Liebes Forum,
als Reaktion auf einen Anfrage von Florian beschreibe ich hier mal den 'Hologramm'-Algorithmus von PICOLAY.
Es gibt bei YouTube zwei Tutorials zur praktischen Anwendung:
Hologramm-Stacking mit PICOLAY: Sichtbarmachen von verlorenen Strukturen beim Fokus-Stacking (in 3D):
Farb-Stacking mit PICOLAY in der (Fluoreszenz)-Mikroskopie und als Farb-Hologramm:
Hier der theoretische Hintergrund:
Einen Bilderstapel kann man sich als einen dreidimensionalen Pixel-Quader (Pixel = Picture Element) vorstellen. Die Grundfläche entspricht Breite (x) und Höhe (y) der Bilder, die Tiefe der durchfahrenen Strecke (z-Achse). Deren Länge wird in PICOLAY als % der Bildhöhe angegeben.
Beim normalen wie beim Hologramm-Stacking analysiert PICOLAY (wie jedes herkömmliche Stackingprogramm auch) die Bilder des Stapels auf Strukturen, die anhand der Variation der RGB-Werte in der lokalen Nachbarschaft erkannt werden. Die gemessene Variation (der so genannte Nahkontrast) wird als Score-Wert für jedes Pixel in einem neuen Bitmap abgelegt.
Beim normalen Stacking werden nun die Pixel mit den maximalen Scores im Stapel an jeder Position gesammelt und zu einem scharfen Stapelbild verschmolzen. (Dabei wird auch geglättet, was hier aber keine Rolle spielt.) Außerdem wird eine Tiefenkarte (ein weiteres Bitmap) erstellt, die beschreibt, aus welcher z-Position das jeweils schärfste Pixel stammt. Die Tiefenkarte erlaubt die Projektion der scharfen Pixel zurück in die z-Position, aus der sie stammen, also die Erstellung von 3D-Bildern. Macht man das nicht, erhält man ein 2D-Bild, das alle scharfen Pixel plattgebügelt in einer Ebene zeigt.
Beim PICOLAY-Hologramm-Stacking wird keine Tiefenkarte erstellt. Stattdessen werden alle Pixel, die einen (einstellbaren) Minimum-Score-Wert erreichen, unmittelbar räumlich abgebildet. Während ein normales Stapelbild nur soviele Pixel hat wie eines der Ausgangsbilder, können es beim Hologramm theoretisch (bei Minmum-Kontrast von 0) soviele Pixel werden wie alle Bilder zusammen haben. Das macht aber keinen Sinn, da man die niemals alle gleichzeitig sehen kann.
Wie sehen die Ergebnisse aus? Wir unterscheiden verschiedene Fälle:
Fall A:
x und y Achse verbleiben bei 0°, werden also nicht gedreht. Minimum-Score ebenfalls 0.
Das entspricht einer einfachen 2D-Aufsicht. Da keine Score-Schwelle gesetzt wurde, sieht das Ergebnis identisch aus, wie das erste Bild. (Die Stapel werden von PICOLAY immer vom letzten Bild aus analysiert, aufnehmen sollte man sie von vorne/oben nach hinten/unten). Allerdings dauert Stacking dann extrem lange, weil (unsinnigerweise) alle Pixel des gesamten Stapels bewertet werden. Man sieht aber am Ende nur die des obersten Bildes.
Fall B:
x und y Achse verbleiben bei 0°, werden also nicht gedreht. Minimum-Score >0, aber klein.
Jetzt werden alle Pixel dargestellt, die den Minimum-Wert erreichen. Auch solche, die weniger scharf sind als das schärfste Pixel im Stapel. Letztere können, wenn sie weiter oben im Stapel sind, die schärfsten Pixel verdecken und lassen das Bild unschärfer erscheinen. Immerhin könnten dadurch schwache Strukturen im oberen Stapelbereich sichtbar werden, die sonst durch die Maximal-Pixel verborgen wären.
Fall C:
x und y Achse verbleiben bei 0°, werden also nicht gedreht. Minimum-Score >0, aber sehr groß.
Jetzt werden nur Pixel dargestellt, die einen entsprechend großen Score-Wert erreichen. Viele Stellen bleiben leer. Dort wird dann der ausgewählte Hintergrund (Mittelwert, dunkelstes oder hellstes Pixel, oder eine ausgewählte Farbe) erscheinen. Immerhin sieht man sehr starke Strukturen und das Stacking ist ziemlich schnell, empfiehlt sich zu Beginn, wenn man die perfekten Parameter sucht.
Fall D:
x oder y Achse verstellt auf 180°. Minimum-Score >0 und angemessen groß.
Jetzt sieht man das Objekt exakt von unten. Auch Pixel, die beim normalen Stacking durch diejenigen mit Maximal-Score verdeckt würden, werden sichtbar. Letztere bleiben u.U. verdeckt. So kann man die Unterseite des Objekts besser sichtbar machen.
Fall E:
x und/oder y Achse verstellt auf einen anderen Wert als 0° oder 180°. Minimum-Score >0 und angemessen groß.
Jetzt ergibt sich ein schräger Blick auf das Objekt. Je nachdem, wie die Winkel gewählt werden, lassen sich sowohl die Pixel mit dem höchsten Score als auch solche mit weniger sichtbar machen.
Im besten Fall werden alle interessanten Strukturen, die man im Stapel unterwegs hat sehen können, sichtbar gemacht. Das nenne ich dann ein PICOLAY-Hologramm.
Um die passenden Werte zu finden, muss man jeweils experimentieren, mit dem Score, den Winkeln und auch mit der Filtergröße (wie groß ist die Nachbarschaft (wieviele Pixel im Radius), die auf Variation untersucht werden soll). Am besten mit ziemlich großem Minimum-Kontrast anfangen, um schnell Ergebnisse zu bekommen, dann runter gehen.
Heutzutage werden die meisten mikroskopischen Forschungsarbeiten wohl am Fluoreszenz-Mikroskop durchgeführt. Deswegen habe ich das Hologramm-Verfahren auch für Farben implementiert. Statt Kontrast in der Nachbarschaft wird dabei die Nähe zur Zielfarbe des gesuchten Chromophors analysiert.
Last not least lassen sich aus jedem Bild alle Pixel, die die Selektionsbedingungen erfüllen, automatisch als Bitmap exportieren und die entstehenden Bilder z.B. als Grundlage für 3D-Druck exportieren.
Im Zweifelsfall mal einfach beim PICOLAY-Autor nachfragen ;)
Herzliche Grüße und viel Erfolg!
Heribert