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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: Spectrum in November 02, 2024, 21:39:09 NACHMITTAGS

Titel: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 02, 2024, 21:39:09 NACHMITTAGS
Heute hat die Sonne bei uns nach längerer Pause den Herbst wieder leuchten lassen. Ich habe das schöne Wetter direkt einmal zum Tümpeln genutzt. Das Planktonnetz, Probenbehälter und nicht zu vergessen die wasserfesten Mikroskopikerschlappen in den Rucksack gepackt und ab zum den nahegelegenen Waldteichen.
Darf ich vorstellen mein bevorzugtes Tümplerrevier:
20241102_130430.jpg
Gespeist werden diese, bereits vor Jahrhunderten von Mönchen angelegten Teiche, von einem Waldbach der gemächlich durch einen Buchenmischwald mäandert.
Der Überlauf ermöglicht einen guten Zugang zum Wasser:
20241102_134241.jpg
Schnell das ganze Gerödel ausgepackt und ausgebreitet damit es in schnellem Zugriff ist.
Das Plaktonnetz habe ich übrigens im großen Online-Versandhaus mit "A" erstanden. Die Maschenweite ist 53Mikrometer. Trotz seiner Herkunft ist es stabil, durchdacht und professionell gefertigt. Wichtig war mir persönlich, das es am unteren Ende ein Sieb anstatt einem Behälter hat. So kann man dieses abschrauben und in etwas Fundortwasser auswaschen. Auf diesem Weg erhält man eine höher konzentrierte Probe und muss nicht erst mühsam Laub und andere größere Verunreinigungen herausfischen. Der Nachteil ist allerdings das man sich beeilen muss. Das untere Ende des Siebs sollte so schnell wie möglich in einem vorbereiteten Behälter in Wasser eingetaucht werden, damit er nicht leerläuft. Sonst nimmt die Probe Schaden. Nachdem das Sieb in diesem Wasser ausgespült wurde, habe ich das Material dann entweder direkt abgefüllt, oder erneut mit zwei selbstgebauten kleineren Sieben nachgereinigt.

Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 02, 2024, 21:49:25 NACHMITTAGS
Ebenfalls empfehlenswert ist das das Sieb als eine Art Reuse einzusetzen (geht natürlich nur bei fließenden Gewässern, oder eben halt einem Ablauf):
20241102_135447.jpg
20241102_135437.jpg
So eingesetzt hat man dann auch genügend Zeit den Kranichen zu lauschen, die sich momentan wieder unweit von hier zu Tausenden in der sogenannten "Goldenen Aue" versammeln.
Ganz schön laut das Spektakel!
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 02, 2024, 21:55:02 NACHMITTAGS
Hier Bilder der Probenentnahme und die Ausbeute des heutigen Tages:
20241102_141439.jpg20241102_140148.jpg
Jetzt geht es zu Hause am Stemi weiter...
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: 3nzo in November 03, 2024, 08:55:50 VORMITTAG
Hallo Holger,
sehr interessant
Zitat von: Spectrum in November 02, 2024, 21:39:09 NACHMITTAGSDer Nachteil ist allerdings das man sich Beeilen muss. Das untere Ende des Siebs sollte so schnell wie möglich in einem vorbereiteten Behälter in Wasser eingetaucht werden, damit er nicht leerläuft. Sonst nimmt die Probe Schaden. Nachdem das Sieb in diesem Wasser ausgespült wurde, habe ich das Material dann entweder direkt abgefüllt, oder erneut mit zwei selbstgebauten kleineren Sieben nachgereinigt.
Aber ich verstehe den Prozess nicht gut. Könnten Sie ihn mit Fotos oder so veranschaulichen?
Vielen Dank und viele Grüße.

