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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in Mai 11, 2010, 22:56:08 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr *
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 11, 2010, 22:56:08 NACHMITTAGS
Liebe Mikrofreunde,

um bei Gelb zu bleiben, diesmal ein Wenig vom gewöhnlichen Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia).

Der Löwenzahn ist eine krautige mehrjährige Pflanze von typisch 10 bis 30 cm Höhe, die in allen Pflanzenteilen einen weißen Milchsaft enthält. Durch seine bis zu 2 Meter (!) lange Pfahlwurzel ist er sehr ausdauernd. (wovon die meisten Gartenfreunde ein Lied singen können ;D).
Sie geht in eine kurze, stark gestauchte Sprossachse über, auf der die Blätter dicht in einer grundständigen Rosette stehen. Nach einer Verletzung des Vegetationspunktes regeneriert sich die Pflanze aus der Wurzel und kann dann sogar mehrere Blattrosetten nachbilden.
Die 10 bis 30 cm langen Blätter sind eiförmig oder eilanzettlich, unregelmäßig stark gelappt und tief eingeschnitten/gezähnt. Einschnitte und Zähne sind von der Basis bis zu etwa 2/3 der Länge stark, weiter zur Blattspitze abhängig vom Standort meist geringer ausgeprägt.

Aus den Blattachseln entspringen in der Hauptblütezeit von April bis Mai mehrere Blütenstiele, die die von vielen Hochblätter und einem Wirtel Hüllblätter umstandene Korbblüte tragen. Die Hüllblätter schließen sich abhängig von Tageszeit und Witterung, um den aus vielen einzelnen Zungenblüten zusammengesetzten Blütenkorb zu schützen.

Die an einem haarigen Flugschirm (Pappus) hängenden Früchte (Achänen) des Löwenzahns bilden später die kugelige "Pusteblume", bevor sie vom Wind verbreitet werden.

Bild 1: Blühender Löwenzahn auf der Wiese
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_60964135.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 2: Blüte mit Gästen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_59031524.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 3: Die Pusteblume :D
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_39172891.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 4: Illustration aus Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz", 1885, Gera, Germany (von http://www.biolib.de, gemeinfrei)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_17949633.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 5: Eine weitere noch aufwändigere Illustration aus Köhlers Medizinalpflanzen, Franz August Köhler, ca. 1905, ebenfalls gemeinfrei.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_2427122.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Köhler hat deutlich mehr Details in seiner Zeichnung unter gebracht, neben einem Schnitt des Blütenkorbes findet man hier auch die Pfahlwurzel des Löwenzahns, die als Radix taraxaci zu den 'offiziellen' Drogen gehört.

Bild 6: Makroaufnahme der Achänen mit den anhängenden Pappi (Mit Canon S3IS und einer LED-Leuchte auf Schwanenhals)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_42111654.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)


Mikroskopisch galt mein Interesse diesmal der Pfahlwurzel des Löwenzahns. Die Proben wurden am Stück für 3 Tage in AFE fixiert und anschließend noch einmal 2 Tage in Ethanol 70% gelagert.
Der Schnitt erfolgte mit Handzylindermikrotom und Leica Einmalklingen im Klingenhalter. Die Schnitte sind ca. 50 bis 60 µm dick.
Gefärbt wurde nach Wacker mit Acridinrot, Acriflavin und Astrablau, anschließend wurden die Schnitte über Isopropanol in Euparal eingeschlossen.

Die Technik: Leica DME mit N- und C-Planen, Canon A520 über den Herrmannschen Adapter an Leica Periplan.

Bild 7: Querschnitt durch die Pfahlwurzel des Löwenzahns, vom Zentralzylinder links bis zur Endodermis als äußerster Zellschicht rechts, Vergrößerung 50x, Stapel aus 8 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_15976275.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)  

Der Durchmesser des gesamten Präparates beträgt etwa 6 mm, der hier gezeigte Ausschnitt bildet an der breitesten Stelle den Radius der Wurzel mit ca. 3 mm.
Leider kommen die äußeren Zellschichten aufgrund der Abbildungsleistungen des Übersichtsobjektives nicht zur Geltung, dazu später mehr in einer Detailaufnahme.

