Mikro-Forum

Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in April 01, 2011, 17:21:18 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte *
Beitrag von: Fahrenheit in April 01, 2011, 17:21:18 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

in den letzten Tagen habe ich mich ein wenig mit der Wachsblume (Hoya, auch Porzellanblume) beschäftigt.

Die Art Hoya carnosa - und somit natürlich auch die Gattung Hoya - gehört zur Familie der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae) und zwar innerhalb der Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse (Asclepiadoideae). Man findet sie als leicht zu haltende und schöne Zimmerpflanze häufig im Handel und da sie sich durch Stecklinge vermehren lässt, haben wir nun zwei Vertreter dieser Art im Haus. Spross, Blattstiel und Blattspreite bieten eine interessante Anatomie, auf die ich anhand einiger Querschnitte eingehen möchte.

Zunächst aber einige Informationen zur Pflanze selbst:

Der Gattungsname Hoya geht auf den englischen Gärtner und Botaniker Thomas Hoy (1750 - 1822) zurück. Hoya carnosa kommt in einem großen Verbreitungsgebiet vor, das von Indien über Südchina, Japan, Taiwan bis nach Queensland (Australien) reicht. Auch auf den Fidschi-Inseln ist die Art anzutreffen. Neben der Wildform existieren zahlreiche Zuchtformen, da H. carnosa eine einfach zu haltende und schon relativ alte Kulturpflanze ist.

Bild 1: Illustration von Hoya carnosa
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_18988727.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)


Die Wachsblumenarten leben oft als Epiphyten auf Bäumen oder Sträuchern. Der Setzling wurzelt zunächst im Boden und rankt an der Gastpflanze nach oben. Später stirbt die Basis ab und die Pflanze lebt rein epiphytisch.
An diese Lebensweise angepasst sind trotz der tropischen Heimat alle Pflanzenteile leicht sukkulent. Die Sprosse bilden Ranken mit leicht rissiger, blassgrauer Oberfläche. Junge Sprosse sind zunächst unverholzt (ein Beispielschnitt wurde hier im Forum bereits gezeigt (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4439)) und haben eine dunkelbraune, ins lila spielende Färbung. Im Gegensatz zu den älteren, verholzten Sprossen sind sie leicht behaart.

Bild 2: Blätter
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/62240_41149443.jpg)
Die ausdauernden Blätter sitzen in aller Regel paarig an einem Sprossknoten, aus dem auch der Stiel der Scheindolde entspringt. Die 1 bis 2,5 cm langen Blattstiele können deutlich dicker sein, als der jeweilige Spross und haben eine raue Oberfläche. Die Blattspreite ist längstoval bis breitoval mit einer dunkelgrünen Oberseite, die von unregelmäßigen, weißen Flecken bedeckt ist. Die Cuticula ist wachsartig und recht dick, was den Blättern einen gewissen Glanz verleiht. Die Blattunterseite ist hellgrün und stumpf sowie bei jungen Blättern leicht behaart.

Bild 3: Blütenstand in der Aufsicht
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/62240_39785641.jpg)
   
Hoya carnosa blüht in einer meist hängenden Scheindolde mit ca. 25 bis 30 Einzelblüten. Jede sitzt an einem bis zu 4 cm langen Blütenstängel an einem kurzen Stiel. Nach der Blüte fallen die Einzelblüten ab und im nächsten Jahr treiben an gleicher Stelle neue Blüten aus. Die Blütenkrone der einzelnen, fünfzähligen Blüte hat einen Durchmesser von etwa 1,5 cm und ist weiß bis rosa gefärbt. Die Kronblätter sind breitoval bis gerundet dreieckig mit jeweils umgebogenem Rand. Innen ist ihre Oberfläche mit Papillen besetzt.
Die 5 Staubgefäße ergeben die Nebenkrone (Corona) mit nach außen zugespitzten weißen Lappen, deren inneres Ende kräftig rot gefärbt ist. Sie scheiden klebrigen Nektar aus, der Ameisen anzieht, die auch die Befruchtung übernehmen. Diese geschieht nicht durch lose Pollen, sondern mittels zweier miteinander verwachsener Pollenpakete pro Staubgefäß. Im Zentrum der Blüte stehen zwei Fruchtblätter. Der Necktar duftet zudem stark - ob angenehm oder nicht, muss jeder Besitzer einer Hoya selbst entscheiden.
Aus den befruchteten Blüten entwickeln sich spindelförmigen Früchte mit einer Länge von 6 bis 10 und einem Durchmesser von 0,5 bis 1,5 cm.

Bild 4: Scheindolde seitlich
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/62240_45523402.jpg)
Gut erkennbar sind die Blütenstängel, die am Stiel der Scheindolde ansetzen. Dieser treibt an seinem Ende jedes Jahr neue Blüten aus und wächst dabei ein wenig in die Länge - daher das schuppig wirkende Ende mit den Resten abgefallener Blütenstängel vergangener Blüten. Auch interessant: am Spross zeigen sich viele Knospen von Luftwurzeln, die bei unserer Pflanze allerdings nicht weiter ausgebildet werden - wohl ein Tribut an die epiphytische Lebensweise.

Bild 5: Einzelblüte
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_43679119.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Verschiedene Arten der Gattung Hoya werden aber nicht nur als Zierpflanzen genutzt, sondern auch als Heilpflanzen. Dies gilt auch für Hoya carnosa, die in Malaysia bei Lungenentzündungen und Bronchitis zum Einsatz kommt.
Einen entsprechenden Hinweis findet man z.B. auf der Webseite www.rimbundahan.org im Rahmen der Beschreibung des Kräutergartens (http://www.rimbundahan.org/environment/plant_lists/taman_sari/index.htm) (Taman Sari - engl.):

Zitatakar setebal/akar serapat
East Asia to Australia and Pacific. Epiphytic herb. Toxic and narcotic latex. Fresh leaf juice with honey used for pneumonia and bronchitis; anti-inflammatory.

Frei übersetzt:

ZitatAkar Setebal / Akar Serapat (lokaler Name)
Verbreitung: Ostasien, Australien und im pazifischen Raum. Epiphytische Pflanze. Giftiger und betäubender Pflanzensaft. Der frische Saft der Blätter wirkt entzündungshemmend und wird mit Honig gegen Lungenentzündung und Bronchitis verwendet.

Wer mehr wissen möchte, wird in der Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Hoya_carnosa) fündig oder erhält erschöpfende Informationen unter http://www.simones-hoyas.de/ (http://www.simones-hoyas.de/). Auf der letzteren Seite ist auch der oben nur angerissene Befruchtungsmechanismus gut erklärt.

Nun zur Präparation:

Fixiert wurden die zurechtgeschnittenen Stücke von Spross (einjährig), Blattstiel und Blattspreite für drei Tage in AFE (Wechsel der Fixierlösung nach 48 stunden).

Der anschließende Schnitt erfolgte mit dem Handzylindermikrotom und Leica Einmalklingen im Halter. Dabei erwies sich der Spross wegen seiner hohen Elastizität als schwer zu schneiden, auch eine Möhreneinbettung führte nicht zu optimalen Schnitten. Der Blattstiel konnte hingegen frei stehend ohne Probleme geschnitten werden, ebenso die Blattspreite in der Möhrenzange (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a419) mit einer kleinen Kerbe für die Hauptader.
Die Schnittdicke beträgt beim Spross ca. 60 µm, bei Blattstiel und -spreite ca. 50 µm.

Die Färbung erfolgte nach dem bekannten Rezept für die Wacker W3A Färbung (Eckhardschen Uhrglasmethode):
- Acridinrot (1%ige Lösung in Ethanol 50%, 8 Minuten),
- Acriflavin (1%ige Lösung in Aqua dest., 30 Sekunden) und
- Astrablau  (1%ige Lösung in Aqua dest., 1 Minute)
Dem letzten Färbegang wurde natürlich wieder das berühmte Quäntchen Acriflavin beigesetzt.
Nach gutem Wässern wurde dann über reines Isopropanol als Intermedium (min. drei mal wechseln zum Entwässern der Schnitte) in Euparal eingeschlossen.

Und was ist dabei herausgekommen? Hier die Bilder von den drei Schnitten.


Der Spross

Bild 6: Schnittführung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_46013427.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Schnitte durch den Spross und einen Sprossknoten - hier beispielhaft, geschnitten wurde ein junger Sprossknoten, der gerade Blattknospen bildete.

Bild 7: Sprossquerschnitt in der Übersicht, Vergrößerung 25x, Einzelaufnahme
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/62240_35287174.jpg)
Im Querschnitt erkennt man grob fünf Bereiche (von Außen nach Innen):
- Die Epidermis mit dem darunter liegenden Rindenparenchym und der Cuticula als Abschluss. Auch einige Trichome sind zu sehen.
- Von diesem Bereich durch eine teilweise mit Steinzellen verstärkte Endodermis (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=4341.0) getrennt folgt ein Bereich, der nach außen
  hin Nester sklerenchymatisch veränderter Zellen enthält, die jedoch nicht verholzt sind (daher die blaugrüne Farbe). Zum Xylem
  hin ist dann das ebenfalls in Nestern angeordnete äussere Phloem zu sehen.
- Der dritte Bereich wird von einem massiven Xylem-Ring gebildet, der von einzellreihigen Markstrahlen durchbrochen wird.
- Es folgt das Markparenchym, in dessen äußerem Bereich - wieder in Nestern - das innere Phloem zu finden ist.
- In der Mitte liegen große Gruppen von Steinzellen (Idioblasten)

Durch die mehrfachen unterschiedlichen Verstärkungen entsteht eine äußerst zähe Struktur, die Knick- und Zugbelastungen gut abfangen kann - optimal für eine Rankpflanze.

Bild 8a/b: genauer hingeschaut: der Sprossquerschnitt in einhundert facher Vergrößerung. Stapel aus 16 Bildern, Bild 8a mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_39159774.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/62240_44419000.jpg)
Von Außen nach innen:
Tr  : Trichom (Pflanzenhaar)
Cu  : Cuticula
Ep  : Epidermis
Rp  : Rindenparenchym
Skl : Sklerenchym
Apl : äußeres Phloem
Xl  : Xylem
IPl : inneres Phloem
D   : Calciumoxalat-Druse
MP  : Markparenchym
StZ : Steinzellen

Wie es in der Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse (Asclepiadoideae) vorkommt, hat auch Hoya carnosa ein innen liegendes Phloem. Inneres und äußeres Phloem sind zudem nicht in einem mehr oder weniger geschlossenen Ring angelegt, sondern liegen in - besonders außen - recht kleinen Nestern an den Flanken des Xylems. Dazu die nächsten beiden Aufnahmen.

Bild 9a/b: äußeres Phloem und umgebende Gewebe, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern, Bild 9b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_60894793.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_13658545.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Wieder von Außen nach innen (rechts nach links):
RP  : Rindenparenchym
StZ : Steinzelle, darunter eine Endodermis aus einer einzelnen Zellschicht
Skl : Sklerenchymnest
D   : Calciumoxalat-Druse
Pl  : (äußeres) Phloem
ca  : Cambium
Xl  : Xylem
MS  : Markstrahl

Bild 10a/b: inneres Phloem und umgebende Gewebe, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern, Bild 9b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_23129433.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_8782683.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Wieder von Außen nach innen (oben nach unten):
Xl  : Xylem
MS  : Markstrahl
Pl  : (inneres) Phloem
D   : Calciumoxalat-Druse
MP  : Markparenchym

Nun noch einige Einzelaufnahmen besonderer Zellgruppen:

Bild 11: Sklerenchymnest, Vergrößerung 400x, Stapel aus 7 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_24545720.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 12: Zentrale Steinzellen im Markparenchym, Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_66850457.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 13: Steinzellen im Markparenchym, Vergrößerung 400x, Stapel aus 14 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_56514190.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

In einem der Sprossknoten sieht der Querschnitt ein wenig anders aus: aus der nun ovalen Grundform bilden sich gegenüberliegend Blattknospen, die aus den Leitgeweben des Sprosses versorgt werden. Eine davon ist hier angeschnitten.

Bild 14: Sprossknoten mit Blattknospe, Vergrößerung 25x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_35380433.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Anatomie folgt der Beschreibung von Bild 8b

Bild 15: Die "Abzweigung" aus der Nähe betrachtet, Vergrößerung 100x, Stapel aus 6 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62240_41311618.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Das Xylem ist hier im Längstschnitt dunkelrot, das Phloem, wieder innen und außen, fast schwarz und nicht sehr schön aufgelöst.
Bemerkenswert ist der Farbunterschied zwischen dem grünen Gewebe der Blattknospe und den blauen Parenchymen des Sprosses.

Uups! Es gibt eine maximale Beitragslänge ...  :o
Dann muss ich hier teilen. Hoffentlich bis gleich in der Fortsetzung.  ;D
Titel: Teil 2: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 01, 2011, 17:22:23 NACHMITTAGS
... und weiter geht es:

Der Blattstiel

Bild 16: Schnittführung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_16054763.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Einfacher Querschnitt des Blattstiels (BS) , die zweite Linie zeigt noch einmal die Schnittführung durch den Knoten (SK).
Auffällig ist die gegenüber dem Spross wesentlich rauere Epidermis des Blattstiels.

Bild 17: der Blattstiel in der Übersicht, Vergrößerung 25x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_54265533.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Vergleicht man den Querschnitt des Blattstiels mit dem des Sprosses, fällt sofort die wesentlich "luftigere" Struktur auf.
Das vergleichsweise kleine Xylem liegt C-förmig gebogen in einem den Querschnitt dominierenden Rindenparenchym und ist wieder von Phloemnestern umgeben. Da kein geschlossener Xylemring vorliegt, ist es schwer, zwischen einem äußeren und inneren Xylem zu unterscheiden, obwohl die Zellen des Markparenchyms in der Tendenz eher hellblau gefärbt sind, während bei denen des Rindenparenchyms Grüntöne überwiegen. Auf 12:00 und 14:30 Uhr erkennt man zwei kleine Nebenleitbündel und auch hier fällt wieder die zerklüftete Epidermis auf.
Der Blattstiel dient dazu, die Blätter immer optimal zum Lichteinfall auszurichten, was sich auch beim "Bändigen" der Ranken unserer beiden Pflanze zuhause beobachten lässt: es dauert nach einer Lageränderung einer Ranke nur einen Tag, bis sich die Blätter wieder nach dem Licht ausgerichtet haben. Aufgrund dieser Geschwindigkeit vermute ich, dass diese Bewegungen durch Tugoränderungen in den Parenchymzellen des Blattstiels vollzogen werden.

Bild 18a/b: wieder etwas näher hingeschaut - das Hauptleitbündel im Blattstiel, Vergrößerung 100x, Stapel aus 7 Bildern, Bild 17b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_10294352.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_19415270.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
APl : äußeres Phloem
XL  : Xylem
XlP : Xylemparenchym
IPl : inneres Phloem
Auffällig sind auch die vielen kleineren Zellen im Markparenchym, die im Rindenparenchym fehlen.

