Hallo Forumisten,
gestern gab es ja einen schönen Vortrag "The Art and Craftsmenship of Making a CARL ZEISS Microscope Objective" von Michael Zöfel.
Dabei kam die Frage auf, wo man Testpräparate für den "Sterntest" bekommt.
Vielleicht hat hier jemand schon selbst entsprechende Testpräparate angefertigt?
Ich habe noch eine Quelle für ein professionelles Testpräparat gefunden:
https://www.exeter.ac.uk/business/consulting/psfcheckslides/
mit 365 Pfund ist der Preis allerdings durchaus stolz.
Viele Grüsse
Florian
Hallo Florian,
das von Dir oben empfohlene Präparat ist kein Sterntest. Es ist eine Testplatte zur Bildgütebeurteilung mittels Fluoreszenzmikroskopie und hauptsächlich für LSM- Nutzer (Konfokalmikroskopie) an Mikroskopen mit hochpräzise motorisiertem Z- Fokustrieb gedacht. Damit kann man eine psf aufnehmen (psf= point spread function; das Beugungsscheibchen in allen Dimensionen, meist jedoch von der Seite betrachteter Z- Bildstapel des Beugungsscheibchens). Die psf kann man sich in der Aufsicht oder meist in Seitenansicht digital anzeigen lassen. Das geht mit dem Sterntest nicht, bzw. wird nicht gemacht, da es dafür die von Dir empfohlenen Präparate gibt. Meist nimmt man aber dafür Multi- Color Sub- Resolution Beads, die kommerziell erhältlich sind. Dagegen ist der Sterntest eine sehr schnelle und aussagefähige Bildgütebewertungsmethode im Durchlicht- Hellfeld. Es kann dann auch im monochromatischen Licht gearbeitet werden.
Ein Sterntestpräparat ist eine auf einen sehr sauberen Objektträger aufgedampfte Metallschicht (Cr, Al oder Ag), in der sich, bedingt durch die spezielle, meist "streng geheime Präparation" gesteuert, sehr kleine Löcher ("Pinholes") befinden und dies in auf das Mikroskopobjektiv abgestimmten Größenklassen. Ein gutes Sterntestpräparat enthält also sowohl sehr exakt runde Löcher für Objektive 10x oder auch 100x in sehr hoher Zahl. Übrigens war August Köhler in seinen späteren Jahren der erste, der moderne Sterntests hergestellt und ihre Präparationstechniken entwickelt hat. Er hat sich- bereits 75- jährig und geistig immer noch voll auf der Höhe seiner Zeit- sehr für die 1934- 36 bei ZEISS erfundenen Bedampfungsmethoden interessiert und er ist der Vater des modernen Sterntests. Damals konnte man bei ZEISS noch so lange arbeiten, wie man sich geistig jung fühlte und es wollte. August Köhler hat sich erst 1945 pensionieren lassen, im Alter von 79 Jahren. Trotzdem hat er bis zu seinem Tod im Jahre 1948 aktiv bei uns gearbeitet und maßgeblichen Einfluss auf die Weiterentwicklung von Unendlich- Optik genommen. Die Korrespondenz dazu habe ich.
Der Sterntest erlaubt es, ein Beugungsscheibchen "von oben" zu betrachten. Also die Airy- Disk im Englischsprachigen. Sterntestpräparate werden nur im Durchlicht Hellfeld benutzt. Es gibt sie für D= 0 und D= 0.17 mm (d.h. mit Deckglas D= 0.17 mm). Also wird hier ein Auflichtobjektiv damit immer im Durchlicht geprüft.
Es gibt auch Sterntestpräparate für weniger hoch vergrößernde Instrumente, also Stereomikroskope und Makrosysteme. Da sind die "Sterne" dann größer.
Für Anwender ist ein Sterntest- Präparat nur interessant, um festzustellen, ob das Objektiv defekt ist oder nicht. Dazu begutachtet man lediglich, ob im Sterntest stärkere Koma zu sehen sind. Diese sind dann der Beweis dafür, dass das betreffende Objektiv einem stärkeren mechanischen Impuls/ Krafteinwirkung ausgesetzt war, was zu einer Kippung einer oder mehrerer Linsen im Objektiv führt. So ein Objektiv ist dann unbrauchbar, weil das Bild dann letztendlich unscharf bleibt. Die anderen mit dem Sterntest nachweisbaren Bildfehler im Objektiv sind für den Anwender eines Objektivs eher uninteressant, da diese nur während des Justierprozesses beim Hersteller beurteilt und auch nur dort dann ggf. wegjustiert werden können.
Beispiele:
Es wird immer auf den Stern fokussiert. Dann wird um diese Fokusebene herum hin- und her fokussiert. Dabei ist wichtig, dass das Okular vorher auf den Sehfehler des Betrachters optimal eingestellt wurde.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/338784_32001227.jpg)
Beugungsscheibchen eines einwandfreien Objektivs
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/338784_19575591.jpg)
Beugungsscheibchen eines Koma- behafteten Objektivs
D 4 ist aber auch noch durchaus akzeptabel für alle normalen Kontrastierungsverfahren im Durchlicht. Das typische Bild eines "abgestürzten Objektivs" wäre dann wie in D 2 gezeigt. Ein einwandfreies, jedoch falsch eingestelltes Korr- Objektiv zeigt in der falschen Einstellung des Korr- Rings auch meist Koma und sphärische Aberration, dann aber wie in D 4 (selten wie in D 1)
Wer kein Sterntestpräparat hat, kann die Bildgüte bei Objektiven mit einer numerischen Apertur unter etwa 0.8 (also Trockenobjektive und Iris- Objektive mit abgeblendeter Apertur) auch im Ultra- Dunkelfeld mit einem Immersions- DF- Kondensor bestimmen, in dem man auf sehr feine Punkte, die es in jedem Präparat gibt, fokussiert. Da sieht man auch Komafehler.
LG
Michael Zölffel
NACHTRAG: Ich habe den Satz "Koma= Sphärische Aberration plus Astigmatismus" herausgenommen, da dieser Ansatz zwar für die praktische Objektivgütebestimmung wichtig ist, aber -wie unten von Uwe richtig dargestellt- zu Missverständnissen führen kann. Die Erklärung dazu ist sowieso für die meisten Foristen irrelevant. Bei näherem Interesse gerne eine PN senden.
Lieber Michael,
danke, jetzt verstehe ich das Prinzip.
Dein gestriger Vortrag war klasse.
LG Ralf
Hallo,
hier eine solche Sterntestplatte. Es handelt sich um einen beidesiets verspigelten Objektträger, wobei kleinste "Löcher" in die Verspiegelung eingebracht wurden.
Herzliche Grüße
Peter
Hallo,
Zitatwobei kleinste "Löcher" in die Verspiegelung eingebracht wurden
eine einfache Methode besteht darin dass man den Objektträger dünn versilbert (oder mit Aluminium bedampft) und ihn dann mit einem Tuch "reinigt". An den Stellen wo sich kleinste Partikel auf der Glasoberfläche befanden entstehen Löcher in der Schicht.
Hubert
Hallo zusammen,
da sich (dank des schönen Vortrags) bestimmt gerade der eine oder die andere Gedanken zu geeigneten Präparaten machen - im folgenden Link befinden sich ein-zwei Ideen, die sich ohne Aufwand zu Hause realisieren lassen. (Ohne diese selbst getestet zu haben oder ansonsten über die wissenschaftliche Qualität der Arbeit eine Aussage treffen zu wollen.)
siehe hier: https://www.quekett.org/wp-content/uploads/2015/09/Fletcher-Star-Test-Microscope-Optics.pdf
beste Grüße
Martin
Zitat von: Peter V. in Februar 26, 2023, 19:05:38 NACHMITTAGS
....
Es handelt sich um einen beidesiets verspigelten Objektträger, wobei kleinste "Löcher" in die Verspiegelung eingebracht wurden.
Lieber Peter,
warum sollte der Objektträger beidseitig verspiegelt sein ?
Die kleinsten Löcher in der Verspiegelung beim Aufdampfen oder Aufsputtern der Bedampfungsschicht entstehen von selbst durch Kondensationsdefekte bei der Keimbildung und Wachstum der Schichten. Selbst wenn die Oberfläche vorher im Reinstraum gründlich gereinigt wurde und partikelfrei ist. Die Löcher die durch Partikel auf der Oberfläche erzeugt wurden sind meist nicht so schön rund.
