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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: forgoden in Februar 07, 2022, 17:21:49 NACHMITTAGS

Titel: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: forgoden in Februar 07, 2022, 17:21:49 NACHMITTAGS
Hallo,

Tissue Engineering ist mit Gewebezüchtung gemeint: https://de.wikipedia.org/wiki/Tissue_Engineering
Problemlösung mit In-Vivo-Bioprinter bei schlimmen Verletzungen oder Organversagen, wo Ärzte und Chirurgen ratlos sind...

Kommt man mit Mikroskopen alleine in Sachen Gewebezüchtung schon sehr weit oder muss da schon teureres Equipment dazu?

Meine Idee war mit Raspberry Pi, Pi Cam, Schrittmotoren, künstliche Intelligenz und 3D-Druck Mikroskope zu bauen die automatisch mehrere Proben untersuchen kann und miteinander vermischen.

DNA-Sequenzierung wird anscheinend auch immer billiger (Nanopore-Sequenzierung)

Ich will meinen, dass in den 60er, 70er Jahren die Großrechner extrem teuer waren. Heute haben wir billige PCs, SBC und Smartphone
Früher: teure CNC-Maschinen, heute billige 3D-Drucker (über RepRap-Geschichte) und Lasercutter

Ich habe mir dann die Videos von CCC (André Lampe) angeguckt und bin überrascht dass die Mikroskope eigentlich viel billiger sein könnten. Stativ kann spärlicher und leichter werden, wenn man die Okulare weglässt.
3D-Druck mit Plastik mit Gewindestangen lässt so ein Mikroskop viel billiger nachbauen. Entscheidend sind ja nur die Linsen und eine gute Kamera. Deswegen will ich einen weiteren Schritt denken und glaube dass Tissue Engineering in eine ähnliche Richtung geht, weil ganze Prozesse in Biologie mikrofluidisch automatisiert werden.
Ich will in dieser Entwicklung irgendwo aktiv sein. (Bin in 3D-Druck sehr gut, Elektrontechnik hab ich auch Erfahrung und bisschen Programmierung)

Hat hier jemand schon Zellisolation und Zellkultivierung gemacht?
Sind hier überhaupt Biologen und Chemiker unterwegs?
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: Rawfoto in Februar 07, 2022, 17:35:30 NACHMITTAGS
Hallo Forgoden - ein Vornahme wäre wünschenswert, das ist da bei uns im Forum üblich!

So wie es aussiehst hast du das Wort Genauigkeit bei deinen Überlegungen vergessen ;)

Die 3Drucker die Metalle genau drucken sind mehr als sündhaft teuer.

Wenn Du ein Stativ mit den "Plastikdruckern" fertigen möchtest, wirst du dich wundern, aber keinesfalls eine akzeptable Qualität in Bezug auf ein Mikroskopstativ erzielen können. Das bedeutet nicht das da nur Schrott gedruckt wird, aber, das sind eben Teile wo es um Passgenauigkeit nicht ankommt. Wenn es auf diese Genauigkeit ankommt wird das hochteuer. Aber da hast du dann keine Probleme mit der Genauigkeit - das ist möglich, wird z.B. in der Luftfahrt gerne eingesetzt. Leicht und es sind Teile möglich die mechanisch nicht erzeugbar sind.

Du musst also spezifizieren welche Genauigkeit du brauchst oder es sich um eine Lernspielwiese handelt

Liebe Grüße

Gerhard

PS: der Teile aus beiden Fertigungswelten kennt
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: hebi19 in Februar 07, 2022, 23:02:01 NACHMITTAGS
Hallo forgoden.......

wie mein Vorschreiber schon erklärt hat - bei Mikroskopie geht es um Toleranzen im Bruchteilen von Mikrometer-Bereich. Du kannst dir ja mal ausrechnen, welche Schärfentiefe ein 100er Okular hat - und diese Sehebene willst/musst Du präzise und wiederholbar durch das zu analysierende Objekt fahren......das wird mit den üblichen Kunststoffdruckern eher nix bis gar nix.

Und dann ist in meiner Sicht das Thema des Mikroskops bei der Gewebezucht eher ein Seitenthema.....ja, ein schon wichtiges Thema dabei, aber es braucht doch sehr viel mehr........Sterilität und Laborbedingungen, diverse Manipulationsgeräte, Analysegeräte und und und. Und eines der Werkzeuge kann ein Mikroskop sein.

