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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: cabo in September 30, 2023, 21:08:28 NACHMITTAGS

Titel: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in September 30, 2023, 21:08:28 NACHMITTAGS
Culex pipiens
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348544_26753075.jpg)

Anopheles sp
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348544_39451090.jpg)

Aedes japonicus
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348544_19515494.jpg)

Aedes sp
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348544_41421720.jpg)

Culiseta annulata
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348544_37251161.jpg)
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: jcs in September 30, 2023, 22:10:37 NACHMITTAGS
Sehr gelungene Aufnahmen! Kannst Du eventuell etwas zu den Details der Aufnahmetechnik sagen?
LG
Jürgen
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in September 30, 2023, 22:42:25 NACHMITTAGS
Ja klar. Alles mit dem Olympus BHT und SPlanApo 10. Durchlicht/Auflicht-Mix (2 Ikea Jansjö). Das BHT ist LED beleuchtet, mit LED von Stephan Hiller, so dass man das Durchlicht/Auflicht-Verhältnis sehr genau steuern kann. Stacks mit Helicon Focus mit jeweils über 100 Bildern. Das Aedes japonicus hatte z.B. 193.
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in Oktober 02, 2023, 20:33:46 NACHMITTAGS
Die Larven hab ich allesamt am örtlichen Hauptfriedhof gefunden (bis auf die Aedes so). Diesen monitore ich als Hobby auf Aedes albopictus. Bisher ohne Erfolg. Ich sammle Larven und lasse die zuhause schlüpfen. Dann werden die bestimmt. Aedes japonicus hab ich dem Gesundheitsamt gemeldet, interessiert die nicht. Ist sowieso schon überall. Denke innerhalb der nächsten paar Jahre wir Aedes albopictus hier auch auftauchen. Die fühlen sich unheimlich wohl auf Friedhöfen. In München (70 km südwestlich) ist die schon nachgewiesen.

Edit: Anopheles ist aus einem Tümpel, und auch nicht vom Friedhof
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: M59 in Oktober 04, 2023, 10:58:39 VORMITTAG
Schöne Aufnahmen!

Etwas off-topic:

A. albopictus hat sich hier im Südwesten (nähe) Basel in D. gut verbreitet und vor allem jetzt Rheinaufwärts Richtung Norden. Die  Art, kann sich in kleinsten Wasserflächen vermehren. Blumenuntersetzer, Vasen mit Wasserresten, Gießkannen liefern hervorragende Biotope, was Deine Beobachtung bestätigt.. Die abgelegten Eier können eintrocknen und sind frostresistent. Wenn Du die die Möglichkeit hast, sprich doch die Friedhofsverwaltung an, dass die Aufklärungsarbeit leisten, so dass Giesskannen  mmer ausgeleert und umgekehrt hingestellt werden. Diese und andere Informationen, sowie B.t.i. tabletten stellt hier die Stadtverwaltung zur Verfügung. Ist die Mücke einmal etabliert ist es schwierig bis unrealistisch die wieder los zu werden.
Die asiatische Tigermücke ist sehr aggressiv, die Stiche sind recht unangenehm und machen den Klimawandel auch auf der Haut sofort spürbar.
So richtig kritisch wird es dann werden, wenn sich hier der Virencocktail ändert, den einem die Viecher verabreichen können, da die Mücke u.a. auch das Denguevirus übertragen kann.

Grüße,

Michael/M59
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in Oktober 04, 2023, 15:40:48 NACHMITTAGS
Hallo Michael

Gießkannen sind nicht das Problem. Es sind Vasen und Behälter für Weihwasser. Von denen gibt es hunderte am Friedhof. Ich hab den Sommer 2008 in Italien verbracht und Tigermücken gefangen. Auch auf einem Friedhof, wo die Population sehr früh stark anwuchs (im Gegensatz zu Wohngebieten). Man wird hier bei mir erst aktiv werden, wenn die Tigermücke hier ist.

Dengue wird bei uns wohl nicht endemisch, da die extrinsische Inkubationszeit von der Temperatur abhängt. Also die Zeit die ein Erreger braucht um vom Darm zu den Speicheldrüsen zu kommen (Was der Grund ist, dass vektorassoziierte Tropenkrankheiten auf die (Sub)Tropen beschränkt sind. Autochthone Fälle wird es aber geben, wie dieses Jahr am Gardasee.

Bis 1960 gab es Aedes aegypti im südlichen Südeuropa. Und auch große Dengue Ausbrüche wie 1927/28 in Griechenland , sowie Gelbfieber Epidemien in südeuropäischen Hafenstädten (aber auch einmal in Wales!). Immer nur im Sommer und immer nach erneuter Einschleppung der Viren.

Gruß

Christian

Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: Jürgen H. in Oktober 04, 2023, 17:02:09 NACHMITTAGS
Hallo Christian, wunderschöne Aufnahmen der Larvenköpfe, vielen Dank! Das wäre bestimmt auch ein lohnendes histologisches Thema..

