Liebes Forum,
In einer anderen Diskussion zur Funktion der Kondensor-Hilfslinse wurden Zweifel an der in der Praxis erreichbaren Apertur geäussert, speziell hinsichtlich der des 0,9 Zeiss-Standard Kondensors.
Wir erinnern uns daran, dass der Wert der numerischen Apertur dem Sinus des halben Öffnungswinkels entspricht, mit dem die randständigsten Lichtstrahlen in die Frontlinse des Objektivs fallen, multipliziert mit dem Brechungsindex des Immersionsmediums zwischen den Linsen (Luft = 1, Immersionsöl = 1,518). Dieser Winkel nähert sich der theoretischen Grenze von 90 Grad (= 1 ohne bzw. 1,518 mit og.Immersionsöl), ohne diesen Wert jedoch in der Praxis erreichen zu können, da die Totalreflexion an den Grenzflächen speziell bei den Trockensystemen eine natürliche Barriere bildet.
Den Winkel der aus dem Kondensor austretenden Strahlen kann man leicht mit einem Trübglaswürfel sichtbar machen, den man auf die Frontlinse des Kondensors legt:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/41136_5361635.jpg)
Hier der 0,9 Trockenkondensor mit Frontlinse
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/41136_18500443.jpg)
Hier der Immersionskondensor 1,4.
Beide Frontlinsen waren über Immersionsöl mit dem Trübglaswürfel verbunden, obwohl dies beim Trockensystem nicht nötig wäre. Die Kantenlänge des Würfels beträgt 2 cm, was für die Berechnung des Winkels natürlich belanglos ist, aber den Durchmesser des beleuchteten Objektfeldes abschätzen lässt.
Weil der Blickwinkel der Photographien leicht von oben kommt und ich keine falschen Behauptungen in die Welt setzen möchte, bleibt es Jedem Betrachter überlassen, selbst ein Schul-Geo anzulegen, den Winkel zu messen und dessen Sinus zu berechnen.
Das Resultat mag für Manchen überraschend sein.
Viel Erfolg!
Alfons
Klasse Idee!
Sind solche Würfel erschwinglich erhältlich?
-- mir fällt da gerade eine Alternative ein:
Einen Objektträger ritzen und in 4 Stücke brechen, die dann mit Silikon auf einen anderen Objektträger kleben.
Eben wie man ein Aquarium zusammenklebt. Wassergefüllt härtet es schneller.
Dann mit einer trüben Brühe füllen. Wenn die zu dick ist, mit Wasser verdünnen.
-- noch ´ne Alternative für Raucher:
Einen tiefen Zug aus der Kippe nehmen, den Rauch mit einem Schlauch(!) langsam über den Kondensor blasen.
Der Winkel wird geschätzt und in das Kurzzeitgedächtnis abgelegt - Messen is´ nich´!
Habe ich gerade probiert - Geht!
- die Aufschreie kann ich hören -
Nix für ungut - Werner
Hallo Werner,
Ihre geniale Idee dieser nützlichen Anwendung des Zigarettenrauchs dürfte selbst Nichtraucher überzeugen, die dann aber wohl doch lieber zu diesem Zwecke eine stark verdünnte Magermilch im Bechergläschen verwenden dürften!
Um Ihre Frage zu beantworten: Zu kaufen gibt es diese Würfel leider nicht - die Besten wurden früher aus grünem Uranglas geschliffen (radioaktiv und noch schlimmer als Nikotin!).
Mein Exemplar stammt aus einer Spezialfertigung der Firma Zeiss (W) für ihren ehemaligen Mitarbeiter und späteren Direktor des Tübinger Instituts für Wissenschaftliche Mikroskopie. Dieser hatte einen Fehlguss von trübem optischen Glas in der Firma gesehen, ihn vor der Entsorgung gerettet und sich ein paar dieser Würfel für Demonstrationszwecke herstellen lassen. Ganz korrekt, wie es einer akademischen Institution entspricht, später mit einer speziellen Fassung für Zeiss und in einer zweiten Serie mit einer Fassung für Leitz-Mikroskope.
Mit herzlichen Mikroskopiker-Grüßen,
Alfons
Guten Abend,
sehr eindrucksvolle Demonstration mit schwer erschwinglichen Mitteln. 8)
Aber wie wäre es denn mit einem Erlenmeyerkolben mit Seifenlauge gefüllt?
Die Form würde jedenfalls annähernd zum Lichtkegel passen. ;D
Beste Grüße
Bernd
Zitat von: Alfons Renz in Mai 27, 2010, 23:56:22 NACHMITTAGS
Zu kaufen gibt es diese Würfel leider nicht - die Besten wurden früher aus grünem Uranglas geschliffen (radioaktiv und noch schlimmer als Nikotin!).
auch wenn uranglas sicher nen gewissen reiz hat (vorallem aufs erbgut) sollt so n würfel aus milchglas doch nicht so schwer zu beschaffen sein
Hallo,
ich hatte früher für die Darstellung einiger Strahlenverläufe geschliffene Silicat-Aerogelblöcke benutzt.
Dies ist hochporöses Silizium (ca. 0,3 g/cm³) mit einer Porengröße im Nannometerbereich, wobei der Block durch die Rayleigh-Streuung blau erscheint.
Die fein geschliffenen Blöcke habe ich nicht mehr, wohl aber noch unbearbeitete Stücke.
Wer welche braucht, kann mir eine pers. Nachricht senden.
Hier einige Strahlenverläufe eines Zeiss 0,9-Kondensors an einem "Roh"-Aerogelstück.
Mit freundlichem Gruß
Frank
Frontlinse eingeschwenkt
1. Aperturblende (AB) geschlossen, Leuchtfeldblende (LB) geschlossen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_52764458.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
2. AB geschlossen, LB geöffnet
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_25590389.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
3. AB Mittelstellung, LB geschlossen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_10716817.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
4. AB Mittelstellung, LB geöffnet
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_12494717.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
5. AB geöffnet, LB geschlossen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_25391385.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
6. AB geöffnet, LB geöffnet
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_1761653.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Frontlinse ausgeschwenkt
7. AB Mittelstellung, LB geschlossen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_12165529.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
8. AB Mittelstellung, LB geöffnet
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/41177_10577913.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hallo
Äh, wie wird der Zigarettenrauch immergiert?
Gruss
Jürg
Hallo Freunde der 0,9 und 1,4 Zeiss-Kondensoren:
Etwas späte Anmerkung (ich war kurz verreist): Rein rechnerisch betragen deren Aperturwinkel (leicht gerundet) a) beim trockenen 0,9-Kondensor 64,2°; b) beim "geölten" 1,4-Kondensor 67,3°. ( a: NA = 1,000 * sin 64,2° = 0,900 ; b: NA = 1,518 * sin 67,3° = 1,400 ). (Hoffentlich habe ich mich "auf die Schnelle" nicht verrechnet.)
Sie sind also gar nicht so verschieden! Der große Unterschied in den NA-Werten beruht also hauptsächlich im hohen Brechungsindex des Immersionsmittels!
In den Bildern von Herrn Renz kann man das beim 1,4-Kondensor ungefähr nachvollziehen; den 0,9-ner sollte man vielleicht doch "trocken" (d.h. in Luft, z.B. mit Rauch) demonstrieren.
Freundliche Mikrogrüsse
H. Husemann
Nachtrag: In Glas oder Immersionsöl von n = 1,52 sollte der Aperturwinkel des 0,9.ners nur 36,4° betragen. Das ist im betreffenden Bild von Herrn Renz nachvollziehbar: