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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Norman in Oktober 13, 2024, 18:07:39 NACHMITTAGS

Titel: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 13, 2024, 18:07:39 NACHMITTAGS
Eine Mikroskop-Fachkompetenz (ein ehemaliger Zeiss-Mitarbeiter) hatte bereits einen Artikel über dieses Mikroskop zur Veröffentlichung fertig gestellt, dieses dann aber wieder verworfen. Gründe waren die Ungereimtheiten der von CZJ verbauten Optik....
Ich finde, dass es auf Grund seiner Besonderheit verdient hat trotzdem eine Vorstellung hier bei Fachinteressierten zu finden.

Mein Carl Zeiss Jena-Stereomikroskop trägt auf dem oberen Rand seines Tischrahmens und unter einem seiner drei Füße die Produktiosnummer - 28068 -.
Es ist eines aus einer Vorserie von zehn Exemplaren (28061- 28070), die in den Fertigungslisten im Zeiss-Archiv dokumentiert wurden und es ist derzeitig das älteste existierende Stereo-Greenough-Mikro.

No. 28068 ging am 15. Oktober 1897 an F. Hellige. Co, Freiburg, dem Alleinvertreter für Carl Zeiss Mikroskope im Grossherzogthum Baden, in der Republik Schweiz und den elsässischen Städten Strassburg und Mülhausen.
(Vielen Dank für die Recherchearbeit an Dr. Wolfgang Wimmer – Leiter des Zeiss-Archives)

Laut der Eintragungen im Archiv wurde mein ,,Präparierstativ nach Greenough" mit zwei Huygens-Okularen No. 1 und einem Objektivpaar a2 bestückt ausgeliefert.
Da keine Typ-Kennzeichnungen vorhanden waren wurden die vorhandenen Okulare mittels eines identischen aber mit  CZJ No. 1 gezeichneten bestätigt.
Das Doppel-Objektiv trägt nur so wie der Bajonett-Schlitten am Stativ die Ziffer ,,8", was für eine 1:1 Zuordnung und damit die Originalität spricht!
Anmerkung: Ein ebenfalls sehr altes Leitz-Präparierstativ von ca. 1900 trägt auch auf Doppelobjektiv und Stativschlitten nur eine identische Nummernkennzeichnung (22).
Seite 64 https://www.microscopemuseum.eu/catalogues/Ernst_Leitz_1901_Microscopes_and_accessories.pdf
(Die Holzarmlehnen dieses Leitz passen auch in die Aufnahmen des 28068 und sehen identisch zu denen von Prof. Mappes noch älteren ,,Mono-" Präparierstativ von CZJ aus.
http://www.museum-optischer-instrumente.de/zeiss_13557.html
...Die damaligen Leitz-/Zeiss-Tischler waren sicherlich identisch...) Für das 28068 existieren aber keine Armbretter.


Ungewöhnlich und anders als bei anderen Mikros ist: – In den Tisch lassen sich wahlweise entweder eine quadratische Lochplatte bzw. eine mit einschwenkbarem Hell-/Dunkeluntergrund einlegen (obwohl der Stativ-Rahmen bereits über einschwenkbare Hell-/Dunkelhintergründe verfügt).
Ähnlich ist bei der obigen Verlinkung eine quadratische Glasplatte in einem CZJ-Stativrahmen von 1889 verbaut.

Im CZJ-Verkaufskatalog von 1898 ist das spätere Serien-Stereo-Greenough abgebildet. Handauflagen waren serienmäßig und die Möglichkeit der wechselbaren Tischeinlagen existierte nicht mehr. (siehe Seite 96) https://www.microscopemuseum.eu/catalogues/Carl_Zeiss_1898_Microscopes_and_accessories.pdf

Ich habe vielerlei Messungen mit Schiebelehre, Messokularen (u. A. ein orig. altes CZJ), Messobjektträger und aktueller Hardware zur Prüfmittelüberprüfung durchgeführt. Trotzdem kam am Ende eine andere als die erwarteten Vergrößerung für das Zeiss a2-Stereo-Objektiv heraus...

Vergleiche wurden mit anderen Mikros u. A. mit einem CZJ-Greenough (Objektivbezeichnungen auch a2, a1, a3, PI) von 1915 angestellt, bei dem aber andere Abmessungen bei Stativ & Objektiv & -schlitten vorhanden waren!

Beim 28068 sind die Objektive sehr kurz; spätere a2 haben aber alle viel längere Tuben mit Linsen am Ende. Die Ergebnisse passen rechnerisch auch nicht zu einem ebenfalls kurzen F=55-Doppel-Objektiv von CZJ.
Die Frage bleibt... Haben wir Fehler gemacht oder hatte Zeiss eine Optik im Fertigungsbuch als a2 bezeichnet obwohl dieses eine andere Vergrößerung hatte als späteren a2?

Kauf:
No 28068 stand über Monate unbeachtet in einer Auktion. Der Verkäufer hatte mir dann beim Kauf für 1/3 des Ursprungspreises auch einen Auszug aus dem Zeiss-Archiv mit geschickt. Aber er hatte ebenso wenig wie ich selbst bei dem sehr verschlissenen Erscheinungsbild die fast Einmaligkeit dieses Instrumentes erkannt.

Herrichtung:
Das Mikroskop wurde vorsichtig gereinigt und die Kalkablagerungen an Okularen und im oberen Bereich beseitigt.
Dazu wurden u. A. auch die festgekalkten Tuben nach vorherigem dick Abklebens mit Textilkleblebeband und eingesteckten Billig-Fremd-Okularen unter sanfter Gewalt aus den Prismengehäusen herausgeschraubt. Die Prismen wurden dann mittels sehr weichem Toilettenpapier / Q-Tips und Iso-Propanol im zugänglichen Bereich gereinigt.
Nach dem Neuschmieren mit sehr dickem MoS2-Fett war es trotzdem nötig am Trieb die Achsandruckplatte an der Innenseite mit 1000er Sandpapier ein wenig zu verschlanken um durch ein mehr an Reibung/Achsandruck ein selbstständiges Absenken zu verhindern.
Das Halteblech an der Objektivschiene wurde mittels eines Holzhammers vorsichtig wieder unter Spannung gebracht, um das Herausfallen des Objektivpaares künftig zu verhindern.
Das für die Entfernung justierbare Objektiv wurde gangbar gemacht und das andere für die Deckungsgleichheit mittels der 3 Justier-Halteschrauben ausgerichtet. Dieses hat dann einige Stunden Arbeit und den Schlitz einer dieser eingeklebten Schrauben gekostet...
Als Abschluss wurde No. 28068 noch mit WD-40 konserviert.

Ich besitze viele selbst hergerichtete Mikroskope - die Entscheidung Etwas zu machen und ,,meine Blaue Mauritius" evtl. zu beschädigen war mir trotzdem sehr schwer gefallen.
Aber es werkelt wieder auch ohne weitere Kollateralschäden erlitten zu haben!!
Falls es mal restauriert wird, ist Einiges mehr zu machen als nur eine zusätzliche Schraube zu erneuern...

Vielen vielen Dank an die besagte Fachkompetenz für die Recherchen/seine investierte Arbeit auch ohne eine Veröffentlichung.
Für den Fall, dass er Ergänzungen oder doch Etwas zur Entwicklung zu Stereo-Mikroskopen hier beisteuern möchte (CZJ, Greenough, Czarpski usw.) schicke ich ihm noch den Link zu diesem Beitrag.


Anmerkung: Z. Z. ist nur ein weiteres existierendes Exemplar der Vorserie bekannt. Dieses wurde 1899 ausgeliefert, hatte die Okularpaare No.2 und No.4, zwei Mahagoni-Armbretter, fünf Objektivpaare und zwei Tisch-Einlegeböden als Erstausstattung.
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Gerd Schmahl in Oktober 13, 2024, 20:34:38 NACHMITTAGS
Hallo Norman,
willkommen im Forum!
Zitat von: NormanAls Abschluss wurde No. 28068 noch mit WD-40 konserviert.
Taugt WD-40 zur Konservierung? Ich hätte Angst, dass das Zeug bis auf die Optiken kriecht.
LG Gerd
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Thomas Böder in Oktober 13, 2024, 22:06:40 NACHMITTAGS
Zitat von: plaenerdd in Oktober 13, 2024, 20:34:38 NACHMITTAGSHallo Norman,
willkommen im Forum!
Zitat von: NormanAls Abschluss wurde No. 28068 noch mit WD-40 konserviert.
Taugt WD-40 zur Konservierung? Ich hätte Angst, dass das Zeug bis auf die Optiken kriecht.
LG Gerd

Nein. Erstens krabbelt WD40 überall hin, zweitens ist es fast nur Petroleum und drittens ist es keine Dauerlösung, weil es sich irgendwann in ,,Luft" auflöst.
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 14, 2024, 08:56:46 VORMITTAG
WD-40 ist für mich DAS Wundermittel für meine alten Mikroskope. Ja es enthält fast nur Lösemittel und ein wenig Öl. Und ja - man darf es auch wieder auffrischend auftragen und nein es kriecht nicht beim Auftragen mit Zellstoff in die Optiken.
Es Schützt vor korrosien, lässt alte Lacke wieder glänzen und lässt sich falls doch einmal eine richtige Restauration ansteht auch gut wieder entfernen. - Da die tolle Optik damit ausreicht - verzichte ich bisher auf`s Lackieren. Meine Mikros lagern staubgeschützt.
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Peter V. in Oktober 14, 2024, 15:15:48 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

ein interessanter Beitrag.

Bist Du so nett, Dich entsprechend unserer Forenregeln unter "Mikroskopiker im Netz" vorzustellen?

Hezrliche Grüße
Peter
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 15, 2024, 12:06:47 NACHMITTAGS
Ja habe ich jetzt...
und vielleicht auch noch die Lösung für die Ungereimtheit der verwendeten Optik gefunden.

Was wäre,
...wenn es gar keine Fehler bei unserer Bestimmung der Objektivvergrößerung gab, sondern wir nur eine falsche Annahme hatten.
Was wäre,
... wenn die Priorität bei der Entwicklung der ersten ,,Stereolupen" bei der Verwendung zum Sezieren/Präparieren lag und damit die eigentliche Vergrößerung nicht mit einem bestimmten Vergrößerungswert das Wichtigste war. Ich vermute, dass Tiefenschärfe und Arbeitsabstand wichtiger waren und die Objektivbezeichnungen a0, a1, a2, a3 den Arbeitsabstand zur Frontlinse wiedergaben! Beim Vergleich der Arbeitsabstände der zwei mit unterschiedlichen Abmessungen behafteten Zeiss Greenough`s mit a2-Objektiven und dem gleichem CZJ-Messokular waren diese zumindest gleich.
Falls das so war, mussten die gleich bezeichneten CZJ-Objektive dank der unterschiedlichen Mikroskop-Geometrie auch verschiedene Vergrößerungen haben!!
Schade - dies ließe sich zwar mit den Objektiven des anderen Vorserienexemplars überprüfen. Es steht mir aber leider nicht zur Verfügung!
Aber wer hat jemals diese Vergrößerungen überprüft / sich in den letzten 100Jahren damit näher beschäftigt? Und wozu auch?  – Stereo-Greenough Mikroskope sind als Messgeräte rel. ungeeignet, da die Optiken ja schräg zur Arbeitsfläche stehen...



Eigentlich wollte ich noch 3 weitere Bilder anheften - Das gelingt mir aber nicht!!


Als Bildchen ist das Konkurrenzprodukt von ca. 1900 aus Wetzlar zu sehen. Es hat keine Seriennummer - weder an Kiste, noch Brettchen oder am Stativ. Als Kennzeichnung trägt es nur E. Leitz und die ,,22" am Objektiv und –schlitten.
Eine Anfrage nach fehlender Seriennummer/Alter blieb unbeantwortet:
https://micro.magnet.fsu.edu/primer/museum/leitz1899.html


Auf den weiteren Bilder ist das für Vergleichsmessungen genutzte zweiteilige CZJ-Präpariermikroskop  von 1915 (älteres Foto daher nur mit einem a0 Objektiv, welches dem Vergleichs-a2 aber sehr stark ähnelt) bzw. der Unterbau als Präparierstativ zu sehen.
Aus dem bei der Deko noch zu sehenden Mahagoni-Küchenbrettchen sollen einmal die auch hier fehlenden ,,Schelllack-Armlehnen" als einfacher Nachbau entstehen...

Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Peter_le in Oktober 15, 2024, 13:40:53 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

toller Fang.
Bei den frühen Zeiss Jena Objektiven für klassische biologische Durchlichtmikroskope wurden keine Maßstabszahlen eingraviert, sondern teilweise nur Buchstaben wie DD und nur teilweise Aperturen. Bei den Okularen ähnlich. Auch bei anderen Herstellern wurden z.B. Buchstaben oder Brennweiten eingraviert.

Grüße
Peter
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Lupus in Oktober 15, 2024, 16:19:04 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

ZitatUngewöhnlich und anders als bei anderen Mikros ist: – In den Tisch lassen sich wahlweise entweder eine quadratische Lochplatte bzw. eine mit einschwenkbarem Hell-/Dunkeluntergrund einlegen (obwohl der Stativ-Rahmen bereits über einschwenkbare Hell-/Dunkelhintergründe verfügt).
Das Stereomikroskop hat sich bei Zeiss von der Funktion her eher aus dem Präparierstativ entwickelt, darum wurde es in den alten Katalogen auch dort aufgeführt (auch wegen des seitenrichtigen Bildes). Im Katalog 1898 wird ja auch beschrieben, dass Grundlage des Stereomikroskops das Einfachstativ IX (siehe Einblendung im Bild unten) und der Tisch des Präparierstativs I sind. Daher verwundert es auch nicht, dass die frühen Modelle einen ähnlichen Tischaufbau hatten, und folglich hatten sie auch die Möglichkeiten des "großen" Präparierstativs I mit metallischer Lochplatte mit einschwenkbarem Hintergrund und zusätzlich die Glasplatte mit den großen einschwenkbaren Hintergrundplatten.

ZitatIch habe vielerlei Messungen mit Schiebelehre, Messokularen (u. A. ein orig. altes CZJ), Messobjektträger und aktueller Hardware zur Prüfmittelüberprüfung durchgeführt. Trotzdem kam am Ende eine andere als die erwarteten Vergrößerung für das Zeiss a2-Stereo-Objektiv heraus...
Vergleiche wurden mit anderen Mikros u. A. mit einem CZJ-Greenough (Objektivbezeichnungen auch a2, a1, a3, PI) von 1915 angestellt, bei dem aber andere Abmessungen bei Stativ & Objektiv & -schlitten vorhanden waren!
... Haben wir Fehler gemacht oder hatte Zeiss eine Optik im Fertigungsbuch als a2 bezeichnet obwohl dieses eine andere Vergrößerung hatte als späteren a2?

Die Objektivvergrößerungen hängen bei fester Brennweite bekanntlich von der Tubuslänge ab, das sieht man auch sehr schön bei den alten Tabellen für die Objektive normaler Mikroskope, wo explizit auf die Bezugs-Tubuslänge hingewiesen wurde, bei Zeiss 160 mm (damals hatten fast alle Mikroskope einen Tubusauszug, es gab keine Norm-Länge). Insofern ist klar dass auch beim Stereomikroskop die Vergrößerung von der gesamten optischen Länge abhängt.

Das ursprüngliche a2-Objektiv kann folglich die gleiche Brennweite gehabt haben wie spätere Modelle, aber eben einen anderen Tubus. Vor allen Dingen waren Vorserienprodukte nicht immer bereits identisch mit den Serienmodellen, und auch später gab es oft Modifikationen. Man sieht sehr schön dass das Katalogmodell 1898 unterhalb der Umlenkprismen einen sehr langen Tubus besitzt, während das Modell z.B. von 1906 einen unter den Prismen fast halbierten Tubus besitzt um dann dort längere Objektive unterzubringen. Denn offensichtlich war das erste Katalogmodell 1898 nur mit einem Objektivpaar mittlerer Vergrößerung, aber zwei Okularvergrößerungen ausgestattet, da war es wohl noch nicht erforderlich den Abstand für Objektive unterschiedlicher Baulänge zu lassen. Insofern kann die Bezeichnung a2 sich einfach auf die Objektivbrennweite beziehen, wie es auch für die Objektive der normalen Mikroskope üblich war.

Und was auch auffällt ist dass in Dein Vorserienmodell sehr lange Okulartuben eingebaut sind, während beim Serienmodell 1898 diese kurz sind, und dann bei den späteren Modellen (1906) mit mittlerer Länge gebaut wurden. Das beeinflusst natürlich ebenfalls den Abbildungsmaßstab des Objektivs.

Zeiss Greenough 1.jpg

Hubert
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: beamish in Oktober 15, 2024, 16:45:38 NACHMITTAGS
Hallo Hubert und Norman,

Im Artikel von Czapski und Gebhardt von 1897, Das stereoskopische Mikroskop nach Greenough und seine Nebenapparate. Zeitschrift für wissenschaftliche Mikroskopie und für mikroskopische Technik, Band XIV, 1897, 289-312. sind noch lange Okulartuben abgebildet:
Czapski&Gebhardt_1897_Greenough.jpg

Grüße
Martin
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Lupus in Oktober 15, 2024, 18:18:40 NACHMITTAGS
Hallo,

noch eine Ergänzung:
ZitatBeim 28068 sind die Objektive sehr kurz; spätere a2 haben aber alle viel längere Tuben mit Linsen am Ende
Das erste Modell hatte als Besonderheit einen konischen Tubus vor das Objektiv montiert, der abschraubbar war (linkes Bild, aus der von Martin zitierten Veröffentlichung von Czapski 1897). Am unteren Ende befinden sich keine Linsen wie man vermuten würde und von späteren Konstruktionen auch kennt, sondern die Konusspitze stellte eine Blendenöffnung dar die als Eintrittspupille des Objektivs wirken sollte. Dadurch sollte die von Greenough als "orthomorphisch" bezeichnete Bedingung erfüllt werden, bei der das räumliche Objekt eine objekttreue Tiefenwirkung im Vergleich zur Breite haben soll (also eine Kugel wie eine Kugel aussehen und nicht wie ein in der Tiefe verzerrter Ellipsoid). Dazu muss der Abstand des Stereoobjektivpaares im Verhältnis Augenabstand/Mikroskopvergrößerung verkleinert werden um die Perspektive zu erhalten. Das Problem ist dass in der Praxis bei höheren Mikroskopvergrößerungen V der Frontlinsendurchmesser d dann nur einen Bruchteil des Augenabstandes A  haben dürfte: d=D/V, wodurch man schnell in den wenig praktikablen mm-Bereich für den Linsendurchmesser kommt. Eine kleine Blende ist hier die einfachere Lösung. Die spätere Alternative war die etwas störende Blende in die Austrittspupille oberhalb des Objektivs zu verlagern.

Zeiss Greenough 2.jpg

Hubert
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: beamish in Oktober 15, 2024, 19:27:16 NACHMITTAGS
Es ist sehr nett von Dr. Wimmer, das für dich recherchiert zu haben. Die Zeiss-Fertigungsbücher bis 1920 gibt es auch online:
https://dana.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/dana_derivate_00000437/BACZ%20%207712_073.tiff?logicalDiv=log_f64942-4186-72f6-cdb64e182
https://www.zeiss.de/corporate/ueber-zeiss/vergangenheit/geschichte/archiv/fertigungslisten.html#accordionItem-1513569552

Grüße
Martin
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: beamish in Oktober 15, 2024, 19:46:41 NACHMITTAGS
Hallo Hubert,
die langen "Tüten" in der 1897-Abbildung waren mir auch aufgefallen. Danke für die Erklärung!

Grüße
Martin
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 15, 2024, 20:53:35 NACHMITTAGS
Es freut mich sehr, dass da noch "Jemand" aus der Reserve gelockt wurde...


Trotzdem hätte ich sehr gerne meine These verworfen/bestätigt bekommen.
Gibt es eine einfache Möglichkeit ohne Verschickung eines alten CZJ Messpkulares/der Objektive für den Besitzer des anderen Vorserienexemplares Etwas für uns zu testen? Ich bin ja inzwischen im Besitz auch eines CZJ uralt-Okulares No.2 ...?
Oder wie währe es z.B. mit dem Vermessen der Arbeitsabstände aller seiner Objektive (mit Okular No.2) im Vergleich zu denen an meinem 1915er mit dem dazugehörigem 2er Okular?


Die wenigen vorhandenen Abbildungen der Anfänge kenne ich. Meine Vermutung lieber Hubert ist, dass bei dem Stich Deiner Objektivgegenüberstellung nur später Etwas nachträglich an "meine Objektive" herangezeichnet wurde auch wenn diese Tuben bei Greenough ein fester Wunsch waren... - die Abbildung sieht schon sehhhhhr nach meinen Objektiven aus!
Eine Möglichkeit/Platzangebot zur Bestigung von Tuben existiert zumindest an den Objektiven des 26068 nicht.

Vielleicht sagst Du was Greenough ursprünglich generell für Wünsche/Ansprüche an Zeiss/Czapskis Umsetzung hatte und was machbar war.



Ich kann jetzt weitere Bilder anheften - dann reiche ich noch was nach ...20230122_103808_k.jpg20240527_101407_k.jpg20240527_101931_k.jpg
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 16, 2024, 10:55:35 VORMITTAG
Hallo Martin,

Danke für Deine Ergänzungen. Im Zeiss-Archiv bei Zeiss konnte ich früher selber noch nach den Seriennummern recherchieren; das geht z.Z. nicht mehr. Daher freue ich mich sehr über diesen für mich neuen Link!!
Dr. Wimmer hat den ursprünglichen örtlichen Verbleib durch eine Anfrage meiner "Fachkompetenz" für seinen ursprünglich geplanten Artikel herausbekommen.

LG. Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Lupus in Oktober 16, 2024, 13:59:51 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

ZitatTrotzdem hätte ich sehr gerne meine These verworfen/bestätigt bekommen.
Gibt es eine einfache Möglichkeit ohne Verschickung eines alten CZJ Messpkulares/der Objektive für den Besitzer des anderen Vorserienexemplares Etwas für uns zu testen?...
Oder wie währe es z.B. mit dem Vermessen der Arbeitsabstände aller seiner Objektive (mit Okular No.2) im Vergleich zu denen an meinem 1915er mit dem dazugehörigem 2er Okular?
Ganz verstehe ich das Problem des messtechnischen Vergleichs dieser Objektive aus verschiedenen Zeiten nicht, es gab auch bei Zeiss durch Weiterentwicklung immer wieder Änderungen bei den optischen Daten, s.u.
Aber zur Frage der Messung: Die Arbeitsabstände ändern sich natürlich bei unterschiedlichen Tubuslängen, insofern macht das wenig Sinn. Man muss die Brennweite messen.

Je nach Ausstattung kann das recht einfach gehen. Mit Hilfe einer Lupe mit Messskala kann man z.B. ein Objekt in größerer Entfernung durch das Objektiv beobachten (z.B. ein Fenster) und dessen Breite ausmessen. Aus dem Verhältnis Objektbreite/Bildbreite ergibt sich der Abbildungsmaßstab, aus dem zusätzlich gemessenen Abstand Objektiv-Objekt lässt sich die Brennweite ≈ Bildweite direkt ausrechnen. Es gibt noch andere Möglichkeiten der Brennweitenmessung.