Viele Grüße

Jürgen
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: M59 in Oktober 10, 2023, 17:42:51 NACHMITTAGS
Hallo Christian,

ich hoffe Du behältst Recht mit der Ausbreitung von Dengue und anderen Viren, die die Tigermücke potentiell übertragen kann. Aber was mal war gilt bekanntermaßen klimatisch nicht mehr, auch nicht in Mitteleuropa. Gerade wenn sich Tage mit hohen Temperaturen über lange Zeiträume erstrecken aber Brutstätten permament verfügbar sind. Die Tigermücken brüten in 'allen'  erdenklichen Wasserstellen, auch in Blumenuntersetzern, und  natürlichen Vertiefungen, weshalb ich die Eliminierung der Mücken hier in Südbaden für aussichtslos halte. Sie wandert jetzt jedes Jahr ein paar Kilometer nordwärts. Wir hatten sie auch im Haus im Gefäss einer Kannenpflanze, die immer im Wasser steht.

Grüße,

Michael/M59
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in Oktober 10, 2023, 21:29:48 NACHMITTAGS
Hallo Michael

Autochthone Fälle von Dengue und Chikungunya haben wir mittlerweile jedes Jahr irgendwo in Europa. Aber hierfür müssen diese Viren immer neu eingeschleppt werden. West Nil z.B. nicht, das ist nun in Deutschland endemisch. Hauptvektor ist aber Culex.

Gruß

Christian
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in Oktober 10, 2023, 21:36:30 NACHMITTAGS
Wieso z.B. Dengue bei uns nicht endemisch werden kann zeigt diese Graphik.

Quelle hierfür ist neueres, sehr gutes Paper aus USA

https://www.mdpi.com/1999-4915/15/4/851
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: M59 in Oktober 13, 2023, 12:02:53 NACHMITTAGS
Hallo Christian,

besten Dank für den Link,
Ich will hier nicht schlaumeiern, aber in den Aussagen der Studie geht es doch um Wahrscheinlichkeiten, nicht Gewissheiten.
Am Gardasee gab es laut der ECDC ein lokales Dengue Cluster, welches sich offenbar dort entwickelt hat. Klimatisch ist der Gardasee nicht so verschieden von z.B. der Oberrheinregion in der ich lebe. Auch hier haben wir jetzt lange Warmphasen mit tropischen Nächten, sowie stabile A. albopictus populationen, so dass die Infektionsgefahr zunimmt, zumal auch das Virus in infizierten Eiern überwintern kann. Die Wahrscheinlichkeit der Entstehung zumindest temporärer Cluster ist, da stimme ich Dir zu, derzeit noch nicht sehr hoch. Dennoch sind lokales Monitoring der Tigermücke und Bekämpfungsmaßen wichtig, da sich die Mücke bevorzugt im näheren Umkreis ihres Brutgebiets aufhält. Das heißt, dass also die Bekämpfung auf einem Friedhof sehr sinnvoll sein kann, um die Entstehung lokaler Populationen einzudämmen.

So, genug off-topic von meiner Seite,

Grüße,

Michael
Titel: Re: Der Reusen- und Strudelapparat von Stechmückenlarven
Beitrag von: cabo in Oktober 13, 2023, 20:05:42 NACHMITTAGS
Hallo Michael.

Autochthone Übertragung (also im Land erworben, ohne Reisetätigkeit) gibt es für Dengue und Chikungunya jedes Jahr irgendwo in Europa. Die Viren wurden aber definitiv immer neu eingeschleppt. Vertikale Transmission (von der Mutter auf die Eier) spielt noch nicht mal in den Tropen eine große Rolle und ist für Europa aus einigen Gründen höchst unwahrscheinlich. Die Diapause-Eier werden im Herbst gelegt, zu einer Zeit bei der die Temperatur eine Vermehrung der Viren in der Mücke quasi verhindert.

Das ist Stand der Wissenschaft, auch wenn z.B. Herr Chanasit das noch nicht kapiert hat.

Stand der Wissenschaft gilt dann so lange, bis dieser widerlegt wird.

In Japan gab es während des zweiten Weltkriegs massive Dengue Epidemien. Vektor war alleine Aedes albopictus. Dengue kam aus der Südsee mit den Kriegsschiffen und Ae albopictus hat sich in den Löschwasserbehältern (Städte aus Holz, Brandbomben) massiv vermehrt. Trotzdem gab es dann 70 Jahre keine Fälle von autochthonen Dengue in Japan. Da war nichts mit vertikaler Transmission und Endemie.

Mir persönlich bereitet aber die zweiphasige Dengue Epidemie in Griechenland 1927/28 Kopfzerbrechen. War DEV1, und trat in zwei aufeinanderfolgenden Sommern auf, was vertikale Transmission plausibel erscheinen lässt. War damals noch Aedes aegypti und endemisch wurde Dengue in Griechenland letztendlich dann auch nicht. Literatur gibt es hierzu, also zur VT, keine.

Das zum Abschluss

Gruß

Christian