Von daher kann ich deine Fragestellung noch nicht so ganz einordnen......kommt mir ein wenig so vor wie "taugt ein Drehmomentschlüssel überhaupt für den Autobau...."

Korrekte Antwort dann:   wenns ein guter und passender Drehmomentschlüssel ist kann man den beim Autobau verwenden - ja man braucht an einigen Stellen direkt einen solchen....fürs fertige Auto brauchts aber entschieden mehr.

Grüßle aus Franken
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: Flagellate in Februar 08, 2022, 00:33:33 VORMITTAG
Als Biologe kann ich es relativ schnell auf den Punkt bringen: Vergiss dein Vorhaben.

Abgesehen von den rein technischen Problemen, die bereits angesprochen wurden, ist der biologische Part nicht ohne weiteres umsetzbar.

Allein die Zellkultur, was ja quasi nur der Anfang wäre, benötigst du Fachwissen und die passenden Geräte, die du offensichtlich garnicht auf dem Schirm hast. Du musst steril Arbeiten können und das sicher über einen langen Zeitraum.

Forschungsprojekte, die in deine Richtung gehen kosten 1 Mio € und mehr für eine Laufzeit von drei Jahren und das nicht weil in der Forschung mit Geld um sich geworfen wird. Die Grundausstattung, die dir fehlt, ist da nicht mit drin.

Wenn du nicht mindestens 5000 € in die Hand nimmst und das nötige Wissen hast, ist jeder Euro und jede Stunde verschwendet.
(5000 € um es auf einem absoluten Anfängerlevel zu machen)

Grüße,
Tobias
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: forgoden in Februar 08, 2022, 02:06:16 VORMITTAG
Hallo an alle

ich dachte eher an eine Kombination aus 3D-gedrucktem Plastik, Schrauben und Gewindestangen. Diese RepRap-Modelle wie diese hier zum Beispiel: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f8/Reprap_Darwin.jpg oder diese hier https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c7/RepRap_%27Mendel%27.jpg konnten relativ genau drucken. Deshalb dachte ich, könnte so ein Stativ für Mikroskope ebenfalls skelettartig aus Gewindestangen und gedrucktem Plastik bestehen. Sicher dass das noch Probleme erzeugt? Soweit ich weiß sind Gewindestangen präzise genug und wenn nicht ganz so genau wie Stative, aber immer noch erträglich?


Ich habe mir kurz diese Seite angeschaut: https://www.lichtmikroskop.net/funktionsweise/mikroskop-vergroesserung.php und gar nicht schwer zu verstehen.

Damit ich die Probleme, die ihr beschrieben habt, reproduzieren kann: könnt ihr mir die Objektive und Okulare für Pi-Kamera auf ebay und aliexpress empfehlen?

Wie wäre es hiermit: https://de.aliexpress.com/item/33000366185.html Wo finde ich 15x mit c-mount für Pi-Kamera?

Ich habe mir noch das angeschaut:
https://de.aliexpress.com/item/32952453410.html
Sind diese Objektive nur deswegen größer, damit der Brennpunkt des zu untersuchenden Objektes weiter weg ist?

@Flagellate:

Okay, du bist erfreulicherweise Biologe.

Mir ist bewusst, dass das ein weiter Weg ist und mir das Fachwissen fehlt. Eine besonders gute Software ist ja auch nicht mal eben so programmiert, sondern entstanden durch eine Community aus mehreren Programmierern. Wenn die Forschung 1 Mio € kosten, dann vermutlich weil die Geräte sehr teuer sind. Darum geht es mir ja gerade: Die Kosten der Mikroskope stark zu senken, damit es für jeden finanziell zugänglich wird. Es geht ja nicht nur um mich, sondern die Idee 3D-Druck-Bauteile auf thingiverse zu veröffentlichen. Eine Sterilbank alleine wäre ja auch sehr teuer, dabei lassen die sich gut basteln aus günstigen Plexiglas und Edelstahlplatten oder irre ich mich da? Welche Analysegeräte gehören zur Grundausstattung der Zellkultur? Damit ich mir angucken kann wie so ein Analysegerät genau funktioniert und ich überlegen kann wie man diese ebenfalls preislich runterdrücken kann. Viele Analysegeräte haben überflüssige Sachen drauf wie: Displays, Quittungdrucker, viel Plastikgehäuse drumherum. All das kann man weglassen durch drahtlose IoT. Oder wenn ich mir die Zentrifugen angucke, denk ich mir auch immer wieder: Oh wei, das bekomm ich mit E-Motor, Kugellager, Rotationsencoder, MOSFET und 3D-Druck viel günstiger hin. (Auf 30€ statt 150€) wenn du verstehst was ich meine. Nochmal die Frage: Kannst du mir einige Analysegeräte nennen?

