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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: horst in Februar 26, 2010, 13:56:17 NACHMITTAGS

Titel: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: horst in Februar 26, 2010, 13:56:17 NACHMITTAGS
Beim systematischen Durchmustern komplexer Präparate (z. B. Streupräparate von Sandproben) ist es erforderlich, den Bildausschnitt durch Verschieben des Kreuztisches in x- bzw. y-Richtung kontinuierlich linear zu verschieben. Dabei verspüre ich zum Teil eine deutliche Übelkeit ähnlich Reisebeschwerden oder Seekrankheit (Was normalerweise nicht mein Problem ist). Ích nehme an, das dies mit dem irregeführten Gleichgewichtsorgan zusammenhängt, welches beim Blick ins Mikroskop eine Bewegung vorgaukelt, die aber nicht vorhanden ist.

(Nur zur Klarstellung: Die Präparate enthalten unter dem Deckglas dest. Wasser - keinen Alkohol. Auch der Mikroskopierende selbst ist seiner Meinung nach nüchtern.)

Kennt jemand dass Problem? Gibts´s Tricks zur Besserung? Monokular mikroskopieren?

Grüße in die Runde, Stefan R.
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: liftboy in Februar 26, 2010, 14:00:56 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,
das Problem ist bekannt, tritt auch bei Tänzern, Sportlern mit Drehbewegungen und natürlich auch beim Mikroskopieren auf (wenn man etwa zu zügig durchmustert)
Meiner besseren Hälfte wird sogar übel, wenn sie das Mikrobild auf dem Monitor verfolgen muss und ich zu schnell drehe!
Gruß
Wolfgang
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: Bernhard Lebeda in Februar 26, 2010, 14:01:23 NACHMITTAGS
Zitat
( Auch der Mikroskopierende selbst ist seiner Meinung nach nüchtern.)



das scheint mir aber eine höchst subjektive Einschätzung  ;D

Hallo Stefan

mir geht das manchmal am Compi so wenn ich Landkarten scrolle. Am Mik, tja, vielleicht einfach langsamer verschieben?

Und viel Ingwertee trinken  ;)


Mik ahoi


Bernhard
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: TPL in Februar 26, 2010, 14:06:40 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,
das Problem kenne ich gut vom Mikrofossil- und Schwermineral-Auslesen unter dem Stereomikroskop: ich werde zwar nicht so leicht seekrank, aber es wird auf Dauer belastend und ich bekomme Kopfschmerzen.
Die einfachste Abhilfe: das Präparat immer nur über kurze Intervalle (knapp ein Gesichtsfeld) verschieben und - wenn möglich - währenddessen die Augen schließen (leichtes blinzeln genügt).

Schönen Gruß, Thomas
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: alemanne in Februar 26, 2010, 14:37:14 NACHMITTAGS
Hallo Stefan,
ich empfinde es als sehr unangenehm, eine Probe mit nicht verzeichnungsfreien Okularen (z.B. Zeiss CPL) zu durchmustern. Es kommt mir dann vor, als säße ich in einer Trommel, die um mich herum in verschiedenen Richtungen rotiert. Im Gegensatz dazu nehme ich mit den besseren KPL-Okularen den für mich unangenehmen Effekt nicht wahr.
Herzlichen Gruß
H.G.
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: Eckhard F. H. in Februar 26, 2010, 14:44:20 NACHMITTAGS
Hallo Mikroskopiker,
das ist normal. Das Hirn ist bei der Verarbeitung bewegter generell Bilder überfordert. Verdonnert man man es dennoch dazu, kommt die Notbremse. Hühner, Tauben etc. meistern die Situation, indem sie den Kopf beim Gehen ruckweise bewegen und nur das Bild der Ruheposition verarbeiten. Auch bei der Pirouette der Baletttänzer sieht man es gut.
Gruß - Eckhard N.
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: Florian Stellmacher in Februar 26, 2010, 14:47:57 NACHMITTAGS
Hallo Stafan,

dieses Phänomen ist weit verbreitet, es wird als Kinetose (http://de.wikipedia.org/wiki/Reisekrankheit) bezeichnet.

Ich habe junge Kollegen erlebt, die zunächst extreme Schwierigkeiten hatten, wie Du sie beschreibst. Ein Kollegin ist tatsächlich einmal am Diskussionsmikroskop, als das Präparat verschoben wurde, vom Stuhl gekippt! Bisher hat sich die Symptomatik aber bei allen früher oder später gebessert oder völlig gegeben - in der Pathologie ist soewas ansonsten logischerweise ein K.O.-Kriterium, da wir stundenlag am Mikroskop Schnittpräparate lückenlos durchmustern müssen. Übung hilft also in den allermeisten Fällen!

