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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 10:54:01 VORMITTAG

Titel: Interessante Pilzfunde 90 - Kurzstieliger Ledertäubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 10:54:01 VORMITTAG
Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080


Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Der Kurzstielige Ledertäubling Russula curtipes, ein enger Verwandter des bekannten Braunen Ledertäublings (Russula integra), ist eine sehr große, stabile, geruchlose, mild schmeckende Art mit außen weinrotem bis weinbraunem und mittig ockerfarbenem Hut, reif meist buttergelben Lamellen und reinweißem, charakteristisch kurzem Stiel. Man findet den Täubling unter Laubbäumen, wie Rotbuchen und Eichen, bevorzugt auf basenreichen Böden, z.B. Böden über Muschelkalk. Die Rote Liste Deutschlands (2016) führt ihn in der Kategorie 3 (gefährdet).

Für einige charakteristische Fotos möchte ich mich bei Uwe Winkler bedanken.

Bilder 1 (oben) und 2 (darunter) –  Kurzstielige Ledertäublinge bei Rotbuchen. Fotos: Uwe Winkler

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348575_64554036.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348575_44115416.jpg)
Titel: Re: Interessante Pilzfunde 90 - Kurzstieliger Ledertäubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 10:54:59 VORMITTAG
Bild 3 – Blick auf die Unterseite mit hell buttergelben Lamellen. Foto: Uwe Winkler.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348576_61494432.jpg)
Titel: Re: Interessante Pilzfunde 90 - Kurzstieliger Ledertäubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 10:57:18 VORMITTAG
Makroskopische Merkmale

Wir haben es hier mit einem sehr groß werdenden Täubling zu tun. Die Hüte sind oft schon im jungen Zustand ausgebreitet und erreichen nicht selten Durchmesser von bis zu 14 cm. Die Oberfläche ist trocken, matt, glatt und nur ausnahmsweise im Alter am Rand kurz gerieft. Die Huthaut lässt sich nur am Rand etwas abziehen. Die Hutfarbe ist meist sehr charakteristisch, und zwar im äußeren Bereich weinbraun bis weinrot (Bilder 1 und 4), und im inneren Bereich ockerfarben aufgehellt. Doch auch andere Farben kommen vor (Bild 2). Die Lamellen sind spröde, stehen gedrängt, sind nur mäßig untermischt und gegabelt (Bild 5), sind relativ dick, reif cremefarben (Bild 3) bis buttergelb (Bild 5). Die Schneiden sind ganzrandig und mit der Fläche gleichfarben. Die Stiele sind stabil, reinweiß, schwach längsgerieft und in den meisten Fällen auffallend kurz, d.h. deutlich kürzer als der Hutdurchmesser. Das Fleisch ist reinweiß, fest, im Stiel voll.


Bilder 4 (oben) und 5 (darunter) – Typisches Exemplar unter einer Rotbuche innerhalb eines Kiefern-Schonwaldes auf trockenem Boden. Fotos: Bernd Miggel.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348577_16578980.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348577_14993092.jpg)
Titel: Re: Interessante Pilzfunde 90 - Kurzstieliger Ledertäubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 10:59:29 VORMITTAG
Sporenstaubfarbe
Das frisch ausgefallene Sporenpulver ist mit dunkel ocker bis hell gelb recht variabel, und zwar IIIC-IVb nach der Farbtafel in MARXMÜLLER, H. (2014).

Makrochemische Farbreaktionen
FeSO4 ergibt eine rosa Reaktion; Phenol färbt das Fleisch bräunlich.


Mikroskopische Merkmale


Die Sporen (,,sp" in Bild 6) sind rundlich und besitzen ein Ornament, welches aus isolierten und reihig zusammenlaufenden oder durch kurze Grate verbundenen, bis 0,8 µm hohen Stacheln besteht. Auch offene und geschlossene Netzstrukturen lassen sich erkennen. Maße im Mittel nach EINHELLINGER 1985:

L X B = 7-9 x 6,5-8 µm     Q = L/B = 1,08      V = 220 µm3

Die Epikutis (nach EINHELLINGER 1985) besteht aus Epikutishaaren und Pileozystiden. Die Epikutishaare (,,eh" in Bild 6) bestehen aus mittellangen, gewellten, ab und zu verzweigten, mitunter apikal verschmälerten oder erweiterten, , 4-10 µm breiten Gliedern. Die Pileozystiden (,,pz" in Bild 6) sind meist schlank zylindrisch, vielfach septiert und nur 3,5-7 µm breit.


Bild 6 - Mikromerkmale. eh = Epikutishaare, pz = Pileozystiden, sp = Sporen, hz = Hymenialzystiden. Zeichnung: Aus MARXMÜLLER 2014.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures013/348578_720107.jpg)
Titel: Re: Interessante Pilzfunde 90 - Kurzstieliger Ledertäubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Oktober 01, 2023, 11:00:43 VORMITTAG
Notiz
•    Die Farbe reifer Lamellen von creme bis buttergelb kommt meines Erachtens von den recht unterschiedlichen Sporenpulverfarben.

Ähnliche Täublinge
•    Der Buchen-Heringstäubling (Russula faginea) kann eine vergleichbare Größe und Hutfarbe besitzen. Er besitzt allerdings einen ,,normal" langen Stiel, auch riecht er nach Hering, sein Fleisch färbt sich mit Eisensulfat nach einigen Minuten grün, und seine Sporen sind isoliert-hochwarzig.
•    Der Braune Ledertäubling (Russula integra) wächst bei Nadelbäumen, sein Stiel ist ,,normal" lang, seine Sporen isoliert-warzig und sein Sporenpulver ist intensiv gelb (IVc).
•    Der Rotstielige Ledertäubling (Russula olivacea) besitzt im Allgem. einen roten, ,,normal" langen Stiel, sein Fleisch reagiert mit Phenol spontan rotviolett, seine Sporen sind isoliert-hochwarzig und sein Sporenpulver ist intensiv gelb (IVc-d).

Literatur
•    BON, M. (1988): Pareys Buch der Pilze: 66-67.
•    DÄHNKE, R.M. (1993): 1200 Pilze in Farbfotos: 894.
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern. Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 43: Nr. 38
•    GALLI, R. (1996): Le Russule: 402-403.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2: 503-504.
•    KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 114.
•    MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 566-569.
•    MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V: Nr. 115.
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-curtipes-kurzstieliger-ledert%C3%A4ubling

Viel Freude beim Anschauen!
Bernd



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