ZitatMeine Vermutung lieber Hubert ist, dass bei dem Stich Deiner Objektivgegenüberstellung nur später Etwas nachträglich an "meine Objektive" herangezeichnet wurde auch wenn diese Tuben bei Greenough ein fester Wunsch waren... - die Abbildung sieht schon sehhhhhr nach meinen Objektiven aus
Da muss man vielleicht etwas weiter ausholen und zur Geschichte dieser Stereomikroskopentwicklung etwas sagen:
Greenough ist schon 1892 an Zeiss herangetreten zur praktischen Entwicklung eines solchen Stereomikroskops. Bei Zeiss war man damals ziemlich beschäftigt und konnte sich nur langsam und schrittweise mit dem Thema beschäftigen. 1895 haben zwei Assistenten des Anatomischen Instituts Jena auf deren Bitte hin für ihre Arbeit an Nervensystemen von Zeiss einen Prototypen eines Greenough-Stereomikroskops erhalten. Dieses Mikroskop wurde mit dem Standard-Objektiv a2, allerdings in einer speziellen Fassung, ausgestattet. Dass man bereits vorhandene Objektive verwendet liegt natürlich auf der Hand, gerade wenn keine zusätzliche Entwicklungskapaziät zur Verfügung steht.

Zeiss Greenough 1895.jpg

Ich hatte früher schon erwähnt dass damals die Brennweite das entscheidende Kriterium bei den optischen Angaben war, nicht die tubuslängenabhängige Vergrößerung (Abbildungsmaßstab). Hier eine Tabelle der damaligen Mikroskopobjektive 1895 und 1913 zum Vergleich. Die Methode der damaligen Objektivbezeichnungen war herstellerspezifisch unterschiedlich, aber oft ähnlich. Zeiss begann bei den wenigen ersten Objektiven mit Großbuchstaben und musste für neue Objektivbrennweiten unter Beibehaltung der alphabetischen Reihenfolge Zwischenwerte einfügen wie z.B. AA für gleiche Brennweite aber anderer NA. a1 bis a* waren später eingefügte langbrennweitige Objektive. Das Objektiv a2 ist 1895 mit einer ursprünglichen Brennweite von 35 mm aufgelistet, später (z.B. 1913 rechts) wurde noch a0 eingeführt und die Brennweiten teilweise modifiziert.

Zeiss Achromate 1895 1913.jpg


Die Objektive a0 bis a3 waren einfache Achromate, für ihre Verwendung an normalen Mikroskopen wurden sie teilweise höher innerhalb der Fassung montiert um beim Objektivwechsel nicht umfokussieren zu müssen.

Zeiss Achromate a 1985.jpg


Dass in der Veröffentlichung von Czapski 1897 der konische Tubus erwähnt und abgebildet wurde bedeutet ja nicht dass er dann auch in der folgenden Vorserie noch verwendet wurde (sonst wären sie dort auch abgebildet). Czapski schreibt dazu dass die "Blendrohre" bis auf 13 mm an das Objekt heranreichen und stören könnten, während der freie Objektabstand sonst 46 mm betragen würde, daher seien sie zum Abschrauben eingerichtet.

Die Ausstattung der späteren Greenough-Stereomikroskope bestand offensichtlich - an den Katalog-Abbildungen erkennbar - dann aus Objektiven mit modifizierter Fassung (u.a. Objektive a0, a2 und a3). Ich halte es für vollkommen unwahrscheinlich dass man den unnötigen Aufwand trieb, eigenen Linsensysteme dafür zu entwickeln und diese auch noch gleich zu bezeichnen. Auch das spätere Wasserimmersionsobjektiv PI der Tabelle gab es für das Stereomikroskop.

Hubert
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 18, 2024, 15:04:52 NACHMITTAGS
Hallo Hubert,
da bin ich und offensichtlich die übrige ,,Gemeinde" bei diesem Fachwissen gelinde gesagt (fast) sprachlos!!!

Dass es früher bei CZJ andere Objektiv-/Okular-Bezeichnungen für die Vergrößerungen gab, wird den meisten, die sich für diese Art ,,Altmetall" interessieren bekannt sein.
Die Gegenüberstellung der unterschiedlichen Alt-Linsen mit ihren Äqivalentbrennweiten ist mir völlig neu! Ebenso wie, dass gleiche Linsen unterschiedlich für verschiedene Vergrößerungen verbaut wurden ..., da kannte ich bisher nur Abstandshülsen!!

Die in der Vorserie beginnend verbauten (Stereo??)-Objektive a0, a1, a2, a3 (später auch PI und F-55) gab es schon 1895 – also bereits vor der Einführung der ersten Stereo Greenough`s?
Ich vermute dann, dass die ,,zwei Assistenten des Anatomischen Instituts Jena" hier maßgeblich mit ihrer Präparierlupe beteiligt waren (die man auch benennen sollte: H. Braus und L. Drüner).

Hubert, ich hätte noch einen Wunsch an Dich und die anderen Mikroskopiker die zur Stereo-Mikroskop-Geschichte Etwas beisteuern wollen.
Ich könnte zwar vieles googeln, hätte aber aus Bequemlichkeitsgründen gerne noch ein paar gelistete sinnvolle frei zugängliche Weblinks.

Vielen Dank im Voraus
Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Jürgen Boschert in Oktober 18, 2024, 15:50:56 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

kennst Du die Arbeiten von Kreindler zum Thema Stereomikroskope und Greenough im Micscape?

http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html (http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/indexmag.html?http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/x_indexmag.html)

Du kannst sie direkt dort mit der Suchfunktion heraussuchen oder schick mir eine E-Mail (meine Adresse ist für Forenmitglieder offen), dann kann ich Dir ein Bündel zumailen. Es gibt wohl keine ausführlichere Darstellung dieses Themas.
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Lupus in Oktober 18, 2024, 18:23:03 NACHMITTAGS
Hallo Norman,

ZitatDie in der Vorserie beginnend verbauten (Stereo??)-Objektive a0, a1, a2, a3 (später auch PI und F-55) gab es schon 1895 – also bereits vor der Einführung der ersten Stereo Greenough`s?
da hast Du mich falsch verstanden:
Welche Objektive in einer Vorserie verwendete wurden weiß ich nicht, aber dem Katalog des Serienmodells 1898 ist zu entnehmen, dass das Mikroskop nur ein Objektiv(-Paar) besaß und zwei Okulare (Nr. 2 und 4). Aus den Vergrößerungsangaben 25x und 40x folgt eigentlich eindeutig, dass es sich wiederum um das Objektiv a2 mit f=35 mm handeln musste, das Objektiv wurde seltsamerweise zu der Zeit im Katalog noch nicht benannt. Die weiteren o.g. Objektive wurden für das Stereomikroskop erst in späteren Jahren gelistet (mit langen Objektivfassungen).

Diese Objektive a0 bis a3 hatten zunächst nichts mit dem Stereomikroskop zu tun. Wie in der von mir vorher gezeigten Tabelle zu entnehmen ist, sind das alles Einzelobjektive für die normalen Zeiss-Mikroskope, und gehen praktisch alle auf die Zeit weit vor 1895 zurück. Z.B. a1 habe ich einmal an einem Mikroskop um 1881 gesehen. Man muss hier zwischen den Linsensystemen und den Fassungen unterscheiden, die natürlich für das Stereomikroskop in Form eines Objektivpaars anders gebaut werden mussten.

Die direkten Links zu einem 5-teiligen Aufsatz über Greenough auf die Jürgen verwiesen hat sind hier:
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artfeb18/rjk-bjl-HSG-11a.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artjan19/rjk-bjl-HSG-2.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artmar20/rjk-HSG-Part-3.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artapr21/bj-rjk-HSG-4.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artfeb23/rjk-bjl-HSG-5rev.pdf

Hubert
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Jürgen Boschert in Oktober 18, 2024, 19:38:27 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

dann hänge ich auch noch die Links zu Kreindlers Allgemeinartikeln über Stereomikroskopie hier an:

http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artjan14/rjk-Stereomicroscopes-1.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artfeb14/rjk-Stereomicroscopes-2.pdf
http://www.microscopy-uk.org.uk/mag/artmar14/rjk-Stereomicroscopes-3.pdf
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Januar 06, 2025, 19:48:01 NACHMITTAGS
Danke für Eure Unterstützung!!
 
