Mikro-Forum

Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: purkinje in Januar 02, 2024, 11:08:43 VORMITTAG

Titel: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Januar 02, 2024, 11:08:43 VORMITTAG
Hallo und ein GUTES NEUES !
 mich interessiert, falls ihr praktische Erfahrungen mit Ringförmiger Beleuchtung (RFB) bzw neudeutsch Circular oblique Lighting  (COL) habt und nicht nur PK-Blenden bzw Heine-Kondensor dafür nutzt, ob ihr
Ich weiß, der Kreis an Blendenbastlern wird klein sein, aber mich interessieren hier ernsthaft Eure, auch anekdotischen Erfahrungen, die auch schon etwas her sein können.
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Januar 03, 2024, 10:34:55 VORMITTAG
Hallo Stefan,

die Verwendung von Ringblenden insbesondere mit mehreren Ringzonen ist m.E. in der Mikroskopie wenig erfolgversprechend. Die Beschreibung bei Göke ist doch eher etwas "akademisch".

Das Thema ist verwandt mit der sog. Apodisation der Objektivöffnung von insbesondere astronomischen Teleskopen im Spektralbereich längerer Wellenlängen, wo versucht wird für spezielle Aufgaben die Auflösung von Punktobjekten zu verbessern. Durch z.T. sehr komplexe Modifikation der Eintrittsblendentransmission kann erreicht werden, dass das zentrale Beugungsmaximum kleiner und kontrastreicher gegenüber der umgebenden Nebenmaxima wird. Das muss aber sehr präzise gefertigt werden. Bei Phasenkontrastblenden ist so etwas in der Praxis machbar und verbessert die typischen Bildfehler des Phasenkontrastverfahrens.

Dass das "Auflösungsvermögen verdoppelt" würde ist eher eine Illusion, diese Überlegungen beziehen sich lediglich auf sehr spezielle, einfache Objektstrukturen im optimalen Abstand und sind nicht allgemein übertragbar.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Januar 03, 2024, 14:55:08 NACHMITTAGS
Hallo Hubert,

Dank Dir für deine einordnenden Ausführungen.

Vor über 20 Jahren hatte ich mich in einen teilverregneten Sommerurlaub mal intensiver mit dem Selbstbau solcher Blenden beschäftigt.
Meine nun sicher anekdotischen Erfahrungen dazu, eingeschränkt  hauptsächlich auf Objektivaperturen 0,5-0,65 und 2 Ringe waren damals wie folgt:
Seither hatte ich eigentlich nur den einen Ring des Heine-Kondensors verwendet, die damals gebauten Blenden sind leider verschollen.

Interessant ist vielleicht in diesem Zusammenhang auch, dass alle mir bekannten heute käuflichen Blenden mit 2 Ringen, welche "COL" versprechen viel zu weite Lichtringe verwenden um einen Effekt zu erzielen.

Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Januar 03, 2024, 16:04:22 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

an den (stark vereinfachenden) Berechnungen meines früheren Beitrages sieht man deutlich, wie diese ringförmigen Blenden wirken. Sie zeigen durch räumliche Kohärenz stärkere Interferenzmuster mit den damit verbundenen Nachteilen.

(https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?action=dlattach;attach=18968;image)

Mehrfachringblenden zur Formung der PSF werden ähnlich berechnet wie Fresnelsche Zonenplatten: Innen Abblendung mit größtem Durchmesser, nach außen enger werdend. Je weniger Ringe, desto größer muss die innerste Blende sein. Ich hatte nach dem Prinzip vor vielen Jahren einmal für eine spezielle Anwendung brauchbare Miniaturlinsen gefertigt (durch Fotoreproduktion einer gezeichneten Vorlage auf feinkörnigen Film oder Holografie. Durch anschließendes Ausbleichen zum Phasenobjekt wurde der Wirkungsgrad stark erhöht).

PS: Der Begriff COL statt RFB ist eigentlich wenig sinnvoll, da jede kreisförmige Beleuchtung einschließlich zentriertem Hellfeld diesem Begriff entspricht. Es müsste dann schon AOL (annular) heißen.  ;)

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Januar 16, 2024, 10:54:20 VORMITTAG
Hallo Hubert, liebe Freunde der komplexeren Aperturen,

so, wie ich es verstanden hatte, soll wohl gerade die oben schon bei Göke erwähnte λ/2 Wellenplatte (im 2. Ring) die Interferenzen durch Destruktion in Griff bekommen, oder irre ich da?
Hat das schon einmal jemand ausprobiert ?

Göke M24.jpg

Hatte mal verschiedene Formen aus Literatur extrahiert, da ergaben sich ganz verschiedene Blendenformen, je nachdem ob man die PSF eher axial, transversal oder in allen Dimensionen (da wurden auch Phasenplättchen verwendet) beeinflussen wollte und dann reichlich die Fresnel-artigen Blenden:
Auch hier die Frage ob schon jemand Erfahrungen gesammelt hat?

TA.jpg

Es gäbe also reichlich auszuprobieren  ;)

(Hier noch der Link zu Deinem oben zitierten Beitrag zum Einfluss der Objektbeleuchtung auf Auflösung und Kontrast (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=40948.0))
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Januar 16, 2024, 12:57:46 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

vom Prinzip besteht kein Unterschied, ob ich die PSF z.B. im Brennpunkt einer Linse dadurch beeinflusse dass ich nur Zonen durch undurchlässige Blenden blockiere, oder durch Phasenzonen (oder eine Kombination). Im Detail natürlich schon. Im ersten Fall werden Zonen, die eine bestimmte Detailinformation des Bildes enthalten (durch den Beugungswinkel), einfach aus dem interferierenden Wellenpaket herausgenommen. Also erfolgt eine Art selektiver Fouriertransformation. Wenn ich alternativ die Phase verändere kann ich etwas "gezielter" das Interferenzbild verändern. Das ist aber technologisch nicht einfach.

Bei meinem Beispiel, eine Linse aus Fresnel-Zonen zu erzeugen, sieht man den Unterschied deutlich. Im ersten Fall blocke ich die Wellen, die aufgrund der Weglänge über die Zonen zum Brennpunkt destruktiv interferieren. Dann bleiben nur noch die Wellenfronten, die sich im Brennpunkt mit maximaler Intensität vereinigen. Wenn ich mit Phasenzonen arbeite muss ich die "Zwischenzonen" in ihrer optischen Dicke optimal gestalten wenn ich maximalen Effekt erzielen will, denn sonst tragen diese Wellenfronten wieder zu einer Abschwächung des Effektes der "Hauptzonen" bei. Dafür ist bei Phasenzonen die Effizienz höher weil das gesamte Licht verwendet wird.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 18, 2024, 11:58:55 VORMITTAG
Hallo,

noch eine praktische Ergänzung am Beispiel einer Diatomee (Stauroneis phoenicenteron). Die Aufnahmen habe ich in Verbindung mit Tests einer speziellen Beleuchtungseinrichtung gemacht.

Links eine Hellfeldaufnahme mit einem alten Zeiss-Achromaten 40/0.65, NABeleuchtung=NAObjektiv. Rechts davon die selbe Diatomee mit zwei ringförmigen Beleuchtungen unterschiedlicher Ringbreite b im Verhältnis zum max. Aperturblendenradius R. Die Ringblenden-Aufnahmen wurden nicht bearbeitet, weder entrauscht noch geschärft oder der Kontrast verändert (auch weil das immer zu einer Verschlechterung der Auflösung führt). Der hohe (Kanten-)Kontrast im Vergleich zur linken "optimalen" Hellfeldaufnahme entsteht durch die höhere Kohärenz der ringförmigen Beleuchtung (die Belichtung war allerdings auch nicht genau an die abweichende Beleuchtungsintensität angepasst).

Vergleich Diatomee Aperturblendenformen.jpg

Was man sieht ist dass ringförmige Beleuchtung entgegen der weit verbreiteten Meinung praktisch keine höhere Auflösung bringt. Das liegt einfach daran dass die feineren Bildstrukturen die durch schiefere Beleuchtungsstrahlen (und damit höher nutzbare NA des Objektives) aufgelöst werden können, auch in der  optimalen Hellfeldbeleuchtung (NABeleuchtung=NAObjektiv) enthalten sind. Das Problem der normalen Hellfeldbeleuchtung ist lediglich, dass durch das Sensorrauschen in Verbindung mit dem geringeren Kantenkontrast dieser Kontrast nicht gut optimiert werden kann, während bei ringförmiger Beleuchtung die "Filterung" des Bildes zu höheren Ortsfrequenzen bereits vor der Aufnahme durch die Interferenzen der kohärenteren ringförmigen Beleuchtung entsteht. Das Sensorrauschen spielt hier also eine untergeordnete Rolle.