Lange Zeit war die Fa. Balzers in Lichtenstein die einzige bei denen man löcherfreie Chromschichten für die Lithografiemaskenherstellung beziehen konnte. Das Verfahren war streng geheim.
Könntest du bitte mal eine µm Balken in die Aufnahme von deiner Sternplatte einzeichnen ?
Am Bildrand meine ich auch eine kräftige CVD zu sehen.
viele Grüße
Wilfried
Zitat von: Apochromat in Februar 26, 2023, 17:38:36 NACHMITTAGS
das von Dir oben empfohlene Präparat ist kein Sterntest. Es ist eine Testplatte zur Bildgütebeurteilung mittels Fluoreszenzmikroskopie und hauptsächlich für LSM- Nutzer (Konfokalmikroskopie) an Mikroskopen mit hochpräzise motorisiertem Z- Fokustrieb gedacht. Damit kann man eine psf aufnehmen.
Hallo Michael,
de facto sollte das doch eigentlich keinen Unterschied machen, wenn man davon absieht, dass man mit dem psf Testpräparat auch Leuchtobjekte in verschiedenen Tiefen hat.
Viele Grüsse
Florian
Hallo Florian,
diese Antwort hatte ich erwartet, aber hier gilt wie so oft -das Gleiche ist nicht Dasselbe- ich habe darum versucht die Unterschiede zwischen solchen Präparaten zur Bildgütebewertung zu erklären. Ein weiterer Unterschied ist auch, dass das eine ein spektral auf die verwendeten Fluorochrome abgestimmtes und eben beschränktes Testpräparat ist, das andere auch im Weißlicht verwendet werden kann und wird.
Mit dem Sterntest kann ich nur die psf in x- und y- Richtung betrachten. Beim Sterntest erfolgt die Bildgütebewertung meist (nicht immer) visuell. Das natürlich in verschiedenen z- Ebenen; es wird ja "durchfokussiert". Einen Fluoreszenz- Bildstapel unterziehe ich zur Bildgütebewertung auch immer einer DCV (Deconvolution), das geht beim Sterntestbild nicht. Der so prozessierte Fluoreszenz- Bildstapel kann dann mit der üblichen Software in allen Richtungen angeschnitten, gedreht und betrachtet werden.
LG
Michael Zölffel
Lieber Wilfried,
zu derTestplatte kann in wenig sagen, ich habe sie mal vor vielen Jahren aus einem Nachlaß mit einigen weiteren "Testpräparaten" (u.a. eine Abbe-Testplatte von Wild) bekommen. Ich weiß nicht, ob es eine speziell für diesen Zweck gefertigte Platte ist (und von wem sie gefertigt wurde - industriell oder vom Anwender selbst) oder sie einfach für diese Vernwedung zweckentfremdet wurde. Sie hat jedenfalls Objektrrägergröße, ist aber etwa doppelt so dick und beidseits beschichtet (verspiegelt).
Das mikroskopische Bild sollte Dich zu keiner Aussage verleiten. Ich habe hier gerade kein gut eingestelltes Mikroskop und deshlab qucik and dirty ein x-beliebiges und nicht ordendelich justiertes Standard mit DIK und einem Fremdobjektiv genommen, das gerade hier stand. Es ging mir zu darum, zu zeigen, was man sich prnizipiell unter der Platte vorzustellen hat.
Herzliche Grüße
Peter
Lieber Peter,
das habe ich mir schon gedacht, dass das "quick and dirty" war. Und an einem Zeiss Standard mit Fremdobjektiv ist natürlich auch
die CVD am Bildrand erklärbar.
Gruß Wilfried
PS.:
Ich habe ganz vergessen mich bei Michael Zölffel zu bedanken für seinen hervorragenden Vortrag am Samstag über die Entwicklung und Bau der Mikroskopobjektive bei Zeiss.
Das hat mich erst wieder auf die Idee gebracht an unserer Aufdampfanlage im Schülerforschungszentrum einige Sterntestpräparate mit dünnen aufgedampften Chromschichten herzustellen.