Zur Ergänzung:
Über Wikipedia (Horatio S. Greenough) sind noch zwei weitere sehenwerte Artikel in dem dortigen Quellverzeichnis abrufbar.  Der 28068-Artikel ist leider immer noch nicht zugänglich.

Außerdem kann man sich eine gute Studienarbeit zu einem CZJ Greenough hier anschauen:
https://www.uni-flensburg.de/fileadmin/content/institute/physik/bilder-und-dokumente-aktuell/6-forschung/material-culture/mercier-michelle-das-greenough-stereomikroskop-57163.-eine-objektbiografie.pdf


Und da Hubert eine Abbildung eines von "Zwei Assistenten aus dem Anatomischen Instituts Jena" entworfenen Prototyps für ein Stereo-Präpariermikroskop beigesteuert hat - hat er mir noch einen weiteren Grund einer Ausweitung meines Beitrages geliefert! 
Trotz der super tollen Recherchearbeit der Artikel-Autoren der downloadbaren Literatur unserer Liste, halte ich die zwei "Erfinder der Präparierlupe nach Braus-Drüner" in ihrer Bedeutung für die Entstehung des Stereomikroskopes noch für Etwas zu kurz gekommen...

Die von Dr. Hermann Braus/Dr. Leo Drüner erstellten Artikel von 1895 bzw. 1897 zu der Stereo-Lupenentwicklung sind hier zu downloaden:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/braus1895
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/braus1897


Und der Vollständigkeit halber:
Der ARTIKEL von Czapski/Gerhardt von 1897:  Das stereokopische Mikroskop und seine Nebenapparate
https://books.google.de/books?id=5eBoVvqaHOEC&printsec=frontcover&hl=de&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false


Egal...
Vor kurzem bin ich zu einem Carl Zeiss Jena Xb-Stativ ( "Präparierlupe nach Braus-Drüner" / "Binoculares Präparir- und Horizontalmikroskop" / "BRAUS-DRÜNER`S Binocular Dissecting Stand" / "Braus-Drüner`s Universally Movable Dessecting Microscope" / Zeiss "No. 96" / Zeiss "No. 9810") von 1910 aus GB gekommen.
CZJ-Stativ Xb 1910.jpg
CZJ-Stativ Xb 1910 mit Unterbaustativ.jpg


Laut dem Zeiss Archiv wurde mein Gerät No. 52888 am 21.08.1910 als Stativ Xa (oder "No. 95" - Greenough-Stativ) mit 3 Doppelobjektiven und 4 Okularpaaren zur Zeiss-Vertretung nach London geliefert. Ob es dort für den Verkauf zum Xb (oder "No. 96") umgebaut wurde oder es sich um ein Restekonvolut bei meinem Kauf handelte ist unklar. Der Umfang der Lieferung spricht für ersteres. Bildvergleiche mit den verschiedenen Zeiss-Katalogen
https://www.antiquemicroscopes.uk/cataloguesz.html 
haben zumindest keine zeitlichen Unstimmigkeiten ergeben. - Die Katalogbilder von 1898 passen noch nicht, aber das von 1902 und die später unten erwähnten Fotoquellen sind identisch - die erst ab Katalog 1912/13 zu entdeckende kleine Abweichung passt somit auch zu dieser Annahme.
Im 1898`er Katalog ist auch zu sehen, dass am Anfang noch die langgestreckte konische Zwischentubusversion wie beim 28068 gebaut wurde - Ab wann die sicher sehr früh vollzogene Umstellung auf die kürzere Konstruktion, die größere Arbeitsabstände ermöglichte, eingeführt wurde ist für beide Stativ-X  Versionen unklar...

Im Zeiss-Fertigungsverzeichnis sind namentlich "Braus-Drüner"-Mikroskope ab der No. 29921 vom 24.02.1898  verzeichnet. Das erste nach London gelieferte ist mit dem 26.11.1898 gelistet.
Dieser Stativtyp war zwar bei Zeiss über mehrere Jahrzehnte fast ohne Änderungen im Katalog-Angebot gewesen, ich habe aber nur sehr sehr wenige Exemplare im Netz in den letzten Jahren entdecken können!!
Eines ist auf der Homepage des Zeiss-Kataloge-Anbieters zu sehen (Zur allgemeinen Selbsthilfe: Schickt ihm doch bitte Eure Scans, von den ihm noch fehlenden Katalogen...).
- Ein weiteres Xb gibt es unter: Zeiss & Alamy & 44433 - bitte mal Fotos googeln...

Die Seltenheit / das Nichtüberleben ergibt sich sicher aus mehreren Gründen:
- Glänzende alte "Goldmikroskope" sind deutlich dekorativer als schwarze Technik
- Das Gewicht und die Abmessungen für ein Xb sind sehr groß
- Für die Xa`s gab es dekorativen Mahagoni-Kisten - für die Xb-Gebrauchsmikros gab es einfache Holz-Kisten
- Die geferigten kleineren Xb-Stückzahlen waren hauptsächlich der Untersuchung für grosse Proben und der damit eher institutionellen Verwendung geschuldet. Der Preis (Katalog 1903) für ein Stativ Xa betrug
"195,- marks" zu  "260,- marks" für ein Xb (Danke an die helfende "Fachkompetenz "). Das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen in dieser Zeit betrug hier 71Reichsmark!

Ich wollte mir die Arbeit machen die im Zeiss-Archiv dokumentierten Xa`s und Xb`s herauszuschreiben und auszuzählen. Begonnen habe ich mit der Xa-Vorserie 28061 und bin nur bis ca. Ende Januar 1906 mit der ca. Nr. 43400 gekommen. Zu viel Unleserliches, zu viel Ungereimtes und zu viele eigene Fehler haben mich dann willkürlich abbrechen lassen. Herausgekommen ist ein gleichbleibendes Fertigungsverhältnis von 1:2 bei
295 Xb`s zu 594 Xa`s in dieser ersten Zeitspanne von 8 - 9 Jahren.
Die drei durch Dr. Czapski von Zeiss 1884 für HSG fertiggestellten Prototypen (siehe bj-rjk-HSG-4.pdf) und die in der 1895`er und 97`er Braus-Literatur beschriebenen Prototypen sind im Zeiss-Archiv in der Fertigungsliste nicht mit dokumentiert.
 
(Ich vermute, dass dieses bei der Konkurenz aus Wetzlar auch so war. Deshalb hat mein zuvor erwähntes von dort stammendes Leitz-Greenough von ca. 1900 vielleicht auch keine Seriennummer - sondern nur eine 22 als Kompatiblitätsnummer an den Optikkomponenten und ist ein Prototyp. Es sprechen aber die Höhe dieser Zahl und die damaligen Preise solcher Geräte deutlich dagegen!)