- Rob aka forgoden
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: David 15 in Februar 08, 2022, 08:57:14 VORMITTAG
Hallo Rob,

ich finde solche DIY Projeke wirklich interessant aber als Molekularbiologe muss ich mich Tobias voll und ganz anschließen...Vergiss es!!!

Das Problem ist, dass du zu glauben scheinst es würde reichen ein paar DIY Geräte zu basteln, das ist aber sehr wahrscheinlich das kleinste Übel weil der Großteil der Geräte sich häufig gebraucht aus alten Laboren erwerben ließe.

Um die Punkte von Tobias ein wenig auszuführen, alleine um standardmäßige Zellkultur durchzuführen benötigst du Sterilbank, CO2 Inkubator, Zentrifuge, Wasserbad, Mikroliterpipeten, Zellzähler, Autoklav, Ultra-low temperature freezer oder Flüssigsticksoff, Kühlschrank, Gefrierschrank und eine MENGE Verbrauchsmaterial.

Allein all das zu DIYen würde enorm viel Zeit in Anspruch nehmen. Gehen wir aber einfach mal davon aus, dass das alles machbar wäre, einfach nur um dir zu verdeutlichen auf welche Probleme du danach stoßen würdest.

Du wirst neben den eigentlichen Zellen, Medien, Zusätze (Wachstumsfaktoren, Inhibitoren etc.), Chemikalien und Verbauchsmaterial benötigen. Das ist richtig teuer und sorgt für sehr hohe laufende Kosten und DIY technisch ist hier wenig zu machen. Mal ganz davon abgesehen, dass kein Lieferant diese Dinge an Privatpersonen liefert.

Nachdem wir Geräte und Material abgehakt haben kommen wir zu den eigentlichen biologischen Problemen:
- Welche Zellen (Immortalisierte Zellen, Stammzellen, iPSC)? Beschaffung, Kultur, Übertragbarkeit des Modells auf den Menschen?
- Kultur der Zellen? Differenzierung, welche Wachstumsfaktoren, wie differenzieren, wie validieren?
- Drucken der Zellen? Welche Zelltypen, welches Scaffold, wie Validieren?

Das sind alles so viele Punkte die noch aus zig Unterpunkten bestehen. All das erfordert extrem viel Geld, ZEIT und eine ganze Reihe an weiterem Equipment.

Es gibt einen Grund warum die DIY Szene in der Biolgie kaum existent ist. Das Equipment, Know-how, die Unsummen an Geld und vor allem die Zeit die selbst die einfachste biologische Fragestellung erfordert ist unvorstellbar. Doktoranden in der Biologie beschäftigen sich durchschnittlich 4 Jahre mit einem winzigen Bruchstück der Biologie (Beispielsweise ein einzelner Stoffwechselweg in einer Zelle) und du möchtest ein Projekt mit X-Zelltypen, X-Variablen ohne vorhandener Ausrüstung und ohne Expertise angehen. Daher wiederhole ich es noch mal, vergiss es! Die Biologie ist nicht vergleichbar mit der Programmiererszene in der theoretisch eine einzelne Person von Zuhause aus mit einem Laptop bewaffnet Facebook 2.0 kreiert und damit die Welt verändert. Es ist nun mal leider so.