Der Tipp von Thomas ist hierbei sicherlich das Beste, was Du tun kannst; solange Du ein Präparat durchmusterst, das selbst keine beweglichen Strukturen enthält, die verfolgt werden müssen, empfiehlt es sich, ein Gesichtsfeld anzusehen und dann möglichst rasch das nächste benachbarte Gesichtsfeld einzustellen. Mit den Kreuztisch ist das sehr gut machbar. Bei entsprechender Routine macht Deine Hand diese Bewegung von allein, ohne dass Du darüber nachdenken müsstest.
Bei beweglichen Objekten wie z.B. Protozoen, die Du unter dem Mikroskop verfolgen möchtest, tritt der Schwindel in weit geringerem Maße auf, wenn Du Dich nur auf das eine wesentliche Objekt konzentriest und dieses möglichst im Gesichtsfeldzentrum behältst. Das geht natürlich nur ansatzweise, aber Du wirst auch hier einen Übungseffekt beobachten, der dazu führt, dass irgendwann auch diese Bewegung quasi automatisch abläuft.

Es bestehen also glänzende Aussichten, dass Du die Kinetose auf ein erträgliches Maß reduzieren kannst.  ;)

Viele Grüße,
Florian

Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: olaf.med in Februar 26, 2010, 14:51:31 NACHMITTAGS
Hallo,

die erste Voraussetzung zum Ermüdungs-, Schwindel- und Kopfschmerz-freien Mikroskopieren ist die perfekte Einstellung des Binotubus, also den Augenabstand genau abzugleichen und die Augenlinsen beider Okulare exakt auf die Ebene des reellen Zwischenbilds einzustellen. Bei den Menschen, die regelmäßig vor mir sitzen, erlebe ich dabei ganz Erstaunliches. Bei Euch geübten Mikroskopikern ist das aber doch wohl selbstverständlich......oder????? ;) ;)

Bitte nicht hauen, tut weh, Olaf
Titel: Globuseffekt
Beitrag von: Werner Jülich in Februar 26, 2010, 14:51:47 NACHMITTAGS
Der Vorgang ist den Vogelbeobachtern aus der Fernglasbeobachtung bekannt. Zeiss und Leica lösen bei Ferngläsern das Problem durch eine gewollt in die Okulare hereingerechnete kissenförmige Verzeichnung. Würde man dies bei Mikroskopokularen ebenfalls tun, könnten man sich die Okularmikrometereinsätze allerdings schenken.

Werner Jülich
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: Peter V. in Februar 26, 2010, 19:46:52 NACHMITTAGS
Zitatin der Pathologie ist soewas ansonsten logischerweise ein K.O.-Kriterium,

...hier im wahrsten Wortsinne!!!  ;D  ;D  ;D

Herzliche Grüße
Peter
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: horst in Februar 26, 2010, 21:17:36 NACHMITTAGS
Danke für Mitgefühl, Tips und Mutmachen! Ich bin optimistisch, dass die Sache in den Griff zu bekommen ist.

Stefan
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: isoplexis in Februar 27, 2010, 12:51:19 NACHMITTAGS
Wie wärs mit einer billigen Cam und Laptop?

Für die reine Suche nach Interessantem tuts doch auch eine ganz billige Bresser....
Titel: Re: Übelkeit beim Mikroskopieren
Beitrag von: Klaus Dönnebrink in März 03, 2010, 00:30:37 VORMITTAG
Dieses Problem kenne ich gut.
Ich hatte Leberschnitte nicht völlig eben gestreckt und eingedeckt.
Beim Durchmustern der Schnitte bei stärkerer Vergrößerung war es dann
wie auf der Achterbahn , wenn man versuchte, die Schnitte mit dem Auge
scharf zu stellen, statt mit der Mikrometerschraube. Diese Versuchung ist um so größer,
je kleiner die auszugleichenden Höhenunterschiede waren.
Schwindel und Übelkeit stellen sich dann ein wenn zwei Afferenzen
gegensätzliche Signale empfangen : der Hintern und der übrige Körper signalisieren Ruhe,
die Augenmuskeln wellige Bewegung.
Wenn man zwei gerin unterschiedlich hohe Gegenstände in gutem Sehabstand auf dem Tisch nebeneinanderlegt und im Sitzen schnell wechselnd auf scharfes Sehen fokussiert,
hat man nach kurzer Zeit den gleichen Effekt.
Ich denke,daß Ihre Präparate bei Ihnen einen vergleichbaren Effekt auslösen.
K.Dönnebrink