Zustand / Instandsetzung:
Der Kopf wurde mal sehhr schlecht nachlackiert. Während der Reinigung hat sich dann diese schwarze Farbe wieder abgelöst, wodurch der mäßige optische Zustand insbesondere vom Kopf erst deutlich wurde.
Zur Herrichtung musste neben der Reinigung/Zerlegung nur die verbogene Zahnstange gerichtet und mit ein wenig Alufolie zur Abstandsunterfütterung wieder verschraubt werden.
Eine Erhöhung der Reibung durch sehr sehr vorsichtiges Anschleifen der Stativ-Höhen-Achsandruckplatte (ähnlich wie bei No. 28068) um ein selbständiges Absenken zu verhindern währe noch eine anstehende Arbeit.
Das für die Vervollständigung stammende Objektivpaar kommt aus einer Zeiss-Präpariermikroskop-Zubehöhrkiste von 1920; die verbauten Zeiss-Okulare entsprechen nicht der 1910 original Fertigungs-Ausstattung - sie waren bei meinem Kauf schon so verbaut. Die zeitaufwändige Objektiv-Justierung habe ich bisher auf Grund einer eventuellen Nutzung am Greenough von 1920 unterlassen.   ;-)
 
Ob ich mit Farbe noch nachbessern, den vorhandenen Kopf gegen den Neuwertigen vom 1920`er austauschen oder alles nur so eingeölt belassen sollte...  Auch wenn dieses Xb vielleicht in der Londoner Niederlassung für einen Kunden einst so hergerichtet / vervollständigt wurde ist dieses ja nicht umbedingt eine erhaltenswerte Originalkonfiguration... Schaun `mer mal!
CZJ Greenough-Köpfe1910&1920.jpg




Generelle Anmerkung:
Von Käufen von alten Stereo-Mikroskopen ohne dazugehörige Stereoobjektive ist stets abzuraten!! - Oder man weiss genau was man tut!
Die Objektivpaare werden sehr sehr selten einzeln angeboten und selbst bei sehr ähnlichen Erscheinungsbildern passen sie mechanisch oft schon nicht - selbst beim gleichen Hersteller z.B. Zeiss 40`er -50`er Jahre oder von einem Greenough von Winkel/Göttingen (1905-1911) zu einem Zeiss-Jena von 1915 ist dies so (Was generell bei unterschiedlichen Geometrieen ja nicht verwundert aber trotzdem auch nicht zwingend so sein muss!!).
Und falls es mechanisch passen sollte, müssten theorätisch die Objektive auf jedes Mikroskop noch deckungsgleich individuell eingestellt werden! Eine sch... Arbeit!!! Bei einem modernen Leica habe ich aufgegeben...
Ob die aktuellen Mikroskop-Hersteller/-Services diese Arbeiten für solche Oldtimer noch durchführen bzw. was dieses für eine (meistens nur) Deko dann kosten wird ... ?? Ich vermute, dass dieses unbezahlbar sein wird. Für Bedürftige: ... Vielleicht streichelt - Duncker - in Rathenow nicht nur alte Zeiss-Ferngläser...

Es gibt aber auch Kompatiblitäten...
Mein 1910`er Xb, das Präpariermikroskop/(-Stativ) von 1915, ein aus verschiedenen Quellen zusammengestelltes CZJ Xa mit einen Kopf von 1920 und ein CZJ Hornhaut-/Irismikroskop von 1906 mit einer anderen Geometrie sind mechanisch / optisch kompatibel. Insgesammt lassen sich in meinem Fundus theoretisch z.Z. somit bei vier alten Carl Zeiss Jena Stativen die Stereo-Objektive tauschen - No. 28068 passt nicht dazu!

Kopfsache - von links nach rechts: CZJ 28068 von 1897; CZJ von 1915 (die CZJ-Köpfe von 1910 & 1920 sind baugleich); Winkel Göttingen 1905/1911; CZJ Iris-Mikro von 1906
Greenough-Köpfe.jpg



Hier die anderen erwähnten CZJ`s: zusammengebautes Greenough mit 1920`er Kopf, Iris-Mikro von 1906, Winkel/Göttingen Greenough von 1905/1911
CZJ zusammengestelltes Greenough.jpg
CZJ-IrisMikro1906.jpg
Winkel-Greenough1905-1911.jpg

Anmerkung:
Wer sich meine Xb-Fotos  anschaut oder meinen Xb-ebay-Kauf googelt (ebay, Zeiss, 52888) hat, stolpert über ein auf dem Kopf liegendes weiteres vermutlich noch älteres Präparierstativ von Zeiss. Dieses entspricht dem Lupen-Mikro ohne diese & Aufbau & Höhenverstellung und gleicht dem Mikro des Links am Anfang zu Prof. Mappes Homepage. Die Tisch-Einlagen vom 28068 passen auch hinein - ich werde aber später eine Glas-Platte einsetzen und es dann weiterhin unter dem Xb positionieren, wie es vermutlich einst auch gebraucht wurde. Außer dem Carl Zeiss Jena Logo (ab 1906 in Katalogen zu sehen) ist keine Seriennummer vorhanden, dafür gibt vier auffälige symmetrische mit geschwärzte Kerben über den "Fußspitzen", die bei ähnlich aussehenden Stativen sonst nicht vorhanden sind. Im Internet und in den Katalogen ist solch ein vereinfachtes Stativ mit Haltern für Armlehnen und einem riesigen 7cm-Spiegel so nicht zu finden.
(Meine Bilder haben leider Dank der WD-40 Verteilung auch auf der Handy-Linse eine Unschärfe bekommen - die Fotobox war schon wieder verstaut gewesen... Bauen und Bilder schießen sollte man nicht unter Zeitdruck gemeinsam machen - sorry!!!)
Hier noch einmal das nur für dieses Foto mit Teilen von Fremdmikroskopen aufgehübschte Xb...
CZJ-Stativ Xb vervollständigt.jpg



Generelle Anmerkung auch zu Käufen:
Mit freundlichen realistischen Anfragen und einer höflichen Umgangsform lassen sich bei Kleinanzeigen / ebay (auch im Ausland) teils Käufe tätigen, die bei einem schmalen Geldbeutel Einiges einsparen lassen und damit den Kauf, wie in diesem Falle, dann erst ermöglichen!

Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in März 24, 2025, 19:40:31 NACHMITTAGS
- Keine Antworten ... da war ich wohl wenig (zu) provokant, um eigentlich nur meinen ,,Mentor" versuchsweise ein wenig aus der Reserve zu locken...
Da er hier im Forum nicht angemeldet ist und auch dieses auch nicht geschehen wird, bitte ich die übrigen Beitragsschreibern vielmals meine forsche Art zu entschuldigen.
Zwei Fehler von mir: - Prototypenauslieferung nicht 1884 sondern 1894 und das CZJ-Logo gab es schon ab 1904.


In meiner Sammlung habe ich noch zwei weitere Carl-Zeiss-Jena-Kompatibilitäten mit denen der zweiten Hauptserie (kurze spitze Zwischentuben) gefunden.

1) Es handelt sich um ein Messmikroskop mit der Seriennummer 265061 – BJ. ca. 1935
Das daran verbaute Stereoobjektiv ist baugleich zum 1906 Iris-Mikro.
Ein über Kreuz Testen meiner Objektive ohne Justierung hat eine 100%ige Kompatibilität des a2 von 1920 an dem Messmikro ergeben.


CZJ-Messmikro_20250324_163603.jpg


2) und ein C.REICHERT ,,MAK D" (No.160018) von ca. 1936!
Bei diesem waren beim Kauf neben einem kompletten orig. Reichert Stereo-Objektiv und vier Objektivtuben ohne Schienen noch drei CZJ-Stereo-Objektive No.3, No.6, No.8 (vermutlich auch aus den 30`ern) dabei. Diese Drei waren bereits ausgerichtet und werkeln an dem Reichert wie Originale!!!

ReichertMAK_20250324_164409.jpg
ReichertMAK-D_1936.jpg


Hatten da Reichert und Zeiss eine Kooperation zumindest bei den Stereos?
Dazu habe ich noch ein besonderes Fundstück aus einem Reichert-Katalog der 1920`er Jahre gefunden:

ReichertGreenough1920er__02.jpg
ReichertGreenough1920er__01.jpg


Sehr Unwahrscheinlich: – Aber passen da vielleicht doch noch weitere ,,Greenoughs" und ,,Braus`" von Reichert mit frühen Zeiss(1898) oder sogar Leitz(1901) untereinander – Alle haben lange spitze Zwischentuben wie bei den ersten Zeiss` (wie auch bei No. 28068) ...?

Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Mai 26, 2025, 20:58:59 NACHMITTAGS
Update:

Meine weiteren Recherchen zum Zusammenbau meines Xb`s waren ergebnislos. Das Zeiss-Archiv in Jena als auch die aktuelle Zeiss-Vertretung in GB hatten keinerlei Informationen von der damaligen Londoner Niederlassung mehr.
Hier habe ich noch eine Abbildung einer gefüllten Xb-Holzkiste von oben gefunden. Es liegen zwar auch noch nicht dazugehörige Xa-Handauflagebretter drinnen - sie stehen aber leider nicht zum Verkauf...
https://delftschoolmicrobiology.weblog.tudelft.nl/files/2016/05/Zeiss-dissecting.jpg


An eine Zusammenarbeit von Reichert & Zeiss im Stereomikro-Bereich glaubt mein Unterstützer nicht, eher an eine legale Produktion von Mikroskopen mit "Zeiss´schen Abmessungen" bei anderen Herstellern, auf Grund von nicht beantragten Patenten.