Liebe Grüße,
David




Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: aga_peter in Februar 08, 2022, 08:57:50 VORMITTAG
Hallo Rob,

ich komme nicht ganz draus, was Du eigentlich beabsichtigst? Geht es Dir eher um die Automatisierung an sich oder um die Zellzüchtung?
Ich finde Du konzentrierst dich zu sehr auf die mechanische Komponente und ahnst nicht, wie komplex und unberechenbar die Biologie ist.
Ich finde auch, dass Du das Vorhaben totla unterschätzt. Da braucht es echt breites biologisches Wissen, ein Studium der Biologie wäre da nicht verkehrt, ein Doktortitel wäre auch nicht fehl am Platz. Bei uns in der Firma haben wir auch schon kundenspezifische Automatisierungslösungen für Zellculture gebaut und ich muss Dir sagen, das ist echt tricky, irgendwann hast Du Kontaminationen. Alles muss steril sein, Dein System sollt idealerweise in einer Laminarflow laufen, Du wirst auch die Zellen füttern müssen, diese bewegen (Schütteln, kippen, ooder was auch immer, Du musst den Zellen auch entsprechende Bedingungen bieten (Temperatur, Gaszusammensetzung (zb CO2),etc....). Um so eine Anlage betreiben zu können musst Du erstmeal viel Geld in die Hand nhmen für den Bau (rechne mal mit ca 1 Mio) und mit viel knowhow für den Betrieb. Das Mikroskop steht erstmal nicht im Vordergrund. Erst wenn Du die Zellzüchtung beherrschst, kannst Du dann ichtung Mikroskopie weiter machen. Aber eben, ev geht es Dir um die reine Mikroskopautomatisation, dann kannst Du ja die Zellzüchtung an sich vergessn und Dich auf die Automatisierung stürzen, wobei es auch hier Firmen gibt (Nikon), die das beherrschen,mit automatisierten Objekttischen, Software, etc. Dazu dann noch ein Roboterarm, der die Zellplatten handelt. Klar, es kostet eine Menge Geld, aber das nachzubauen mit ggf Teilen aus einem 3D Drucker - ich sage vergiss es.
VG
Peter
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: Flagellate in Februar 08, 2022, 13:48:54 NACHMITTAGS
Den Kommentaren von David und Peter ist nichts mehr hinzu zufügen.

Danke euch beiden, jetzt kann ich mir den Post sparen  ;)

Lieber Rob,
ich kann nur an dich appelieren uns zu glauben. Wir wissen wo von wir reden. Wenn es so einfach wäre, wie du dir vorstellst, würden wir Biologen nicht ständig teure Forschungsprojekte beantragen und Kooperationen mit Ingenieuren, anderen Naturwissenschaftlern und Firmen eingehen.
Selbst wenn du das nötige Wissen hättest, reicht eine Ein-Mann Armee nicht aus um das umzusetzen.

Um den Punkt von Peter bezüglich Automatisierung nochmal kurz aufzugreifen:
Sowas wie einen Roboterarm oder automatisierten Objektivtisch zu bauen ist durchaus realistisch. Aber du benötigst dafür extrem präzise Steppermotoren und vieles mehr. Da ist nichts mit Drucken und die kosten so viel wie sie eben kosten. Allein für einen "einfachen" automatisierten Objektivtisch muss du mit Materialkosten von ca. 500 € rechnen, wenn du es halbwegs vernünftig machen willst.

Grüße,
Tobias
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: wilfried48 in Februar 08, 2022, 15:21:56 NACHMITTAGS
Zitat von: forgoden in Februar 07, 2022, 17:21:49 NACHMITTAGS
...
Ich habe mir dann die Videos von CCC (André Lampe) angeguckt und bin überrascht dass die Mikroskope eigentlich viel billiger sein
...