Der große Nachteil ringförmiger Beleuchtung dagegen sind die Interferenzartefakte, die man speziell an linearen Strukturen sieht (wie hier die parallelen Linien am Rand der Diatomee und die Verzerrungen der Mittelrippe). Bei den periodischen Öffnungen der Schale wird dieser Effekt unterdrückt weil der Abstand der Interferenzmuster im Bereich der Objektivauflösung liegt und damit auch etwa dem Abstand der Öffnungen zueinander entspricht. Die theoretische Objektivauflösung habe ich in Form eines roten Querbalkens in der linken Diatomee (rechtes unteres Feld der Schale) eingezeichnet.

Der Effekt der Kantenkontraststeigerung bei ringförmiger Beleuchtung ist vergleichbar mit dem nachträglichen Schärfen durch Bildbearbeitung, wo - je nach Art des Kantenfilters der Software - die Pixelintensität im Vergleich zur weiteren Bildumgebung unmittelbar an der helleren Kantenseite erhöht und an der dunkleren Kantenseite verringert wird. Zur Demonstration zeige ich noch zwei Grafiken die ich für Auflösungstests gemacht hatte.

Solche Tests sind am Mikroskopobjektiv nicht ganz einfach weil es schwierig ist das geeignete (bezahlbare) Testobjekt zu finden. Hier wurde der Test mit einem Kantenbild gemacht, die Messpunkte in der Grafik sind ausgemessene Intensitäten der Objektkante nach Abbildung durch das Mikroskopobjektiv. Die nahezu scharfe Kante wird durch die Beugung bei der Abbildung entsprechend abgerundet, die eingezeichneten blauen Interpolations-Kurven sind zum Vergleich idealisierte Beugungskurven die sich ergeben würden wenn das Beugungsbild eine Gaußsche Glockenkurve hätte (die ist eine gute Näherung für das Airy-Beugungsscheibchen).

Vergleich Kantenspreizfunktion.jpg

Im Rahmen der Messgenauigkeit (Sensorrauschen!) erreicht die Intensitätsverteilung bei offener Aperturblende eine gute Näherung an die Theorie, während man rechts bei der ringförmigen Aperturblende deutlich die Schwingungen durch Interferenzen auf der hellen Seite der Kante erkennt und eine Ausrundung auf der dunklen Seite. Diese "Intensitätsüberhöhung" an linearen Kanten ist das was man auch auf dem Foto der Diatomee erkennt und was in der Grafik der theoretischen Berechnungen meines vorangegangenen Beitrages als Schwingung des Bildes der zwei Linien sichtbar ist.

PS:
Aus dieser sog. Kantenspreizfunktion (der Messkurve) könnte man durch mathematische Differentiation die sog. Linienspreizfunktion berechnen und daraus durch Fouriertransformation die Modulationsübertragungsfunktion (MTF), die normalerweise zur Kontrast- und Auflösungsbeurteilung von Kameraobjektiven verwendet wird. Bei teilkohärenter Beleuchtung und damit verbundenen Interferenzeffekten beim Mikroskop macht das aber keinen Sinn. Wie übrigens die bekannte Auflösungsformel für das Mikroskop d = λ/(NAObjektiv+NAKondensor) ebenfalls aus diesem Grund nicht richtig ist.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in September 19, 2024, 14:53:14 NACHMITTAGS
Hallo Hubert,
werter Freundeskreis der Zentralblende,

Ernest Rutherford, wird ja der, oft falsch verstandene Satz zugeschrieben all science is either physics or stamp collecting  ;)

Wir reden ja hier nun über die ringförmige Beleuchtung (RFB /engl COL) mittels einer Zentralblende und eines Lichtrings (2-Zonen), wenn ich es richtig verstanden habe verwendest Du, Hubert, einmal eine Zentralblende mit 62 bzw 75% des Radius der Objektivapertur und beleuchtest dann bis zum Rand derselben.
Nun wissen vor allem Nutzer der RFB oder des Heine-Kondensors dass man ab etwa 80% mit dem sog 'Pseudo'- Phasenkontrast (PK) und ab 90 mit Grenzdunkelfeld (GDF) zu rechnen hat, es wird hier also eine 'Mischung' aus "Rand"-HF, PK und GDF ohne das zentrale HF erzeugt.
So schön das isolierte GDF-Bild sein kann, habe ich vor etlichen Jahren, bei der RFB diese Zone gerne ausgeblendet. Will sagen mit der Aperturblende diesen Bereich der Objektivapertur (0,9-1R) abgeblendet. Meine mich zu erinnern, dass dies die Interferenzartefakte leicht reduzieren konnte.

Die gezeigten Artefakte, wie auch die hohe Variabilität der Ergebnisse abhängig von Ringblende, Kondensor(-Korrektur und -Apertur) und Objektiven, dürften der Grund sein warum, nach anfänglichem Hype vor etwa 20 Jahren, nun wenig damit gearbeitet und auch kaum Bildmaterial gezeigt wird.

Nun weist aber eben auch der Phasenkontrast, ob nach Zernike oder Heine, Artefakte auf, weshalb ich eine einfache Zentralblende immer noch für eine gute Methode halte, selbst mit diesem Kontrasttyp zu experimentieren.

Hubert zeigt in seiner schönen Darstellung wie die Artefakte, besonders entlang der Kanten zunehmen, wenn die RFB mehr aus der Zone des PK (ca 0,8-0,9R) besteht. Diese gehen leider Hand in Hand mit überhaupt einem beobachtbarem Effekt dieser Methode.

Es soll aber auch erwähnt sein, dass die RFB besonders in Farbe auch seinen Reiz hat; einige beschreiben diese Effekte bei Diatomeen mit porzellanartig, was es meiner Ansicht nach ganz gut trifft:
hier aus den Tiefen des Netzes, auch  Stauroneis phoenicenteron (https://www.photomacrography.net/forum/viewtopic.php?t=14907) (in der Variante leicht schiefe RFB, auch nicht frei von Artefakten).

Mir gefiel bei der Verwendung immer, dass die RFB etwas mehr Schärfentiefe bei moderaterem Kontrast geboten hat, was beim Durchfokussieren mit zB einem alten Leitz Fl 40/0,85 im Vergleich zum leicht abgeblendeten klassischen HF-Bild Vorteile bot. Auch mildert die RFB harte Kontraste etwas ab und zeigt eben Phasenobjekte (wie oben, in Huberts Bildern mitte und rechts, die Binnenstruktur des Stauros, der Kreuzung dieser Diatomeen).
 
Zum Thema Auflösungssteigerung, ein Thema, dass natürlich viele hier interessieren dürfte, aber reichlich 💣 bietet  8):
selbst Enthusiasten der Methoden sprechen ja bestenfalls von 20% transversaler Auflösungssteigerung. Dann wären wir beim oben Geschilderten bei korrespondierender Auflösung von n.A. 0,78 statt 0,65. Da würde ich jetzt bei diesem Objekt auch nicht erwarten viel mehr zu sehen. Geeigneter wäre evtl. eine kleine Pleurosigma oder ähnliches, welche sich bei 0,65 nur grenzwertig aufgelöst zeigt und dann der Vergleich mit zusätzlich RFB. Aber ich weiß, dass eine mgl. Auflösungssteigerung auch immer in Abhängigkeit zu Objektcharakteristika (Gitterkonstante) diskutiert wurde, also mit Vorsicht zu sehen ist. Andererseits sehe ich verblüfft dann solche Bilder von A. pellucida (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=29764.0) hier im Forum! (auch wenn ich diesen konkreten Fall für GDF halte, also eine extreme Form der randständigen RFB)

Abschließend, gerade die Artefakte waren es übrigens, warum mich modifizierte RFB, entweder durch Mehr-Ringblenden (s.o.) oder Apodisation, (da wären wir jetzt wieder oben bei Rutherford und seiner Goldfolie  ;D) interessiert hatte, weshalb ich den Beitrag von Hubert gern gelesen habe.
Beste Grüße Stefan   

Links:
• ausführliche Serie von P. James zu Circular Oblique Lighting (COL zu dt. RFB) (http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artdec02/pjcol.html)
• S. 53, Kieselalgen - hoch aufgelöst und kontrastreich fotografiert Hans-Jörg Dethloff (https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_86_1_0001.pdf)
• Ringförmige Beleuchtung (RFB)- Ein einfaches Verfahren zur Steigerung von Auflösung und Kontrast, Gunther Chmela (http://www.klaus-henkel.de/rfb-col.html)



Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 19, 2024, 18:48:41 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

Zitatwerter Freundeskreis der Zentralblende
mein Eindruck ist dass der Freundeskreis hier im Forum aktuell einen sehr kleinen Radius hat wenn die die Diskussionsfreude zu dem Thema betrachte (im Vergleich zu früheren Threads zu dem Thema).  ;)

ZitatWir reden ja hier nun über die ringförmige Beleuchtung (RFB /engl COL) mittels einer Zentralblende und eines Lichtrings (2-Zonen), wenn ich es richtig verstanden habe verwendest Du, Hubert, einmal eine Zentralblende mit 62 bzw 75% des Radius der Objektivapertur und beleuchtest dann bis zum Rand derselben.
Eine Anmerkung zum Begrifflichkeit, speziell zur COL: Ich halte den Begriff Circular Oblique Lighting für unglücklich gewählt, eigentlich ist jede achssymmetrische Beleuchtung bis hin zur außen abgeblendeten Aperturblende COL. Plastischer und unmissverständlich ist eigentlich immer die Beschreibung der Blendenform in der Brennebene des Kondensors, also ringförmige Beleuchtung oder z.B. halbkreisförmige Beleuchtung u.ä. für andere Varianten. Und ja, ich habe den äußeren Rand des Beleuchtungsrings immer bis zur NAObjektiv verwendet. Einfach um den maximalen Hellfeld-Beleuchtungswinkel ausschöpfen zu können.

ZitatNun wissen vor allem Nutzer der RFB oder des Heine-Kondensors dass man ab etwa 80% mit dem sog 'Pseudo'- Phasenkontrast (PK) und ab 90 mit Grenzdunkelfeld (GDF) zu rechnen hat, es wird hier also eine 'Mischung' aus "Rand"-HF, PK und GDF ohne das zentrale HF erzeugt.
Jetzt sind wir bei ganz praktischen Fragen, nach meiner Beobachtung wird die RFB oder auch die schiefe Beleuchtung oft nicht richtig, sprich optimal umgesetzt. Speziell wenn die Blende nicht exakt in der Brennebene des Kondensors ist - und der oft dazu verwendete Filterhalter (aber oft auch die Irisblende selbst) ist nicht an der richtigen Stelle. Oder der Kondensor ist nicht achromatisch-aplanatisch. Wenn Beschreibungen zum Einsatz der RFB Tipps über die Höhenjustierung des Kondensors geben ist schon irgend etwas nicht so wie es sein sollte. Ich verwende eine Beleuchtung, deren Blendenform ziemlich exakt den geplanten Beleuchtungswinkel umsetzt. Daher gibt es hier auch keine Sondereffekte wie "Grenzdunkelfeld" und "Pseudo-Phasenkontrast" (was immer das sein soll). Alles andere ist nach Rutherford "stamp collecting".  :D

ZitatEs soll aber auch erwähnt sein, dass die RFB besonders in Farbe auch seinen Reiz hat; einige beschreiben diese Effekte bei Diatomeen mit porzellanartig, was es meiner Ansicht nach ganz gut trifft:
hier aus den Tiefen des Netzes, auch  Stauroneis phoenicenteron (in der Variante leicht schiefe RFB, auch nicht frei von Artefakten).
Mir ging es bei meinem Vergleich nicht um durchaus reizvolle farbige Effekte, die Aufnahmen wurden in "monochromatischem" Licht gemacht weil es nur um reale Strukturauflösung gehen sollte. Übrigens ist mir bei mehreren "RFB"-Bildern hier im Forum aufgefallen dass die regelmäßig mehr schiefe Beleuchtung als reine ringförmige Beleuchtung waren. Das gibt dann ganz andere Effekte! (zuletzt z.B. hier  https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=40341.0, übrigens auch Stauroneis phoenicenteron - da zeigt meine einfache Hellfeldaufnahme trotz geringerer NA mehr Details mit weniger Artefakten  ;) )

ZitatMir gefiel bei der Verwendung immer, dass die RFB etwas mehr Schärfentiefe bei moderaterem Kontrast geboten hat, was beim Durchfokussieren mit zB einem alten Leitz Fl 40/0,85 im Vergleich zum leicht abgeblendeten klassischen HF-Bild Vorteile bot
Das mit der Schärfentiefe sehe ich etwas anders, auch hier ein praktischer Beitrag:

Das Problem von üblicherweise nicht ganz dünnen Phasenobjekten ist, dass grundsätzlich auch Objektbereiche außerhalb der Fokusebene Einfluss auf die Bildstruktur haben. Das ist natürlich auch bei Amplitudenobjekten der Fall indem ein z.B. hell leuchtender aber unscharfer Bereich außerhalb der Fokusebene das scharf gestellte Bild beeinflusst. Jedoch können bei Phasenobjekten sogar scharf erscheinende Artefakte durch Interferenz erzeugt werden, und zwar um so ausgeprägter desto räumlich kohärenter die Beleuchtung ist. Bei stärker abgeblendeter Kondensorapertur sollte das eigentlich schon jeder beobachtet haben, oft mehr Details sichtbar bei leichter Defokussierung. Der gleiche Effekt entsteht aber auch bei engerer ringförmiger Beleuchtung. Speziell der Effekt der "Intensitätsumkehr" von Objektdetails bei entsprechend passender Phasenverschiebung beim Defokussieren ist sehr auffällig und sollte eigentlich auch jedem Diatomeen-Beobachter bewusst sein. Den Effekt gibt es auch bei offener Aperturblende, da überwiegt aber meist die beginnende Unschärfe des Bildes.

Im Bild sieht man eine Gegenüberstellung verschiedener Fokussierungen mit offener Aperturblende, stark abgeblendeter Aperturblende, enger ringförmiger Blende und halbseitiger Beleuchtung. Speziell die beiden mittleren Blendenformen mit höherer Kohärenz zeigen den Effekt sehr ausgeprägt, die dunklen Schalenöffnungen gehen in hell leuchtende Öffnungen über. Das Bild wirkt unverändert über einen weiten Bereich scharf. Interessanterweise erscheint gerade bei enger ringförmiger Beleuchtung die "Mittelrippe" dann richtig fokussiert wenn die Schalenöffnungen hell sind. Solche Diatomeen-Fotos sind häufiger zu sehen. Durch den ausgeprägten Effekt ist auch Fokus-Stacking ein Problem bei dieser Art Beleuchtung.

Diatomee Vergleich  AB offen_50%geschl_ringförmig_halbseitig 3.jpg

Zitatselbst Enthusiasten der Methoden sprechen ja bestenfalls von 20% transversaler Auflösungssteigerung
Da bin ich einerseits Purist, eine Auflösungssteigerung die nur dann eintritt wenn das Objekt auch die optimal zur NA der Objektives passende Periodizität der Strukturen hat (man also das Objekt vorher kennen muss ;)) während andere Objektbereiche ganz offensichtlich verzerrt wiedergegeben werden ist eher eine Spielerei. Und andererseits bin ich mir sicher dass diese Auflösungssteigerung - wie schon im vorigen Beitrag erwähnt - nur aufgrund der Sensorrauschens nutzbar ist im Vergleich zu optimaler Hellfeldbeleuchtung mit offener Aperturblende.

Wenn ich Zeit habe teste ich noch mit einer feiner strukturierten Diatomee.

Hubert


Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: jcs in September 19, 2024, 22:20:56 NACHMITTAGS
Zitat von: purkinje in September 19, 2024, 14:53:14 NACHMITTAGSZum Thema Auflösungssteigerung, ein Thema, dass natürlich viele hier interessieren dürfte, aber reichlich 💣 bietet  8):
Der Sprengstoff kommt daher, dass diese Sonderformen der Mikroskopie zu einer zusehends kohärenten Beleuchtung führen. Je nach spezifischer Geometrie führt das in manchen Fällen zu einer Verbesserung, in anderen Fällen aber auch zu einer Verschlechterung der Auflösung, da durch die Kohärenz immer mehr Interferenzeffekte zum Tragen kommen.