Ich gestehe, dass mir die Interpretation der Anatomie der Löwenzahnwurzel eine Menge Problem bereitet hat, da sie einige Besonderheiten aufweist.
Beim Versuch, das Rätsel zu lösen, bin ich auf den Aufsatz "Das Wurzelwerk von Taraxacum officinale Weber" (Gerhard Keil, 1942, Beihefte zum Botanischen Centralblatt, Band LX) gestoßen, dessen Kapitel V "Der anatomische Bau der Wurzeln" neben zwei Literaturhinweisen auch die gewünschte Aufklärung enthält.

Hier ein Link zum Beiheft LX: Klick! (http://bibdigital.rjb.csic.es/ing/Libro.php?Libro=6250)
Der Aufsatz beginnt auf Seite 57 der Ausgabe, das Kapitel V auf Seite 83. Die Seiten können am linken Rand der Webseite ausgewählt werden.

Ich möchte hier natürlich nicht den angelesenen Inhalt dieser Arbeit wiedergeben, wage mich aber an eine beschriftete Version von Bild 7.

Bild 8: Anatomie der Pfahlwurzel des Löwenzahns (Bild 7 mit Beschriftung)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_47843779.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
ZZ  : Zentralzylinder mit Xylem und Xylemparenchym
T    : Trachee
Ca  : Cambium
PP  : Phloemparenchym mit konzentrischen, teilweise unterbrochenen Ringen aus Siebzellen und
      Milchröhren
IN  : Inulineinlagerungen (Reservestoff)
AG : Abschlußgewebe, Genaueres im Aufsatz von Gerhard Keil.

Hier noch einmal der Querschnitt durch die Wurzel in Einzelbildern höherer Vergrößerung.

Bild 9: der Zentralzylinder in der Übersicht, Vergrößerung 50x, Stapel aus 12 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_5486421.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Der Zylinder besteht aus dem Xylem und dem Xylemparenchym, Markstrahlen sind nicht mehr oder nur noch andeutungsweise erkennbar. Er ist umgeben vom Cambium. Der Xylemstrahl auf 7:00 Uhr endet in einer Seitenwurzel.

Bild 10a/b: Ausschnitt aus dem Zentralzylinder mit Tracheen und dem umgebenden Cambiumring, Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern. Bild 9b mit Maßstab und Beschriftung.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_45562356.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_37040123.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
T:  Trachee
XP: Xylemparenchym
Ca: Cambium

Bild 11: Ausschnitt aus dem Phloemparenchym mit gelb gefärbten Inulineinlagerungen um eine Gruppe von Siebzellen, Vergrößerung 200x, Stapel aus 7 Bildern.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_56192840.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Der größte Durchmesser der gelben Fläche beträgt rund 255 µm.

Bild 12:Die äußeren Zellschichten der Wurzel, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_45649854.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 13a/b: Eine neue Seitenwurzel vor dem Durchbrechen der äußeren Zellschichten, Vergrößerung 100x, Stapel aus 11 Bildern. Bild 13b mit Bemaßung.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_40977533.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_32049666.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 14a/b: Die Spitze der Seitenwurzel mit Vegetationspunkt, primärem Wurzelmeristem und Wurzelkappe, Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 Bildern. Bild 14b mit Beschriftung.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_32948864.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39838_6303902.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Leider ist der Schnitt an dieser Stelle zu dick für eine klare Abbildung. Vermutlich ist die Probe dem Messer beim freistehenden Schneiden etwas ausgewichen.
RZ  : Ruhendes Zentrum, Vegetationspunkt der Wurzelspitze
pM : primäres Meristem
WK : Wurzelkappe (Kalyptra)

Allen, die bis hier hin durchgehalten haben, vielen Dank fürs geduldige Lesen. Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

Edit 12.05.2010: Fehler gemäß der Ergebnisse der Diskussion korrigiert.
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 11, 2010, 23:10:16 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

was für ein schöner Beitrag, sehr gut dokumentiert!
Bild 6 (Pappi mit den Achänen = Sonderform der Nüsse) und die Mikroaufnahmen begeistern mich sehr: super Schnitte, brillante Färbung und eine hilfreiche, gute Interpretation/Beschriftung.
Die Bilder 14 a/b sind sehr interessant, da sie die Kalyptra und das Apikalmeristem zeigen.
Bisher kannte ich mikroskopisch betrachtet nur die gemörserte Droge.
Eine gelungene Darstellung einer "Zeigerpflanze", die oft als "Spontanaufwuchs" so ungeliebt und doch eine wichtige Heilpflanze ist :)

Viele Grüße
Mila

P.S.: ist das ganz außen beim Querschnitt nicht die Rhizodermis?
P.P.S.: Eigenkorrektur: außen ist das Periderm
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: rekuwi in Mai 11, 2010, 23:17:56 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

so ein Zufall! Gerade jetzt erfinde ich ein Rätsel und Du zeigst die Lösung wunderbar aufbereitet in Deinem Beitrag. Die Schnittbilder sind spitzenmäßig!