Dazu habe ich noch ein weiteres Bild eines Braus-Drüner-Clones von C.Baker London (nach der Seriennummer aus den 20er Jahren) gefunden. Es ist das EINZIGE Bild und dazu leider auch noch ohne den Binokopf.

https://www.the-saleroom.com/en-gb/auction-catalogues/bearneshamptonandlittlewood/catalogue-id-bearne10177/lot-dd60e817-b473-405a-bc00-b23d01362c9d


Auflageabstand-Bestimmung:
Zur näheren Bestimmung der Stereo-Optik von No. 28068 wurden mir ein Vorschlag für Vergleiche zwischen Compound-Mikros und Stereo-Mikros mittels Phasenkontrast-Fernrohr-Okular von meiner Fachkompetenz unterbreitet. Näheres wird er sicher selbst noch veröffentlichen...

Ich habe eine abgewandelte Variante probiert. Dazu habe ich je einen Streifen Tesafilm plan auf das freie senkrechte Loch des Objektiv-Revolvers von verschieden Mikros mit 160mm (Zeiss), 170mm (Leitz) bzw. 210mm (Nikon Optiphot2) Auflageabstand bzw. in die Schienen der Stereos ohne Objektive geklebt und das Ph-Okular daran scharf justiert.

Herausgekommen sind bei dieser Bestimmungsvariante:
Das 28068 hat einen deutlich größeren Auflageabstand als die Anderen.
Das Nikon war auf Grund von einer verbauten Linse im DIC-Revolver für keine vergleichende Auswertungsart nutzbar. Mit weiteren -mir aber nicht zur Verfügung stehenden Mikros- mit anderen bekannten Auflageabständen hätte man noch weitere Vergleiche anstellen können...
Meine vielen kompatiblen Zeiss-Stereos haben den gleichen Auflageabstand von 160mm wie ein verwendetes Zeiss-Compound-Mikro.
Mein Leitz-Greenough No.22 von 1900 hat wie ein verwendetes Leitz-Compound 170mm als Auflageabstand.
Hier noch die Abbildung aus dem bisher nur verlinktem Leitz Katalog.

Leitz-Greenough1901.JPG







Ein weiteres kompatibles frühes Stereo Hornhautmikroskop (Iris- oder Ophthalmologisches Mikroskop) von Zeiss in einer Mahagonikiste aus dem Jahre 1912 hat den Weg in meine Sammlung gefunden:

CZJ-Iris1912_20250404_173234.jpg
CZJ-Iris1912_20250404_173632.jpg


Das in den Zeiss Katalogen 1902/1906 abgebildetes frühe Iris-Mikro
CZJ-Hornhautmikro1906.JPG



unterscheidet sich ebenso wie auch dieses Frühe ein wenig von meinen beiden von 1906 & 1912.
https://www.booklooker.de/B%C3%BCcher/Otto-Henker+Neue-Beleuchtungseinrichtungen-am-Hornhautmikroskop-pp-97-101-3-Abb/id/A02idj6901ZZ8


Norman

Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: ortholux in Mai 27, 2025, 13:13:19 NACHMITTAGS
Hallo Norman,


Du zeigst auf einem der ersten Bilder eine 3-beinige Präparierlupe. Gab es die von Zeiss?
Leitz hatte nämlich solch eine im Angebot, wobei ich unterstelle, dass sie nicht von Leitz gefertigt wurde.

Wolfgang
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: beamish in Mai 27, 2025, 14:30:25 NACHMITTAGS
auf jeden Fall gab es von Zeiss (hier 1898)für die aplanatischen Lupen als Alternative zum Handgriff auch einen Dreifuß:

Zeiss_1898_appl_Lupe.jpg

Grüße
Martin
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Mai 27, 2025, 17:01:12 NACHMITTAGS
Hallo Wolfgang, hallo Martin,

ich muss leider eingestehen -meine Dreibeinlupe- ist zwar zeitgemäß für das Präparierstativ/-Mikroskop von 1915, sie ist aber nur Deko und nicht von Zeiss - sondern Noname.

Ich hatte ursprünglich vorgehabt "Etwas noch Passenderes" für die höhenverstellbare Stativstange an Stelle des originalen Spiegelauslegers zu befestigen. Wenn man bei ebay nach Zeiss & Lupe schaut findet man auch sicher Etwas was Martin`s Bild ähnelt oder einen richtigen Okularhalter. Ich teile die Preisvorstellungen der Anbieter nur nicht und habe vieeeel Zeit zum schauen.

Diese Dreibeinlupen gibt es messing- oder silberfarben relativ oft - sogar als Neuware und sie sehen sich alle sehr ähnlich.

Hier noch ein paar Beispiele:
https://www.microscopemuseum.eu/microscopespertype.html

Ob Leitz oder Zeiss solche dreibeinigen Lupen gefertigt haben weiss ich nicht. Durch sehr sehr intensive Google-Bildersuche findet man aber Einiges - siehe meine letzten Ergänzungen.

Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in September 16, 2025, 18:07:43 NACHMITTAGS
Ergänzung:

In einem französischen CZJ-Optik-Katalog von 1906 (zu finden über die bereits mehrfach genannte Downloadseite) habe ich diese
Zeiss-Dreibeinlupe gefunden:

CZJ-Lupen1906.jpg


Ein neues drittes Hornhautmikro von mir von 1903 trägt bereits das Zeiss-Jena-Logo. Damit war die Einführung von diesem Logo also noch vor 1904 gewesen!
Dieses Mikro ist fast ein anderes Modell als das von 1906 (auch mit einem runden schweren Dreibeinstativ). Erst im Direktvergleich sieht man die Unterschiede beim Stativ als auch beim Prismenkopf (Die CZJ-Hornhautmikroskope von links nach rechts: 1903/1906/1912)!

20250906_145905_b.jpg


Mein zuvor eingestellte Foto mit den verschiedenen Köpfen müsste ich eigentlich erweitern, da ich z.Z. bereits SECHS alte "Zeiss-Stereo-Objektiv-Kompatible-Prismenköpfe" (inkl. eines von C.Reichert) mit VERSCHIEDENEN ABMESSUNGEN besitze (1903 bis ca. 1936).
Ich besitze drei alte CZJ kompatible Stereo-Objektiv-Varianten: bis ca. Ende der 20`er Jahre mit einer Schlittenanschlagschraube; einen Nachfolger mit dreieckförmige Objektivjustierungen/einem angeschraubten Anschlag mit einer Nase und eines von C.Reichert.

Der Iris-Mikro Neuankömmling besitzt einen Stereoobjektivrevolver, mit den Beschriftungen "2" & "f=55"; "4" & "a2"; "6" & "a3".
Es passen aber nur die älteren Objektive mit Schraubenanschlag ohne Umbau direkt hinein. Daher vermute ich, dass dieser Revolver in einer Übergangszeit beider Bezeichnungsarten Ende der 20`er Jahre nachgerüstet wurde.

Zwei fehlenden Objektive zu ergänzen war leicht - ...aber leider fehlte bei dem Revolver eine Objektivhalterung!
Aus einer Fischdose habe ich eine optisch zwar unauffällige aber dafür schlecht klemmende längliche Halterung gebastelt. Vielleicht tausche ich diese gegen die vom sehr böse aussehenden Xb-Kopf aus und belasse dann dort einen der anschließend vorgestellten neuen Foto-Köpfe...