Wenn kohärente Beleuchtung eine systematische Verbesserung des mikroskopischen Bildes zur Folge hätten, könnte man einfach mit Laser als Lichtquelle arbeiten. Macht man aber nicht, da man sich bei der Vielzahl möglicher Probengeometrien zahlreiche Artefakte einhandeln kann.

LG
Jürgen
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 20, 2024, 10:01:06 VORMITTAG
Hallo,

noch eine Ergänzung zum in der Diskussion gefallenen Begriff Grenzdunkelfeld:

Bei dieser etwas esoterisch wirkenden Bezeichnung (der Jurist würde von unbestimmtem Rechtsbegriff sprechen ;) ) handelt es sich um eine Beleuchtung, die sowohl Dunkelfeldanteile als auch (ringförmige) Hellfeldanteile aufweist. D.h. der Ring der Hellfeldbeleuchtung ragt noch in einen Bereich der NA des Kondensors hinein, der die NA des Objektives überschreitet (natürlich könnte man die Hellfeld- und Dunkelfeldanteile auch getrennt ohne gemeinsamen Übergang erzeugen). Ich hatte vor einiger Zeit diverse Berechnungen über die entstehenden Bilder unterschiedlicher (stark vereinfachter) Objektstrukturen bei allen möglichen Beleuchtungsvarianten gemacht. Da waren auch Vergleiche von ringförmiger Beleuchtung verschiedener Ringbreite dabei, die bis in das Dunkelfeld gegangen sind. Denn Dunkelfeld ist nichts anderes als eine ringförmige Beleuchtung, deren NA durchgängig größer ist als die NA des Objektives.

Und so kann man auch verbal erklären dass zwischen ringförmiger Hellfeldbeleuchtung und Dunkelfeldbeleuchtung kein wesentlicher Unterschied bezüglich der erzeugten Bildstrukturen besteht - bis auf den Unterschied dass der Hintergrund im einen Fall hell, im anderen dunkel ist weil die nullte Beugungsordnung (also die Beleuchtung) vom Objektiv erfasst oder nicht erfasst wird. Die erzeugten Bildstrukturen in Form von Interferenzmustern, die vom Objekt ausgehen sind (nahezu) gleich, wenn man vernachlässigt dass die Dunkelfeldbeleuchtung einen etwas größeren Objektbeleuchtungswinkel ermöglicht (weil natürlich der "Beleuchtungsring" größer ist) und damit das Objektiv auch etwas stärker gebeugte Wellen erfassen kann. Zu diesen Interferenzmustern addiert sich im Fall von Hellfeldbeleuchtung lediglich noch der homogene helle Hintergrund.

Wenn ich nun das Intensitätsverhältnis der ringförmigen Hellfeldbeleuchtung und der Dunkelfeldbeleuchtung etwa gleich mache durch Angleichung der Radienverhältnisse der Ringe, dann entsteht ein mittelheller Hintergrund, der bei weißer Beleuchtung die schon beschriebenen z.T. mit farbsäumen versehenen ästhetisch wirkenden porzellanfarbigen Diatomeenbilder erzeugen kann. Inhaltlich  (nach physikalischen Kriterien) ergibt diese Beleuchtung aber keine neuen Informationen, sondern im Gegenteil nicht interpretierbare Artefakte.

Die folgende vergleichende Zusammenstellung habe ich aus den Tiefen meines Archives dieser früheren Berechnungen geholt, die ist nicht ganz einfach verständlich wenn man sich nicht tiefer mit der Materie beschäftigt. Ich habe dort theoretisch berechnet welches Bild aus zwei punkt- oder linienförmigen Objekten (was bei eindimensionaler Betrachtung fast egal ist) in geringem Abstand zueinander bei unterschiedlichen Beleuchtungen entsteht. Dadurch dass die Rechnungen alle monochromatisch erfolgen sind die entstehenden Interferenzmuster ausgeprägter als bei realer Beobachtung. Der Objektabstand ist so gewählt dass bei optimaler Hellfeldbeleuchtung (NABel=NAObj) die Objekte aufgelöst, aber nicht getrennt sichtbar sind. Das ist in der Grafik etwa rechts oben (mit der blau eingekreisten Beschriftung HF) erkennbar. Blau sind die Objektstrukturen eingetragen (nur in einigen Grafiken rechts), rot ist das entstehende Bild.

Zusammenstellung DF Grenzfeld RF HF xx.jpg

Rechts von diesem HF-Bild ist zum Vergleich der Fall reduzierter Kondensorblende dargestellt (75% des max. Durchmessers), wo man die verringerte Auflösung und stärkere Interferenzen erkennt. Die in einer Art Bogen nach links unten angeordneten weiteren Grafiken zeigen dann ringförmige Beleuchtung mit zwei Ringbreiten (12% und 24% bezogen auf den Durchmesser), die einen zunehmenden Dunkelfeldanteil besitzen bis hin zu reinem Dunkelfeld links unten. Rechts oben ist als Sonderfall mit "RF 12% klein" eine ringförmige Beleuchtung dargestellt, die ähnlich der reduzierten Kondensorblende (rechts darunter) einen entsprechend kleineren max. Ringdurchmesser aufweist als die NAObj. Auch hier sieht man die reduzierte Auflösung bei gleichzeitig verstärkten Interferenzen.

Im Übergangsbereich zwischen RF-Hellfeld und Dunkelfeld verändert sich die Hintergrundhelligkeit von 1 (siehe Skala links in den Grafiken) auf 0, wie schon verbal vorher für das "Grenzdunkelfeld" beschrieben wurde. Wie man sieht verändern sich auch die Interferenzmuster dieser beiden Objekte durch den Übergang von Hellfeld zu Dunkelfeld kontinuierlich, und im Übergangsbereich - trotz sehr einfacher Objektstruktur - relativ unvorhersehbar. Entsprechend schwierig sind die Bildinterpretationen bei komplexeren Objekten.

Nachdem die Position (und Abstand) der Interferenzmuster wellenlängenabhängig ist, entstehen bei realer Weißlichtbeleuchtung entsprechende Farbsäume. Dazu kommen ggfs. noch die Farbeffekte durch chromatische Aberration des Kondensors (und auch des Objektives).

Über diese m.E. optischen Spielereien ;)  gab es früher einige Veröffentlichungen, z.B. der Piper'sche "Variable Hell-Dunkelfeld-Kontrast (VHDF)" https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_100_6_0001.pdf (https://www.zobodat.at/pdf/Mikrokosmos_100_6_0001.pdf)   S. 369.

Hubert

Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in September 20, 2024, 10:50:11 VORMITTAG
Hallo Hubert,
ich wollte Deine rechnerischen und konstruktiven Künste nicht schmälern als ich schrieb
Zitat von: purkinje in September 19, 2024, 14:53:14 NACHMITTAGSNun wissen vor allem Nutzer der RFB oder des Heine-Kondensors dass man ab etwa 80% mit dem sog 'Pseudo'- Phasenkontrast (PK) und ab 90 mit Grenzdunkelfeld (GDF) zu rechnen hat, es wird hier also eine 'Mischung' aus "Rand"-HF, PK und GDF ohne das zentrale HF erzeugt.
So schön das isolierte GDF-Bild sein kann, habe ich vor etlichen Jahren, bei der RFB diese Zone gerne ausgeblendet. Will sagen mit der Aperturblende diesen Bereich der Objektivapertur (0,9-1R) abgeblendet. Meine mich zu erinnern, dass dies die Interferenzartefakte leicht reduzieren konnte.
Aber wie siehst Du das, wenn diese Rand-Zone (Grenzdunkelfeld*) bei der ringförmigen Beleuchtung bei einem Ring mit größerer Weite inkludiert ist, wird dadurch das Bild nicht "anfälliger" für diese sprunghaften Effekte? (Nachtrag. wenn ich Deinen letzten Post richtig verstanden habe, ja)

Ähnlich wie die exakte mittige Postionierung, v.a. bei hochaperturiger RFB (du hattest auf die leicht schiefen RFB-Darstellungen hingewiesen und ich eine verlinkt) kann auch die Positionierung des äußeren Ringrandes Probleme bereiten: etwas über die Objektivapertur heran bzw hinaus und schon hat man GDF dabei.
Insbesonders bei höher korrigierten Objektiven (APOs) hatte ich damit Probleme (mittels des variablen Heine-kondensors kann man hier beobachten wie der Lichtring hinter der Objektivapertur verschwindet, dann wieder auftaucht um erneut zu verschwinden, wo ist also die genau die Grenze? Bei Achromaten ist das zugegeben leichter) Das war mein Grund dafür diesen Rand mittels Aperturblende auszublenden.

