich dann sicher sein kann, dass man eine gesättigte Lösung hat.

Mit was filtrierst du? Welche Porengröße. Geht Kaffeefilter auch?

Dinatriumhydrogenphosphat anhydr.   10,0 g
Kaliumdihydrogenphosphat              12,5 g
Gibt es dazu eine pH-Wert Tabelle.
Ich kenne von Herrn aisner nur den Phosphatpuffer nach Sörensen
Wo man zwei Stammlösungen mischt, um einen bestimmten pH-Bereich zu bekommen.

Anfängerfragen halt.

Ist deine Stain-Färbung anders, bzw. was war dir dabei wichtig?
Bzw. wo hast du sie verbessert?

https://en.wikipedia.org/wiki/Field_stain


Liebe Grüße
Rudolf
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in November 03, 2023, 23:18:57 NACHMITTAGS
(Sorry hier stand ein doppelter post! Kann man als User eigene Doppelposts löschen, oder können das nur Moderatoren?)
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in November 03, 2023, 23:34:10 NACHMITTAGS
Lieber Rudolf,

die C.I.-Nummer bezieht sich auf den International Colour Index (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Colour_Index). Damit lässt sich ein Farbstoff eindeutig zuordnen. Vor allem bei älteren Publikationen finde ich das angesichts der verwirrenden Vielfalt der Namen wichtig. Methylenazur, Azur B und Azur 1 sind alles dasselbe - oder habe ich jetzt Azur B und Azur A verwechselt? Und ist Methylenazur nun ein Reinstoff oder ein Gemisch? Der C.I. schafft hier Klarheit. Man könnte natürlich auch die (viel längere) CAS-Nummer verwenden.

Ich vermute, dass die Vorschrift vorsieht, die Lösungen heiß anzusetzen, um sie wenigstens halbwegs keimfrei zu bekommen. Es ist unglaublich wie schnell Farblösungen in warmen Klima schimmeln! Die Konservierung mit NaN3 habe ich irgendwo anders her übernommen, die ist nicht original von Field. Sie funktioniert aber ausgezeichnet. Eine geringere Konzentration, z.B 0,5 g pro Liter, wäre sicher auch ausreichend.

Zum Filtrieren habe ich immer ein normales, mittelschnell filtrierendes Rundfilter verwendet. Ob ein Kaffeefilter auch geht, weiß ich nicht. Es gibt aber eine andere Methode, um die Lösung sauber zu bekommen: 24 Stunden absitzen lassen und vorsichtig vom Bodensatz abgießen!

Zu den Puffersalzen habe ich tatsächlich auch eine Tabelle, nur gerade mal wieder nicht greifbar... Ich muss aber gestehen, dass ich mich nicht erinnere, welchen pH-Wert die Farblösungen denn haben sollten. Ich habe die Färbung seit meiner Rückkehr aus Südamerika - vor über 20 Jahren - nicht mehr verwendet.

Die Rezeptur habe ich damals auf einer Fortbildung bekommen und auch die Originalarbeit dazu besorgt. Ich kann Sie demnächst hier gerne mal einstellen. An der Zusammensetzung habe ich nichts verändert.

Herzliche Grüße
Thomas

P.S. Komisch, dass die Wikipedia nur eine Literaturstelle für eine modifizierte Field-Färbung angibt, und nicht die Originalpublikation!
Titel: Aw: Färbung nach Pappenheim: Von Lösungen, Problemen und Lösungen
Beitrag von: lemmi in November 06, 2023, 22:39:09 NACHMITTAGS
Hier noch die Referenzen der Originalpublikationen von Field:


Field JW: A simple and rapid method of staining malarial parasites in thick blood smears; Transactions of the royal society of tropical medicine and hygiene Vo 34/2, 1940: 195-202

Field JW: Further note of a method of staining malarial parasites in thick blood films; Transactions of the royal society of tropical medicine and hygiene Vo 35/1, 1941: 35-45

Field JW: The Romanowsky stains - aqueous or methanolic?; Transactions of the royal society of tropical medicine and hygiene Vo 58/2, 1964: 164-172

Die Farblösungen sind in der Publikation von 1941 beschrieben. Die Publikation von 1964 gibt verschiedene Anwendungsanweisungen, z.B. auch für Massenfärbungen. Field scheibt, der pH-Wert der Lösungen liege zwischen 6,2 und 6,8.

Grüße
Thomas