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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Jakob_Wittmann in Februar 16, 2023, 00:09:23 VORMITTAG

Titel: Der 40 × Achromat des (Bresser) Biolux für Diatomeen-Fotografie?
Beitrag von: Jakob_Wittmann in Februar 16, 2023, 00:09:23 VORMITTAG
Guten Abend liebe Gemeinschaft,

ja, das geht tatsächlich, aber ich habe schon bessere Fotos von Diatomeen gesehen.

Über das Biolux wurde hier schon des Öfteren diskutiert, ich möchte daher bitte nicht allzu ausladend werden.

Nur kurz soviel:

Ich halte es für eine Fehlkonstruktion, da man:

Das 40-fach Objektiv mit der vorhandenen Beleuchtung nicht verwenden kann.

Weil es unsinnigerweise nicht genormte Objektive eingebaut hat.

Das Rad mit den Lochblenden hinderliche Farbfilter hat.

Und aus noch paar anderen Gründen.

Um den momentan verlangten Neupreis der typischen Sets mit weitgehend unnützen Krimskrams bekommt man bereits Mikroskope mit Normoptik, die durchaus brauchbar sind. Allenfalls kauft man sich eine simple chinesische LED-Leuchte um ca. € 15,- dazu, da die Niedrig-Preisklasse-Geräte häufig nur mit einem Spiegel ausgestattet angeboten werden.


Ich war einfach neugierig, ob das 40-fach Objektiv des Biolux mit etwas Beleuchtungsbastelei zumindest halbwegs abbildet. Hier im Forum habe ich schon von ausgesprochen fachkundigen Mitgliedern gelesen, dass dieser Achromat katastrophal schlecht sei.

Da mein Biolux XSP (ich habe es um paar Euro vor etwa eineinhalb Jahren gebraucht gekauft) aber ein frühes Modell ist (5 Jahre oder älter?), dachte ich, dass die Qualität der Optik früher etwas besser gewesen sein könnte.

Eine taugliche Beleuchtung zu improvisieren ist bei diesem Mikroskop eher umständlich, da man nur sehr wenig Platz unter dem Objekttisch hat.


Ich habe es bewusst simpel versucht:

Abschrauben des Lampensockels (am Foto Nr. 4), dabei blieb die originale Verkabelung halbwegs unversehrt.
Als Lichtquelle habe ich eine Billigsdorfer LED-Schrankleuchte (am Foto Nr. 3) aus dem Supermarkt verwendet.

UND: Ich hatte beim Schnäppchenmarkt von Teleskop-Austria einen Kondensor (37 mm Durchmesser, Nr. 2 am Foto) um € 1,- entdeckt (kein Scherz!) und dieses edle Stück zwischen der Unterseite des Objekttisches mit dem Blendenrad und der Leuchte regelrecht hinein gezwängt.

Die Irisblende des Kondensors (am Foto Nr. 1) musste ich aus Platzgründen abschrauben:

Danach stellte sich heraus, dass keine meiner CMOS-Kameras und auch die EOS 600D ein erträgliches Bild schafften. Eine grelle zentrale Aufhellung, sonst nichts.
Mit eingesetztem Okular und der mit der Hand daran gepressten QHY 183c-CMOS-Kamera ging es dann ein klein wenig. Allerdings ist das Biolux für ein Mikroskop viel zu leicht: heftiges Wackeln war deswegen unvermeidbar, leider. ;)

Wodurch auch das Flat-Bild zum Kompensieren von Unregelmäßigkeiten im Hintergrund unbrauchbar wurde, was die kleinen weißen Flecken auf den Fotos zur Folge hatte.

Ihr seht: Das war eine Sache, die so richtig Spaß gemacht hat!  :) ;) :o 8)

Die Fotos (Diatomeen der Nordseeküste) wurden ,,interessant" ... finde ich  :) :) :)

Und ich habe die Aufnahmen ausnahmsweise bewusst zum Teil sehr hart ausgearbeitet, damit man  erkennt, was von diesem Achromat aufgelöst wurde.