Derzeit wandern immern noch zarte Blättchen des Löwenzahn in meine Frischkräutermischung die ich mir übers Mittagessen streue.

Liebe Grüße
Regi
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 11, 2010, 23:32:46 NACHMITTAGS
Liebe Mila, liebe Regi,

vielen Dank für Euer Lob!

Liebe Mila,
die Baby-Seitenwurzel war ein echter Glücksfall. Die Schnittebene liegt fast optimal. Wenn man genau hinsieht, ist die Scheitelzelle nicht ganz getroffen, sie liegt eine Zelllage tiefer. Das Bild schaut wirklich aus, wie die Zeichnungen im Escherich.
Du hattest Inulin (Alantstärke) als Reservestoff angesprochen. Könnte es sein, dass es sich bei den gelben Inseln im Phloemparenchym nicht um Reste des Milchsaftes, sondern um eben diesen Reservestoff handelt?
Optisch aktiv sind die Inseln nämlich:

Bild 15: Bild 11 mit Pol-Filter (und der bekannten Schwäche der Canon A520)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/39848_14719320.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Liebe Regi,
es tut mir Leid, dass ich Dir Dein schönes Rätsel vermasselt habe - was für ein Zufall! Stimmt. Löwenzahn ist lecker. Ein Pesto aus den Blättern mit Parmesan, Pinienkernen und Olivenöl passt auch gut zu Nudeln.

Herzliche Grüße!
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 11, 2010, 23:49:47 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

über die Anatomie stolpere ich ein bisschen. Den von Dir erwähnten Artikel habe ich gelesen und mit meiner Literatur verglichen. Das Phloemparenchym (Rindenparenchym?) außerhalb des Zentralzylinders verstehe ich nicht ???
Morgen werde ich weiter darüber nachdenken...

Herzliche Grüße
Mila

P.S.: ich hab's verstanden: sek. Phloem außerhalb des Kambiums nach sek. Dickenwachstum der Wurzel :)
puh, und das um Mitternacht!
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 12, 2010, 00:05:38 VORMITTAG
Lieber Jörg, liebe Mila,

erst einmal Dir, lieber Jörg ein Lob! Wunderbar dargestellt.

Ich bin, wie Mila, nicht einverstanden mit der Endodermis. Die gibt es ganz sicher in dem Stadium nicht mehr.

Meiner Meinung nach ist das gesamte Gewebe außerhalb des Kambiums Phloem, das hier wohl auch als Speicherungsgewebe dient. Dazu kommen natürlich auch die eingelagerten Milchröhren.

Eine kleine Kritik zu der, eigentlich sensationell gut getroffenen Seitenwurzelanlage: Eine Scheitelzelle gibt es bei den Blütenpflanzen nicht. die Sache ist etwas kompliziert. Es gibt ein sog. ruhendes Zentrum, an dessen Peripherie nach oben Wurzelzellen und nach unten Zellen der Wurzelhaube (Kalyptra) abgeschieden werden.

Die Scheitelzelle findet man noch bei den Farnen. Aber, das darf man als "akademisch" abtun.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 12, 2010, 09:59:38 VORMITTAG
Guten Morgen,

gestern war ich nicht direkt auf die Idee gekommen, dass es sich beim "Unkraut" bereits um das zweite Jahr => sekundäre Wurzel handelt! (Jörg: mehr jäten - oder aufessen ;D)

Zur Anatomie des Wurzelquerschnitts der Droge heißt es in "Mikroskopische Drogenmonographien":

Wurzel im Querschnitt nach außen durch eine dünne Korkschicht abgeschlossen; primäre Rinde meist fehlend, sonst schmal; sekundäre Rinde breit; im Parenchym der sekundären Rinde tangential angeordnet konzentrische dunkle Kreise erkennbar; diese aus Milchröhren mit gelblichbraunem Inhalt und aus Siebröhren mit Geleitzellen bestehend;... Reservestoff Inulin.

Viele Grüße
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Holger Adelmann in Mai 12, 2010, 10:25:07 VORMITTAG
Wiederum TOP, lieber Joerg - diesmal schlaegt m.E. aber die Makroaufnahme der Achaenen & Pappi alle Mikroaufnahmen  ;D
Sehr schoen.

