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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: jcs in April 22, 2025, 22:07:46 NACHMITTAGS

Titel: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 22, 2025, 22:07:46 NACHMITTAGS
Liebes Forum,

für heuer habe ich mir vorgenommen, etwas intensiver mit botanischen Paraffinschnitten zu arbeiten, um das Thema "Blüten, Pilze und Mykorrhiza" etwas systematischer angehen zu können.

Es gab dazu schon einige Threads hier im Forum (z.B. https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39320.0 oder https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=32507.0). Grundsätzlich Neues gibt es dazu nicht zu sagen, dennoch dokumentiere ich meine Vorgangsweise hier als "mikroskopisches Tagebuch". Eventuell ist das für einige im Forum ebenfalls von Interesse.

Einbettung

Bei meiner Vorgangsweise halte ich mich im Wesentlichen an die Anleitung in "Romeis- Mikroskopische Technik, 19. Auflage, Seite 107". Tendenziell benötigen botanische Proben etwas länger als in der originalen Anleitung angegeben, um gründlich von den Medien durchdrungen zu werden. Die erforderliche Dauer der einzelnen Schitte hängt allerdings sehr stark von der Struktur der Probe ab: Eine luftige Blüte eines Korbblütlers lässt sich schneller einbetten als eine kompakte männliche Haselnuss-Blüte. Deshalb sind die folgenden Angaben nur ein Richtwert.

1. Fixieren in AFE, über Nacht 12h oder mehr
2. 100 % Ethanol ca. 4 h
3. 100 % Ethanol ca. 4 h
4. Entlüften in Vakuum
5. Methylbenzoat 1h
6. Methylbenzoat 12h oder mehr
7. Xylol 2 h
8. Xylol-Paraffin 1:1 2-3h
9. Paraffin, 60 °C 2h
10. Paraffin, 60 °C 12h oder mehr
 
Als Arbeitsgeräte verwende ich einen Blockthermostat, in dessen Einsatz sowohl Schnappdeckelgläser 25ml als auch Bechergläser 100ml hineinpassen, siehe untenstehende Abbildung. Die Schnappdeckelgläser sind sehr praktisch, da man mit ihnen nur geringe Mengen an Medien benötigt (Lösungsmittel, Paraffin,...) und zusätzlich eine sehr definierte Temperatur einstellen kann.

Ich habe verschiedene Paraffine ausprobiert, Paraplast Plus von Leica hat bei mir am besten funktioniert, speziell in Hinblick auf die Schneidbarkeit am Mikrotom. Die durchtränkten Proben gebe ich in eine vorgewärmte metallische Einbettform und lege dann eine histologische Einbettkassette auf das flüssige Paraffin.  Mit einer Nietenlochzange (den Tipp habe ich hier aus dem Forum) kann man ein Loch in die Einbettkassetten drücken, um die Proben besser positionieren zu können.

botanik_paraffin_abb-1.jpg
Abb.1: Gerätschaften für die Einbettung der Proben.

Herstellung der Schnitte

Im nächsten Schritt geht es an die Herstellung der Schnitte. Ursprünglich habe ich dazu ein Schlittenmikrotom verwendet, aber das hat nicht sonderlich gut funktioniert. Mittlerweile habe ich ein Rotationsmikrotom mit Leica 818 Einmalklingen im Einsatz (siehe Abbildung unten), das deutlich besser geeignet ist, um reproduzierbar Schnitte mit Dicken zwischen 5 und 10µm herzustellen.

Die einzelnen Schnitte kommen dann ins Streckbad (destilliertes Wasser bei 45°C). Die sauberen Objektträger wärme ich am Strecktisch (danke an Gerhard Rawfoto für's Ausborgen!) vor und fische damit die Schnitte aus dem Bad. Danach werden die Objektträger mit den Schnitten gründlich getrocknet, ca. 24h bei Raumtemperatur. Damit die Objekte gut haften bleiben während der Entfernung des Paraffins ist dieser Trocknungsschritt essenziell. Bei guter Trocknung ist keine Eiweiß-Gelatine erforderlich, um eine gute Schnitthaftung zu gewährleisten.

botanik_paraffin_abb-2.jpg
Abb. 2: Gerätschaften zur Herstellung der Schnitte.

Paraffinentfernung und Färben
Die getrockneten Objektträger werden am nächsten Tag weiterverarbeitet. Dazu heize ich sie am Strecktisch auf 45-50°C auf und gebe sie in folgender Abfolge in diverse Lösungsmittel

1. Grobentfernung des Paraffins in 40°C warmem Xylol, 1-2min
2. Feinentfernung des Paraffins in Xylol bei Raumtemperatur
3. Überführen in Isopropanol, 2min
4. Überführen in 70% Ethanol, 2min
5. Überführen in Aqua dest.

Gefärbt wird in einer kleinen Glaswanne (Küchenbedarf), die zufälligerweise genau die richtige Größe für Objektträger hat, siehe untenstehende Abbildung. 2-3 Tropfen des jeweiligen Farbstoffes genügen für die Färbung, danach wird der Objektträger mit Aqua dest. abgespült und in einem Färbetrog mit Wasser bis zum nächsten Schritt gelagert.