Bild 18a/b: Xylem und Phloem des Blattstiels, Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern, Bild 18b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_57828583.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_22161702.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
APl : äußeres Phloem
XL  : Xylem
T   : Trachee
XlP : Xylemparenchym
IPl : inneres Phloem
Es fällt auf, dass das Xylem des Blattstiels nur wenige Tracheen aufweist, die in Strahlen im Xylemparenchym eingelagert sind.

Wiederum noch einige Aufnahmen besonderer Zellgruppen im Blattstiel:

Bild 19: Nebenleitbündel, Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_36214553.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 20: Idioblasten im Markparenchym, Vergrößerung 200x, Stapel aus 11 Bildern  
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_8401700.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die große Steinzelle hat einen Durchmesser von ca. 80 µm, die Druse ist etwa 60 µm groß. Drusen sind auch im Blattstiel häufig, Steinzellen kommen hingegen nur sehr selten in kleinen Nestern oder einzeln vor.

Bild 21: Lentizellen in der Epidermis? Vergrößerung 100x, Stapel aus 7 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_8925390.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die durchbrochene Epidermis wirkt wie eine Lentizelle, die ich hier so nicht erwartet hätte. Die nicht angefärbten Zellwände könnten aber tatsächlich Suberin enthalten und da gibt es auch ein zartes blaues Band - eventuell ein Kork-Cambium?

Zum Schluss nun die Blattspreite

Bild 22: Schnittführung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_30396680.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die eingekreiste Stelle wurde quadratisch ausgeschnitten, der Schnitt erfolgte anhand der eingezeichneten Linie.

Bild 23: der Blattquerschnitt in der Übersicht, Vergrößerung 25x, Stapel aus 13 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_38304365.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Das leicht sukkulente Blatt ist ca. 1,2 mm dick - ohne den Hauptnerv. In dieser kleinen Vergrößerung ist kaum ein Unterschied zwischen Blattober- und Unterseite zu erkennen.

Bild 23a/b: der Hauptnerv des Blattes, Vergrößerung 100x, Stapel aus 6 Bildern, Bild 23b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_26975100.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_32237278.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Wie im Spross, ist der Hauptnerv von sklerenchymatisch verstärkten Zellgruppen umgeben und auch hier gibt es Phloemnester auf beiden Seiten des Xylems
IPl : inneres Phloem
Xl  : Xylem, hier wieder gut verholzt
Apl : äußeres Phloem
Skl : sklerenchymatisch verstärkte Zellen, jedoch unverholzt
Auffällig sind wieder die in Gruppen um das Leitbündel liegenden kleineren Zellen, die wie Kanäle wirken - ob sie wohl die Quelle des medizinisch genutzten Saftes der Blätter sind?

Bild 24a/b, die Blattoberseite, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern. Bild 24b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_46660005.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_34012042.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)  
Cu  : ausgeprägte Cuticula
EP  : mehrschichtige Epidermis
AP  : Assimilationsparenchym
Die Zellen des Assimilationsparenchyms bilden kein klassisches Palisadenparenchym, sie liegen zwar dicht gepackt, haben aber keine so einheitliche Größe und Form wie in "klassischen" Beispielen.

Bild 25a/b: die Blattunterseite, Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern. Bild 25b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_52316461.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_64600152.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
SP  : Schwammparenchym
EP  : einschichtige Epidermis
CU  : Cuticula
St  : Stoma (Blattspalte)
Das Schwammparenchym enthält nur vergleichsweise kleine Hohlräume zwischen den Zellen, wohl auch, um die Kapazität zur Wasserspeicherung zu optimieren.

Und auch hier noch einige Einzelbilder besonderer Zellgruppen:

Bild 26: Steinzellen, Vergrößerung 400x, Stapel aus 14 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_31360572.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Auch in der Blattspreite gibt es vereinzelt kleine Steinzellennester. Die Steinzellen hier sind um die 50 µm groß.
Die großen Parenchymzellen erreichen hingegen einen Durchmesser von etwa 70 bis 80 µm und die kleinen "Kanalzellen" um die 25 µm.

Bild 27: Parenchym in der Blattmitte, Vergrößerung 100x, Stapel aus 5 Bildern  
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_10715057.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Im Parenchym erkennt man waagrecht verlaufende, schlauchförmige Zellen - die "Kanalzellen" im Längstschnitt?

Bild 28: Ein kleiner Blattnerv, Vergrößerung 200x, Stapel aus 4 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_36664185.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Auch hier gibt es die gelb gefärbten Stabilisierungszellen mit verdickten Zellwänden.

Bild 29: Blattabdruck von der Blattunterseite, Vergrößerung 100x, Stapel aus 16 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62241_26836605.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Der Blattabdruck zeigt schön die Lage und Verteilung der ca. 25 µm großen Spaltöffnungen (Stoma). Er wurde mit unverdünntem UHU Hart gewonnen (Einfach auftropfen, mit einem Stäbchen sacht verteilen und auf Luftblasen achten. Etwas anziehen lassen - 3 bis 4 Minuten - und mit der Pinzette abziehen).