> Koma= Sphärische Aberration plus Astigmatismus
(hüstel)
Das sind jeweils andere Aberationen.
Koma ist, wenn schräg einfallende Strahlen nicht korrigiert sind und zu "Kometenschweifen" im Sterntest führen.
Astigmatismus bedeutet, dass die radiale und die tangentiale Brennweite unterschiedlich sind. Im besten Fokus erhält man dann feine Kreuzchen oder im Extremfall so was wie Eurozeichen.
Dies beides sind außeraxiale Fehler.
Sphärische Aberration (Kugelgestaltsfehler) heißt, dass die äußeren Teile des Objektivs einen anderen Brennpunkt haben als die inneren. Dadurch wird das Airy-Scheibchen vergrößert, also auch in der Bildmitte. Das sieht man, wenn man unscharf stellt. Gute Optiken zeigen in beide Richtungen identische oder zumindest ähnliche Zerstreuungsfiguren. Kugelgestaltsfehler erzeugt in eine Richtung eine Figur mit ausgefranstem Rand, und in die andere Richtung einen harten, kontrastsreichen Rand.
Man braucht übrigens keine unterschiedlich großen Löcher für die verschiedenen Brennweiten. Ein "unendlich kleines" Loch reicht, wenn genügend Licht durchkommt. Was man dann im Bild sieht, ist die Airy-Scheibe. Die ist dann für die Optiken halt unterschiedlich groß.
Es gibt auch eine Quelle für so was: Wenn man Hobby-Astronomen kennt - sie verwenden sog. Baader-Folie zur Sonnenbeobachtung. Im Laufe der Jahre bekommt sie Löcher und das Bild wird kontrastarm. Sie ist zwar beidseitig bedampft, das ist für die Sicherheit an der Sonne schön, aber für das Mikroskopieren ein Nachteil: Es ist dann noch eine Schicht einer optischen Dichte 2,5 hinter dem Loch.
Hallo,
Zitat> Koma= Sphärische Aberration plus Astigmatismus
(hüstel)
das ist so abgekürzt formuliert schon richtig. Sphärische Aberration ist der Öffnungsfehler eines weiten achsparallelen Strahlenbündels. Astigmatismus ist der Fehler der durch enge schräge Strahlenbündel als Folge der dann in der schiefen Perspektive unterschiedlich erscheinenden Linsenkrümmungsradien entsteht. Und Koma ist der Öffnungsfehler weiter schräger Strahlenbündel, also quasi Astigmatismus mit Öffnungsfehler.
Hubert
Nein, das ist falsch. Es ist, wie ich es erklärt habe.
Nur soviel zur Entgegnung: Astigmatismus ist bei nicht verspannten Linsen immer ein außeraxialer Fehler. Kugelgestaltsfehler ist auch auf der Achse sichtbar.
Asti: Brennweite axial und radial unterschiedlich. Bei Weitwinkelobjektiven in der Fotografie häufig, man sieht radial langgezogene Strukturen in den Ecken.
S.A.: Brennweite von den außeren Linsenteilen anders als von den zentralen.
Vereinfacht:
Asti kann man durch eine Zylinderlinse erzeugen, dann auch auf der Achse. Brennweite in zwei Richtungen anders.
SA ist so, als würde das Bild aus zwei Optiken verschiedener Brennweite zusammengesetzt, der innere Kreis anders als der äußere Ring.
Hallo Uwe,
wer hat bestritten dass Astigmatismus ein außeraxialer Fehler ist? Was habe ich bezüglich Astigmatismus falsch gesagt? Es ging primär um den Begriff Koma.
Hier habe ich die Effekte durch eine konkrete optische Berechnung schematisch dargestellt. Natürlich vermengen sich bei konkreten Systemen die Bildfehler. Ich habe im Beispiel eine Meniskuslinse verwendet um die Bildfeldkrümmung kleiner zu halten. Die rechten Spotdiagramme für den Fall der offenen Blende sind um den Faktor 5 verkleinert da hier die sphärische Aberration zu einer starken Zerstreuungskreisvergrößerung führt.
Hubert