Eingebettet wird normalerweise in Euparal.

botanik_paraffin_abb-3.jpg
Abb. 3: Verwendete Gerätschaften für das Färben der Proben.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 22, 2025, 22:13:36 NACHMITTAGS
Hier sind einige Ergebnisse, die ich mit dieser Methode erzielt habe. Details zur Färbung und zu den Schnitten stehen in der jeweiligen Bildunterschrift

botanik_paraffin_abb-4.jpg
Abb. 4: Querschnitt durch Blüte des Gänseblümchens (Bellis perennis), 10µm Schnittdicke, Färbung Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau)


botanik_paraffin_abb-5.jpg
Abb. 5: Längsschnitt durch die Knospe eines Wald-Gelbsterns (Gagea lutea), 8µm Schnittdicke, Färbung Hamburger Grün

botanik_paraffin_abb-6.jpg
Abb. 6: Querschnitt durch die Knospe einer Bärlauchblüte (Allium ursum), 8µm Schnittdicke, Hamburger Grün
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 22, 2025, 22:20:17 NACHMITTAGS
Weil die Pflanze gerade vor meinem Büro blüht, habe ich mir die Blüten des Frühlings-Greiskrauts (Senecio vernalis) etwas genauer angeschaut, unten sind die entsprechenden Abbildungen in verschiedenen Vergrößerungen. Die Details der Pollen sind ganz gut erkennbar, auch wenn die Aufnahme nicht mit dem Detailreichtum einer REM-Aufnahme mithalten kann.

botanik_paraffin_abb-7_v3.jpg
Abb. 7: Querschnitt Blüte Frühlings-Greiskraut, 7µm Schnittdicke, Wacker-Färbung. Aufnahme mit 5x-Objektiv.

botanik_paraffin_abb-8_v3.jpg
Abb. 8: Detailaufnahme Querschnitt Blüte Frühlings-Greiskraut, 7µm Schnittdicke, Wacker-Färbung. Aufnahme mit 10x-Objektiv.

botanik_paraffin_abb-9.jpg
Abb. 9: Pollen des Frühlings-Greiskrauts, 7µm Schnittdicke, Wacker-Färbung. Aufnahme mit 100x-Objektiv, Öl-Immersion.

botanik_paraffin_abb-10.jpg
Abb. 10: Pollen des Frühlings-Greiskrauts (nach Kritisch-Punkt-Trocknung), Aufnahme am REM.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: unkenheini in April 24, 2025, 07:01:10 VORMITTAG
Moin,
Vielen Dank für den tollen Bericht.Sehr gerne mehr davon!
Danke ,mit freundlichen Gruß Jörg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 25, 2025, 23:04:15 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

danke für das Feedback! Rundherum blüht und sprießt es, da wird sich in nächster Zeit sicher mehr als genug Probenmaterial finden, das anzuschauen sich lohnt.
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Matt in April 26, 2025, 14:06:43 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen, sehr schöne Ergebnisse und Bilder! Danke auch für das Zeigen und Erläutern der Technik. Für mich super hilfreich!

Matthias
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: A. Büschlen in April 26, 2025, 19:58:33 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

danke, dass du mit uns deine Arbeitsweise teilst! Die Doku ist interessant und ermutigend.

Hast du ein Heimlabor oder mehr...?

Grüsse Arnold
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 26, 2025, 21:35:08 NACHMITTAGS
Hallo Matthias, Arnold,

freut mich, wenn der Beitrag hilfreich ist.

@Arnold: Den Mikroskopie-Arbeitsplatz habe ich in meinem beruflich genutzten Labor. Da können neben der eigentlichen Arbeit immer ein paar Proben "umgetopft" werden.

Der Fluoreszenz-Aufsatz auf dem Mikroskop neben dem Mikrotom (siehe Bild unten) könnte Dir übrigens bekannt vorkommen, ich habe ihn vor ein paar Jahren von Dir bekommen.
LG
Jürgen

botanik_paraffin_abb-7.jpg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Wes in April 26, 2025, 21:54:03 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

Faszinierende Arbeit, wirklich inspirierend!
Ich habe mir die Preise der Leica-Mikrotome angesehen und musste mich erst einmal setzen – ich träume schon seit meiner Kindheit, als ich mich für gefärbte Histologieschnitte begeisterte, davon, ein hochwertiges Mikrotom zu besitzen.
Zum Thema Blüten: Hast du dich schon einmal mit Blütenknospen beschäftigt, die reich an drüsigen Trichomen sind (z.B. Lavandula, Nicotiana, Salvia, Cannabis, Mentha und ähnliche)? Mich würde interessieren, wie Trichome histologisch aussehen.
Hast du im Hinblick auf den Erhalt feinster subzellulärer Strukturen schon alternative Fixierlösungen (z.B. Formaldehyd + Glutaraldehyd in Phosphatpuffer) ausprobiert oder mit Technovit-Harzen gearbeitet?

LG
Wes
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in April 27, 2025, 22:56:30 NACHMITTAGS
Hallo Wes,

das Mikrotom habe ich gebraucht halbwegs günstig bekommen, als Neugerät wäre mir das auch zu teuer gewesen.

Trichome stehen auf meinem Programm, mit Salbei habe ich schon einmal herumgespielt (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=45114.0). Der Salbei startet gerade in die Blühsaison, da kann ich einmal versuchen, Trichome der Blütenknospen zu präparieren.

Zur Fixierung habe ich bis jetzt den Routineansatz mit Fixierung in AFE verwendet. Ich denke aber, dass dieses Protokoll für empfindliche Blüten und zartere Gewebe nicht ideal ist. Vermutlich muss man da etwas schonendere Ansätze heranziehen. Glutaraldehyd ist mir aktuell allerdings noch zu anspruchsvoll. Ich weiß gar nicht, ob man das so ohne Weiteres bekommt.

LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Mai 08, 2025, 19:34:58 NACHMITTAGS
Hallo Wes,

bei meinen letzten Paraffinversuchen habe ich einen Blütenstand des Wiesensalbei (Salvia pratensis) mitlaufen lassen. Im ersten Bild (Stereomikroskop) sieht man die zahlreichen (drüsigen) Trichome ganz gut. Beim Präparieren hatte ich ein paar Probleme, die Knospen werden bei längerer Lagerung in Alkohol recht matschig. Das Protokoll aus meinem ersten Posting hier im Thread sollte man für solche Proben anpassen und kürzere Zyklen in Ethanol vorsehen.