Hallo Rob,
ich hab mir als Physiker auch mal die Science Talk Videos von Andre`Lampe angeschaut und wie so oft bei solchen Science Talks auf you tube wird etwas lax mit der wissenschaftlichen Argumentationsweise umgegangen.
https://media.ccc.de/v/33c3-8237-es_sind_die_kleinen_dinge_im_leben
Andre` Lampe ist selbst Physiker und hat seine Doktorarbeit angeblich in Bereich der Biochemie gemacht. Dort hat er selbstverständlich ein ich schätze mal mindestens eine halbe Million teueres höchstauflösendes Lichtmikroskop benutzt und nach seinen Angaben die zeitliche Beschränkung dieses Geräts durch eine sehr viel schnellere Software (die inzwischen open access ist) pulverisiert.
Was in dem Video sehr gut gemacht ist ist die Erklärung der Beschränkung der Auflösung der herkömmlichen Lichtmikroskopie durch das Beugungslimit und seine Umgehung durch neue Verfahren wie SIM, STED, und STORM.
Dies zeigt er auch schön durch Vergleichsbilder zwischen konventioneller und hochauflösender STORM Fluoreszenzmikroskopie.
Aber dann versteigt er sich zu er Aussage, dass Bilder in dem Millionengerät Zeiten im Minutenbereich brauchen, während seine open access Software dies im Millisekundenbereich erledigt. Spätestens da hätte ich ein kleines Video erwartet mit dem er dies mit einigermassen gleicher Qualität demonstriert.
Aber dann kommt gleich die zweite Behauptung, dass man dazu noch nicht mal das millionenteure Gerät braucht, sondern eine 25 TSD. € DIY Lösung die zusammen mit seiner open access Software sogar tausend fach schneller wäre.
Dazu zeigt er wieder keine Vergleichsbilder und schon gar keine eigenen, sondern zitiert eine Veröffentlichung einer anderen Gruppe aus dem Jahre 2013 ! Und die Anbieter der Millionengeräte haben seither alle geschlafen ? Und kein anderer Hersteller wollte das 25 TSD. Euro Gerät auf den Markt bringen ?
Also ich nehme folgende "Behauptung" aus dem Video mit: Die Biologen und Biochemiker sind alle blöd, wenn sie sich eine teures
Gerät der großen Firmen Zeiss, Leica, Nikon oder Olympus hinstellen, wo es doch mit einer DIY Lösung und open access  viel billiger
und besser geht.
Ich glaube, dass kein Biologe und Biochemiker, der auf diesem Gebiet arbeitet das ernst nimmt, und ein Physiker der, die Kompliziertheit dieser Technologie etwas besser beurteilen kann schon gleich gar nicht.

Da ich außer deiner Aussage:

Zitat
Ich will in dieser Entwicklung irgendwo aktiv sein. (Bin in 3D-Druck sehr gut, Elektrontechnik hab ich auch Erfahrung und bisschen Programmierung)

über deine Erfahrung, Ausbildung, Berufstätigkeit, Alter leider nichts weiss und dich daher auch mit absoluten Aussagen wie "Vergiss es"
nicht entmutigen will, würde ich vorsschlagen, dass du dich erstmal näher vorstellst.

Solltest du noch Schüler sein, was ich mir gut vorstellen könnte, da ich am Schülerforschungszentrum als ehrenamtlicher Betreuer
oft mit dem Problem konfrontiert werde, dass engagierte Schüler mit dem Ansinnen kommen, dass man mit ein wenig programmieren
die wissenschaftliche Welt auf den "Kopf stellen" könnte. Großes Schlagwort ist dann immer: Ja hat das schon mal jemand mit KI versucht? Die meisten bekommt man in ihrem Übereifer allerdings wieder eingefangen und kann sie an ein Projekt setzten, das
wie die Natur zunächst mal streng wissenschaftlich und analog abläuft. Und natürlich setzen wir auch DIY, 3D Drucker, Computer und Software ein, aber eben nur da wo es Sinn macht und nicht von den eigentlichen Zielen ablenkt.

Also falls du noch Schüler sein solltest, so wende dich an das nächstgelegene Schülerforschungszentrum, dort wird dein löblicher Forschungsdrang in sinnvolle Bahnen gelenkt.

viele Grüße
Wilfried





Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: forgoden in Februar 09, 2022, 04:27:44 VORMITTAG
Den Titel habe ich leider auch etwas unglücklich gewählt. Ist halt so dass ich zu steil denke und einsteige.

Nachdem ich eure Texte gelesen habe, verstehe ich das Problem mit Tissue Engineering in 3 Phasen:

1. Teures Equipment
2. Unzugänglichkeiten der Zutaten wie Wachstumsfaktoren und Chemikalien
3. Die Komplexität der eigentlichen Bioprozesse

Erst mal muss das Problem 1 gelöst werden. Ich habe nicht geschrieben, dass ich Tissue Engineering betreiben will. Auch wenn ich es gerne tuen würde, würde ich erst mal lassen, weil zuerst die Untersuchungsgeräte billiger werden müssen. Ich konzentriere mich auf die überteuerten Mikroskope. Also ich will grundsätzlich jeden Biologen, Chemiker respektieren. Mir geht es darum, diese Geräte möglichst billig zu machen, damit die Anfänger-Biologen nicht soviel blechen müssen.