Herzliche Gruesse
Holger
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 12, 2010, 11:07:38 VORMITTAG
Lieber Jörg,

ich gebe ja zu, dass die Interpretation im äußeren Bereich nicht einfach ist. Die Literaturstelle, die Mila zitiert kannte ich nicht. Unter diesem Gesichtspunkt denke ich jetzt, dass diese Schicht, die Du als Endodermis bezeichnest, in Wirklichkeit das Phelloderm und die darüber liegende Schicht das Phellogen (Korkkambium) ist.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 12, 2010, 11:13:45 VORMITTAG
Zitat von: Mila in Mai 11, 2010, 23:10:16 NACHMITTAGS
P.P.S.: Eigenkorrektur: außen ist das Periderm

Vielleicht für alle Interessierten eine Erklärung der Begriffe Periderm, Phelloderm, Phellem, Phellogen mit Hilfe des folgenden Links:

http://de.wikipedia.org/wiki/Periderm

Viele Grüße
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: RainerTeubner in Mai 12, 2010, 18:42:21 NACHMITTAGS
Hallo,

ich habe mir von dem Artikel eine pdf-Datei erstellt. Wer Interesse an dem Artikel hat, sende mir bitte eine e-mail. Ich werde den Artikel dann per e-mail zuschicken.

Mit freundlichen Mikrogrüßen

Rainer Teubner
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 12, 2010, 21:02:54 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer direktes oder impliziertes Lob! ;)
Mit dem Versandt des PDF's wäre aber ggf. noch etwas zu warten, da ich die Fehler, auf die Detlef dankenswerter Weise hingewiesen hat, korrigieren werde.

Liebe Mila,
der Löwenzahn stammt selbstverständlich nicht aus unserem Garten - sondern aus dem so genannten Straßenbegleitgrün.  ;D

Liebe Mila, lieber Detlef,
Danke für Eure Hinweise zur Anatomie der Wurzel und der Wurzelspitze!

Wenn die Ergebnisse von Gerhard Keil noch gültig sind, macht die Pfahlwurzel des Löwenzahns drei Phasen des sekundären Dickenwachstums durch.
1. Junge Wurzel
-  von außen nach innen:
  'klassische' Primäre Rinde, Endodermis, Phloem mit Siebzellen und Milchröhren, Cambium und Xylem mit Tracheen

2. Alternde Wurzel
- bei einem Durchmesser von 2 bis 3 mm (das hier gezeigte Exemplar misst 6 mm im Querschnitt) stirbt die primäre
 Rinde ab, reißt im Laufe des weiteren Dickenwachstums ein und wird abgestoßen
- Die Endodermis bildet kurzfristig die äußere Hülle der Pfahlwurzel, sie stellt das Wachstum mit dem Absterben der
 primären Rinde ein und ihre Zellen werden beim weiteren Dickenwachstum stark gedehnt und abgeplattet.
 Die Bildung eines neuen Abschlußgewebes findet nicht statt.
- von außen nach innen:  
 Abgestorbene Zellen der Endodermis, mehr oder weniger deformiert, Phloem mit Siebzellen und Milchröhren,
 Cambium und Xylem mit Tracheen

3. Ältere Wurzel
- Die äußeren Zellschichten verkorken, dies gilt auch für die am weitesten außen liegenden Zellschichten des
  Phloems und betrifft alle Zelltypen (Phloemparenchym, Milchröhren und Siebzellen)
- Mit fortschreitendem Dickenwachstum reißen die äußeren Schichten ein und werden abgestoßen.
- von außen nach innen:  
  Verkorke Phloemzellen, Phloem mit Siebzellen und Milchröhren, Cambium und Xylem mit Tracheen

Ich hoffe, ich habe die Entwicklung richtig verstanden und wiedergegeben.

Wie passt nun das Bild 12 in diese Darstellung? Welche Zelltypen sehen wir da und in welchem Stadium befindet sich die Wurzel?
Es wäre klasse, wenn einer von Euch das Bild beschriften und hier wieder einstellen könnte.

Die Bilder der Wurzelspitze habe ich im Ausgangsbeitrag bereits korrigiert.