* der Begriff des 'Grenzdunkelfeldes' ist sicherlich ein deutscher Begriff, geprägt durch Veröffentlichungen im Mikroskosmos und durch Gerhard Göke.
Der Übergang zu dem, von dir kritisierten, Begriff des Pseudo-Phasenkontrasts (bei weiter zentral liegender schmaler Beleuchtung) fließend. Diesen Begriff findet man auch im Englischen, bevorzugt im Amateur-Mikroskopie-Bereich)
Sterrenburg hat glaub ich diesen Begriff auch in Verbindung mit RFB geprägt und erläutert: EXTREME ANNULAR ILLUMINATION (http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artapr10/fs-pseudo-phase.html)
Dieser Pseudo-Phasenkontrast  ist ja nichts anderes als das "kontrastreiche Hellfeld" in der dt. oder "rich contrast" in der engl Heine-Kondensor- Beschreibung.
Hier aus der Beschriebung zum Heine-Kondensor:
Heine III-V.jpg
III: "ergibt sehr kontrastreiche Hellfeldbilder"
IV: "entsteht..ein Dunkelfeld, das verglichen mit dem normalen Dunkelfeld in vielen Fällen besondere Strukturen klar hervortreten läßt"
V. "entsteht normale Dunkelfeldbeleuchtung"

Beste Grüße Stefan




Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 20, 2024, 13:02:20 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

Zitatwenn diese Rand-Zone (Grenzdunkelfeld*) bei der ringförmigen Beleuchtung bei einem Ring mit größerer Weite inkludiert ist, wird dadurch das Bild nicht "anfälliger" für diese sprunghaften Effekte?
die Frage verstehe ich nicht ganz, was heißt "bei einem Ring mit größerer Weite"? Im Vergleich zu was anfälliger?

Zum Heine-Kondensor fehlt mir die Erfahrung, ob der ausreichend scharf den Randbereich des Lichtkegels  begrenzt wenn man in den DF-Bereich kommt kann ich nicht sagen. Da vertraue ich schon eher auf eine präzise, reproduzierbar montierte Blende an der richtigen Position.
Inwiefern sind hochkorrigierte Objektive da schwieriger zum Einstellen der Blende?

ZitatDieser Pseudo-Phasenkontrast  ist ja nichts anderes als das "kontrastreiche Hellfeld"
Einerseits ist jede Kontrastierung z.B. durch Abblenden der Aperturblende eine Art Phasenkontrastverfahren (als übergeordneter Begriff, insofern kein Pseudo-Verfahren). Aber "Pseudo-Phasenkontrast" erinnert begrifflich m.E. zu sehr an die speziell durch den Zernike-Phasenkontrast erzeugte andersartige Kontrastierung - also keine Erhöhung des Kantenkontrastes wie bei den verschiedenen Aperturblendenformen sondern eine der Phasenverschiebung proportionale Helligkeitsdarstellung.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Rene in September 20, 2024, 14:19:49 NACHMITTAGS
Hallo Hubert und Stephan,

ich bin mir ziemlich sicher, dass Frithjof Sterrenburg es tatsächlich als eine Art Phasenkontrast bezeichnet hat. In meinen Gesprächen mit ihm wurde deutlich, dass der Kontrast von der Art des Objektivs abhängt, wobei die besten Ergebnisse mit einfachen und älteren Achromaten/Fluoriten erzielt werden. Ich vermute, dass die Randzone dieser Objektive einen sphärischen Fehler aufweist. Bei einfachen Objektiven ist das normal und stört im Hellfeld kaum. Aber bei dieser ,,Pseudo-Phasenkontrast"-Methode wirkt er unbewusst wie eine Phasenplatte. Übrigens ohne das Licht abzuschwächen wie normale Phasenplatten in Objektiven.
In diesem Licht sind auch Wilskas Anoptrikexperimente mit Rußringen am äußersten Rand des Objektivs zu sehen: Der Ruß wirkt als Lichtabschwächer, aber nicht als Phasenplatte. Bei einem modernen, gut korrigierten Objektiv wird dadurch kein zusätzlicher Kontrastgewinn erzielt. Aber in Kombination mit einem geeigneten Objektiv, wie oben beschrieben, ist es sehr effektiv.

Viele Grüße, René

Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 20, 2024, 15:50:51 NACHMITTAGS
Hallo Rene,

ja Du hast recht, hier  http://www.microscopy-uk.org.uk/index.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/primer/special.htm  bei der Beschreibung zu Bild 51 hat Sterrenburg es nochmals erläutert.

Das macht die Verwendung der ringförmigen Blende als Methode zur Auflösungssteigerung nicht einfacher.  ;)

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in September 20, 2024, 16:16:55 NACHMITTAGS
Hallo Hubert und René,

genau um diese Effekte ging es mir wenn ich dauernd vom "Abblenden" der äußeren Objektivapertur sprach, auch wenn natürlich etwas mögliche Auflösung des Objektivs flöten geht. Aber um diese Effekte (Grenzdunkelfeld und teils auch den Phasenkontrast) loszuwerden fiel mir nichts anderes ein.

So weit so kurz, die letzte Besprechung zum sanitätstechnische Großkampf naht ("d'Wiesn hoid" wie der Münchner zu sagen pflegt), bis demnächst mal
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: 3nzo in September 26, 2024, 21:42:43 NACHMITTAGS
Hallo an die Teilnehmer dieser interessanten Diskussion.
Ich blieb auf einer niedrigeren, praktischeren Ebene und versuchte zu überprüfen, ob mit dem normalen Pancraticus und dem Phasenkontrastzubehör der COL des Heine-Kondensors nachgeahmt werden konnte.
Aus diesem Artikel erfahren Sie, wie der Kondensator funktioniert
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artsep03/pjheine.html
Es scheint, dass der Hauptaspekt der Operation ein Lichtring variabler Größe ist, der an das Objektiv angepasst werden kann (ohne Berücksichtigung der Position ganz oben für das Dunkelfeld).
Ich habe die Fokusvariation des Pankratischen Kondensors genutzt, um die Größe des innersten Lichtrings der Phasenblende zu variieren. Das Objektiv ist ein Planachromat mit Vergrößerung 12,5 und An 0,25 auf einem Knoblauchfilmpräparat.
Das erste Foto ist im Hellfeld und die anderen beiden mit dem COL mit unterschiedlichen Vergrößerungen der Phasenblende.
Mir scheint, dass diese Bilder denen des Heine-Kondensors bei bestimmten Einstellungen durchaus ähneln. Sie sehen
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artnov03/pjheine2.html.
Indem Sie den Lichtring an den Rand des Objektivfeldes bringen, erhalten Sie auch ein peripheres Dunkelfeld.
Ich hoffe, dass es nützlich sein kann, wenn man die Seltenheit und den hohen Preis des Heine-Kondensators und die Unwirksamkeit der verschiedenen ringförmigen COL-Filter bedenkt, die bei Ebay angeboten werden.
Vielen Dank für die interessante Diskussion und viele Grüße.

Enzo
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Michael K. in September 28, 2024, 14:18:10 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

Meine eigene Konstruktion habe ich quasi immer Einsatz. https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=43844.0 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=43844.0)
Für jedes Objektiv musste eine eigene Zentralblenden Grösse per Versuch ermittelt werden. Es wurde da auch hinreichend diskutiert. Missen möchte ich das nicht mehr.

Gruss
Michael
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in September 29, 2024, 11:03:12 VORMITTAG
Hallo Michael,
wir hatten uns ja schon einmal über deine "modulierte ringförmige Beleuchtung" (so nenn ich es mal) ausgetauscht, weil ich es für eine interessante Variante halte. Dabei wird die Lichtdurchlässigkeit der Zentralblende variabel. Auf ähnlichem Prinzipen beruhte auch der varibele Phasenkontrast von Pluta und anderen. Da in der mikroskopischen Routine gerne standardisierte und einfach zu reproduzierende Verfahren verwendet werden, konnten sich oft modulierbare Verfahren nicht in der Breite durchsetzen.
Modulierbare Verfahren haben aber, wenn man sich damit tiefer befasst, den Vorteil auf Besonderheiten der Objekte eingehen zu können und auch z.B. den Kontrast weiter optimieren zu können.
Mich würde sehr interessieren wie Du deine Konstruktion angewendet hast um die beiden Bilder von Ceratulina cretacea #135 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=49063.new;topicseen#new) zu erhalten.

Hallo Hubert und alle interessierten,
zum Thema der möglichen Auflösungssteigerung bei RFB
wollte ich kurz auf den Vortrag von v. Duijn (1) hinweisen wo er die untenstehende Grafik zeigt, welche auf den Werten der Untersuchung zur RFB von T. Y. Kingma Boltjes and C. J. Gorter (2) basiert:
Surrirella Duijn.jpg
Surrirella Kingma Boltjes.jpg

Zusammenfassend kann, wenn man diesen Ausführungen folgen möchte, festgestellt werden, dass die 'Auflösungssteigerung' in dem oben schon genannten Bereich von etwa 20%  liegt. Dies wäre mehr als man zB durch die Verwendung eines immergierten vs trocken verwendeten Kondensors erzielen könnte.

zum Thema von Phasenkontrasteffekten bei der RFB
Bei meinen ursprünglichen Versuchen mit RFB, war ich besonders bei Verwendung von Achromaten ja bestrebt die "randlichen Phasenkontrasteffekte" zu begrenzenen (Aperturblende, was natürlich zugleich die Breite des Lichtrings reduzierte). Die Frage die sich mir aber später stellte, ist ob es sich bei all diesen RFB-Effekten nicht ausschließlich um Phasenkontrasteffekte handelt? Gerade auch in neuerer Literatur erfährt die RFB ja besonders in Zusammenhang mit Quantitativem Phasenkontrast wieder Anwendung (3).
Mich würde hierzu Eure Einschätzung interessieren!

Für alle die sich fragen wie diese hier erwähnten Effekte bildlich auch im Vergleich zu Zernikes Phasenkontrast aussehen gibt es hier von Peter Höbel (#13) ältere aber sehr gute Vergleichsbilder (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=17372.0) zu sehen; oben RFB (randständig die Objektivapertur beleuchtend 0,85-1R), unten Zernike.

Beste Grüße Stefan

1) C. v. Duijn jr
Ringförmige Beleuchtungssysteme in der Mikroskopie
3. Internat. Mikroskopietage in Hagen 1990
2) T. Y. Kingma Boltjes and C. J. Gorter,
On the influence of the condensor on the resolving power of a microscope.
Proc. kon. Akad. v. Wttensch. 45, S 814ff, (1942) (https://dwc.knaw.nl/DL/publications/PU00017824.pdf)
3) Zuo, C., Sun, J., Li, J. et al. High-resolution transport-of-intensity quantitative phase microscopy with annular illumination. Sci Rep 7, 7654 (2017) (https://www.nature.com/articles/s41598-017-06837-1)
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Michael K. in September 29, 2024, 11:18:21 VORMITTAG
Hallo Stefan,
Das erste war Hellfeld, das zweite war mit dunkler Zentralblende, die aber nicht komplett in der Mitte Stand.
Es war eine Sichelförmige Beleuchtung.
Mit der Mikroskopkamera hab ich es direkt invertiert aufgenommen.

Gruss
Michael
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in September 29, 2024, 12:19:03 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

ZitatZusammenfassend kann, wenn man diesen Ausführungen folgen möchte, festgestellt werden, dass die 'Auflösungssteigerung' in dem oben schon genannten Bereich von etwa 20%  liegt. Dies wäre mehr als man zB durch die Verwendung eines immergierten vs trocken verwendeten Kondensors erzielen könnte.
Ich muss vielleicht zu meiner Aussage dass die RFB im Vergleich zur offenen Aperturblende die Auflösung nicht erhöht ein Missverständnis aufklären: Es ging mir um die physikalische Auflösung. In der Praxis ergibt sich die reale Auflösung natürlich auch durch die unvermeidlichen Mängel bei der visuellen Beobachtung oder fotografischen Aufnahme, nämlich die begrenzte Kontrastauflösung z.B. durch das Sensorrauschen (was ich in dem Zusammenhang schon erwähnt hatte). Bei meinen Vergleichsaufnahmen mit Stauroneis phoenicenteron war es kein Problem die Diatomee auch bei offener Aperturblende gut zu fotografieren weil mit dem Objektiv 40/0.65 die Strukturen noch leicht abzubilden sind und nicht zu eng an der Auflösungsgrenze liegen. Wenn man tatsächlich z.B. eine Diatomee an der Objektiv-Auflösungsgrenze beobachtet muss man bei Hellfeld einen höheren Aufwand treiben um das Rauschen zu unterdrücken und eine mit RFB vergleichbare Aufnahme zu erreichen. Da ist dann auch das Problem dass sich das Objekt mangels Sichtbarkeit gar nicht mehr präzise fokussieren lässt. Insofern ist natürlich die Verwendung von RFB eine brauchbare Lösung solange man sich der möglichen Artefakte bewusst ist.

Hier habe ich aus einem Streupräparat eine Pleurosigma angulatum mit dem selben Objektiv 40/0.65 mit RFB (d/R ≈ 0.5) aufgenommen, mit offener Aperturblende war sie für mich nicht mehr präzise fokussierbar. Einzelbild, keine Nachschärfung, Histogramm etwas gestreckt. Andere störende Objekte im Präparat treten dann natürlich entsprechend auffällig hervor.

Pleurosigma angulatum 40x_0.65.jpg

ZitatDie Frage die sich mir aber später stellte, ist ob es sich bei all diesen RFB-Effekten nicht ausschließlich um Phasenkontrasteffekte handelt? Gerade auch in neuerer Literatur erfährt die RFB ja besonders in Zusammenhang mit Quantitativem Phasenkontrast wieder Anwendung
Mein Eindruck ist dass sich manche Wissenschaftler in diesen Veröffentlichungen nicht ganz über die Problematik bewusst sind, dass bei dickeren Phasenobjekten in der Praxis vollkommen irreguläre Strukturen auftreten können je kohärenter die Beleuchtung ist. Das ist auch der Grund warum eigentlich die mittlerweile unter Biologen und Medizinern so beliebte "Dekonvolution-Software" nur bei Fluoreszenz-Objekten sinnvoll anwendbar ist (wegen deren inkohärenter Lichtabstrahlung). Woran soll man (Zernike) Phasenkontrast ähnliche Objektdarstellungen unterscheiden können, wenn sich feine Diatomeen-Strukturen je nach Fokuslage durch Interferenzeffekte beliebig im ihrem Hell-Dunkel-Kontrast an den Rändern der Objektstrukturen und damit den Phasengrenzen verändern können?

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 16, 2024, 11:19:59 VORMITTAG
Hallo Hubert,
Du zeigst oben schön was möglich ist; und wer schon einmal mit RFB experimentiert hat, wird sich an genau diesen Bildeindruck von u.U. etwas mehr 'sichtbarer Auflösung' erinnern. Aber natürlich auch in die Tiefe, was Dein Streupräparat gut zeigt, also genau das Gegenteil vom ja durchaus auch geliebten optischen Schnitt.

Zitat von: Lupus in September 29, 2024, 12:19:03 NACHMITTAGSMein Eindruck ist dass sich manche Wissenschaftler in diesen Veröffentlichungen nicht ganz über die Problematik bewusst sind, dass bei dickeren Phasenobjekten in der Praxis vollkommen irreguläre Strukturen auftreten können je kohärenter die Beleuchtung ist. Das ist auch der Grund warum eigentlich die mittlerweile unter Biologen und Medizinern so beliebte "Dekonvolution-Software" nur bei Fluoreszenz-Objekten sinnvoll anwendbar ist (wegen deren inkohärenter Lichtabstrahlung).
Es sind halt auch Ingenieure und gelegentlich Physiker von Firmen die der Biomed. Gemeinschaft das Lichtmikroskop mit Zusatz von etwas Filterung und reichlich Software (wieder) verkaufen wollen. Vor allem im Bereich der in vivo Beobachtungen kommen die Fluoreszenzmethoden auch schnell an Grenzen (Ausbleichen und Toxizität der Fluorchrome) und erschweren die erwünschte Quantifizierung.
Aber der von Dir geschilderte unberechenbare "Phasenumschlag" in komplexeren Geweben beim "Quantitativen Phasenkontrast" erschwert dies natürlich ebenso.
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Rene in Oktober 16, 2024, 18:35:32 NACHMITTAGS
Hallo Stefan und Hubert,

Anbei eine Seite aus einem technischen Heft von Cooke, Throughton & Simms, das die Interferenzwerte bei der Objektivherstellung zeigt. Es hat mir verdeutlicht, wie die Pseudophasenkontrastmethode funktioniert, und zwar insbesondere bei den etwas weniger korrigierten Objektiven wie Achromaten statt Apochromaten.

Außerdem hat die Verwendung einer ringförmigen Beleuchtung eine auflösungssteigernde Wirkung. Zumindest scheine ich das aus den Abhandlungen von Osterberg und Wissler zu verstehen. Und das wird der Grund sein, warum der Phasenkontrast trotz der niedrigen NA des Kondensorrings im Vergleich zur NA des Objektivs keine verringerte Auflösung hat. Dies hat zu einem kontinuierlichen Strom von Patenten für andere Belichtungsvarianten geführt. Wir haben das Grayfield-Mikroskop schon einmal gesehen, siehe auch die Arbeit von Piekos und Vodyanoy.
Ich gebe nicht vor, die Mathematik zu verstehen, und leider sehe ich auch keine routinemäßige Anwendung dieser Methoden, sobald ,,echte" Proben anstelle von 2D-Objekten (einschließlich Kieselalgenstrukturen) betrachtet werden müssen.  Stattdessen habe ich jetzt ein Zeiss Sigma SEM in der Ecke stehen ;)

Mit freundlichen Grüßen, René
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 19, 2024, 21:55:14 NACHMITTAGS
Hallo Rene,
ich musste erst mal stöbern was Du mit
Zitat von: Rene in Oktober 16, 2024, 18:35:32 NACHMITTAGSWir haben das Grayfield-Mikroskop schon einmal gesehen, siehe auch die Arbeit von Piekos und Vodyanoy
meinst; ich erinnerte mich dann doch bald an diese "vielversprechenden Ansätze"  ;Hallo Hubert und alle RFB-interessieten,

[EDIT: hier bin ich davon ausgegangen, dass es sich um vergleichbare Konstruktionen handelt, was sich aber so als nicht haltbar herausstellte, s.unten ]
hier noch etwas aus der Literatur zum "Ein-Ring-System":
generell ist ja eine axiale und /oder transversale Auflösungssteigerung das Ziel.
Bei der Konstruktion der Blenden stellt sich ja auch immer die Frage: nur Zentralblende und dann Beleuchtung bis zum Rand der Apertur oder Begrenzung der äußeren Apertur des Lichtrings bevor diese die Apertur des Objektivs erreicht ("randliche Abblendung")

Nun gibt es ein paar Modelle der Optimierung die in der Vergangenheit hierzu bemüht wurden, diese Parameter zu errechnen. Grundlage hierfür sind oft (halbwegs realistische) Grundannahmen zum Gewinn an Auflösung (gain, G) sowie die Annäherung an ein optisch perfektes System (Strehl ratio, S).
Natürlich sind diese Modelle vereinfachend und unterschlagen bestimmte andere Aspekte, aber als grober Anhalt für die Konstruktion von Blenden können sie wohl dienen:
a bzw 𝞺1 bezeichnet den inneren Radius des lichtdurchlässigen Anulus und b bzw 𝞺2 den äußeren Radius (=1 würde also die gesamte Apertur bis zum Rand bedecken). Dunkelgrau bzw. schwarz  sind die untauglichen Regionen, grau die von höherer transversaler und weiß die mit höherer transversialer und axialer Auflösung dargestellt.
Bleiben wir bei oben von Hubert gezeigtem inneren Radius von 0,5r (rot, r= Radius der Objektivapertur), dann sollte bei diesen Modellen der Lichtring außen bei spätestens 0,84r (1/∜2r) begrenzt sein. Auch zeigt sich, dass der innere Radius unter 0,71r (1/√2r) liegen muss um Auflösungssteigerung in 3D zu erlangen.

Canales05jpg.jpg
Canales et al. 2005 Three-dimensional control of the focal light intensity distribution by analytically designed phase masks
Optics Communications 247: 11–18


Zhang 07.jpg
Zhang 2007 Design of three-dimensional superresolving binary amplitude filters by using the analytical method
Optics Communications 274:37-42


Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 20, 2024, 08:54:36 VORMITTAG
-
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Oktober 20, 2024, 11:53:05 VORMITTAG
Hallo René,

ZitatAnbei eine Seite aus einem technischen Heft von Cooke, Throughton & Simms, das die Interferenzwerte bei der Objektivherstellung zeigt. Es hat mir verdeutlicht, wie die Pseudophasenkontrastmethode funktioniert, und zwar insbesondere bei den etwas weniger korrigierten Objektiven wie Achromaten statt Apochromaten.
man kann mit Programmen die Phasenverschiebung durch konstruktiv bedingte mangelnde Objektiv-Korrektur heute auch berechnen und visuell darstellen. Hier ein Beispiel an einem einfach aufgebauten typischen Achromaten. Diese Phasenverschiebung, die nichts anderes darstellt als eine nicht optimal konstruierte optische Weglänge für den Lichtstrahl durch das Glas im jeweiligen Abstand von der optischen Achse, bewirkt dann die sphärische Längsaberration. Die radiale Verteilung der Phasenverschiebung ist dem gezeigten Beispiel der interferometrischen Messung sehr ähnlich.

Phasenverschiebung Objektiv 40_0.65.jpg

Das Problem in der Praxis für Experimente mit Ringblenden für diesen "Pseudo-Phasenkontast" ist, dass diese Form der Phasenverschiebung zwar charakteristisch für einfache Achromate ist, aber bei moderneren Konstruktionen, speziell bei Objektiven höherer NA, auch deutlich davon abweichen kann. Und die Form ist z.T. wellenlängenabhängig. Hier ein Beispiel für den typischen Unterschied zu einem Fluorit, der nicht nur chromatisch sondern auch über die gesamte NA besser korrigiert ist und eine andere Kurvenform der Längsaberration (und damit der Phasenverschiebung) hat:

Sphärische Längsaberration Achromat Fluorit.jpg

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 21, 2024, 11:54:06 VORMITTAG
Hallo René und Hubert,
eure Darstellungen verdeutlichen erneut, wo die Ursachen für die ja so diverse Schilderungen der RFB bzw COL-Effekte liegen.
Dies führte auch bei vielen nach anfänglichen Versuchen, rasch dazu diese Verfahren abzuhaken. Der Grat zwischen den u.U. hilfreichen Phaseneffekten (mehr Kontrast und so auch mehr sichtbarer Auflösung) sowie unberechenbarem Verhalten bei Fokussierung ist schmal. Nach Euren Ausführungen wird mir auch klar weshalb Paul James damals Annuli von etwa 0,65- 0,84r in Verbindung mit (Wild) Fluorit-Objektiven so in seinen Artikeln propagierte.
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Oktober 22, 2024, 10:32:53 VORMITTAG
Hallo Stefan,

ich habe die von Dir verlinkte Literatur jetzt einmal durchgesehen.
Zitathier noch etwas aus der Literatur zum "Ein-Ring-System"
generell ist ja eine axiale und /oder transversale Auflösungssteigerung das Ziel.
Bei der Konstruktion der Blenden stellt sich ja auch immer die Frage: nur Zentralblende und dann Beleuchtung bis zum Rand der Apertur oder Begrenzung der äußeren Apertur des Lichtrings bevor diese die Apertur des Objektivs erreicht ("randliche Abblendung")
Da dürfte ein Missverständnis vorliegen, Canales u.a. hat ein Dreiblendensystem untersucht (weil nur damit sowohl transversale als auch axiale Veränderungen der PSF vorgenommen werden können), und zwar mit vereinfachten Phasenblenden mit 0 und π Phasenverschiebung.
Mit Bezug auf diese Veröffentlichung hat Zhang die gleiche Methode auf ein Dreiblendensystem mit rein absorbierenden Blenden angewendet mit ebenfalls vereinfachten Pupillenfunktionen 0 und 1. D.h. dass nur die mittlere Zone undurchlässig ist.