Enzo
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 03, 2024, 10:00:28 VORMITTAG
Hallo Enzo,
Gerne erläutere ich die Probengewinnung noch etwas ausführlicher. Das hatte ich eh vor, bin aber gestern Abend bei der Durchsicht der Proben am Mikroskop versackt... (wie's halt so geht).
Nochmal zum großen Planktonnetz:
20241103_092821.jpg
Es hat unten ein Sieb in dem sich der Filterkuchen sammelt:
20241103_092920.jpg
Per Gewinde kann man es abschrauben:
20241103_092946.jpg
Beim Einholen des Netzes am Gewässer läuft aufgrund der kleinen Maschenweite nicht gleich alles Wasser ab. Ich stelle das Sieb deshalb schnell in eine tuppaähnliche Box (blau):
20241102_141213.jpg
Damit wird verhindert das der Filterkuchen "trockenläuft" und die eingefangenen Organismen mit der Luft in Kontakt kommen. Daphnien beispielsweise bleiben bei Kontakt mit Luft im Anschluss regelrecht an der Oberflachenspannung kleben. Sie schwimmen dann eine Weile an der Wasseroberfläche und verenden dort. Empfindliche Planktonbewohner werden regelrecht erdrückt wenn das Sieb leerläuft. Also schnell eintauchen, unter Wasser abschrauben und durch hin und herbewegen das Sieb ausspülen. Gegebenenfalls auch von der Rückseite mit einer Pipette oder Spritzflasche das Sieb ausspülen.
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 03, 2024, 10:22:31 VORMITTAG
Nun zum Nachfiltrieren.
Ich habe mir zu diesem Zweck zwei kleine handliche Siebe selbst aus Probenbehältern angefertigt:
20241103_085911.jpg
Unten sind jeweils ein etwas gröberes (kleiner Behälter) und ein sehr feines Edelstahlnetz (größerer Behälter) eingeschmolzen/verklebt. Um zu verhindern das auch hier der Filter komplett leerläuft, kann unten ein Deckel befestigt werden:20241103_085940.jpg20241103_085950.jpg
Die Filter lassen sich ineinander stellen. Man erhält so eine Filterkaskade:
20241103_090013.jpg
Jetzt kann die Probe langsam in den inneren Filter gegossen werden:20241103_090601.jpg
Unten läuft das gefiltert Wasser dann über den Rand des Deckels des Feinfilters ab.
Der unten befestigte Deckel stellt auch hier sicher das die Organismen keinen Schaden nehmen.
Im Anschluss kann mit einer Pipette die aufkonzentrierte Lösung am Grund der Behälter entnommen werden:
20241103_090245.jpg
Im Grobfilter findet man dann beispielsweise größere Daphnien etc.
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 03, 2024, 11:13:49 VORMITTAG
Zwischendurch zur Abwechslung zurück zum Leben im Weiher im Herbst. Dort wo bis vor kurzem noch eine Volvoxblüte war, übernehmen jetzt vermehrt die Räder und Trompetentiere das Regiment. Ich hab diesmal jeweils auch ein Foto und nicht nur Videos angefügt:
IMG_20241102_195652.jpg
Hier das Video. Entschuldigt bitte die Musik. Momentan bin ich mich noch am einfuchsen was das editieren meiner Videos angeht. Wen's stört der kann ja leiseschalten:
Angefertigt wurden die Aufnahmen mit einem einfachen Zeiss Jena Objektiv 8/0,20 für 160mm Tubuslänge am Zeiss Junior. Direktprojektion. Der große Arbeitsabstand erlaubt es die Probe direkt in einer kleinen Petrischale zu untersuchen. Beleuchtet wurde mit Dunkelfeld.
Grüne Trompetentierchen (Stentor polymorphus) sind auch schon vereinzelt anzutreffen. Bald werden sie wieder, aufgrund des Nährstoffeintrags durch das Herbstlaub, dichte Rasen bilden:DSC00960.JPG
Video:
Diese Aufnahme ist am Tessovar entstanden.
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: 3nzo in November 03, 2024, 13:03:36 NACHMITTAGS
Hallo Holger,
Danke für die ausführliche Erklärung, jetzt konnte ich es in die Tat umsetzen.
Ich nutze Ihre Erfahrung, um zu fragen, wie man den Tod innerhalb weniger Tage von gefangenen und in ein Glas gegebenen Organismen verhindern kann. Die Probe umfasst typischerweise einige Deziliter und wird in ein Gefäß mit Volvic-Wasser oder ähnlichem gegeben.
Wasserpflanzen verrotten trotz Zugabe von Aquariendünger nach einigen Monaten.
Ich wechsle das Wasser nicht, um die Organismen nicht zu verlieren, aber ich stelle den Pegel mit Volvic wieder her.
Vielen Dank und viele Grüße.

Enzo
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 03, 2024, 13:55:18 NACHMITTAGS
Hallo Enzo,
Das Überleben bestimmter Organismen in Probengläsern hängt von mehreren Faktoren ab. Meine Beschreibung bezieht sich nur auf die Entnahme am Fundort. So verhindere ich so gut wie möglich, daß die gefangenen Planktonbewohner gleich schon an Ort und Stelle das Zeitliche segnen.

Was die dauerhafte Kultur zu Hause angeht, steht auf einem ganz anderen Blatt...
Hier hat jede Art ganz eigene Ansprüche. Trotz schonender Entnahme vermehren sich viele Arten im Glas an der Fensterbank nicht, und sterben teilweise in kürzester Zeit ab. Gerade das freischwimmende Plankton aus sauerstoffreichen Wasserschichten stirbt oft schon innerhalb von Stunden.
Also schnell mikroskopieren, oder auf die Haltung von robusteren Arten beschränken. Aber auch Zweiteres ist individuell je nach Art verschieden. Aber dazu schreib ich besser mal ein anderes mal. Was gut für den Anfang geeignet ist, das wäre das gute alte Pantoffeltierchen. Die hab ich schon seit Jahren ohne größeren Aufwand in Kultur.
Ansonsten sind auch in Proben die man zu Hause über längere Zeit beobachtet, in der Regel auch Arten dabei, die sich fleißig vermehren, und die von den neuen Bedingungen auf deiner Fensterbank sogar profitieren.

Grundsätzlich machst du schon alles richtig:
Oft ist weniger mehr. Eine kleine Menge Pflanzenmaterial, etwas Sediment, und wenig Material aus dem Netz, aufgefüllt mit dem obligatorischen Volvic, sind oft artenreicher als ein Konzentrat das dann nur "kippt" und müffelt.
LG Holger
Titel: Aw: Kraniche und Rädertier, Tümpeln im Herbst
Beitrag von: Spectrum in November 03, 2024, 14:45:14 NACHMITTAGS
Hallo Enzo,
Kurze Ergänzung:
Falls du konkrete Fragen zu einer bestimmten Art hast kannst du mir gerne eine PN schicken.