Aber seht bitte selbst. Danke für Eure Geduld beim Lesen meiner spannenden Erzählung! ;) 8)

Liebe Grüße

Jakob
Titel: Re: Der 40 × Achromat des (Bresser) Biolux für Diatomeen-Fotografie?
Beitrag von: liftboy in Februar 16, 2023, 09:08:01 VORMITTAG
Hallo Jakob,

da hast Du den Grund, warum Kinder mit einem "Kindermikroskop" nichts anfangen können. Wir waren in unserer Jugend mit sowas zufrieden... weil wir nichts besseres kannten!

viele Grüße
Wolfgang
Titel: Re: Der 40 × Achromat des (Bresser) Biolux für Diatomeen-Fotografie?
Beitrag von: Jakob_Wittmann in Februar 16, 2023, 11:44:06 VORMITTAG
Zitat von: liftboy in Februar 16, 2023, 09:08:01 VORMITTAG
Hallo Jakob,

da hast Du den Grund, warum Kinder mit einem "Kindermikroskop" nichts anfangen können. Wir waren in unserer Jugend mit sowas zufrieden... weil wir nichts besseres kannten!

viele Grüße
Wolfgang


Hallo Wolfgang!

Vollkommen richtig, da bin ich genau Deiner Meinung.

Als mit etwa mit 7 Jahren mein erstes ,,Revue"-Kindermikroskop (mit Zoom-Okular: WOW!  :) :) :) ) als Weihnachtsgeschenk bekam, war allein schon der Anblick von Salzkörnchen (schön bunt durch die Chromatische Aberration  ;) ) sensationell. Riesige Würfel in schönen Farben.

Zur (geruchsbedingt) nicht gerade großen Freude meiner Mutter hab ich den Klassiker schlechthin, einen Heuaufguss) selbstverständlich ebenso erforscht.
Das Problem war nur, dass es damals in den Sechzigerjahren noch keine Wimperntiere gab, sondern nur in pastelligen Farben gehaltene, glatte Rotationsellipsoide mit der Fähigkeit sich zu bewegen.

In den Siebzigerjahren war die biologische Evolution schon fortgeschrittener, denn mit meinem ersten LOMO konnte ich eindeutig Wimpern auf den Tieren aus einem solchen Aufguss erkennen!

Tja, nun aber ohne Scherze: Natürlich waren wir als Kinder mit dem zufrieden, was es an ,,wissenschaftlichen" Spielzeug gab.

Mein Glück war, dass mein Vater meine naturwissenschaftliche Interessen unterstützte, denn ein LOMO-Mikroskop war für einen Jugendlichen – etwa um die 15 Jahre alt –  eher nicht das typische Gerät seiner Art. Immerhin kostete meines (ca. 1974) 3.490,- österr. Schilling = DM 500,- ...
Damals war das keine banal geringe Geldsumme.

Zu eben dieser Zeit waren Geräte wie das Modell ,,Humboldt" von Kosmos für jugendliche Amateur-Mikroskopiker ausgesprochen gehoben. Es gab aber auch Geräte (deutscher Hersteller), die preislich im Rahmen blieben und dabei durchaus passable Leistungen aufwiesen. Mir fällt als Beispiel dazu das Enuro Studio Modell ein. Es sah wie ein sehr stark vereinfachtes, verkleinertes Zeiss Jena G oder Zeiss Standard Junior aus. Kleiner, ohne Mikrometer-Einstellung, Spiegel, graue Hammerschlaglackierung. Bekommt man zur Zeit bei Ebay um durchschnittlich € 30,-.

Das Biolux, um wieder zum Thema zurückzufinden, könnte die heutige Entsprechung dieses Enuro-Mikroskops sein, wenn dessen Konzeption nicht so starke Mängel/Fehler aufwiese.

Was mich beim Biolux ärgert, ist der Umstand, dass man damit zu einem nicht geringen Teil das Interesse der (meist jugendlichen) Käufer an Mikroskopie/Biologie dämpft.
Denn Frustrationen sind beim Gebrauch dieses Mikroskops äußerst wahrscheinlich, wobei die niedrigeren Vergrößerungsstufen eigentlich brauchbar wären.

Statt dem Firlefanz-Set  und unbrauchbaren Barlow-Zeugs zwei passable Okulare, eine Beleuchtungseinrichtung, die ein Fachkundiger konstruieren sollte, und ein meinetwegen fixierter, simpler Kondensor. Mit durchdacht gemachtem Design würden die Herstellungskosten damit nicht mal höher ausfallen.

(den Verkaufspreis ab Werk in China bei größeren Stückzahlen sehe ich bei ca. $ 25,-).


Was mir schon seit weit über einem Jahr auffällt: Der Gebrauchtmarkt von nicht professionellen Mikroskopen wird von ,,Bioluxen" geradezu überschwemmt.

Mein Beitrag oben ist bitte als Tuning-Spielerei aufzufassen, und keineswegs als Marken-Empfehlung für junge und ältere Einsteiger in die Mikroskopie!

Für einschlägig Interessierte existieren auch in der Preisklasse (neu) von ≈ € 120,- weitaus bessere Lösungen.

Beste Grüße

Jakob