P1004207.jpg

Schlussendlich habe ich aber einen halbwegs passablen Schnitt bekommen, gefärbt in Etzold FCA. Das Bild unten zeigt meines Erachtens ein drüsiges Trichom im Querschnitt (8µm Schnittdicke).

2025-05-08 19-00-39 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Mai 08, 2025, 19:43:38 NACHMITTAGS
Eine andere Probe (junge Knospe einer Fichte, Picea abies) hat sich als recht dankbares Objekt erwiesen. Ich konnte einige Schnitte mit 8µm Schichtdicke herstellen und in Wacker, Etzold FCA und Hamburger Grün färben. Mit der Wackerfärbung (Acridinrot, Acriflavin, Astrablau) hatte ich Probleme, da beim Wechsel vom alkoholischen Acridinrot auf wässriges Acriflavin regelmäßig ein paar Nadeln weggeschwommen sind. Im unten gezeigten Bild ging eine Nadel verloren. Ich habe mir erlaubt, in Photoshop eine Nadel zu verdoppeln, um die Symmetrie des Bildes zu erhalten.

Insgesamt sehen die Schnitte in meinen Augen sehr attraktiv aus.
LG
Jürgen

Etzold FCA, Pano aus 4 Aufnahmen mit 10x-Objektiv)

P1004233-Pano-Bearbeitet.jpg

Wacker 3-fach-Färbung (Pano aus 4 Aufnahmen mit 10x-Objektiv)
P1004248-Pano-Bearbeitet.jpg

Detailaufnahme Wacker (20x-Objektiv)
P1004254-Bearbeitet.jpg

Hamburger Grün (Pano aus 4 Aufnahmen mit 5x-Objektiv)
P1004259-Pano-Bearbeitet.jpg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: anne in Mai 09, 2025, 08:21:33 VORMITTAG
Hallo Jürgen,
ich bin eigentlich kein Fan von Pflanzenschnitte, aber das was Du da machst ist absolut faszinierend.
lG
anne
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: K. B. in Mai 09, 2025, 19:03:33 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

die Schnitte sehen einfach fantastisch aus und auch die REM Aufnahmen sind spitze!

Viele Grüße
Kay
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Mai 09, 2025, 22:18:39 NACHMITTAGS
Hallo Anne, Kay,

danke für Eure lobenden Worte, das ist sehr motivierend für weitere Ausflüge in den faszinierenden Formenreichtum der Natur.
LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Wes in Mai 11, 2025, 15:17:21 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

Fantastische Arbeit! Ich muss sagen, ich bin immer wieder tief beeindruckt von Menschen wie dir, die als Hobby Paraffinschnitte in solch hoher Qualität anfertigen. Du hast eindeutig hervorragende Arbeitsprotokolle entwickelt. Ich frage mich allerdings – jenseits der üblichen botanischen Färbungen – ob du vielleicht exotischere oder spezialisierte Färbemethoden kennst? Etwas in der Art von Feulgen, PAS oder Silberimprägnation, wie man sie in der Tierhistologie verwendet, aber mehr auf chemische Besonderheiten von Pflanzengeweben zugeschnitten?

Herzliche Grüße,
Wes
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Bob in Mai 11, 2025, 21:43:01 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
tolle Schnitte und Färbungen, vielen Dank fürs Zeigen! Sie machen Lust darauf, selber mal wieder mit Paraffineinbettung zu arbeiten.
Methylbenazoat ist geruchlich ja recht leistungsfähig, reicht Deine Labortechnik um das im Zaum zu halten oder bist Du da nicht so empfindlich? Hast Du mal Protokolle ohne Methylbenzoat ausprobiert und einen Nachteil erkannt?

@Wes hatte Dich ja um Dein modernes Leica-Mikrotom beneidet - was kann das für die Arbeit des Amatörs mehr als ein typischer Oldtimer?

Viele Grüße,

Bob
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Mai 12, 2025, 20:34:15 NACHMITTAGS
@Wes: Bezüglich Färbungen bleib ich vorerst bei den "Klassikern". Wenn man ernsthaft spezifische Gewebetypen anfärben will, kommt man vermutlich um anspruchsvolle Fluoreszenzfärbungen nicht herum, und da bin ich als hobbymikroskopierender Nicht-Biologe dann schnell überfordert.

@Bob: Methylbenzoat hat natürlich einen sehr dominanten Geruch, allerdings nicht unangenehm, finde ich. Es zwingt jedenfalls zu sauberem Arbeiten, da jedes kleinste vergossene Tröpfchen riechbar ist. Ein Arbeitszimmer mit Teppichboden ist sicher eine ungeeignete Umgebung, wenn man mit dem Zeug arbeiten will. Echte Probleme hatte ich bis jetzt nicht, und im Vergleich zu anderen Lösungsmitteln (Xylol, ...) ist es ja auch relativ unproblematisch bzgl. Gesundheitsgefährdung.

Ich habe mich an den Anleitungen im Romeis orientiert, da war auch Isopropanol als Intermedium dabei. Das erzeugt allerdings in meiner Erfahrung mehr Probleme, da es beim Verdampfen immer etwas Paraffin mitzieht, das sich dann in der Umgebung als klebriger Film niederschlägt.

n-Butanol wird auch öfters genannt, da habe ich allerdings noch nicht damit gearbeitet. Hätte das Vorteile?

