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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in Februar 06, 2011, 21:36:58 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 06, 2011, 21:36:58 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

im Herbst 2009 habe ich hier schon einmal die Färbungen der BEN-Reihe und deren Entwicklung (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=3038.0) vorgestellt.
In den letzten Tagen habe ich nun versucht, die Eosin-Nelkenöl-Färbung etwas zu entschärfen, da diese Lösung immer frisch angesetzt werden muss und das eingebrachte Eosin sofort mit Bestandteilen des Nelkenöls reagiert. Dadurch wird die Färbung schlecht steuerbar und es kommt bisweilen vor, dass sich ungelöste Eosinkristalle im Schnitt verfangen.

Diese Probleme lassen sich vermeiden, wenn man Färbung und Beize in zwei getrennten Stufen vor nimmt. Dazu wird eine gesättigte Lösung von Eosin B in reinem Isopropanol erstellt und damit gefärbt. Anschließend erfolgt die Beize zur Vertiefung und Stabilisierung der Färbung in Nelkenöl.

Je nach Färbedauer erhält man unterschiedlich intensive Rottöne - die Vorfärbung mit Brillantkresylblau und Acriflavin bleibt immer gleich.

Die Tests zum neuen Färbeprozess habe ich mit Schnitten vom Haselspross durchgeführt - dank der Großzügigkeit von Leopold (Muschelblümchen) hatte ich davon genügend zu Hand. Die AcriBEN Färbung wirkt am besten an stark verholzten Geweben, also optimale Ausgangsbedingungen - zumal die Schnitte, wie hier (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=7697.0) diskutiert, auch Reaktionsholz enthalten.  
Abschließend habe ich den neuen Prozess auch an verschiedenen anderen Schnitten probiert, um die Ergebnisse für verschiedenartige Proben zu dokumentieren.

All das ist auf der Webseite des Mikroskopischen Kollegium Bonns (http://www.mikroskopie-bonn.de/index.html) in der Bibliothek "Botanische Mikrotechnik (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html)" dokumentiert. Dazu gibt es den Arbeitsplan zur Färbung auf einem DinA4-Blatt zum Download.

Daher hier nur ein paar Bilder als "Teaser" - den Rest auf unserer Webseite.

Bild 1: Unterschiedliche Schnitte warten nach vollendeter Färbung aufs Eindecken
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures006/58233_47846089.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Blütenstängel einer Phalaenopsis Hybriden (Kaufhausorchidee) -die großen Schnitte mit dem deutlichen grünen Sklerenchymring. Etwas kleiner, stark behaart und mehr ins gelbliche: Blattstiele des Runzelblättrigen Schneeballs (Viburnum rhytidophyllum). Die rundlichen kleinen Schnitte sind vom echten Loorbeer (Laurus nobilis) und die rechteckigen vom Lavendel (Lavandula angustifolia).

Bild 2: Gegenüberstellung von 4 unterschiedlichen Färbezeiten, Haselspross mit Reaktionsholz
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58233_42088191.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Direkter Vergleich des Haselspross-Querschnitts mit Xylem und Mark. Von links oben nach rechts unten: Einwirkzeit der Eosin/Isopropanol-Lösung 2, 5, 8 und 10 Minuten. Bei den stark angefärbten Zellen mit verdickten Zellwänden im Xylem handelt es sich um Reaktionsholz.

Nun noch die Einzelbilder aus der obigen Zusammenstellung:

Bild 3: Haselspross mit Reaktionsholz, Färbedauer in der Eosin/Isopropanollösung ca. 2 Minuten. Vergrößerung 200x.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58233_47894266.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 4: Haselspross mit Reaktionsholz, Färbedauer in der Eosin/Isopropanollösung ca. 5 Minuten. Vergrößerung 200x.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58233_17507860.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 5: Haselspross mit Reaktionsholz, Färbedauer in der Eosin/Isopropanollösung ca. 8 Minuten. Vergrößerung 200x.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58233_46733630.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 6: Haselspross mit Reaktionsholz, Färbedauer in der Eosin/Isopropanollösung ca. 10 Minuten. Vergrößerung 200x.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58233_37030675.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Vielen Dank fürs Ansehen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Mila in Februar 06, 2011, 22:58:21 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

das ist ja wirklich klasse, wie Du Deine selbstentwickelte Färbung noch weiter optimierst.

