Liebe Kollegen,
Klaus hat in seinem Beitrag zum mikroskopischen Leben im winterlichen Gewässer (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=45380.0) eine schöne Habitusaufnahme des Sonnentieres Choanocystis (Acanthocystis) aculeata eingestellt. Assoziiert mit einem Oedogonium-Faden, vielleicht sogar an ihm angeheftet, streckt das dargestellte Exemplar seine zarten Axopodien aus, um damit Beute zu fangen.
Ich nehme diesen Beitrag zum Anlass, einige aktuelle Fotos von Choanocystis aculeata aus meinen eigenen Proben vorzustellen. Wie auch Klaus finde ich dieses Sonnentier immer wieder zwischen treibenden Grünalgenfäden.
C. aculeata gehört zu den wenigen Sonntieren, die man schon mit dem Lichtmikroskop relativ sicher auf Artniveau bestimmen kann. Charakteristisch sind die nadelförmigen Stachelschuppen (Ss, in der Fachliteratur Radiärspicula/spine scales), die sich aus einer Basisplatte (Bp) und daran ansetzendem Schaft (Sc) zusammensetzen (Bild 5). Im proximalen Abschnitt des Schafts erkennt man mit der Ölimmersion unregelmäßig angeordnete knotenförmige Verdickungen (Apophysen, Ap).
Neben den Stachelschuppen besitzt die Art lang-elliptische, manchmal hantelförmige Tangentialschuppen in einer etwas tiefer liegenden Fokusebene (Ts, Bild 6). Bei Dauerstadien bzw. Exemplaren, die in den Ruhezustand übergehen, kann die Schicht der Tangentialschuppen sehr ausgedehnt sein (Bild 7).
Die in den letzten Wochen von mir gefundenen Exemplare wiesen allesamt Zoochlorellen (Zc) oder zumindest Chloroplasten (Cp) aus der aufgenommenen Beute auf. In manchen Fällen konnte ich noch den Augenfleck (Stigma, St) erkennen (Bild 3, 4). Wie bei vielen Sonnentieren üblich, sitzt der Kern (Nu) etwas exzentrisch (Bild 2); die Osmoregulation besorgt eine kontraktile Vakuole (kV, eventuell liegt mehr als eine kV vor).
Das für Sonnentiere charakteristische Organell der Axopodien (Ax, Bild 1) erkennt man auf der Aufnahme von Klaus sehr viel besser; meine Exemplare waren gestört und hatten die Axopodien teilweise zurückgezogen. Immer wieder trifft man auf lockere Verbände dieses interessanten Einzellers (Bild 2).
Beste Grüße
Ole
Lieber Ole,
es ist immer wieder ein Genuss, deine Beiträge zu lesen.
Sowohl im aufschlussreichen Text als auch in den detailreichen Bildern steigst du oft ein gutes Stück tiefer in die Morphologie der Protozoen ein.
Besonders die Struktur der Stachel-Schuppen ist für mich neu. Aus welchem Material bestehen sie eigentlich. Ich nehme mal an eine Siliziumverbindung!?
Ich hatte schon öfter sommerliche Exemplare beobachtet, die waren wesentlich ärmer an Zoochlorellen bzw. Chloroplasten. Seltsam!
Du hast mich wieder mal zu genaueren Hinschauen angeregt.
Herzliche Grüße
KlausZ
Hallo Ole
Beeindruckend, habe den Beitrag schon ein paar Mal besucht und bin immer wieder fasziniert :)
Liebe Grüße
Gerhard