Vielen Dank an alle Leser, die es bis hier hin geschafft haben!  ;)
Kommentare und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Rawfoto in April 01, 2011, 17:27:10 NACHMITTAGS
Hallo Jörg

Geschafft :-))

Ist super geworden ...

Bitte mit welchem Lösungsmittel verdünnst Du den Uhu?

Liebe Grüße :-)

Gerhard
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 01, 2011, 17:32:48 NACHMITTAGS
Lieber Gerhard,

danke für Dein Lob, ich hoffe, ich habe es diesmal nicht übertrieben. ;D
Es war das erste Mal, dass ich einen Beitrag nicht direkt im Browser erstellt sondern in Open Office vorgeschrieben habe.

Den UHU Hart verdünne ich übrigens nicht - irgendwo hier im Forum gibt es einen Beitrag, in dem das korrekte Lösungsmittel für UHU Hart genannt ist. Die Beschaffung war mir zu aufwändig, ich habe es 'pur' versucht und bin zufrieden.
In den Abdrücken gibt es natürlich immer wieder auch große Bereiche mit Luftblasen, die sich mit Verdünner sicher vermeiden ließen, aber ich habe bisher immer genug 'gute' Stellen in meinen ja nur kurzlebigen Präparaten gefunden.

Herzliche Grüße
Jörg 
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Holger Adelmann in April 01, 2011, 18:31:40 NACHMITTAGS
Wow, Jörg, das ist einer Deiner besten Beiträge bisher, wenn nicht gar der Beste  :)

Die Pflanze bietet zu auch ungemein viele Details, jedesmal wenn ich die Bilder ansehe, finde ich etwas neues.

Herzliche Grüsse
Holger
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Rawfoto in April 01, 2011, 19:12:43 NACHMITTAGS
Danke Jörg, Du bringst meine Gedanken wieder einmal zum Rätseln :-))

Es ist also so,  Du schmierst den Uhu einfach auf den Objektträger und drückst dann das Blatt drauf um es dann nach der Trocknung ohne Deckglas zu fotografiert, habe ich das richtig verstanden?! Der Abdruck entsteht also  schon direkt auf dem Deckglas ...

:-)

Gerhard

Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 01, 2011, 21:37:43 NACHMITTAGS
Lieber Holger,

herzlichen Dank für Dein großes Lob!

Lieber Gerhard,

nein, nicht so rum!  :)

Du gibst den Kleber auf die Oberfläche, die Dich interessiert, z.B. die Unterseite eines Blattes und verstreichst ihn sachte mit z.B. einem Zahnstocher, damit die Kleberschicht schön dünn wird.
Dann lässt Du wie oben beschrieben ein wenig antrocknen. Wenn der Kleber fest ist, versuchst Du die Schicht am Rand mit einer feinen Pinzette zu fassen und ab zu ziehen, was oft erstaunlich gut und manchmal etwas schwer geht.
Das abgenommene Kleberhäutchen - oder einen Fetzen davon - legst Du auf einen Objektträger. Die Seite, die die Probe berührt hat, sollte dabei unten liegen. Deckglas drauf und ab unters Mikroskop.
Am besten mit schiefer Beleuchtung, um die dreidimensionale Oberflächenstruktur besser erkennen zu können. Schön, dass sich unser Hirn aus alter Gewohnheit das Bild anhand der Schatten dreidimensional 'hinbiegt', obwohl ja nur zweidimensionale Bilddaten das Auge erreichen.  ;)
Wenn Du das Kleberhäutchen falsch rum auf legst, erscheinen Erhebungen wie z.B. hervorstehende Stoma als Vertiefungen, was manchmal etwas störend wirkt.

Herzliche Grüße!
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Hans-Jürgen Koch in April 02, 2011, 10:03:20 VORMITTAG
Lieber Jörg,

das ist Dein Meisterstück !

Gruß

Hans-Jürgen
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Mila in April 02, 2011, 10:48:52 VORMITTAG
Lieber Jörg,

was für eine unglaublich supertolle Dokumenration! Wie viel Arbeit steckt da drin? Hammer!

Die Bilder sind der Hit: Leitbündel, Steinzellen, Lentizelle, die Querschnitte, der Lackabdruck und - und - und...

Du solltest wirklich darüber nachdenken, ob Du nicht so etwas wie einen Botanischen Anatomie-Atlas herausbringst :) ganz im Ernst: zumindest Fotobücher kann man doch erstellen...

Klasse!

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Jan Kros in April 02, 2011, 11:24:16 VORMITTAG
Lieber Jörg
Ich schliesse mich die andere Schreiber an.
Sehr schön gemacht.
Herzlichen Gruss
Jan
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Klaus Herrmann in April 02, 2011, 11:33:44 VORMITTAG
Lieber Jörg,

zurecht gelobt wurdest Du ja schon für diese umfangreiche Dokumentation, da will ich ins gleiche Horn tuten und noch ergänzen: die Ca-Oxalat-Drusen gefallen mir besonders gut! :)

Zur Methode Lackabdruck eine Verständnisfrage: Die Objektseite nach unten und DG drauf kann bei kleinen Vergrößerungen sicher toleriert werden, aber bei höheren Aperturen  wird die DG-"Dicke" eigentlich zu hoch nach der Methode?! Oder man verwendet LD-Objektive.