20250906_144346_b.jpg



Stereo-Foto-Erweiterungen für mein Xb-Stativ:

Ich habe zwei alte CZJ-Stereo-Foto-Aufsätze - Nr 679 bzw. Nr 15805 - mit weiterem Zubehör aufgetan. Diese dürften aus der Zeit nach 1912 bzw. nach 1927 stammen.
Bei diesen ebay-Käufen waren insgesammt drei "Kompatible" Stereo-Objektive No.4 & 2x No.6, (vermutlich 30er Jahre) und eine universelle Stativbefestigungsstange mit dabei. Die Foto-Aufsätze passen Dank des Aufnahmestiftes (15mm) an das Xb- und an mein Präpariermikrostativ nach Mayer (Stativ mit dem grossen Tisch von 1915).
Dank der Stativverbindungstange (18,1mm) lassen sich diese Stereo-Fotoadapter oder Greenough-Stereomikroskopköpfe mit Befestigungsstift damit stabil an jedem normalen Laborstativ, wo diese in die Befestigungs-Muffe hinein passen verwenden!!
Umfallgefärdent ließen sie sich auch an meinen Ophthal-Stativen über die weit oben sitzende 15mm Befestigungsstiftaufnahme nutzen.

Hier die Kaufausstattung und ein paar mit u.A. Stativen aufgehübschte Fotos - das Ältere ist am Xb-Stativ befestigt:
20250831_175434__b.jpg

20250831_174524__b.jpg

20250831_174622__b.jpg

20250831_180355__b.jpg

20250902_112938__b.jpg



Die passende Literatur zu dem Älteren ist hier zu finden:

Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
"Die Anwendung der Stereoskopie bei der Darstellung anatomischer und chirogischer Objekte" von L.Drüner - eingegangen am 25.08.1919, vorgelegt von H.Braus

http:/digi-hadw-bw.de/view/sbhadwmnkl_b_1919_5_0001




In dem Artikel ist ein Stereo-Bildbetrachter abgebildet. Dieser oder ein Ähnlicher wird sich auch noch bezahlbar finden lassen, um dann zukünftige die mit Digi-Kamera gemachten "Photogramme" als Ausdrucke in FARBE richtig betrachten zu können (sofern man zu den 80% gehöhrt, die dieses sehen können).
Auf eine Abbildung meiner mit dem Handy gemachten Stereobild-Erstversuche verzichte ich, da dieses nicht ohne ein Extra-Stativ z.Z. gut auf zu nehmen sind bzw. die Möglichkeit der richtigen Betrachtung/Beurteilung fehlt.


Generelle Anmerkung zu diesem Artikel: Für mich als Nichtmediziner ist die u.A. dort beschriebene "Probengewinnung und -untersuchung" schon etwas gruselig.




In den Zeiss-Katalogen die mir zur Verfügung standen, habe ich solche 6x6 Stereo-Aufsätze mit der Bezeichnung "Stereoskopkamera nach DRÜNER" erst ab 1927 entdeckt - diese waren aber weiter entwickelt als meine beiden.
Im Zeiss-Archiv sind 1912 bzw. 1928 für diese 6x6-Plattenversionen gelistet.

1912:  https://www.archive.zeiss.de/vtrech.FAU?sid=9B05E16C&dm=2&RO_ZEILE_1=Stereoskopkamera


Eine Archiv-Anfrage bei Dr. Wimmer hat leider keine Fertigungs-Listungen meiner beiden Geräte ergeben.

Der Artikel zur ursprünglichen Neuentwicklung (mit 9x6cm) von 1900 ist im Internet nicht frei zugänglich.
"L.Drüner: Über Mikrostereoskopie und eine neue vergrößernde Stereoskopkamera, Zeitschr. f. wiss. Mikroskopie.,17, 281-293 XVII. 1900 und Druckschrift "Mikro 257" "

Berndt-Joachim Lau hat in seinem 5.ten Biographie-Teil zu Horatio S. Greenough (z.B. über Wikipedia zu finden) einen Verweis zu diesem Beitrag gemacht und folgendes Bild dort auf Seite 33 mit veröffentlicht.

Neue_vergrössernde_Stereocamera1900-LDrüner.jpg



Norman
Titel: Aw: Das z. Z. älteste Stereo-Mikroskop (CZJ, nach Greenough)
Beitrag von: Norman in Oktober 04, 2025, 19:18:46 NACHMITTAGS
Fortsetzung/Korrektur:
Der genannte Artikel von L.Drüner von 1919 ist aktuell unter folgendem Link zu finden:

https://digi.hadw-bw.de/view/sbhadwmnkl_b_1919_5

Hier noch ein Bild aus diesem Artikel:
StereoMikrosDrüner1919.jpg






P R O T O T Y P !!!

Bei ebay bin ich vermutlich auf einen Prototyp eines noch älteren Zeiss Greenough Stereo-Mikroskopes gestossen.

https://www.ebay.de/itm/236312834808?_skw=carl%20zeiss%20mikroskop&itmmeta=01K4YEBMC1KR69TSMN8BPW9TGQ&itmprp=enc%3AAQAKAAAA0MHg7L1Zz0LA5DYYmRTS30m0lvdSuLv4d8j50A9SCdIP5PWjWyt8O4vLfIbX9va6TexHgUzP8zGRCvM5Fcx4X%2FhBGZwN6iL%2Fw%2BTbXQdfNlCy06bBMzRMd1MjiSZEcUNWlh7HnDzaxMzB1lkORcqLgr90prmT3MT29mQ8kCH37zmXZVYj0pJpb66u4aRT%2FaGQiN4C3uziG06dQg0j0Ac06bhjHKZCHisxQ8AgA4G2eGXAhJ%2FccVAmAsOgf7JKJpmsXKLlUBFHarpzz1gg6bGSAJA%3D%7Ctkp%3ABk9SR5LGrs6nZg




Bei den veröffentlichen Bildern war kein Hersteller und keine Seriennummer sichtbar. Diese Angaben wurden aber ohne Fotos nachgereicht - "Auf der Platte steht Carl Zeiss Nummer 20875".
Ich muss meine Annahme, dass die Fa. Carl Zeiss keine Prototypen in den Fertigungslisten veröffentlich hat korrigieren! Es sind einige Stereo-Mikros im Bereich der genannten Seriennummer zu finden!!
Beim Recherchieren/Verhältnisbestimmen der ersten Xa- zu den Xb-Stativen in den Fertigungslisten habe ich diese Dank der fehlenden Typenbezeichnung unter der vielzahl an produzierten Mikroskopen schlicht übersehen. Interessant ist auch wo diese ersten Exemplare hingingen...
 





Über den Verkäufer/in habe ich versucht zu dem Neubesitzer einen Kontakt zu knüpfen (leider bisher ohne Erfolg).  - Schade - schade - schade...
Auch der "Autor aus dem Hintergrund" hatte sich sehhhhr wissensdurstig gezeigt!!

Bilder von diesem aussergewöhnlichen Stück kann/darf ich daher nicht mit einstellen und nur eine oberflächliche Geräte-Beschreibung für den irgendwann erlöschenden ebay-Link liefern.


Der Stativkörper ähnelt einem IX-Stativ mit Rundtisch ohne eine Armlehnenaufnahme, welche beim 28068 schon vorhanden sind. Es besitzt ebenfalls einen relativ langen spitzen Zwischentubus, aber noch keinen Schlitten für die Stereo-Optik -die hier einzeln eingeschraubt werden-. Der Mahagonikasten hat keine Einschübe für einen Okularhalter, ähnelt späteren Greenough-Kästen und ist deutlich grösser als der unten Verlinkte vom IX.
In wie weit die übrigen Abmessungen wie Prismenkopf oder Okulartuben No. 28068 entsprechen währe wohl nur über einen Direktvergleich oder mittels Messschieber möglich.

Hier ein jüngeres IX-Mikroskop von 1914, was im Fuss eher No. 28068 entspricht!

Zeiss-Stativ IX.jpg




Ein dem Prototyp noch ähnlichers "hochbeinigeres" -älteres- IX-Stativ ist auf Prof. Mappes Homepage zu finden:

http://www.museum-optischer-instrumente.de/zeiss_14902.html




Norman