Ich freue mich auf einen Färbe-Workshop (*zaunpfahlschwenk* ;D)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 07, 2011, 08:59:55 VORMITTAG
Liebe Mila,

vielen Dank für Dein Lob! Wenn gewünscht, mache ich natürlich gerne noch mal einen Färbeworkshop zur AcriBEN Färbung.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Frank Fox in Februar 07, 2011, 09:10:25 VORMITTAG
Lieber Jörg,

da bin ich dann auch dabei  ::) .

Herzliche Grüße aus Trier
Frank
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Jan Kros in Februar 07, 2011, 09:16:45 VORMITTAG
Hallo Jörg

Sehr schön wie das alles dargestellt hast
auch ich bin interessiert in diese Färbung.
Gruss
Jan
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Klaus Herrmann in Februar 07, 2011, 09:56:53 VORMITTAG
Lieber Jörg,

sehr schön und wertvoll Deine systematische Variation dieser interessanten Färbung!

Wäre eigentlich mal ein schöner Artikel für die "Ewigkeit" im Mikrokosmos: Vergleich verschiedener polychromatischer Färbungen für die botanische Histologie
Womit der schwierigste Part: die Formulierung des Titels schon mal erledigt wäre ;D

Im Ernst: das wäre ideal und passt sehr gut zur Tradition von Krauter, der immer großen Wert gelegt hat auf Anregungen für den Praktiker!

Eine Frage treibt mich um: Das letzte Bild, das mir am prägnantesten erscheint sieht ja fast aus, wie das gute alte Etzold (blau). Wie kommt den diese Färbung am gleichen Schnitt raus?
Der Aufwand mit Nelkenöl zu arbeiten entfällt ja bei Etzold - und wenn das färberische Ergebnis vergleichbar ist, dann ist natürlich die Frage berechtigt.
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Daniel Steiner in Februar 07, 2011, 17:39:46 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

interessante Färbung! Die wollte ich schon länger mal versuchen; ich habe bis aufs Nelkenöl alles. Weshalb eigentlich ausgerechnet Nelkenöl? Ich "kenne" es nur im Zusammenhang mit der Zahnmedizin (inzwischen wohl veraltet?). Gibts hierfür Alternativen, oder kriegt man das problemlos?

Herzliche Grüsse, Daniel

Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 07, 2011, 18:13:46 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob!

Lieber Jan,

wenn Du uns in Bonn besuchen möchtest, gebe ich Dir gerne Nachricht, sobald wir einen Termin gefunden haben. Unsere Treffen finden in der Regel am dritten Donnerstag eines Monats ab 18:00 Uhr statt.
Selbstverständlich kannst Du die Färbung auch anhand der Beschreibung auf unserer Webseite und mit dem Arbeitsplan nachvollziehen, die Links dazu findest Du oben im Eingangsposting dieses Threads.

Lieber Klaus,

danke für die Titelvorlage - ich hoffe, ich bekomme keine Rechnung, wenn ich sie benutzen sollte?  ;D

Nun, die BEN-Färbung war ja als inverse Färbung zur Etzold FCA gedacht. Bei Etzold ist verholztes Gewebe rot und unverholztes blau oder grün - bei BEN ist verholztes Gewebe blau und unveholztes rot.
Dieser Grundzug bleibt auch bei der AcriBEN-Färbung erhalten. Die dicken roten Zellwände gehören zu Zellen des Zugholzes in Leopolds Schnitten - sie sind eben nicht verholzt sondern die Verdickung besteht aus Zellulose. Daher der rote Farbton. Verholzte Zellen werden mit AcriBEN grün bis schwarzgrün angefärbt. Dazu gibt es auch einige Beispiele im AcriBEN-Artikel auf der Webseite des MKB (die Links gibt es wie gesagt oben ...).