Das Vexierbild lässt sich doch eigentlich umkehren, wenn man um 180° dreht?
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: HDD in April 02, 2011, 20:32:14 NACHMITTAGS
Hallo Jörg

Das ist eine ganz tolle Dokumentation. Wie lange hast Du an dem Gesamtwerk gearbeitet?

Daraus könnte man bestimmt einen hochinteressanten, abendfüllenden Vortrag machen.

Saubere Arbeit. Danke.

herzliche Grüße

Horst-Dieter
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 02, 2011, 23:05:19 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

vielen Dank für Eure lobenden Worte! Schön, dass Euch die Darstellung der Wachsblume gefällt.

Liebe Mila,

über einen MKB-Atlas auf Basis eines Fotobuchs können wir wirklich einmal nachdenken, wenn wir etwas mehr Material zusammen haben.  ;)
Mit den Lentizellen am Blattstiel bin ich mir nicht wirklich sicher - hätte sie da nicht erwartet.

Lieber Klaus,

ja, Du hast recht, in den Präparaten gibt es viele schön ausgebildete große Stern-Drusen.
Bei meinen UHU-Abdrücken war die Kleberschicht bisher immer so dünn, dass ich auch mit dem 20er Objektiv keine Probleme hatte. Ich schneide mir die Abdrücke nach dem Abziehen mit einer feinen Schere so zurecht, dass wirklich nur ein kleines Stückchen dünner Kleberhaut übrig bleibt. Das klappt nicht immer, daher setze ich nach Möglichkeit mehrere Tropfen auf ein Blatt - ein guter ist meistens dabei.

Lieber Horst-Dieter,

es ist ja keine Arbeit - sondern Hobby!  ;D

Allen herzliche Grüße!
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Frank Fox in April 02, 2011, 23:08:55 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

das ist großartig geworden.
Da hast Du sehr viel Zeit investiert und es hat sich gelohnt.
Wir sehen uns am Donnerstag  ;) .

Herzliche Grüße Frank
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 03, 2011, 07:38:58 VORMITTAG
Lieber Frank,

auch Dir herzlichen Dank!

Bis Donnerstag in Bonn!
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Thomas Böder in April 03, 2011, 11:31:53 VORMITTAG
Hallo Jörg,

das ist absolut genial!
Respekt!

Viele Grüße, Thomas.
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Mila in April 03, 2011, 18:22:33 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

Zitat von: Fahrenheit in April 02, 2011, 23:05:19 NACHMITTAGS
über einen MKB-Atlas auf Basis eines Fotobuchs können wir wirklich einmal nachdenken...

... so in etwa:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/62362_59210371.jpg)

;D

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in April 03, 2011, 20:11:27 NACHMITTAGS
Lieber Thomas,

Dir ebenfalls herzlichen Dank für Dein Lob - es freut mich, dass Dir meine Beschreibung der Wachsblume gefällt!

Liebe Mila,

jaah, so in der Art - auch wenn ich Pizza lieber größer und nicht so unförmig mag - und vor allem auf dem Teller.  ;D

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 17, 2011, 22:18:03 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

nach einer Gemeinschaftsarbeit mit meiner Bonner Kollegin Frau Schemann möchte ich nun die Darstellung zu Hoya carnosa mit einem genaueren Blick auf die interessanten Blütenanatomie vervollständigen.

Ein wenig zur Technik:

Frau Schemann war so freundlich, klassische Paraffinschnitte mit einer Schnittdicke von 10µm von einer Blüte zu erstellen. Dafür auch hier noch einmal herzlichen Dank!
Die Färbungen erfolgten an den aufgeklebten Schnitten auf dem Objektträger mit leicht verlängerten Färbezeiten im Vergleich zum Färben im Uhrglas. Dazu wurde zunächst das Paraffin mittels Xylol aus dem Schnitt gelöst (Auftropfen und ca. 3 Minuten einwirken lassen, dann mehrmals mit Xylol abspülen). Danach wurden die Schnitte mit einer absteigenden Alkoholstufe in Aqua dest. überführt - auch wieder in Einzelarbeit direkt auf dem Objektträger, wie auch die nachfolgenden Färbeschritte:

Etzold FCA:
- Einwirkzeit der Farblösung ca. 7 Minuten mit einmaligem leichten Erhitzen
- Ausspülen mit Aqua dest.

Wacker W3A:
- Ende der Alkoholstufe bei 50%
- Färbung mit Acridinrot 1% in Ethanol 50% für ca. 8 Minuten
- Spülen mit Aqua dest.
- Färbung mit Acriflavin 1% in Aqua dest. für ca. 30 Sekunden
- Spülen mit Aqua dest.
- Färbung mit Astrablau 2% in Aqua dest für ca. 60 Sekunden
- Spülen mit Aqua dest.

Anschließendes Entwässern mit reinem Isopropanol und Eindecken in Euparal beendet die Präparation.

Nun aber zu den Bildern:

Bild 30: Makro der Blüte von Hoya carnosa mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_65996700.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Über den 5 verwachsenen Blütenblättern (Corolla) steht eine Nebenkrone (Corona) aus den verwachsenen Staubblättern. Hier unterscheidet man noch einmal zwischen der bei Hoya carnosa satt rot gefärbten inneren Nebenkrone und der äußeren Nebenkrone.
Zwischen den einzelnen Blättern der Nebenkrone liegen die zu einem Pollinarium vereinigten Pollensäcke (Pollinien) mit einem Haftapparat (Klemmkörper), der bei der Befruchtung eine wichtige Rolle spielt. Die Pollinarien heften sich an die Beine der nach Necktar suchenden Insekten, die die Blüte besuchen. Auf der nächsten Blüte werden sie mit etwas Glück am Stempelrand abgestreift. Dabei wird in der Regel eines der Pollensäckchen in einer Art Scherenmechanismus eingefädelt und unter die Corona geschoben. Das zweite Pollensäckchen des Pollinariums steht dann für eine weitere Befruchtung an einer anderen Blüte bereit. Das zentral liegende Narbensäulchen spielt bei der Befruchtung keine Rolle.
Eine schöne Beschreibung zur Befruchtung bei Hoya findet sich auf der Seite www.simones-hoyas.de  (http://www.simones-hoyas.de/) unter Wissenswertes/Botanik/Blüten.

Bild 31a/b: Makro-Querschnitt durch eine Blüte von Hoya carnosa, 31b mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_21510157.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_9501244.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier noch einmal der Aufbau der Blüte im Querschnitt.

Bild 32: Trichome auf der Oberseite der Blütenblätter, Auflicht, 50x, Stapel aus 17 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_54006687.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Oberseite der Blütenblätter ist stark behaart. Die schlauchförmigen Trichome sind einzellig und laufen am Ende in einer kegelförmigen Spitze aus.

Nun zu den Schnitten:

Bild 33a/b: Übersicht, Vergrößerung 25x, Einzelbilder. Bild 33a Etzold FCA, Bild 33b Wacker W3a mit Beschriftung
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_66790554.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_54058164.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Alle an den Makroaufnahmen bezeichneten Details finden sich auch in den Schnitten wieder.

Bild 34: Der Fruchtknoten, Vergrößerung 50x, Stapel aus 13 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/65015_22729557.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 35: Samenanlagen im Fruchtknoten, Vergrößerung 200x, Stapel aus 4 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_1792222.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die einzelnen Samenanlagen messen etwa 50*30 µm. 

Bild 36: der obere Teil der Blüte mit den angeschnittenen Pollinien, Vergrößerung 50x, Stapel aus 11 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_6372275.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Neben der üblichen Anpassung des Schwarz- und Weißpunktes und dem leichten Nachschärfen ist hier ist der Hintergrund geputzt.

Bild 37a/b: angeschnittene Pollensäckchen (Pollinien), Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern. Bild 37a Etzold FCA, Bild 37 B Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_59936690.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_41485188.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die Färbung legt nahe, dass die Pollinien von einem wachshaltigen Mantel überzogen sind. Besonders interessant die Verankerung des Säckchens am Coronablatt.
Das Säckchen in Bild 37b misst etwa 180*100µm in der angeschnittenen Fläche. Das Stielchen mit dem Kugelkopf ist etwa 40 µm lang

Nun noch ein paar Einzelaufnahmen:

Bild 38: Trichome auf dem Blütenblatt, Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 Bildern, Etzold FCA
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_23171131.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Der Durchmesser des Blütenblattes beträgt ca. 400 µm, Die Trichome sind zwischen 240 und 440 µm lang. Leider sind sie wegen der geringen Dicke der Schnitte von nur 10 µm nicht sehr gut erhalten.

Bild 39: Leitbündel aus dem Blütenstiel im Längstschnitt, Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_10492304.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 40: Leitbündelknoten am Ansatz eines Kelchblattes, Vergrößerung 200x, Stapel aus 7 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_27531299.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 41: Vielleicht eine Nektardrüse auf einem Coronablatt, Vergrößerung 200x, Stapel aus 5 Bildern, Wacker W3A
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65015_55041470.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Der Boden des "Bechers" ist ca. 220 µm lang.

Viel Spaß beim Betrachten, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Mila in Mai 17, 2011, 22:36:19 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

ich durfte ja schon ein Preview genießen: eine tolle Ergänzung hast Du hier in diesem thread gebracht, klasse!
Schön, dass Marion Schemann die Schnitte gesponsort hat.
Inzwischen habe ich festgestellt, dass es je nach Lehrbuch unterschiedliche Definitionen von Pollinium und Pollinarium gibt ???
Insgesamt eine wertvolle Dokumentation zu dieser interessanten Pflanze :)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Holger Adelmann in Mai 17, 2011, 22:56:58 NACHMITTAGS
Eine tolle Ergaenzung zum ersten Teil, lieber Joerg.
Die Auflicht Aufnahme ist ganz besonders gut gelungen, wer braucht da noch ein Rasterelektronenmikroskop  ;)
Das Pollensaeckchen ist auch komplett neu fuer mich.
Kannst Du mal sehen was fuer eine spannende Pflanze in eurer Kueche steht!