Eine nur mittlere Zone durchlässig zu machen macht wenig Sinn, weil man dadurch das Auflösungspotential des Objektivs verschenken würde. Allgemein gilt dass mit nur einer Blende (egal ob zentral oder äußerer Ring) im Vergleich zur nicht abgeblendeten Öffnung die axiale Ausdehnung der PSF sich vergrößert was bei bestimmten Anwendungen von Nachteil ist.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 22, 2024, 11:46:49 VORMITTAG
Hallo Hubert,
oh weh, Dank Dir erst mal für die wichtige Korektur, ich sollte nicht von alten Notizen von vor über 10a abkupfern sondern in die Paper gucken; werde es hernach editieren.
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Oktober 22, 2024, 20:27:00 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

ein Problem ist dass das Thema schon seit über 100 Jahren in oft nur theoretischen Papieren zu unterschiedlichsten Anwendungen diskutiert wird. Nicht immer sind solche diskutierten Blenden auf Mikroskope übertragbar, z.B. wenn es um Bündelung von Mikrowellenantennen u.ä. geht oder spezielle astronomische Teleskope. Und viele Konzepte sind dann eigentlich nur für Konfokalmikroskopie brauchbar.

Ganz interessant ist diese Veröffentlichung, bei der es um Amplituden-Blenden zur Änderung der axialen PSF geht:
https://www.researchgate.net/publication/243576096_Axial_behavior_of_pupil-plane_filters
Die untersuchten Blenden hatten verschiedene, einfach mathematisch definierte Intensitätsverläufe. Am Ende (Abschnitt 9.) wurden die experimentellen Ergebnisse für zwei Blenden mit kontinuierlichem Transmissionsverlauf gezeigt, eine ringförmige und eine zentrale. Die folgende Abbildung ist zum leichteren Verständnis eine modifizierte Abbildung aus dieser Veröffentlichung. Rechts die drei verglichenen Blendenformen (in der Mitte die nicht abgeblendete Öffnung, die körnige Struktur kommt vom schlechten Scan für die Veröffentlichung). Links in der jeweiligen Reihe die PSF im Fokus (Mitte der Reihe) und außerhalb des Fokus.

Da sind alle typischen Merkmale solcher einfachen Blenden erkennbar im Vergleich zur nicht abgeblendeten Öffnung:
Bei ringförmigen Blenden (oben) hat das zentrale Beugungsscheibchen immer einen etwas geringeren Durchmesser, aber dafür die Beugungsringe wesentlich mehr Intensität. Die zentrale Blende (unten) erzeugt immer ein deutlich breiteres Beugungsscheibchen. Dass die Beugungsringe hier nicht sichtbar sind liegt an dem kontinuierlichen Verlauf der Blendentransmission statt einer scharfen Grenze. Das verringert auch die Beugungsringe der Ringblende mit kontinuierlichem Transmissionsverlauf.
Gleichzeitig reicht die PSF in Achsrichtung bei beiden Blendenformen weiter als bei nicht abgeblendeter Öffnung. Und das ist das allgemeine, bekannte Problem bei Phasenobjekten, wodurch bei dicken Schichten unerwünschte Strukturen außerhalb der Fokusebene kontrastreicher sichtbar werden. 

Axial behaviour of pupil-plane filters.jpg

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: purkinje in Oktober 27, 2024, 11:32:48 VORMITTAG
Hallo Hubert,
diese Veröffentlichung von Sheppard und Hegedus taucht auch in meiner Sammlung von vor Jahren auf. Wie von Dir schon geschildert Verlaufsfilter, entweder von zentral oder peripher zunehmender Durchlässigkeit.
Um es auch anderen Lesern hier zu verdeutlichen, es gibt die verschiedensten Bauformen:
• variable Anzahl von Zonen und somit Ringen,
• unterschiedliche Transmissionen von Lichtdicht bis stark durchlässig
• unterschiedliche Phasenverschiebungen zwischen den Zonen/Ringen.
Davon nun auch noch die diversen möglichen Kombinationen (was mir oben zum Verhängnis geriet  ;) )
Das wissenschaftliche Interesse galt und gilt, wie erwähnt, hauptsächlich einer Verbesserung bei konfokalen Mikroskopen, da hier die die Beugungsringe wohl nicht so ins Gewicht fallen.
Ich hätte nun mehrere Fragen an Dich:
Beste Grüße Stefan
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Oktober 27, 2024, 14:20:21 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

welcher Radiusbereich bei einer zentralen Abblendung sinnvoll ist kann ich nicht sagen, das hängt ja von der Anwendung ab. Umso schmaler der Ring ist, desto schmaler (aber auch intensitätsärmer) wird das zentrale Beugungsmaximum mit entsprechend intensiveren Beugungsringen. Wenn letztere für die konfokale Mikroskopie von untergeordneter Bedeutung sind muss man aber noch berücksichtigen dass dafür das Beugungsbild in Achsrichtung ausgedehnter wird. Das ist ja wohl auch der Grund warum man mit mehreren Ringen arbeitet um auch hier eine Optimierung zu erreichen.

Ein Verlaufsfilter ist theoretisch besser weil die PSF detaillierter steuerbar ist - man hat sozusagen "unendlich" viele Parameter, während die binäre Form nur eine stark vereinfachte Variante des Verlaufsfilters ist. Aber die muss man erst einmal für ein beliebiges Verlaufsfilter errechnen. Man sieht ja schon in Deinen beiden früheren Links, wie variationsreich selbst eine binäre Varianten mit drei Ringen sein kann.

Noch ein Vergleich mit Fresnellinsen bzw. -Zonenplatten: Eine Fresnellinse ist nichts anderes als eine sehr grobe Phasenzonenplatte mit stetigem Phasenverlauf innerhalb der Zone (man "schneidet" einfach von der planen Rückseite der Linse Ringe heraus mit jeweils ganzzahliger optischer Weglänge einer Wellenlänge). Ein Beispiel sind die großen Beleuchtungslinsen eines Leuchtturms oder heute als einfache dickere Kunststofffolien für diverse einfachere Beleuchtungs- und Abbildungszwecke erhältlich. Wenn man daraus eine binäre Fresnelzonenplatte macht (die muss natürlich feinere Ringabstufung besitzen), dann bekommt man ebenfalls einen Brennpunkt wie bei einer Linse, aber auch zusätzlich zahlreiche weitere Brennpunkte entlang der Achse weil die Weglängen als Vielfache der Wellenlänge nicht eindeutig durch die binären Zonen bestimmt sind. Diese vollständigere "Steuerbarkeit" des Bildes, speziell in der Tiefe, ist bei binären Zonen reduziert. Aber man muss natürlich die Praxis (Machbarkeit) sehen, daher ist der Vorteil wie gesagt eher theoretisch.

Eine Mattscheibe zerstört das ganze Beugungssystem, dadurch wird keine graduelle Phasen- oder Absorptionsverteilung erreicht.

Hubert
Titel: Aw: RFB / COL welche Erfahrungen habt ihr?
Beitrag von: Lupus in Oktober 29, 2024, 16:55:07 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,

eine Ergänzung zur 1. Frage:
Hier der (theoretische) Intensitätsverlauf der PSF eines Punktobjektes bei nicht abgeblendeter Pupille (blau) im Vergleich zu sehr enger ringförmiger Blende (rot, Grenzfall δR << R), also minimal möglicher Durchmesser des zentralen Beugungsscheibchen durch Blende. Die max. Intensität ist in der Grafik auf 1 normiert, tatsächlich wäre sie bei dieser engen ringförmigen Blende sehr gering im Vergleich zur freien Öffnung. Eine reale ringförmige Blende mit praxisnaher Breite liegt beim Durchmesser der zentralen PSF und der Intensität der Beugungsringe irgendwo dazwischen.

PSF ringförmige Blende.jpg

Hubert