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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Bernd Miggel in Februar 26, 2024, 08:56:00 VORMITTAG

Titel: Interessante Pilzfunde 114 – Hainbuchen-Täubling
Beitrag von: Bernd Miggel in Februar 26, 2024, 08:56:00 VORMITTAG
Alle Fundberichte in der Übersicht: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=42360.msg312080#msg312080



Einführung, Lebensweise und Verbreitung

Wer in einem Park, auf einem Friedhof oder an einer lichten Stelle im Wald auf mittelgroße Täublinge mit verwaschen grünlichen, violettlichen oder purpurlichen Hutfarben, weißem Stiel und gelben Lamellen stößt, der sollte schauen, ob Hainbuchen in der direkten Umgebung wachsen. Falls ja, handelt es sich wahrscheinlich um den hier beschriebenen Hainbuchen-Täubling Russula carpini. Der geht ausschließlich mit Hainbuchen eine Mykorrhiza ein und liebt basenreiche Böden, z.B. Kalkböden. Die Rote Liste Deutschlands 2016 führt ihn in der Katergorie G (Gefährdung unbekannten Ausmaßes).

Einige der Fotos verdanke ich Ingeborg Dittrich, Udo Schäfer und Karl Wehr, die Mikrozeichnung Helga Marxmüller.

Bild 1 - Russula carpini_2012(Inge Dittrich), 800x.JPG
Bild 1 – Russula carpini mit grünlich olivem, am Rand gerieftem Hut. Foto: Ingeborg Dittrich.

Bild 2 - Russula carpini_2012(Inge Dittrich), 800xJPG.JPG
Bild 2 – Lamellen gelb, Stiel schlankkeulig, weiß mit bräunender Basis. Foto: Ingeborg Dittrich.

Bild 3 - Russula carpini_Nuertingen Waldfriedhof_2012_I. Dittrich, x800.jpg
Bild 3 – Lamellen gelblich, Stielfleisch wattig-weich. Foto: Ingeborg Dittrich.


Makroskopische Merkmale
Fruchtkörper mittelgroß und auffallend weichfleischig. Hut bis 100 mm breit, jung konvex, bald flach ausgebreitet, dann meist mit vertieftem Zentrum und geriefter Randzone. Huthaut glatt, im feuchten Zustand klebrig und glänzend, zur Hälfte abziehbar. Die Farben sind meinst eine Mischung aus blassen, ,,verwaschenen" Tönungen in gelblich, gelbgrün, grün, violett, purpur, bräunlichrot, olivlich, creme, braun, grau. Lamellen zuerst creme, später gelblich, schließlich dottergelb. Schneide mit der Fläche gleichfarben. Stiel zylindrisch oder schlank keulig, längsadrig, weiß, von der Basis her bräunend. Fleisch weiß, reife Exemplare auffallend weich. Geschmack mild, fast geruchlos.

Makrochemische Farbreaktionen
Fleisch mit FeSO4 blass rosa.

Farbe des frisch ausgefallenen Sporenpulvers intensiv gelb, etwa IVd-IVe nach der Farbtafel in MARXMÜLLER 2014.

Bild 4 - Russula carpini Römerberg 2017 (B. Miggel), 800x.jpg
Bild 4 – Hut mit blass grünlichen Farben und leicht gerieftem Rand. Foto: Bernd Miggel.

Bild 5 - Russula carpini Römerberg 2017 (B. Miggel), 800x.jpg
Bild 5 – Blick auf die gelblichen Lamellen und den längsgerieften, weißen Stiel. Foto: Bernd Miggel.

Bild 6 - Russula carpini_Büchereck_2012(Udo Schäfer), 800x.JPG
Bild 6 – intensiver gefärbter Hut, außen violettlich, Mittelbereich gelbbräunlich. Foto: Udo Schäfer.

Bild 7 - Russula carpini 18.07.20 Erkelenz, Karl Wehr, 800x.jpg
Bild 7 – Junge Exemplare mit ungerieften, gelblichen bis hellbräunlichen Hüten  am Fundort in der Eifel. Funddatum: 5.8.2017. Foto: Karl Wehr.



Mikroskopische Merkmale

Sporen rundlich bis breit ellipsoid, Größe nach eigener Messung 8,5-10,4 x 8-9 µm, Schlankheitsgrad Q 1,05-1,25. Ornament isoliert hochstachelig, Stacheln bis 2 µm lang. Ornament und Hilarfleck stark amyloid.

Bild 8 - Russula caprini-Sporen DMap_b, Detail, 800x.jpg
Bild 8 – Sporen in Melzers Reagenz, mit isoliert hochstacheligem Ornament. Foto: Bernd Miggel.

Epikutis aus Epikutishaaren und Pileozystiden bestehend. Pileozystiden lang, zylindrisch bis schlankkeulig und etwa 4-7 µm breit, einzellig bis multizellular. Epikutishaare dünn, langgliedrig, verzweigt, 1,5-3 µm breit.

Bild 9 - Dcy, 800x.jpg
Bild 9 – Pileozystiden in Sulfovanillin. Foto: Bernd Miggel.

Bild 10 - R. carpini, x600, Luci Call Bold 10, H. Marxmüller.jpg
Bild 10 –  Mikromerkmale: pz = Pileozystiden, eh = Epikutishaare, sp = Sporen, hz = Hymenialzystiden. Aus MARXMÜLLER 2014

Ähnliche Täublinge
•    Der Vielfarbige Täubling (Russula versicolor) bleibt meist kleiner und schmeckt in den Lamellen leicht scharf. Sein Sporenpulver ist viel heller, und zwar ockerfarben, und die Sporenornamentation ist warzig-netzig. Außerdem ist er ein Mykorrhizapilz der Birke.
•    Der Rotstielige Ledertäubling (Russula olivacea) wird größer, ist festfleischiger, und sein Stiel ist meist rötlich überzogen. Die Phenol-Reaktionist typisch stark rotviolett. Er wächst bei Rotbuchen und Fichten.
•    Der Buchen-Heringstäubling (Russula faginea) ist festfleischiger, riecht deutlich nach Heringslake, die FeSO4-Reaktion ist grünlich, und sein Sporenpulver heller, nämlich dunkel ocker bis hellgelb. Er wächst ausschließlich bei Rotbuchen.

Literatur
•    EINHELLINGER, A. (1985): Die Gattung Russula in Bayern: Nr. 24.
•    KRIEGLSTEINER, G.J. (2000): Die Großpilze Baden-Württembergs, Bd. 2: Nr. 6.4.
•    KRÄNZLIN F. (2005): Pilze der Schweiz Bd. 6, Russulaceae: Nr. 104.
•    MARXMÜLLER, H. (2014): Russularum Icones: 590-593.
•    MICHAEL, M., Hennig, B. & Kreisel, H. (1983): Handbuch für Pilzfreunde Band V: Nr. 164.
•    SARNARI, M. (1998, 2005): Monografia illustrata del Genere Russula in Europa: 972-976.
•    https://de.wikipedia.org/wiki/Hainbuchen-T%C3%A4ubling
(abgerufen am 24.2.2024).
•    https://www.mycopedia.ch/pilze/9779.htm
(abgerufen am 24.2.2024).
•    https://fundkorb.de/pilze/russula-carpini-hainbuchen-t%C3%A4ubling

Viel Freude beim Anschauen!
Bernd


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