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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Jürgen H. in März 11, 2010, 21:34:52 NACHMITTAGS

Titel: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Jürgen H. in März 11, 2010, 21:34:52 NACHMITTAGS
Im Anschluss an die Insektengehirne von Florian Stellmacher hier ein ganzer Kopf meiner Mücken in Übersicht.


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/34745_19138891.jpg)

Der Schnitt ist ein paar Schnittebenen tiefer als der im anderen Thread gezeigte. Auch hier kann man den Ursprung des Antennennerves AN nachverfolgen, der aus dem Deuterocerebrum DC herstammt. Schwach zu erkennen sind im DC die zu kleinen rundlichen Strukturen zusammengeballten Glomeruli. (Links neben der Bezeichnung DC)

Gut zu sehen ist der Querschnitt durch den Epipharynx und den vorderen Teil des Pharynx  EP mit den Dilatoren EPD, die ihn zu Schluck oder Saugbewegungen auseinanderziehen. Der Schnitt ist nicht genau median getroffen, sondern ganz leicht aus der Horizontalachse gekippt. Daher sieht man den Pharynx nicht durch den gesamten Kopf. Er verläuft unterhalb der Bezeichnung DC weiter durch das Gehirn auf die Bezeichnung PD zu. PD bezeichnet die hinteren Pharynxdilatoren, Muskelstränge, die hier quer getroffen sind und von der lateralen Kopfwand auf den Pharynx zulaufen, ihn seitlich auseinanderziehen. T ist ein Tentorialast, eine chitinöse Verstrebung innerhalb des Kopfes, die der Stabiltät und als Ansatzpunkt für Muskulatur dient. PK ist ein Teil des Pilzkörpers.

Die Augen sind leider etwas zerfranst, auch sind die Schrumpfungen im Kopf nicht unerheblich. Die rundlichen tiefblau gefärbten Perikarien rings um die hellblau gefärbten Gehirnfasermassen müssten diesen eigentlich dicht anliegen.

Welcher Art die Ansammlung der rundlichen blauen Zellen mit lila roten Kernen am tiefsten Punkt im Kopf sind, weiß ich leider nicht. Ich habe sie schon an anderen Stellen im Kopfbereich gefunden. Eventuell Ansammlungen Hämozyten? Sie weisen allerdings ziemlich gleichmäßige Formen auf.

Mikrogrüße

Jürgen
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Florian Stellmacher in März 11, 2010, 21:58:43 NACHMITTAGS
Lieber Jürgen,

so hätte ich es wohl auch gerne hinbekommen - Respekt!

Wie behandelt man den das Chitin vor, sodass es einem beim Schneiden nicht den Schnitt zerrupft?

Herzliche Grüße,
Florian
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Jürgen H. in März 11, 2010, 22:27:27 NACHMITTAGS
Lieber Florian,


ZitatWie behandelt man den das Chitin vor, sodass es einem beim Schneiden nicht den Schnitt zerrupft?

Wenn ich das mal wüsste....Ich habe gelesen dass es da ein Mittel Diaphanol geben soll, aber ausprobiert habe ich es bisher nicht.

Extrem wichtig ist daneben offenbar, Eintrittspforten für alle Flüssigkeiten und das Paraffin zu schaffen, da Chitin eine fabelhafte Erfindung der Natur ist, an der alles abperlt und die allem widersteht, sich sogar von Säuren halbwegs unbeeindruckt zeigt. Ein echter Panzer, der im Paraffinbad leider nicht mitschrumpft. Und daher hat man Glück, wenn nicht im Kopf alles zusammensintert und weit draußen im Schnitt eine zersplitterte Hülle von Chitin bleibt. Das zweite ist, dass kleinste Wasserreste  unweigerlich zum Splittern des Chitins führen, so lese ich jedenfalls.

Bei mir gelingt es manchmal und und öfters eher nicht, ohne dass ich eine rechte Ursache für die unterschiedlichen Ergebnisse finde. Möglicherweise liegt es schlicht daran, ob man ein junges frisch geschlüpftes Tier erwischt hat oder ein Tier mit ausgehärtetem Panzer von kruppstahlartigem Chitin.

Mikrogrüße

Jürgen
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Nutzer nicht mehr aktiv in März 12, 2010, 13:14:29 NACHMITTAGS
Lieber Jürgen

Ist mal wieder sehr schön, was du hier zeigst.
Finde ich immer wieder erstaunlich, was du mit diesen kleinen Insekten an stellst.

Wir dürfen uns auf mehr freuen.
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Jürgen H. in März 12, 2010, 16:47:46 NACHMITTAGS
Dankeschön, Mike! 
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Mikro22 in März 19, 2010, 13:12:21 NACHMITTAGS
Sehr schön
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: A. Büschlen in März 19, 2010, 14:52:58 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

einmal mehr zeigst du uns eine wunderschöne Arbeit!
ZitatMöglicherweise liegt es schlicht daran, ob man ein junges frisch geschlüpftes Tier erwischt hat oder ein Tier mit ausgehärtetem Panzer von kruppstahlartigem Chitin.
Viele Insekten lassen sich sehr gut züchten. In einer eigenen Zucht hat man dann die Möglichkeit, die verschiedenen Stadien im optimalen Zeitpunkt der Zucht zu entnehmen.
Zur Insektenzucht gibt es  hervorragende Anleitungen. z.B. das leider vergriffene Buch: Insektenzucht; René Wyniger, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, ISBN 3-8001-3100-5

Freundliche Grüsse

Arnold Büschlen
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Holger Adelmann in März 22, 2010, 00:19:49 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

ich habe mal in meinem 1989 Romeis nachgeschlagen, dort ist auf S 467 angegeben, wie man das Chitin vor dem Einbetten behandeln kann, damit es besser schneidbar wird.
Dort steht auch ein modifiziertes Rezept / Protokoll für die Paraffineinbettung.