Ich glaube auch nicht mehr, dass es sich bei der gelb gefärbten Substanz um Milchsaftreste handelt, da sich ausden Schnittflächen ausgetretener Saft im Laufe der Fixierung komplett gelöst hat. Dies ist beim verwendeten AFE mit Blick auf die übliche Zusammensetzung des Milchsaftes (http://de.wikipedia.org/wiki/Milchsaft) in meinen Augen auch plausibel.
Damit halte ich es für wahrscheinlich, dass es sich um Inulin (http://de.wikipedia.org/wiki/Inulin), den Reservestoff des Löwenzahns handelt.
Die entsprechenden Stellen habe ich oben ebenfalls korrigiert.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 12, 2010, 21:32:06 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

erlaube mir bitte die Anmerkung, dass auch ich zur Aufklärung der Anatomie beigetragen habe und nicht nur Detlef. Ich habe recherchiert, nachgelesen, die entsprechenden Fundstellen zitiert.

Gruß Mila

Übrigens: die Idee mit dem Inulin stammt ebenfalls von mir bzw. meiner Literatur!
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 12, 2010, 21:37:03 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

bitte entschuldige! Das habe ich beim Verfassen der Nachricht unabsichtlich unterschlagen und sofort korrigiert.

... und damit meine Bitte um korrekte Zuordnung und Beschriftung von Bild 12 gleich auf Dich erweitert. ;D

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: beamish in Mai 12, 2010, 21:43:32 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

was hast Du Dir wieder Arbeit gemacht! Die Resonanz spricht für sich...

Ich freue mich auf die nächste Doku!

Herzlich

Martin
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 12, 2010, 22:02:08 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

toll, was Du da an Literaturrrecherche abgeliefert hast. Das konnte ich in der Schnelle nicht.

Also, ich passe jetzt erst einmal, was Abb. 12 angeht. Am ehesten sieht das noch nach einer abgestorbenen primären Rinde aus. Aber Milas Zitate sagen ja etwas Anderes, was mir plausibler erscheint.

Ich melde mich zu dem Thema noch einmal!

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 12, 2010, 22:36:47 NACHMITTAGS
Lieber Martin,

auch Dir herzlichen Dank!

Lieber Detlef,

ich habe nur die Aussagen aus dem Keilschen Aufsatz zusammengefasst. Der ist ja von 1942 und vielleicht nicht mehr ganz aktuell.

Von der Zellschichtung liegt wirklich eine Interpretation als junge Wurzel nahe. Aber die ist doppelt so dick wie bei Keil beschrieben und sollte somit die primäre Rinde längst abgestoßen haben. Bisher ergibt das ganze auch für mich in keiner Richtung ein schlüssiges Bild.

Allerdings ist in allen Texten, die ich bisher gesehen habe, von konzentrischen Ringen von Siebzellen und Milchröhren die Rede - siehe Bild 16. Im Präparat sind die Ringe jedoch unterbrochen.

Bild 16: Zeichnung zum Querschnitt der Löwenzahwurzel aus "The Anatomy og Plants" Nehemiah Grew, 1682,
(© 1995-2005 Missouri Botanical Garden http://www.illustratedgarden.org)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/39951_8627612.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Ob es sich tatsächlich noch um eine junge Wurzel mit primäre Rinde handelt, die an einem günstigen Standort sehr schnell gewachsen ist?   
Vielleicht habe ich den Schnitt aber auch zu weit oben angesetzt und wir sehen den Übergang zur Sprossachse?

Ich bin gespannt, was Du noch herausfindest.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 13, 2010, 00:11:20 VORMITTAG
Ohne weiteren Kommentar:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/39963_18187811.jpg)

Gruß Mila

Quelle: "Mikroskopische Drogenmonographien", Hohmann, Reher, Stahl-Biskup

Damit ist meine Literaturrecherche beendet und ich klappe meine Bücher zu!
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 13, 2010, 07:59:21 VORMITTAG
Liebe Mila,

vielen Dank für die Illustration aus den "Mikroskopische Drogenmonographien". Schön, dass der Verlauf der Milchkanäle und Siebzellen im Phloemparenchym auch in Längstrichtung dargestellt ist, man bekommt so eine viel bessere Vorstellung von der Räumlichen Anordnung der Leitungssysteme.

Ich habe mal gezählt: im Präparat komme ich auf 8 bis 9 Ringe Milchröhren. In der Zeichnung sind es wohl auch 8. Das legt nahe, dass es sich um Wurzeln in einem ähnlichen Stadium handelt. Allerdings ist die letzte Zellschicht sehr dünn gezeichnet und passt somit nicht zu der Situation im Präparat. Gibt es zu der Illustration vielleicht auch einen Maßstab, um den Querschnitt besser einordnen zu können?

Ob wir hier eine Lösung finden? Meine Vermutung von gestern Abend, mit meinem Schnitt vielleicht schon im Übergang zum Spross zu liegen und so die anders gestaltete Rinde erklären zu können, passt wohl eher nicht - immerhin gibt es ja eine Seitenwurzel in der Schnittebene.  ???

Drei Schnitte habe ich noch übrig. Vielleicht sieht man mit einer anderen Färbung mehr. Werde mal Etzold Grün nach Brügmann probieren.

Die Unterstützung bei der Aufklärung meines 'Wurzelproblems' finde ich wirklich klasse. Allen Beteiligten hier nochmals meinen ausdrücklichen Dank!  :)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 13, 2010, 10:44:24 VORMITTAG
Es lässt mir keine Ruhe..., also gut (*Bücherwiederaufklapp*):

aus "Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen", Bettina Rahfeld:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/39974_39178406.jpg)


aus "Pulveratlas der Drogen", Walter Eschrich (Maßbalken = 100 Mikrometer)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/39974_62810779.jpg)


aus "Teedrogen und Phytopharmaka", Max Wichtl:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/39974_25105139.jpg)


Leider habe ich den DAC (Deutschen Arzneimittelcodex) mit einer ausführliche Beschreibung der anatomischen Merkmale nicht hier zu Hause. Die Monographie liefere ich nach.

Einen schönen Feier- und/oder Vatertag wünscht
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Rawfoto in Mai 13, 2010, 11:05:57 VORMITTAG
Guten Tag an Alle :-)

Mit Spannung verfolge ich diese Serie, einfach spitze was es unter Euch für Wissen gibt und vor allem, welches Wissen Ihr auch mit anderen teilt ==> einfach Spitze!!!

:-)

Gerhard
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 13, 2010, 11:08:40 VORMITTAG
Herzlichen Dank lieber Gerhard :)

Viele Grüße
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 13, 2010, 11:39:30 VORMITTAG
Liebe Mila,

danke für die aufschlussreichen Seiten aus Deiner Bibliothek. Ich bekomme Lust, mal eine Wurzel eintrocknen zu lassen (oder mich in der Apotheke einzudecken), um die Analyse auf Pharmazeuten-Art durchzuführen, wie Du sie uns letztes Jahr im Bonner Kreis gezeigt hast.

Interessant finde ich, dass die Milchröhren nach allen deinen Quellen wohl auch Verbindungen zwischen den Ringen zu haben scheinen, was bei Keil noch streng verneint wird.

Die Inulinschollen scheinen in der Droge ja frei unterwegs zu sein. Sie wären beim Zerkleinern also aus dem Zellverbund rausgebrochen. Das deckt sich in meinen Augen mit den Beobachtungen in meinen Präparaten.

Mittlerweile liegen die mit Etzold Grün (Brügmann) gefärbten Schnitte unter Glas. Der in Bild 12 helle Zellring ist dort genau wie die äußeren verkorkten Zellagen leicht rot angefärbt. Bilder dazu gibt es aber wohl erst morgen Abend oder Samstag, wenn sich die Präparate etwas geklärt haben.

Mal schauen, was sich noch ergibt. Wir werden uns wohl auf die Suche nach einer richtig alten Wurzel machen müssen, um vergleichen zu können. Vielleicht lässt sich ja ein Exemplar im Möhrenformat auftreiben.
Keil schreibt übrigens, dass die Anzahl der Milchkanalringe keinen Rückschluss auf das Alter der Wurzel zulässt. Damit wäre der Durchmesser das einzige verbleibende Kriterium, was aber leider auch stark vom Standort (Nährstoff- und Wasserversorgung etc.) beeinflusst ist.

Lieber Gerhard,

mein Gefühl ist eher, dass wir bezüglich der 'Wurzelfrage' momentan viel Unwissen haben, das wir aber gerne mit allen teilen.  ;D
Dass das hier im Forum aber auch mit Wissen so gehalten wird, zeigen jede Menge andere Threads - und das ist der Grund, warum ich hier so gerne mitlese und schreibe.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 16, 2010, 09:23:18 VORMITTAG
Liebe Wurzelfreunde,

nun sind die neuen Schnitte mit der Etzold Grün Färbung nach Brügmann so photogen, dass sich einigermaßen vorzeigbare Bilder ergeben.

Hier zunächst ein Überblick mit einer Dickenmessung der fraglichen Zellschichten.

Bild 17: Äußere Zellschichten der Löwenzahnwurzel, Vergrößerung 100x, Stapel aus 13 Bilder (https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/40262_20789541.jpg)[/URL

Ausgehend von den von Keil beschriebenen Wachstumsstufen der Löwenzahnwurzel versuche ich nun noch einmal eine Interpretaion des Präparats.

Typ 1: Junge Wurzel
Die Wurzelrinde mit Phelloderm, Phellogen und Phellem ist noch komplett erhalten.

Bild 18: Interprätation als Wurzel vom Typ 1, Vergrößerung 100x, Stapel aus 13 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/40262_63114148.jpg) (http://www.imagebanana.com/)
Von Außen nach Innen:
Phellem     : Verkorktes Abschlußgewebe
Phellogen   : Korkkambium
Pd            : Phelloderm
PZ            : Perizykel und Endodermis, Abschluss des Phloems gegen die Wurzelrinde
PP            : Phloemparenchym
MR           : Milchröhren


Typ 2: Alternde Wurzel (Abgestorbene Endodermis als äußerste Zelllage)
Ein kurzes Zwischenstadium, in meinen Augen unwahrscheinlich.


Typ 3: Alte Wurzel
Verkorkte Zellschichten des Phloemparenchyms als äußere Zelllagen.

Bild 19: Interpretation als Wurzel vom Typ 3, Vergrößerung 100x, Stapel aus 13 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/40262_21564379.jpg) (http://www.imagebanana.com/)
Von Außen nach Innen:
K     : Kork
AP   : abgestorbenes Phloem
AMR : Milchröhren im abgestorbenen Phloem
???  : Im Rahmen des Aufbaus einer Typ 3 Wurzel fällt mir die Interpretation dieser Zelllagen schwer ...
PP   : Phloemparenchym
MR   : Milchröhren


Bewertung:
Persönlich halte ich es für unwahrscheinlich, dass das Präparat eine alte Wurzel vom Typ 3 zeigt. Dafür spricht zwar, dass man Teile des Gewebes als alte Milchröhren (AMR in Bild 19) interpretieren kann, aber unter der Annahme, dass das gesamte Gewebe bis zum Kork Phloemparenchym ist, ergibt sich - zumindest nach meinem laienhaften Verständnis - keine sinnvolle Bezeichnung für die Zelllagen, die mit drei Fragezeichen gekennzeichnet sind.
Weiterhin würde ich bei einer alten Wurzel eine zerklüftetere und auch dickere Korkschicht als Abschlußgewebe erwarten. Keil hat ja schön beschrieben, dass im Laufe des Sekundären Dickenwachstums der Wurzel außen absterbendes Phloemparenchym verkorkt und schließlich einreißt, weil es dem Wachstumsdruck der tiefer liegenden Schichten nicht standhalten kann.

Damit ist eine Wurzel vom Typ 1 mit kompletter Wurzelrinde für mich die wahrscheinlichere Deutung des Präparates, zumal ich in höherer Vergrößerung eindeutig ein Phellogen zu erkennen glaube:

Bild 20: Wurzelrinde mit Phellem, Phellogen und Phelloderm, Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/40262_30872992.jpg) (http://www.imagebanana.com/)

In diesem Modell wäre die Zellschicht zwischen der Wurzelrinde und dem Phloemparenchym als Perizykel/Endodermis anzusprechen. Weiterhin passt ins Bild, dass die Korkschicht nicht zerklüftet ist.

Die mit AMR bezeichneten Strukturen müssten dann als - vielleicht durch den Wachstumsdruck verdichtete Stellen des Phelloderms angesprochen werden.

Klar ist auf jeden Fall, dass sich die Wurzel bereits im sekundären Dickenwachstum befindet, was sich aus der Struktur des  Phloemparenchyms und des Xylems ergibt. Ein diarcher Zentralzylinder ist nicht mehr zu erkennen.

Ich hoffe auf lebhafte Diskussion meines Vorschlags. Vielleicht lässt sich das Rätsel der Löwenzahnwurzel ja gemeinsam doch noch lösen.

Herzliche Grüße
Jörg
 
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 16, 2010, 09:33:03 VORMITTAG
Lieber Jörg,

das ist ja gigantisch, welche Arbeit und Gedanken Du Dir machst!