Zur Verdeutlichung möchte ich hier noch mal ein Bild von Leopold aus seinem Haselspross-Thread zitieren, die Färbung ist Etzold grün:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58293_43408003.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)    
Das Xylem ist klassisch rot bzw. magentafarben, die Zellen des Zugholzes jedoch grün-blau.

Und noch ein weiteres Bild mit AcriBEN, diesmal nur das Xylem, ohne zelluloseverstärktes Zugholz:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58293_34897694.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Schön grün, also ist AcriBEn ein Stück weit die inverse Färbung zum Etzold Grün.

Lieber Daniel,

Eosinfärbungen sind oft nicht sehr farbstabil, besonders, wenn sie in wässriger Lösung gefärbt werden. Da Eosin sich auch recht gut in Ethanol und Isopropanol löst, wird viel Farbstoff bereits beim Entwässern ausgespült und der Rest verblasst nach dem Eindecken recht schnell.
Dem wirkt die Färbung in Isopropanol entgegen und das Nelkenöl wirkt als Beize farbverstärkend und stabilisierend. Dabei muss ich gestehen, dass mir die genauen Reaktionen unbekannt sind.

Du hast recht: Nelkenöl hat verschiedene medizinische Anwendungen, auch als Mundwasser (2 Tropfen auf ein Glas Wasser). Es ist allerdings auch ein Allergen und unverdünnt auf Schleimhäute aufgetragen kann es bei längerer Anwendung nervenschädigend sein. Trotzdem bekommst Du es für kleines Geld in jeder Apotheke (z.B. 10 ml von Bombastus ( ;D), Freital, ca. 3 Euro).

Allen herzliche Grüße
Jörg  
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Rawfoto in Februar 07, 2011, 19:06:34 NACHMITTAGS
Hallo Joerg

Wirklich spannend, so schoen langsam stelle ich die Quervergleiche zwischen DUKA und Objekte faerben her. Da habe ich ja noch einiges vor mir :-)

Ich bin noch einen Schitt weiter zurueck, schneiden, schneiden, schneiden ... jetzt bin ich gerade mit dem Leitz Mikrotom von Hans-Juergen zu gange. Mit dem Einmalklingenhalter von Detlef eine starke Kombination.

Danke fuer den Link, steile Doku ...

:-)

Gerhard
Titel: Re: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 07, 2011, 22:39:01 NACHMITTAGS
Lieber Gerhard,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Viel Spaß beim Schnibbeln mit Deinem neuen Mikrotom - ich freue mich schon darauf, wenn Du uns hier die Ergebnisse zeigst!

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Nachgelegt: Neues von der AcriBEN Färbung
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 13, 2011, 22:33:38 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

hier noch ein paar Bilder von Präparaten krautiger Pflanzen mit intensiveren Rottönen.

Bild 7: Lavendel Blütenstängel, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_12083519.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Tüpfelkanäle im Sklerenchym kommen sehr schön heraus.

Bild 8:  Lavendel Blütenstängel, Vergrößerung 200x, Stapel aus 12 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_25662243.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Etwas dunkler ...

Bild 9: Blütenstängel einer Orchideenhybride (Phalaenopsis hyb.), Vergrößerung 100x, Stapel aus 13 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_45519010.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 10: ein einzelnes Leitbündel des Phalaenopsis-Stängels, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_54340110.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 11: Raps-Spross, Vergrößerung 100x, Stapel aus 9 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_13352032.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Kaum verholzt, daher alles rot in rot, aber recht fein abgetönt.

Bild 12: Ein einzelnes Leitbündel aus dem Raps-Spross, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern 
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/58821_10562425.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Viel Spaß beim Anschauen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg