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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: rekuwi in Dezember 15, 2008, 17:34:55 NACHMITTAGS

Titel: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: rekuwi in Dezember 15, 2008, 17:34:55 NACHMITTAGS
Hallo rundum,

das hat mich doch sehr gereizt und ich zupfte mir eine sowieso störende Borste aus. Samt Haar fand ich aber erstmal nichts. Ich schabte vorsichtig mit einer Nadel (unter Zuhilfenahme einer Augenlupe) den Balg ab und wurde nun fündig. Allerdings lag die Milbe nicht ganz plan. Machte mehrere Fotos (durchs Okular mit meiner Samsung-Digi-Knipsi). Dann fiel mir die simple Färbemethode von Herrn Nachtigall ein und ich ließ etwas Wasser mit Kopierstift unter das Deckglas laufen. Der Erfolg war unsichtbar. Da der Kochtopf winkte ließ ich das Ganze erstmal bleiben. Später wollte ich die Milbe einer Freundin zeigen. Das Präparat war natürlich eingetrocknet und ich belebte es wieder mit ein wenig Wasser. Und siehe da, die Milbe war errötet.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/3463_49726848.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures001/3463_25534854.jpg)

Schon erstaunlich daß die Viecher auf der Haut leben und zur Vermehrung wieder in ihren Haarbalg krabbeln.

Liebe Grüße von Regi
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: UPSi in Dezember 15, 2008, 17:53:41 NACHMITTAGS
Moin,

ich habe überhaupf keine Größenvorstellung von den kleinen Milben, wie groß bzw. lang sind die Milben?

Sind diese Haarbalgmilben Symbionten oder Parasiten?

Gruß
U. S.
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Detlef Kramer in Dezember 15, 2008, 17:59:09 NACHMITTAGS
Hallo,

ich schätze, das sind reine Parasiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie uns etwas geben. Gut dass sie zumindest unschädlich sind.

Herzlichen Gruß
Detlef Kramer



Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Klaus Henkel in Dezember 15, 2008, 18:00:09 NACHMITTAGS
Zitat von: rekuwi in Dezember 15, 2008, 17:34:55 NACHMITTAGS

Schon erstaunlich daß die Viecher auf der Haut leben und zur Vermehrung wieder in ihren Haarbalg krabbeln.


Sie leben nicht AUF der Haut, sondern IN der Haut!

KH
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Peter V. in Dezember 15, 2008, 18:28:44 NACHMITTAGS
Hallo, Ihr Lausebengel

ich weiß nicht, was unser freundlicher Apotheker empfiehlt....ich empfehle: Wikipedia  :)

http://de.wikipedia.org/wiki/Haarbalgmilbe

Lausige Grüße
Peter
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Bernhard Lebeda in Dezember 15, 2008, 23:33:00 NACHMITTAGS
Hallo Regi

das Foto mit den rot gefärbten Milben finde ich toll!

Ich dachte Demodex würde unter Kommensalen des Menschen eingeordnet. Das wäre dann eher Symbiont als Parasit.


Viele Grüsse


Bernhard

Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Päule Heck in Dezember 16, 2008, 22:32:26 NACHMITTAGS
Hallo Bernhard,

soviel ich weiß, haben bei Symbionten doch beide einen Nutzen voneinander. Ich wüsste da aber doch gerne, wo der Nutzen für den Menschen liegen sollte....... Für mich sind das reine Parasiten!

Herzliche Mikrogrüße

Päule



Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Oliver S. in Dezember 16, 2008, 22:34:12 NACHMITTAGS
Ja, ihre Gegenleistung ist doch klar: Sie ist die selbe wie bei einer Katze, einem Wellensittich oder einem Goldfisch: Sie leisten Gesellschaft, unterhalten uns, wie man hier ja auch sieht, streichen uns sogar um den Bart und man ist nie alleine  ;D
Gruß, Oliver
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Peter V. in Dezember 16, 2008, 22:44:02 NACHMITTAGS
Hallo!

Na ja, so eine richtige Erklärung, über welchen genauen Mechanismus die Haarbalgmilbe "nützlich" ist, habe ich auch nicht ergoogeln könne; immerhin aber wird in diesem Beitrag etwas diffus von ihrer Funktion, das Gleichgwicht der Hautflora aufrecht zu erhalten, gesprochen.

http://www.medizinische-berufe.ch/lexikon/Medizin/Parasitologie/Haarbalgmilbe.html

Wahrscheinlich ist es so: Nütz nix, schatt auch nix! Jetzt müssen wir diese Aussage nur noch korrekt biologisch terminieren  :D Parasit? Symbiont? Kommensal? Wobei ich übrigens hier erstmalig auf letzteren Ausdruck gestoßen bin - Bildungslücke? Intuitiv dachte ich bei wörtlicher Übersetzung an "Mitesser", aber das sind ja wieder Komedonen... ;D
Erschreckend jedenfalls, daß diese Viecher sich an den teuren Anti-Falten-Gesichtscremes laben....

Herzliche Grüße
Peter
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Klaus Herrmann in Dezember 16, 2008, 22:44:28 NACHMITTAGS
Hallo Päule,

Zitatsoviel ich weiß, haben bei Symbionten doch beide einen Nutzen voneinander. Ich wüsste da aber doch gerne, wo der Nutzen für den Menschen liegen sollte....... Für mich sind das reine Parasiten!


auf den ersten Blick vielleicht. Aber lies mal den Beitrag in Wiki, der Link wurde von Bernhard hier angegeben.

Wenn Deine Frau Dir die Wange mit Lippenstift verschmiert: mit demodex ist alles ex! Du musst Dich nicht mal waschen! ;)
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Bernhard Lebeda in Dezember 16, 2008, 23:48:28 NACHMITTAGS
Hallo liebe Diskutanten

ich denke Parasitismus geht immer auch mit einer Schädigung des Wirtes einher : http://de.wikipedia.org/wiki/Parasitismus#Herkunft_des_Wortes


Eine solche liegt bei Demodex nicht vor. Und ein gegenseitiger Nutzen auch nicht, also auch keine Symbiose.
Daher liest man wohl in Kremers grossem Kosmos Buch S. 236

" Haarbalgmilben sind streng genommen keine Parasiten, sondern harmlose Kommensalen des Menschen, die sich von den fettigen Sekreten der Hautdrüsen ernähren"

Vergl. auch:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kommensale


Entscheidend ist also, ob der Wirt geschädigt wird oder nicht!

Symbiose -- gegenseitiger Nutzen

Parasitismus -- einseitiger Nutzen mit Schädigung des Wirtes

Kommensalismus -- einseitiger Nutzen ohne Schädigung des Wirtes

So in etwa ist das bei mir als Nichtbiologe angekommen!


Viele Grüsse

Bernhard
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Oliver S. in Dezember 17, 2008, 00:23:39 VORMITTAG
Dafür gibt es noch den Fachbegriff: http://de.wikipedia.org/wiki/Probiose
Gruß, Oliver
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: rekuwi in Dezember 17, 2008, 17:59:55 NACHMITTAGS
Hallo rundum,

Super! Jetzt wissen wir endlich alles über diese lieben kleinen Viecherchen.

Grüßle von Regi
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Günter in Dezember 17, 2008, 18:49:49 NACHMITTAGS
Hallo,

die Bilder und Worte in beiden Beiträgen habe mich animiert, noch ein wenig in meinen Parasitoligiebüchern für Veterinärmedizin nachzulesen.
Nun würde ich die Demodex-Milbe doch als echten Parasit bezeichnen.

Auch über die in der Menschenhaut lebende Art D. folliculorum stand etwas drin. "Meist harmlos auftretende Hautparasiten des Menschen ... In größeren Mengen liegen die Milben in den sog. Mitessern (Komedomen), als deren Erreger sie angesehen werden ... Pathogen werden sie selten, können jedoch den Boden für bakterielle Infektionen bereiten."

Bei den Tieren ist der Befall überwiegend verborgen (subklinisch), selten tritt schuppige gerötete Haut, stellenweiser Haarausfall oder Juckreiz auf.
Bedeutsamer scheint der wirtschaftliche Schaden an den rohen Häuten (zur Lederherstellung). In der Blöße (von Epidermis und Haaren befreite Haut) treten linsengroße Knötchen auf (mit Detritusmassen und Milben gefüllt). Bei der Lederherstellung führt dies zu Schäden und Entwertung.

viele Grüße
Günter
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Bernhard Lebeda in Dezember 17, 2008, 19:08:23 NACHMITTAGS
Hallo Günter

das widerspricht aber der Aussage in Peters Link

"Während sie bei Tieren mit geschwächtem Immunsystem eine Demodikose verursachen können, sind negative Folgen bei Menschen und seinem Kommensalen Demodex follicularum nicht bekannt"

Vielleicht sollte man mal einen Dermatologen fragen. Ich litt übrigens in der Pubertät unter Akne. Die Theorien der 70er Jahre über deren Ursache und Behandlung wichen doch ziemlich stark von der heutigen Lehrmeinung ab. Das dürfte bei Demodex nicht anders sein!



Gruss

Bernhard
Titel: Re: noch ne Haarbalgmilbe, folgt errötend den Spuren der Vorgänger
Beitrag von: Alfons Renz in Dezember 17, 2008, 23:51:00 NACHMITTAGS
Hallo, liebe Milbenfreunde,

Der Reihe nach:

Zur Definition des Parasitismus: Ob die Beziehung zwischen zwei verschiedenen Arten von Lebewesen parasitisch ist, hängt nicht zuletzt von Definitionen ab, über die man zumindest nachdenken kann. Der von de Bary 1879 geprägte Überbegriff 'Symbiose' bezeichnete im ursprünglichen Sinne alle möglichen Formen des Zusammenlebens, vom Kommensalismus über den fakultativen und obligatorischen Parasitismus bis hin zum Mutualismus und zur Symbiose im engeren Sinne. Jedoch, was für das einzelne Individuum nachteilig sein kann, ist möglicherweise eine Segen für die Population und die Evolution. Kein Ökosystem bliebe im Gleichgewicht ohne Parasiten, und ohne sie wäre die Evolution gewiss sehr viel langsamer verlaufen.

Der Mensch betrachtet sich in der modernen Gesellschaft nicht mehr als Teil eines Ökosystems, sondern als dessen Meister. Insofern fällt uns die Definition der Humanparasiten leicht, jedenfalls solange wir nicht an die Bevölkerungsexplosion und die Grenzen des Wachstums denken. Ob 'die Pille' die Rolle der Parasiten übernehmen kann?

Ist nun Demodex ein Parasit oder Kommensale? Hier müssen wir differenzieren: Im Menschen leben zwei Arten der Gattung Demodex: Demodex brevis in der Talgdrüse und D. folliculorum im Haarfollikel. Wer die hier gezeigten Bilder genau betrachtet, erkennt die Unterschiede. D. brevis hat ein kurzes Opisthosoma ('Hinterleib'), D. folliculorum ein viel längeres. Auch die Biologie, die Form der Extremitäten und die Genitalien der Männchen unterscheiden sich.

Leider lässt sich keine der beiden Arten im Labor züchten, ein Tiermodell gibt es nicht und Experimente am Menschen sind kaum durchführbar. Insofern ist man auf epidemiologische Untersuchungen und Fallberichte angewiesen. Hier müsste jedoch zunächst die Frage geklärt werden, um welche Art (oder welchen Stamm) es sich wirklich handelt. Denkbar wären vor allem auch allergische Reaktionen auf Milbenantigene (wie bei der Hausstaubmilbe und vielen anderen Acari), aber gerade solche Symptome fallen individuell ganz unterschiedlich aus, wie bei allen Allergenen.

Ziemlich unstrittig scheint die Beteiligung der Demodex-Milben bei der Äthiologie der Akne rosacea zu sein (einer Form der Alters-Akne), ob als Ursache oder als deren Folge, ist allerdings m.W. noch offen.

Bei Tieren kommen viele andere Arten vor, D. bovis etwa bei Rindern. Deren intradermale und bis zu erbsengroßen Zysten lassen sich in der Tat wie ein Pickel ausdrücken. Bei Hunden kann B. canis Haarausfall und Räude verursachen. So hat jedes Haustier seine Demodex-Milben.

Wer es jetzt wissen möchte, ob er Milben beherbergt, kann diese leicht nachweisen: Bei stark fettiger Haut genügt es, die Talgdrüsen im Nasenflügel auszudrücken ('Nasenfett') und auf einem Objektträger mit etwas Immersionsöl oder Paraffinöl zu verreiben. Mit einem Deckglas quetschen und dann bei 10 bis 40facher Vergrößerung und starker Abblendung durchmustern.

Bei sehr trockener Haut sollte man das Öl auf die Haut auftragen, die Talgdrüsen so gut es geht quetschen und dann das Öl mit einer scharfen Kante vorsichtig abschaben. Dann wie oben untersuchen. Die Milben erkennt man an ihren 4 Beinpaaren (Larven haben nur 3!) und ihrem bei sehr starker Vergrößerung deutlich geringelten Opisthosoma.

Der Befall nimmt mit dem Lebensalter zu, ca. 1 % pro Lebensjahr. Die älteren Leser des Mikroforums müssten demnach in der Mehrzahl Milben beherbergen. Ich bin gespannt auf Ihre Jagderfolge!

Mit herzlichen Milben-Grüßen,

Alfons Renz