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Bibliothek => Mikro-Know-How => Technik => Thema gestartet von: Alfons Renz in März 26, 2025, 22:14:22 NACHMITTAGS

Titel: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Alfons Renz in März 26, 2025, 22:14:22 NACHMITTAGS
Hallo, liebe Foristen,

Beim Zerlegen eines Zeiss-Knicktubus stehe ich vor einem Problem:

Muss ich die Kunststoffplatte mit den 4 Löchern (im 2. Bild) abschrauben, um die beiden Tubushälften von der gemeinsamen Achse zu lösen? Ich möchte das untere (dem Objektiv zugewandte) Prisma ausbauen und reinigen (falls möglich..):

Mit sanfter Gewalt hat sich bislang nichts bewegt. Gibt es einen 'Trick'?

Herzlichen Dank schon im voraus!

Alfons
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Jürgen Boschert in März 26, 2025, 23:14:47 NACHMITTAGS
Hallo Alfons,

um das Prisma auszubauen, muss man nicht die Knickbrücke öffnen. Ich habe Dein erstes Foto mit Markierungen versehen: Die beiden roten Kreise sind um 2 Plastikstühlchen gezogen, die mit einem Stift von innen in das Tubusgehäuse eingelassen sind. Gegenüber, dort wo der Pfeil hinweist müsste es eine von außen zugängliche Schraube sein; sie befindet sich auf dem dunkelgrauen Teil des Gehäuses und wird von der aufgesteckten in Zeiss-Hellgrau lackierten Klemm-Abdeckung verdeckt, wenn diese aufgesteckt ist. Wenn man diese Schraube löst, kann man das Prisma freiwackeln und herausziehen. Es ist im Bereich der Plastikstühlchen zusätzlich mit Kleber gesichert (man erkennt diesen in den mit roten Kreisen markierten Bereichen als grauweiße Masse). Nach dem Einsetzen muss dann halt wieder justiert werden.
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Alfons Renz in März 26, 2025, 23:31:25 NACHMITTAGS
Herzlichen Dank, lieber Jürgen, für diese superschnelle und kompetente Empfehlung!

Das Prisma ließ sich leicht lösen, war jedoch wie schon erwartet, schlimm delaminiert, siehe Bild.

Nun will ich versuchen, das Prisma zu lösen (was wohl nicht ganz einfach sein wird) und dann neu mit UV-Kleber zu reparieren.  Gibt es dazu auch eine Empfehlung? Ruinieren kann man eigentlich nicht viel mehr.

Grüße,

Alfons
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Jürgen Boschert in März 27, 2025, 00:20:36 VORMITTAG
Hallo Alfons,

das hatte ich bei Deiner Schilderung schon fast befürchtet! Ich habe einen gleichen Bi-Tubus mit einer Delamination des aufgeklebten Glaswegkorrektors; ich habe das Teil monatelang in Xylol eingelegt, die Delamination ist jetzt weg; es gibt aber noch ein anderes Problem: der Teilerspiegel innerhalb des rhombischen Prismateiles hat sich bräunlich verfärbt, wahrscheinlich oxidiert. Getrennt habe ich das Prima noch nicht, jedenfalls gelingt das nicht mit Xylol. Von einem Zeiss-Mitarbeiter habe ich die Rezeptur für eine Mischung, mit der man (wirklich!) alle Verkittungen relativ rasch gelöst bekommt; allerdings greift die Lösung manche Glassorten an und ruiniert ziemlich sicher die Vergütung.
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Werner in März 27, 2025, 07:54:25 VORMITTAG
Hallo Jürgen!
Kannst Du uns bitte die Mischung verraten.
Bei den Prismen handelt es sich vermutlich um die Glassorte BK7, dem preiswerten Arbeitspferd der Optiker. Empfindliche Gläser werden eigentlich nur in Linsensätzen verwendet, wo sie für die Farbkorrektur nötig sind.

Guß - Werner
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Jürgen Boschert in März 27, 2025, 19:04:20 NACHMITTAGS
Hallo Werner,

Mischung 1:1 von Essigsäuremethylester und konzentrierter Ameisensäure (85%); hab ich mir vom Apotheker meines Vertrauens zusammenmischen lassen. Aber wirklich vorsichtig im Umgang, das Zeug ist ziemlich ätzend (auch bei Inhalation und der Dämpfe für die Augen!). Manche Glassorten werden angefressen, Vergütungen gehen meist verloren.
Titel: Aw: Zeiss-Siedentopf-Knicktubus grau zerlegen
Beitrag von: Werner in März 28, 2025, 08:14:37 VORMITTAG
Danke, Jürgen!
Die konz. Ameisensäure ist wirklich gefährlich. Wasserfreie ist ähnlich riskant wie Flußsäure, sie gibt auch schlecht heilende Wunden. Hantieren damit sollte man immer mit nassen Händen und laufendes Wasser in der Nähe haben, ersatzweise einen Eimer Wasser, in den man die Hände schnell eintauchen kann, wenn was passiert. Durch die schnelle Verdünnung mit Wasser wird das Risiko stark minimiert.
Mit Ameisensäure (5 %) habe ich immer die Kaffeemaschine entkalkt, bevor die geruchlose Amidosulfonsäure gehandelt wurde.

Gruß - Werner