Herzliche Grüsse
Holger
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Ralf Feller in März 22, 2010, 01:12:54 VORMITTAG
Hallo Holger,
ich habe leider den Romeis nicht,
wenn es nicht zu lang wird, könntest Du bitte kurz skizzieren was dort steht?

Gruß Ralf
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Nutzer nicht mehr aktiv in März 22, 2010, 07:16:26 VORMITTAG
Hallo Ralf

Hier ein PDF mit den Seiten.
Ich hoffe es ist alles dabei. Habe jetzt nur die Seiten ohne zu überprüfen auf den Scanner gelegt.

Romeis
Mikroskopische Technik
17. Auflage
S. 466-468
http://www.mikroskopie-main-taunus.de/images/mikroskopie_forum/romeis0001.pdf
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Ralf Feller in März 22, 2010, 11:01:05 VORMITTAG
Hallo Mike,
ganz herzlichen Dank!

Gruß Ralf
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: B.Heim in März 22, 2010, 16:03:11 NACHMITTAGS
Liebe Mikroskopikerinne, Liebe Mikroskopiker,

kleiner Beitrag zur Aufhellung und Erweichung von Chitin bei Insekten.
Der Einsatz von Diaphanol ist sehr problematisch. Nach der Herstellvorschrift enthält dieses Reagenz Essigsäure konz. , Schwefelsäure konz. ein wenig Wasser und Kaliumchlorat. Durch Zusammengeben bei RT der Bestandteile bildet sich Chlordioxyd - Essigsäure. Dieses Anlagerungsprodukt ist nur wenige Tage stabil. Die Herstellung muss im Dunkeln erfolgen, da sich durch Lichteinfluss ein explosibles Gemisch bildet.
Einfacher und ungefährlicher in der Handhabung ist die Methode nach Prof. Andree, Geologisches Institut der Universität Königsberg i. Pr. in einer Arbeit veröffentlicht in den " Chemischen Mitteilungen Heft 5, 29.01.1926" weitere Angaben sind nicht bekannt, Zitat "Ist das Objekt klein, so lege man es auf einen in der Mitte mit Hohlschliff versehenen Objektträger, wie solche bei bakteriologischen Untersuchungen für Hängetropfenkulturen benutzt werden und bringe auf dasselbe ein bis zwei Tropfen konzentrierte Salzsäure. Danach lässt man auf die Oberfläche dieses Tropfens einige Kriställchen von Kaliumchlorat fallen. Es bilden sich dann sofort um diese Kriställchen Bläschen... Zitat Ende.
Noch ungefährlicher ist das Erwärmen des Objektes in Milchsäure auf dem Objektträger, Zentralblatt für das Gesamtgebiet der Entomologie, K.Hofeneder 2.Jahrgang Juni 1947 Heft 1, Zitat:" Auch Milchsäure wirkt sehr günstig. Bei Ihrer Anwendung wird das Präparat auf dem Objektträger mit aufgelegtem Deckglas und vorher angebrachten Stützen(Plastilinfüsschen) so lange über einer Flamme erwärmt, bis Luft austritt,aber ja nicht bis zum Kochen. Das Präparat kann in der Milchsäure durch einen Ring von Paraffin abgeschlossen werden." Zitat Ende.

Grüsse Bernd Heim
Titel: Re: Gehirn Limoniidae
Beitrag von: Holger Adelmann in März 22, 2010, 17:29:55 NACHMITTAGS
... hmmm wenn ich dann das schoene Praeparat von Juergen Harst am Beginn dieses Theads sehe frage ich mich, wieviel 'Histologie' z.B. vom Gehirn nach einer solchen Behandlung noch uebrig bleibt, bzw. nicht total verunstaltet ist ...

Herzliche Gruesse
Holger
Titel: Re: Gehirn Limoniidae Celloidinschritt vor Paraffin?
Beitrag von: Jürgen H. in März 28, 2010, 08:47:06 VORMITTAG
Hallo liebe Mitmikroskopiker,

vielen Dank für eure Beiträge, die ich nach kurzer Mikroabstinenz jetzt erst lesen kann.

Chitin ist in der Tat ein gewisses Problem. Behandlungsmethoden, wie vorstehend vorgeschlagen oder zitiert, habe ich allerdings trotzdem noch nie probiert. Über die chemischen Eigenschaften von Diaphanol bzw. Chlordioxid hatte ich mich ein wenig kundig gemacht und dann die Finger davon gelassen. Mir scheint diese Präparation auch eher für spezielle Chitinuntersuchungen oder für ausgesprochen dicke Chitinpanzer geeignet zu sein. Bei den kleinen Mückchen scheint sie auch nicht recht zu lohnen, sie schneiden sich - mitunter - ja auch einfach so. Die Milchsäure oder Laktophenolmethode ist IMHO nur für die Präparation ganzer Tiere gedacht.

Wichtig ist allerdings stets die sorgfältige Entwässerung der Tierchen vor dem Schneiden. 

Versuchen würde ich gerne einmal in einer neuen Präparationsreihe eine Celloidinbehandlung v o r dem Paraffinieren der Tiere. Sie soll eine Schrumpfung durch den Paraffinschritt weitgehend verhindern. Gelesen habe ich von einem Zwischenschritt mit einem Bad in Methylbenzoat/Celloidin. Ob wohl jemand in der Runde bereits damit Erfahrungen hat?

Mikrogrüße

Jürgen