Bzgl. Mikrotom: Ein Rotationsmikrotom bringt jedenfalls deutliche Vorteile gegenüber einem Schlittenmikrotom, mit dem ich nie definierte Schnitte dünner als 15-20µm geschafft habe. Ein gut erhaltener Oldtimer funktioniert vermutlich ähnlich gut wie das von mir verwendete Leica aus der aktuellen Produktserie. Ich wollte allerdings etwas, wo ich noch viele Jahre Zubehör und Ersatzteilversorgung habe, deshalb ist es dann dieses Modell als Gebrauchtware geworden.

LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Bob in Mai 12, 2025, 21:56:06 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
Methylbenzoat verdunstet ja sehr langsam, Isopropanol recht schnell, das dürfte sich als Eigenschaft auch bei der Paraffintechnik wiederfinden, Isopropanol ist sicherlich nicht allzu sanft. Butanol dürfte zwischen den beiden liegen, riecht aber auch nicht so richtig gut. Ich habe es hier stehen, habe es aber noch nicht probiert, bislang nur Isopropanolmethode.
Mit klebrigem Film hatte ich keine Probleme, ich arbeite bei der Isopropanolmethode mit kleinen geschlossenen Gläsern in einem wärmegedämmten Kochtopf, das ist unkompliziet und sauber.
Deine Ergebniss sind jedenfalls prima, so viel Luft nach oben dürfte da gar nicht mehr sein.

Viele Grüße,

Bob

 
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 17, 2025, 07:42:27 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

ein sehr schöner und lehrreicher Beitrag, den ich mal angeheftet habe, damit er nicht in den Tiefen des Forums verloren geht.

Beste Grüße
Jörg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Mai 18, 2025, 09:24:23 VORMITTAG
Hallo Jörg,

danke für das Anheften! Das freut mich sehr.

Ein kleiner Wermutstropfen ist nur, dass die Liste der aktuellen hinzugefügten Beiträge auf der ersten Seite recht kurz wird...

LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juni 02, 2025, 20:22:43 NACHMITTAGS
Vor unserer Wohnung hat die Stadt ein hübsches Blumenbeet mit roten Spornblumen (Centranthus ruber) angelegt. Ein paar Knospen habe ich mir geschnappt und in Paraffin eingebettet. Gefärbt wurde mit Wacker (Acridinrot-Acriflavin-Astrablau). Die Schnitte waren wieder 8µm dick.

Leider war auf dem Messer eine kleine Verunreinigung, die in der unteren Hälfte des Bildes ihre Spuren hinterlassen hat. Trotz dieses Makels ein interessantes Blüten-Wimmelbild, finde ich.

Die Gesamtaufnahme ist ein Panorama aus 9 Einzelbildern (5x-Objektiv).

LG
Jürgen

20250522_105236_v2.jpg

P1004274-Pano-Bearbeitet.jpg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juni 12, 2025, 21:39:29 NACHMITTAGS
Die rote Spornblume (Centranthus ruber) hat recht große Pollenkörner. In den 8µm dicken Schnitten werden die Pollen demnach meistens durchtrennt, und der Inhalt sowie die Struktur der Pollenwand werden erkennbar. Die beiden untenstehenden Bilder zeigen das Ergebnis, einmal aufgenommen als z-Stack mit dem 40x-Objektiv und einmal als z-Stack (5 Aufnahmen) mit dem 100x-Objektiv.

2025-06-12 21-19-36 (C,S3)-Bearbeitet.jpg

2025-06-12 21-18-54 (C,S3)-Bearbeitet.jpg

Auf Paldat.org gibt es licht- und elektronenmikroskopische Pollen-Aufnahmen von den allermeisten heimischen Blütenpflanzen. Auch die rote Spornblume ist vertreten (https://www.paldat.org/pub/Centranthus_ruber/304566 (https://www.paldat.org/pub/Centranthus_ruber/304566)), allerdings nur mit lichtmikroskopischen Aufnahmen. Deshalb reiche ich hier die entsprechenden REM-Aufnahmen (Pollen wurden kritisch-Punkt-getrocknet) nach:

25-004-pr04-spornblume_pollen_08.jpg

25-004-pr04-spornblume_pollen_07.jpg
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juni 30, 2025, 22:59:44 NACHMITTAGS
Draußen vor der großen Stadt, direkt an der Endstation der U-Bahn, haben sich noch ein paar ehemalige Ackerflächen gehalten, die nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden und im Frühjahr ein üppiges Blütenparadies bilden.

Unter anderem wächst dort die österreichische Hundskamille (Cota austriaca), die ein interessantes Objekt für Paraffinschnitte darstellt. Untenstehend ein paar Bilder dazu. Die Korbblütler sehen natürlich immer ähnlich aus, aber ein paar Unterschiede zu den vorher gezeigten Pflanzen aus dieser Familie fallen doch auf.

LG
Jürgen

20250523_154312.jpg
Der Wuchsort

20250523_154055.jpg
Aufnahme der Pflanzen.

2025-06-30 22-32-17 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
Paraffinschnitt (8µm, gefärbt mit Wacker-Färbung), Aufnahme 10x-Objektiv am Leica DM 2000 LED.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Matt in Juli 12, 2025, 23:44:15 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen, vielen Dank für die phantastischen Bilder und deine Anleitung - gerade für mich als ,,Neuer" super hilfreich! Könntest Du zum Entlüften mit Vakuum noch ein paar Details nennen? Etwa Entlüftungsdauer, bei welchem Unterdruck und Nachbehandlung?

Herzliche Grüße aus München!

Matthias
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 13, 2025, 21:22:42 NACHMITTAGS
Hallo Mathias,

danke für das Lob! Bezüglich Entlüften im Vakuum habe ich keine fixe Vorgangsweise und probiere aktuell selbst noch verschiedene Parameter aus. Vermutlich gibt es auch kein Standardprogramm, das immer funktioniert. Je nach Probe wird man unterschiedlich vorgehen müssen.

Beim Präparieren der Pflanzenteile (Blüten, Stängel, Wurzel, ...) versuche ich immer, einen Zugang zu schaffen, durch den die Lösungsmittel ins Pflanzeninnere geraten können (z.B. Anschneiden oder Anstechen an der Unterseite der Probe).

Für's Entlüften verwende ich eine Membranpunpe, die bis ca. 150mBar Vakuum erzeugen kann. Der Druck sollte hoch genug sein, sodass das Lösungsmittel nicht zu sieden beginnt. Ich finde die Methylbenzoat-Stufe am besten für's Entlüften geeignet, da Methylbenzoat einen niedrigen Dampfdruck hat. Außerdem klärt es die Proben durch seinen hohen Brechungsindex. D.h. die Proben werden relativ durchsichtig, und man kann eventuell vorhandene Luftblasen im Inneren mit freiem Auge erkennen.

Ich lege für 30-45sec Vakuum an und prüfe, ob Luftblasen aufsteigen. Wenn ja, belüfte ich die Probe und wiederhole den Entlüftungsschritt 2-3mal.

Wichtig ist auch, dass man bei Einlegen der in Paraffin getränkten Probe in die Einbettungsform recht zügig und zielstrebg vorgeht. Wenn man in diesem letzten Schritt zu viel herumfummelt, hat man schnell neue Luftblasen in der Form, die sich beim Schneiden negativ bemerkbar machen.
LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Peter T. in Juli 13, 2025, 23:09:58 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

fantastische Bilder sind das. Gerade die Mischung aus den bezaubernden Blütenschnitten und den "breathtaking" REM-Aufnahmen ist grandios.

Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Alf in Juli 14, 2025, 15:27:46 NACHMITTAGS
Tolle Anleitung und tolle Schnitte!

Zum Entlüften verwende ich problemlos eine günstige Wasserstrahlpumpe in der 50% Ethanol Stufe zu Beginn der Entwässerung für ca 1-2 Minuten - damit wurde jede Luftblase entfernt.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 15, 2025, 21:33:25 NACHMITTAGS
@Peter T.: Ich bin auch immer wieder vom Formenreichtum fasziniert, auf den man bei solchen Aufnahmen stößt. Da kann man sich endlos verlieren und immer wieder Neues entdecken. Das Angenehme am REM: Die Probenpräparation ist eigentlich ziemlich einfach und deutlich schneller erledigt als ein Paraffinschnitt.

@Alf: Danke für den Hinweis, das werde ich beim nächsten Mal gleich ausprobieren.

LG
Jürgen

Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 23, 2025, 23:17:14 NACHMITTAGS
Eine Hauptmotivation, sich die "Patzerei" mit Paraffinschnitten anzutun, war der Wunsch, die Orchideen (in diesem Fall das rote Waldvöglein Cephalanthera rubra), die sich in unserem Garten angesiedelt haben (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=50612.0 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=50612.0)), mikroskopisch untersuchen zu können.

Das rote Waldvöglein lässt sich nicht in vitro vermehren, man kann die Untersuchungen also nur an einem geeigneten natürlichen Standort vornehmen. Da sich mittlerweile eine recht stabile Population an Pflanzen gebildet hat, kann ich ab und zu eine opfern, im Dienste der botanischen Mikrotechnik. Spannend ist besonders die mikroskopische Untersuchung der Wurzeln, um die Interaktion zwischen Pflanze und Bodenpilzen zu verstehen. Der Wurzelstock der Waldvöglein ist recht kompakt, und die Wurzeln dringen nicht sehr tief ins Erdreich ein

_DSC7502.jpg
Abb. Ceph01: Wurzelstock eines roten Waldvögleins.

Wenn man ein Wurzelstück in Paraffin einbettet und im Lichtmikroskop betrachtet (7µm dicke Schnitte, gefärbt mit Etzold FCA) erhält man typischerweise das untenstehende Bild:

P1004324-Bearbeitet.jpg
Abb. Ceph02: Querschnitt durch Wurzel des roten Waldvögleins, aufgenommen mit 10x-Objektiv.

Man erkennt dabei das zentrale Leitbündel in der Mitte, das umgebende Parenchym sowie die Rinde der Wurzel. Vereinzelt findet man (rote) Klümpchen, die sich bei genauerer Betrachtung als Ansammlung von Stärkekörnern herausstellen. Mit dem 100x-Objektiv (z-Stack aus 6 Aufnahmen) habe ich eines dieser Klümpchen genauer betrachtet.

2025-07-23 21-49-44 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
Abb. Ceph03: Aufnahme des Wurzelquerschnittes mit 100x-Objektiv.

Neben der rosarot gefärbten Stärkekörnern sieht man ein fasriges Anhängsel, das ich als eine Myzelstruktur interpretiere. 

Ich habe mir dazu auch ein Wurzelstück im REM angeschaut, wo sich ein ähnliches Bild ergibt: Die Klümpchen bestehen aus einzelnen Stärkekörnern. An manchen dieser Klümpchen findet man Pilzhyphen, die von außen in die Wurzel eindringen.

25-001-pr14-ceph_wurzel-08.jpg
Abb. Ceph04: Blick auf einen Querschnitt der Orchideenwurzel im REM.

25-001-pr14-ceph_wurzel-04.jpg
Abb. Ceph05: Detailblick auf Stärkekörner mit Pilzhyphen im Inneren der Wurzel.

Im Anfangsstadium ihres Wachstums, und teilweise auch im adulten Stadium, ernähren sich viele ORchideen (z.B. die Vogelnestwurz) von den Hyphenknäueln des Pilzpartners, den sie nach Eindringen in die Wurzel verdauen und als Nährstoffquelle nutzen. Bei den ausgewachsenen Waldvöglein scheint es eher so zu sein, dass der Pilz von der gebildeten Pflanzenstärke profitiert, und im Austausch vermutlich Wasser und Mineralstoffe liefert.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 23, 2025, 23:23:39 NACHMITTAGS
Im Keimungsstadium der Orchideensamen muss die Interaktion zwischen Pilz und Pflanze anders aussehen als im oben gezeogten Beispiel, da der Samen kein Nährgewebe aufweist und der Keimling die Energie für sein Wachstum aus den Pilzhyphen gewinnen muss. Um dieses Anfangsstadium dokumentieren zu können, habe ich an Stellen, an denen Orchideen wachsen, die vorhandene Erde gemeinsam mit Orchideensamen in kleine Kunststoffsäckchen gegeben und nach 6, 12 und 18 Monaten ausgegraben, um sie untersuchen zu können. Die Samen und Keimlinge sind sehr klein, deshalb habe ich den Inhalt der Säckchen unter dem Stereomikroskop durchmustert.

20250715_190243.jpg
Abb Ceph. 06: Aufgeschnittenes Kunststoffsäckchen unter dem Stereomikroskop.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 23, 2025, 23:33:57 NACHMITTAGS
Es ist erstaunlich, wieviel Leben sich in einer Handvoll Erde etabliert. Neben den Orchideensamen findet man kleine Gliedertiere, Pilzhyphen und Pflanzenwurzeln. Nur Keimlinge des Waldvögleins habe ich lange keine gefunden.

Letzte Woche war ich dann doch erfolgreich, denke ich. An einer Stelle konnte ich eine Miniaturversion des Wurzelstockes aus Abb.Ceph01 finden, die sich von den umgebenden Pflanzenwurzeln durch ihre kompakte, nestartige Struktur unterscheidet. Ich vermute daher, dass es sich hier um einen Keimling des roten Waldvögleins handelt. Die Wurzel ist, im Gegensatz zur Wurzel der adulten Pflanze, komplett von einem Filz aus Pilzhyphen ummantelt.

2025-07-15 21-08-40 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
Abb. Ceph07: Unterirdischer Wurzelstock eines keimenden Waldvögleins.

Auch im REM erkennt man, dass die Pilzhyphen die Wurzel fast vollständig bedecken. In der Detailaufnahme ist eine Pilzhyphe mit Schnallen zu sehen. Der Keimling liegt bereits im Paraffinblock. Ich hoffe, dass ich aus dieser sehr kleinen Probe ein paar brauchbare Schnitte erhalte. In den nächsten Tagen wird geschnitten und gefärbt, wenn alles klappt.

25-004-pr05-ceph_wurzel_04.jpg
Abb. Ceph08: Teil der keimenden Wurzel im REM.

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Abb. Ceph09: Pilzhyphe mit Schnallen an der Wurzel.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: mikrowastl in Juli 24, 2025, 12:52:42 NACHMITTAGS
Absolut spannend, Jürgen. Dass sich die Interaktion zwischen Pflanze und Pilz dermassen ändert, ja eigentlich schon ändern muss, in Abhängigkeit von den Bedürfnissen des jeweiligen Entwicklungsstandes der beiden Partner, ist schon bemerkenswert. Andrerseits auch logisch.
Mykorrhiza ist sowieso schon ein Faszinosum, dass es sich aber wandeln kann (und muss) finde ich noch faszinierender.
Freu mich schon auf die Fortsetzung!
Danke fürs teilen!
Gruß Hans
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 25, 2025, 21:40:47 NACHMITTAGS
Hallo Hans,

mittlerweile habe ich mich etwas durch die Literatur gewühlt. Eine interessante Arbeit ist "Bidartondo, Martin & Read, D.. (2008). Fungal specificity bottlenecks during orchid germination and development. Molecular ecology. 17. 3707-16. 10.1111/j.1365-294X.2008.03848.x. (https://www.researchgate.net/publication/51402542_Fungal_specificity_bottlenecks_during_orchid_germination_and_development) ".

Dort wird unter anderem das langblättrige Waldvöglein (Cephalanthera longifolia) in seinem Keimungsstadium untersucht. Interessanterweise verwenden die Autoren auch unterirdische Nylonsäckchen zum Wiederfinden der Samen, allerdings in einer etwas professionelleren Art und Weise als ich. In der Arbeit wird auch auf die Veänderung der Mykorrhiza vom Keimungsstadium hin zur ausgewachsenen Pflanze hingewiesen. Leider gibt es keine mikroskopischen Aufnahmen der Querschnitte.

Bei mir hat das Schneiden und Färben ganz gut funktioniert, hier eine erste Aufnahme mit dem 40x-Objektiv eines Schnittes (7µm Dicke), der mit Etzold FCA gefärbt wurde.

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Abb. Ceph10: Querschnitt einer Keimungswurzel (Etzold FCA, 7µm Schnittdicke, DIK 40x Objektiv).

Etzold färbt die verholzten Bereiche (in dem Fall die Rinde der Wurzel) rot. Der im Stereomikroskop erkennbare weiße "Filz" um die Wurzel, der ziemlich sicher einem Pilz zuzuordnen ist, wird kaum gefärbt. Deshalb habe ich diese Aufnahme mit dem Leica DIK aufgenommen, um etwas mehr Kontrast zu bekommen.

Die Wurzel wurde an ihrer KAppe angeschnitten, d.h. man sieht in der Mitte ins Innere hinein und erkennt pflanzliche Zellen. Zum Teil sind si blau gefärbt, das sind wahschneilich Reste der Zellulose aus den Zellwänden. Außerhalb der Wurzel sind ein paar Schnipsel von Hyphen, die hier bräunlich erscheinen. Im zentralen Teil der Wurzel (d.h. innerhalb des Bereiches, der von außen durch die Rinde begrenzt ist) habe ich keine Hyphen gesehen, auch in anderen Aufnahmen nicht. Die Pilzhyphen findet man im weißen Filz und manchmal im Inneren der Rinde.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 25, 2025, 21:49:59 NACHMITTAGS
Weil das Schneiden gut geklappt hat, hatte ich ausreichend Schnitte, um andere Färbungen auszuprobieren. Hier ein paar Aufnahmen eines 6µm-Schnittes, der mit Wacker gefärbt wurde (Acridinrot - Acriflavin - Alcianblau). Auch hier wird die Rinde rot/rosa eingefärbt, allerdings nimmt der weiße Filz ebenfalls eine leichte Tönung an und wird so besser erkennbar.

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Abb. Ceph11: Färbung mit Wacker, 40x-Objektiv Hellfeld.

Man sieht auch, wie ein Hyphennetz (lila/rot) den Filz, der die eigentliche Wurzel umgibt, durchdringt. In der höheren Vergrößerung mit dem 100x-Objektiv (immergiert) wird das noch besser erkennbar.

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Abb. Ceph12: Färbung mit Wacker, 100x-Objektiv immergiert, Hellfeld.

An anderen Stellen kann man meines Eractens Sporen erkennen, die an den Hyphen wachsen, ebenfalls mit dem 100x-Objektiv.

Diese drei Aufnahmen wurden jeweils als Stack aus 5-6 Einzelbildern erstellt.

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Abb.Ceph13: Pilzhyphen mit Sporen, 100x-Objektiv immergiert, Hellfeld.

Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Juli 25, 2025, 22:02:01 NACHMITTAGS
Neben Wacker und Etzold habe ich noch Baumwollblau und Lactophenol-Baumwollblau versucht. Letzteres hat nicht geklappt, da sich die pilzlichen Strukturen vom Objektträger gelöst haben. Aber Baumwollblau ist recht hilfreich, da auch der transparente Filz diesen Farbstoff gut aufnimmt.

Deshalb noch zwei weitere Aufnahmen, einmal mit 40x-Objektiv und einmal mit 100x-Objektiv. Beide Bilder sind wiederum gestackt.

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Abb. Ceph14: Keimende Orchideenwurzel, Färbung mit Baumwollblau, 40x-Objektiv, Hellfeld.

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Abb. Ceph15: Keimende Orchideenwurzel, Färbung mit Baumwollblau, 100x-Objektiv immergiert, Hellfeld.

Man erkennt hier gut, dass die Filzmatrix aus kleinen Filznadeln (blau gefärbt) besteht, die aber kein echtes Hyphennetzwerk bilden. Die eigentlichen Hyphen (grün-gelb) sind deutlich dicker und erkennar hohl im Inneren.

Insgesamt ist das alles schon nocht etwas rätselhaft für mich, vor allem da ich nur eine einzige Probe hatte. Ich denke, ich werde heruer noch ein paar Nylonsäckchen vergraben, die Samen sind bald reif. Vielleicht habe ich dann nächstes Jahr ein etwas größeres Proben-Ensemble, wenn ich auf die britische Methode aus dem oben zitierten Artikel zurückgreife.

LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Oktober 04, 2025, 22:25:27 NACHMITTAGS
Der heurige Sommer und Herbst boten der Botanik in Ostösterreich regelmäßigen Regen, was eher ungewöhnlich ist. Das Ergebnis ist ein frühlingshaftes Grün, und für die Jahreszeit gibt es erstaunlich viele Blühpflanzen.

Am Weg ins Büro ist mir das schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens) aufgefallen. Dieser giftige Neophyt ist in der Landwirtschaft eher unerwünscht, im städtischen Brachland stört die Pflanze weniger. Lange wird sie dort auch nicht wachsen, wie man im ersten Bild sieht. In der Terminologie von Peter T. würde ich sie als Vorstufe zur Pflasterritzenflora einordnen.

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Im Mikroskop ist die Pflanze ein sehr dankbares Objekt. Mit einiger Übung gelang es mir, die gesamte Blüte fast unbeschädigt als Paraffinschnitt zu präparieren, sodass ich in einem 3x3-Panorama (5x Objektiv) den gesamten Blütenquerschnitt aufnehmen konnte. Gefärbt wurde mit Wacker Acridinrot-Acriflavin-Astrablau. Schnittdicke waren 10µm.

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LG
Jürgen

Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Daniel Scheibenstock in Oktober 05, 2025, 08:49:18 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

Die Blüten begeistern mich immer wieder, tolles Ergebnis 🙂

Lg Daniel
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Oktober 05, 2025, 11:20:28 VORMITTAG
Zitat von: Daniel Scheibenstock in Oktober 05, 2025, 08:49:18 VORMITTAGDie Blüten begeistern mich immer wieder, tolles Ergebnis 🙂
Hallo Daniel,

danke für das Lob.

Über den Sommer habe ich noch einiges geschnitten und jetzt versucht, die Erfahrungen in einem Artikel zusammenzufassen. Wen es interessiert, findet auf der Homepage der Mikroskopischen Gesellschaft Wien den entsprechenden Text mit einigen Bildern und Videos:

https://www.mgw.or.at/paraffin_botanik/ (https://www.mgw.or.at/paraffin_botanik/)

abb_titel.jpg

Wir hatten ja kürzlich hier im Forum eine Diskussion zur Tiefenschärfe, dazu habe ich in Bezug auf Paraffinschnitte (Stacken, Panoramas, ...) einen Abschnitt eingebaut.

Für Liebhaber von druckbaren pdf's: In den nächsten Wochen erscheint zum 75-jährigen Jubiläum der Mitteilungsblätter der MGW ein Sonderheft, in dem dieser Artikel auch vorkommen wird. Das Sonderheft wird frei verfügbar sein, Gerhard Rawfoto wird dazu sicher im Forum etwas posten.

LG
Jürgen



Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Peter T. in Oktober 05, 2025, 11:40:50 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

wunderschön! Auch toll präsentiert.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Der Klein in Oktober 05, 2025, 21:25:22 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

danke für die außerordentlich schönen Bilder.
Besonders auch für die leicht verständliche und nachvollziehbare Anleitung samt weiterführenden Links.

Viele Grüße aus Bayern

Peter
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Oktober 06, 2025, 23:22:50 NACHMITTAGS
Hallo Peters,

freut mich, wenn Euch Text und Bilder gefallen. Paraffinschnitte macht man ja nicht jeden Tag, eine kleine Anleitung dazu ist hoffentlich recht nützlich.
LG
Jürgen
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in Oktober 12, 2025, 18:41:28 NACHMITTAGS
Nachdem die HBO-Lampe an meinem Leica-Durchlichtmikroskop etwas unterbeschäftigt ist, habe ich sie heute einmal angeworfen. Erfreulicherweise zündet sie problemlos, und ich konnte ein paar Aufnahmen an einem PAraffinschnitt des oben erwähnten schmalblättrigen Greiskrauts machen. Aufgenommen wurde mit einem 10x- und einem 5x-Objektiv, Anregungswellenlänge war 405nm. Die Schnitte wurden mit Wacker-Färbung eingefärbt.

LG
Jürgen

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Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in November 07, 2025, 18:38:52 NACHMITTAGS
Nach einigen Fehlschlägen bin ich mittlerweile mit meinen Pilz-Paraffinschnitten weitergekommen. Offenbar muss die Verweildauer in den einzelnen Lösungsmitteln bis zur Paraffineinbettung deutlich verkürzt werden im Vergleich zu botanischen Schnitten. Wenn der Pilz zu lange im Fixiermttel bzw. Ethanol liegt, erhält man nur Matsch. Die Pilzstücke sollten auch möglichst frisch sein bevor sie fixiert werden, ansonsten erhält man ebenfalls Matsch.

In meinem Garten hab eich untenstehenden Lamellenpilz gefunden, den ich leider nicht bestimmen konnte. Aber als Paraffin-Einbettungsobjekt war er offenbar ganz gut geeignet.

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Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in November 07, 2025, 18:47:34 NACHMITTAGS
Nach Einbettung habe ich die Blöcke gemäß dem oben angegebenen Protokoll am Rotationsmikrotom in 7µm dicke Schnitte geschnitten. Die Weiterverarbeitung war dann identisch zu den anderen botanschen Schnitten. Gefärbt habe ich mit Baumwollblau und Etzold-FCA. Etzold war im Ergebnis zu blass, deshalb zeige ich hier nur die mit Baumwollblau gefärbte Probe.

Die Aufnahmen wurden mit einem 5x- einem 40x- und einem 100x-Öl-Objektiv gemacht. Wie bei Pilzen üblich, sind die Details am besten bei den hohen Vergrößerungen erkennbar. Aber auch die 5x-Aufnahme ergibt interessante Informationen, speziell zu dem "Sandwich"-Aufbau der Lamellen mit einem schaumartigen Kern und einer kompakten Außenschicht.

In der 100x-Aufnahme sind die Basidien gut erkennbar, teilweise sind auch noch Sporen vorhanden, trotz der zahlreichen Bäder, durch die die Probe bis zur Einbettung gehen musste.

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5x-Objektiv

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40x-Objektiv


2025-11-07 17-29-40 (C,S3)-Bearbeitet.jpg
100x-Objektiv, Stack aus 6 Aufnahmen.
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in November 07, 2025, 18:49:34 NACHMITTAGS
Zum Vergleich zu den auf der vorigen Seite dargestellten Pilz-Paraffinschnitte zeige ich hier noch zwei REM-Aufnahmen: einmal von einer durchgeschnittenen Lamelle, einmal von einer einzelnen Basidie. Die Probe war luftgetrocknet, deshalb sehen die Strukturen etwas "verschrumpelt" aus.

LG
Jürgen

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Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: Wutsdorff Peter in November 07, 2025, 19:18:02 NACHMITTAGS
Guten  Abend Jürgen,
Deine Aufnahmen gefallen mir!
Hier die tragische Geschichte der dreifachen Witwe:
die ersten beiden Männer sind an Pilzvergiftung gestorben,
dem dritten ist die Bratpfanne auf den Kopf gefallen,der aß keine Pilze
Gruß  Peter W
Titel: Aw: Botanische Paraffinschnitte
Beitrag von: jcs in November 08, 2025, 22:46:49 NACHMITTAGS
Hallo Peter,

freut mich, wenn die Aufnahme gefällt!

Pilzvergiftungen kann man natürlich am einfachsten verhindern, wenn alles fein geschnippelt unters Mikroskop kommt. Deshalb lege ich hier noch eine Fluoreszenzaugnahme nach. Gefärbt wurde der Paraffinschnitt mit Uvitex 2B. Aufnahme war mit dem 40x-Objektiv am Leica DM 2000 LED. Schnittdicke war wieder 7µm, das scheint für Pilzstrukturen gut zu passen.

LG
Jürgen

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