Liebe Mikrofreunde,
unser Sommergarten bietet zur Zeit ein reichhaltiges Blütenangebot. Darunter befindet sich seit einigen Jahren auch die Sumpf-Seidenpflanze Asclepias incarnata. Die gerade aufblühenden "Dolden" werden regelrecht von Insekten gestürmt.
(https://i.postimg.cc/Qxz0kfWJ/Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Habitus-N-Amerika-Z7.jpg) (https://postimg.cc/4mz6XbPY)
Bei genauerer Betrachtungsweise lassen die Einzelblüten nicht nur einen wunderbar exotisch anmutenden Aufbau erkennen, sondern auch eine interessante Biologie. Es handelt sich um sog. Klemmfallen-Blüten. Unter den einheimischen Büten gehört dazu u. a. die Schwalbenwurz (Vincetoxicum sp.).
Zunächst ein Ausschnitt aus einem Blütenstand. (Bei allen Aufnahmen handelt es sich um Stacking-Fotos mit der Nikon Z7, Makroobjektiv bzw. Laowa Lupenobjektiv 2,5-5x, "We macro rail" als Schrittmotor und Helicon Focus.)
(https://i.postimg.cc/Xqp9r0xS/080-Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Garten-Stack-70.jpg) (https://postimg.cc/rR2DH3vQ)
Die folgende beschriftete Aufnahme zeigt die wichtigsten Bestandteile der Klemmfallen-Blüte von Asclepias.
(https://i.postimg.cc/x1rL1hzh/081-Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Einzelbl-ten-Klemmfalle-Die-Bl-te-S-260-Garten-260.jpg) (https://postimg.cc/4m5Y88wQ)
Am Schauapparat fallen als Erstes die fünf zurückgeneigten Kronbätter und die Nebenkronblätter auf, die den Nektar zur Verfügung stellen. Die eigentliche Klemmfalle befindet sich in der Mitte am sog. Gynostegium. Dieses besteht aus verwachsenen Frucht- und Staubblättern. Die fünf zusammengeneigten Staubblätter erkennt man am oberen Ende. Entfernt man die Nebenkronblätter, so kann man das Gynostegium etwas besser betrachten.
(https://i.postimg.cc/DzHqSPBp/Bl-te-10-Klemmfalle-Gynostegium-Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Laowa-4x-Stack-42.jpg) (https://postimg.cc/v171jfR5)
Die Seitenkanten eines Staubblattes bilden mit dem Nachbarblatt eine Leiste, die sich von unten her elastisch öffnen lässt. Man kann dies einfach mit einer feinen Präpariernadel testen. Schiebt man die Nadel nach oben (Pfeil), so wird sie zwischen den beiden Leisten eingeklemmt. Dies geschieht immer wieder mit den Beinen von Insekten, wenn sie auf Nektarsuche über die Blüte laufen. Entfernt man ein Staubblatt vorsichtig, dann entpuppt sich der Sinn dieser Klemmleiste.
(https://i.postimg.cc/QNppM55S/Bl-te-12-Klemmfalle-Pollinien-Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Beschriftung.jpg) (https://postimg.cc/kDgV12Tt)
Hinter dem Staublatt befinden sich zwei Pollensäcke (Pollinien). Jedes Pollinium ist über einen Klemmkörper mit einem zweiten Pollensack des Nachbarstaubblattes verbunden. Wenn beispielsweise eine Wespe - wie ich es beobachtet habe - das eingeklemmte Bein in der Leiste nach oben zieht, nimmt es über den Klemmkörper am Ende der Leiste das Pollinienpaar mit. Der ganze klebrige "Apparat" bleibt am Bein hängen, die Befestigungsfäden der Pollensäcke (Translatoren) vertrocknen sehr schnell und die Pollinien bleiben beim Besuch einer anderen Blüte an der Narbe auf der Unterseite des Gynostegiums hängen. Dass dieser Mechanismus nicht immer erfolgreich ist, kann man im dritten Bild feststellen, wo zwei Pollinien frei an der Blüte hängen.
Mit etwas Glück habe ich ein Pollinienpaar isoliert und im Mikroskop im DIK 12,5 angeschaut. Die Pollensäcke lagen zwar überkreuzt, aber das sollte keine große Rolle spielen.
(https://i.postimg.cc/rFDB5npq/Bl-te-14-Pollinien-Seidenpflanze-Sumpf-Asclepias-incarnata-Beschriftung.jpg) (https://postimg.cc/PPkVjMZ7)
Am Klemmkörper erkannt man gut den Spalt, in dem sich ein Insektenbein beim Hochziehen verhängt.
Viel Spass
Klaus
PS: Die ausführlichste Beschreibung des Klemmfallenmechanismus einer Seidenpflanze fand ich in D. Heß, Die Blüte, 3. Aufl., Stuttgart 2019 S. 260ff
Hallo Klaus,
wundervoller Beitrag und Dokumentation dieses, mir bisher unbekannten Mechanismus der Bestäubung.
Asklepias (schon der Name ist Programm ⚕ ;) ) war mir zwar bekannt, aber nur wegen der in manchen Arten hohen Cardenolid-Konzentration und deren Vergiftungen damit. Erfreulicherweise hat wohl Milch wie Blatt von A. incarnata hiervon nichts zu bieten:
https://www.acepnow.com/article/toxicology-answer-milkweed-asclepias/ (https://www.acepnow.com/article/toxicology-answer-milkweed-asclepias/)
Beste Grüße Stefan
Lieber Klaus,
ein durch und durch toller Beitrag, danke!
Tolle Dokumentation und klasse Bilder,
danke!
Hallo Klaus,
vielen Dank für den sehr interessanten Beitrag!
Grüße
Alex
Hallo Klaus,
ein toller Beitrag mit perfekten Bildern!
lg
Anne
Hallo Klaus,
ich kann mich nur den Vorrednern anschließen: Das hast Du fein gemacht!
LG Gerd
Hallo Klaus,
danke für den eher makroskopischen, jedoch sehr interessanten biologisch-botanischen Beitrag.
Grüße
Kurt
Hallo Klaus
Exzellent.
Danke fürs Zeigen.
Gruß von Siegfried
Euch allen einen großen herzlichen Dank für die positiven Rückmeldungen.
Das ist mir immer wieder ein Ansporn, etwas Neues zu erkunden.
Klar, lieber Kurt, durch meine makro- und lupenfotografischen Versuche bin ich zwischendurch in der Botanik gelandet, die nicht weniger interessant ist als das Leben im Wassertropfen. Doch keine Sorge, die nächste Tümpelprobe hat schon wieder ihre Petrischale gefunden.
Ein schönes Wochenende
Klaus
Lieber Klaus,
vielen Dank für den schönen und interessanten Beitrag, den ich gerne gelistet habe.
Beste Grüße
Jörg