Sorry wenn ich mich am Anfang so unklar ausgedrückt habe. Ich bin 37 und arbeite schon länger mit FDM-3D-Drucker und stecke gerne elektronische und mechanische Bauteile zusammen. Inklusive Robotik. Denke da an sinnvolle Halterungen für Teile der Mikroskope... Jetzt wollt ich mir mal die Optik (wenig Erfahrung) anschauen und diese in 3D-gedruckten Halterungen mit Stahlverstärkung verbauen und gucken ob das so geht...

ZitatEs gibt einen Grund warum die DIY Szene in der Biolgie kaum existent ist.

Sicher? Stichwort: DIYBio

Wenn man googelt, findet man so einiges an Makern, Biohacker etc...

Hier sind die Beispiele, dass so einiges billiger machen lässt.

DIY-Dosierpumpen: https://www.thingiverse.com/thing:2619479 (Zitat von Aachen Studenten: The pump is simple and inexpensive to manufacture, with all the parts totaling less than $100 compared to $1300 for the cheapest comparable commercial solution we could find."
DIY-Zentrifugen: https://www.youtube.com/watch?v=Od_wNhkoEak
DIY-Shaker: https://www.youtube.com/watch?v=4-jtV0Y1T68
https://www.youtube.com/watch?v=PVq-X4lqDfE der Rumpf des Adapters mit zwei Präzisionsspiegeln für Auflichtmikroskop ist auch 3d-gedruckt.
https://www.youtube.com/watch?v=jzcHGjFiR0o hier 3d-gedruckte Halterung für Digitalmikroskop

Es gibt professionelle Maker die jetzt Open-Source Fluoreszenzmikroskop für 1500€ entwickelt haben:
https://www.labmaker.org/products/miniscope-complete-set-of-components
Mehr Details: https://www.edmundoptics.de/knowledge-center/trending-in-optics/open-source-diy-microscopy/

Ich kenne mich da jetzt mit Fluroszenz nicht aus, aber wird die DIY-Szene (und auch Bio) nicht so langsam reif auf allen Ebenen?
Was sollen die Fluroszenzmikroskop jetzt eigentlich kosten? 1 Mio €? 25k€? oder 1500€?

Was ich will ist: Mich am Ende mit DIY-Fluroszenzmikroskop beschäftigen, weiterentwickeln falls die auch für Tissue Engineering zum Einsatz kommen kann, sonst ist es für mich rausgeschmissene Zeit.
Tissue Engineering will ich mich erst dann beschäftigt sobald wir (die Open Source und DIY-Community) Problemphase 1 (teures Equipment) und 2 (Verfügbarkeit der Zutaten) gelöst haben.
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: schmidt in Februar 09, 2022, 08:03:06 VORMITTAG
Hallo Rob,
nachdem die Forumskollegen hier schon so geduldig und fundiert erstklassige Beratung aus Sicht der Biologie, Physik und Pädagogik gegeben haben, um nicht zu wiederholen mal ein kleiner Denkansatz aus der Betriebswirtschaft:
Ein Produkt sollte so gut wie möglich, so schnell wie möglich, so preiswert wie möglich gefertigt werden. Das sind 3 Forderungen von denen sich aber ! Achtung ! immer nur 2 gleichzeitig erfüllen lassen.
Oder anders, wenn Sachen sehr teuer sind ist das nicht immer Profitgier (obwohl es die natürlich gibt) , es lässt sich in angemessener Zeit und mit angemessenem Qualitätsstandard einfach nicht billiger verwirklichen.
Da steckt oft viel Entwicklungsarbeit dahinter, sicher sind geniale Vereinfachungen manchmal möglich , aber man muss das Fahrrad auch nicht grundlos 3 x neu erfinden.