Ich werde mich da noch mal in Ruhe hinein vertiefen,

herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 16, 2010, 09:56:19 VORMITTAG
Lieber Jörg,

ja, Mila hat recht, Du hast dich da ordentlich festgebissen - ich meine das im positiven Sinne. Und ich glaube jetzt auch, dass wir zu einer abschließenden Interpretation kommen können.
ZitatDie Wurzelrinde mit Phelloderm, Phellogen und Phellem ist noch komplett erhalten.

Das muss heißen: schon komplett erhalten. Das Periderm ist das sekundäre Abschlussgewebe und ersetzt Epi/Rhizodermis und Exodermis. Zu erkennen an deinem letzten Foto. Allerdings musst Du das anders interpretieren: Phellem ist richtig, Phellogen auch. Die zwei lebenden Zellschichten darunter bilden das Phelloderm. Die darunter liegenden, gequetschten und toten Zellen müssen demnach die Reste der primären Rinde sein. Und demnach hättest du auch mit Endodermis und Perizykel recht.

Jetzt gibt es allerdings einen Widerspruch: nach Milas Zitat müsste die primäre Rinde ja abgestoßen werden und an deren Stelle das Periderm treten. Das ist hier offenbar aber nicht der Fall. Möglicherweise geschieht dies in einem späteren Stadium und es wird ein neues Periderm gebildet; nicht ungewöhnlich.

Weiter komme ich nicht ohne eigene Studien oder Recherchen.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Mila in Mai 16, 2010, 10:16:00 VORMITTAG
Lieber Jörg, lieber Detlef,

wie wäre es denn, wenn wir eine Borkenbildung in Betracht ziehen würden? Allerdings wäre das dann ein wirklich altes Würzelchen... ???

Viele Grüße
Mila
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 16, 2010, 10:43:12 VORMITTAG
Liebe Mila, lieber Detlef,

danke für Eure Anerkennung, aber das will ich jetzt wissen! Also muss ich mir halt auch die Arbeit machen.  ;D

Hätten wir bei einer Borkenbildung nicht wieder Probleme mit den drei Fragezeichen?  ???
Was wäre das dann für eine Struktur?

Lieber Detlef,

vom jungen Würzelchen kommend hast Du natürlich recht. Das "noch" verwendete ich im Hinblick auf Keils 3 Typen. Und da ist es ja der erste beschriebene Typ, von dem aus sich die Wurzel weiter entwickelt. Den Weg dahin hat er garnicht beschrieben und ich glaube, so junge Pflänzchen waren für ihn bei seinem Thema auch uninteressant.

Interpretiere ich Deine Beschreibung richtig:
Bild 21: Korrektur zu Bild 20
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/40275_36703049.jpg) (http://www.imagebanana.com/)

Euch beiden vielen Dank und herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 16, 2010, 10:54:47 VORMITTAG
Genau so sehe ich das im Moment!

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Detlef Kramer in Mai 18, 2010, 13:00:30 NACHMITTAGS
Hallo Löwenzahnforscher,

ich war heute Vormittag in Darmstadt und habe schnell den Metcalfe zu Rate gezogen. Es ist demnach tatsächlich so, dass zunächst die primäre Rinde erhalten bleibt, später sich aber dann innerhalb des Phloems ein neues Periderm entwickelt, und dann wird natürlich alles, was sich außerhalb befindet, abgestoßen. Dieses Stadium liegt aber hier mit Sicherheit noch nicht vor.

Somit bleibe ich bei meiner letzten Interpretation.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 18, 2010, 16:23:40 NACHMITTAGS
Lieber Detlef,

vielen Dank für's Nachschlagen!

Somit können wir das Wurzelrätsel als gelöst betrachten und fest halten, dass die von Keil angenommenen 2 mm maximale Dicke für Typ 1 nicht in jedem Falle korrekt ist.

Ich freue mich auch schon auf Klaus' angekündigte Bilderserie vom Übergang der Löwenzahnwurzel in den Spross. Mal sehen, was es da noch zu entdecken gibt.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Klaus Herrmann in Mai 18, 2010, 17:40:30 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,


ZitatBilderserie vom Übergang der Löwenzahnwurzel in den Spross

das ist noch viel spannender! Wats ap!
Titel: Re: Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Wurzeln und mehr
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 18, 2010, 18:44:18 NACHMITTAGS
Lieber Klaus,

ich warte mit Spannung, und ich denke, nicht nur ich.  :)

Schon mal ganz herzlichen Dank voraus!
Jörg