VG
pschmidt
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: jcs in Februar 09, 2022, 09:53:32 VORMITTAG
Zitat von: forgoden in Februar 09, 2022, 04:27:44 VORMITTAG
Was ich will ist: Mich am Ende mit DIY-Fluroszenzmikroskop beschäftigen,
Das ist in meinen Augen ein realistischer Ansatz, und da kann man als Maker auch einiges erreichen. Ohne Fluoreszenzmikroskopie in all ihren Ausprägungen geht in der Biologie heute kaum etwas. Das von Dir verlinkte DIY-Fluoreszenzmikroskop ist allerdings für spezielle Zwecke gedacht und für normale Mikroskopie weniger geeignet. Ein konventionelles Fluoreszenzmikroskop kannst Du gebraucht ebenfalls für 1500-2000 Euro bekommen, da macht Eigenbau nicht sehr viel Sinn.  Das teure sind die dichroitischen Spiegel und die Objektive, die muss man zukaufen.

Wenn Du ernsthaft ins Thema einsteigen willst, würde ich eher in Richtung konfokale Lasermikroskopie schauen. So ein System kostet komemrziell ca. 500kEuro und ist somit für Private oder wenig finanzstarke Labors nicht leistbar. Gebrauchte Uraltsysteme sind billig, aber wenn dann der Laser oder ein Scanner ausfällt, hat man praktisch einen Totalschaden.

Es gibt zu dem Thema auch ein paar Eigenbau-Beispiele. Grundsätzlich sind das normale Mikroskope, die zusätzlich mit einem (Dioden)laser, einem Galvo-Scanner und einer schnellen Photodiode bzw. Photomultiplier ergänzt werden. Wenn man ein paar technische Kompromisse eingeht und die günstigsten Komponenten verwendet (Laserdiode aus dem CD-Player, China-Scanner, ...), viel Geduld mitbringt, mechatronisch bewandt und ausreichend Software-affin ist, ließe sich so etwas durchaus realisieren. Ganz billig ist das trotzdem nicht, irgendwo zwischen 5 und 10kEuro wird man dennoch brauchen. Aber man ist dann im Bereich dessen, was in der "gehobenen Amateurklasse" liegt.

LG
Jürgen

P.S.: Hier siehst Du, was man ungefähr dafür braucht. In dem konkreten Fall natürlich zu den Thorlabs-Apothekerpreisen

https://www.thorlabs.com/newgrouppage9.cfm?objectgroup_id=10647 (https://www.thorlabs.com/newgrouppage9.cfm?objectgroup_id=10647)
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: Gerd Schmahl in Februar 09, 2022, 17:39:03 NACHMITTAGS
Hallo Rob,
mit welchen Mikroskopen hast Du denn schon gearbeitet?
LG Gerd
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: forgoden in Februar 12, 2022, 07:00:50 VORMITTAG
Offensichtlich gibt es schon Leute vor mir die so denken:
https://www.youtube.com/watch?v=gV9FytfoCtg

Die haben so ein Gestell mit 3 Motoren für X,Y,Z Bewegungen entwickelt. In Sub-Mikroschritten möglich. Die Software bietet Auto-Focus an.

Da hier das keiner verlinkt hat, gehe ich mal davon aus dass ihr das auch nicht wusstet?

Einer hat versucht einen eigenen Laser Raster Mikroskop zu bauen:
https://www.youtube.com/watch?v=9TYlQ4urcg8

Der Youtuber ist aber eher Materialforscher. Das Problem ist nur dass bei ihm die Abtastung extrem lange dauert. Wie schnell sind eigentlich die kommerziellen Laserrastermikroskope?  Es gibt diese MEMS-Mirror die schnell bewegen können, die aber schwer zu bekommen sind. Ein dichroischer Spiegel mit Piezoaktuatoren wahrscheinlich noch schwieriger.
Es gibt von National Instruments AD-Karten mit Analog Input, die extrem hohe Abtastraten haben. Das wäre was für Photonmultiplier.

Also da geht schon was. Man müsste nur noch von Thorlabs und edmundoptics beziehen und bessere Mikroskope bauen.

Sind hier Optiker unterwegs die mir sagen können welche Linsen man nehmen kann?

Zitat von: plaenerdd in Februar 09, 2022, 17:39:03 NACHMITTAGS
Hallo Rob,
mit welchen Mikroskopen hast Du denn schon gearbeitet?
LG Gerd

Mit normalen Durchlichtmikroskop und Auflichtmikroskop.

Ich habe dann noch dieses Video gefunden, das ist genau die Idee die ich auch hatte:
https://www.youtube.com/watch?v=_fHSys_pIEA

Ist das eine gängige Methode für Biologen, mit einem Laserstrahl durch Wassertropf scheinen zu lassen oder ist das nur ihre Kreativität?

Meine Idee dazu wäre, dass man die herumschwimmende Baktieren im Wassertropf mit Nvidia AI (Objekterkennung) tracken kann und die Motoren steuern das Mikroskop an, um das anvisierte Bakterium nicht aus dem Bild zu verfehlen: https://www.hackster.io/clean-water-ai/jetson-clean-water-ai-79a797 Mehrere motorgesteuerte Spritzen für wenig Geld habe ich auch schon gesehen.

Weil, dann müssen die Proben auch nicht aufwendig unterm Glas gelegt werden. Man könnte hunderte von Reagenzgläsern auf einer fahrbaren Schiene mit motorgesteuerten Spritzen automatisiert untersuchen.

Kann das Sinn machen für die Biologen?
Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: Gerd Schmahl in Februar 12, 2022, 08:00:13 VORMITTAG
Hallo Rob,
die Grundlagen der Mikroskopie sind in der Mikrofibel  (https://www.mikroskopie-forum.de/pdf/mikrofibel.pdf)gut erklärt. Ich verweise nicht so sehr gerne auf dieses Dokument, weil es für Anfänger doch recht ausführlich ist, aber Du willst ja offensichtlich steil einsteigen.
Guck Du YT-Videos - wir mikroskopieren inzwischen....
LG Gerd

Titel: Re: Taugen Mikroskope überhaupt für Tissue Engineering (Gewebezüchtung)?
Beitrag von: jcs in Februar 15, 2022, 20:12:08 NACHMITTAGS
Zitat von: forgoden in Februar 12, 2022, 07:00:50 VORMITTAG
Einer hat versucht einen eigenen Laser Raster Mikroskop zu bauen:
https://www.youtube.com/watch?v=9TYlQ4urcg8

Der Youtuber ist aber eher Materialforscher. Das Problem ist nur dass bei ihm die Abtastung extrem lange dauert. Wie schnell sind eigentlich die kommerziellen Laserrastermikroskope?  Es gibt diese MEMS-Mirror die schnell bewegen können, die aber schwer zu bekommen sind. Ein dichroischer Spiegel mit Piezoaktuatoren wahrscheinlich noch schwieriger.
Es gibt von National Instruments AD-Karten mit Analog Input, die extrem hohe Abtastraten haben. Das wäre was für Photonmultiplier.

Also da geht schon was. Man müsste nur noch von Thorlabs und edmundoptics beziehen und bessere Mikroskope bauen.

Sind hier Optiker unterwegs die mir sagen können welche Linsen man nehmen kann?
Youtube ist sicher eine nette Inspirationsquelle. Allerdings sind die in Deinen Links gezeigten Systeme eher zwecks Show-Effekt gebaut. Für praxistauglichen Einsatz in der Mikroskopie sind die in meinen Augen wenig geeignet. Es gibt aber einige ernsthaftere Ansätze zu dem Thema, wo Du bis hinunter zu den Stücklisten sehr konkrete Infos findest.

Ein etwas älterer Ansatz für ein konfokales Lasermikroskop:

http://www.cyto.purdue.edu/archive/flowcyt/confocal/build_confocal/index.htm (http://www.cyto.purdue.edu/archive/flowcyt/confocal/build_confocal/index.htm)

oder noch ein Beispiel für ein Zweiphotonenmikroskop. Die sind wegen des teuren Ultrakurzpuls-Lasers und der Lasersicherheit nicht für Privatgebrauch geeigent, aber sehr ähnlich aufgebaut wie konfokale Mikroskope. Deshalb sind in dem Link mit den sehr detaillierten Infos nützliche Ausführungsbeispiele, inkl. spezifischer Angaben zu den verwendeten Linsen, zu finden:

https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0110475 (https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0110475)

LG

Jürgen