Herzliche Gruesse
Holger
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Eckhard in Mai 17, 2011, 23:32:21 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

vielen Dank für die tolle Dokumentation. Den Pollensack und das "Gelenk" finde ich grossartig!

Herzliche Grüsse
Eckhard
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Thomas Böder in Mai 18, 2011, 09:53:45 VORMITTAG
Hut ab!!!
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Herne in Mai 18, 2011, 11:14:41 VORMITTAG
Hallo Jörg,
ich schließe mich dem Lob der anderen uneingeschränkt an.
Diese Arbeit ist gründlich, exakt, umfassend und - wunderschön!
Selten bekommt man derartige Informationen so hochästhetisch nahe gebracht. Vielen Dank!
Als Anregung zum Lackabdruck : Ich benütze zu diesem Zweck einen Trennlack (Abziehlack), der im Maschinenbau zur Dehnmessstreifentechnik verwendet wird. Er ist recht dünnflüssig und bildet daher von selbst dünne Schichten, die ich mit einem Tesafilmstreifen und ´ner Pinzette abziehe. Den Rest mache ich so, wie du´s beschreibst.

Bis Donnerstag,
l.G.
Herbert
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Jan Kros in Mai 18, 2011, 11:16:21 VORMITTAG
Hallo Jörg,
ich schließe mich auch dem Lob der anderen uneingeschränkt an
Schon wieder eine schöne Dokumentation die ich gleich ausgedruckt habe.
Herzlichen Gruss
Jan
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 18, 2011, 18:50:50 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass die Darstellung der interessanten Blütenanatomie von H. carnosa so gut ankommt. Ohne die Schnitte von Frau Schemann wäre das aber nicht möglich gewesen, die Hälfte des Lobes geht also an sie!  :)

Liebe Mila,

das ist ja interessant! Kannst Du uns mitteilen, wie die Definitionen voneinander abweichen?

Lieber Holger,

die wäre bestimmt nicht in unsere Küche gekommen, wenn sie gewusst hätte, dass ich anfange, an ihr rum zu schnibbeln.  : ;D

Lieber Eckhard,

ja, das "Gelenk" ist faszinierend - ich war ziemlich baff, als ich das gesehen habe. Auch wenn es so aussieht, ist es aber wohl keine kugelige, sondern eher eine längliche Struktur, vielleicht so in der Art der Verschlussleisten von Plastiktüten (die, die Du immer zur Probenahme verwendest ...). Ich vermute, das Ganze dient zur Fixierung des Polliniums, damit es nicht frühzeitig abfällt. Die beiden Pollinien, die wir auf den Bildern 33 und 36 im Anschnitt sehen, sind außerhalb der Schnittebene ja über den Klemmkörper (Translator, manchmal auch Caudicula und Viscidium) miteinander verbunden und bilden so das Pollinarium. Zumindest, wenn ich die mir vorliegende Literatur richtig verstanden habe ...
Dabei fällt mir gerade auf, dass die Beschriftung "Pollinarium" in Bild 33 etwas missverständlich ist, da sie für den gesamten Pollenkörper gilt, von dem im Bild aber nur die beiden angeschnittenen Pollinien zu sehen sind.   

Lieber Herbert,

Danke für den Hinweis! Könntest Du ggf. morgen etwas von dem Lack mitbringen, ich würde ihn gerne einmal ausprobieren.

Allenherzliche Grüße!
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: mikrohelmi in Mai 19, 2011, 18:21:23 NACHMITTAGS
danke für die aufwendigen Informationen. Eine perfekte und schöne Arbeit!
Gruß Helmut Gutjahr
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 20, 2011, 08:27:19 VORMITTAG
Lieber Helmut,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob!

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Nutzer nicht mehr aktiv in Mai 20, 2011, 08:56:50 VORMITTAG
Lieber Jörg

Da hast du aber eine sehr schöne Arbeit abgeliefert. Hut ab, kann man da nur sagen.
Was das Thema Atlas angeht, was Mila da angesprochen hat, haben wir beide ja schon mal darüber gesprochen, vor langer Zeit  ;)
Warte nicht zu lange damit. Alles was du jetzt hast, solltest du auch schon als Buch Form dir Zurecht machen. Wenn du das später machst, hast du Arbeit, die nicht zu überschauen ist.
Spreche da aus eigener Erfahrung. Das Ausarbeiten kostet mehr Zeit, als die Bilder zu machen.

Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Ronald Schulte in Mai 20, 2011, 11:05:41 VORMITTAG
Jörg,

Wunderschöne Arbeit und sehr gute scharfe Bilder. Es fehlt dir auch nicht an Zeit glaube ich oder arbeitest du nachts weiter?

Grüße Ronald
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: treinisch in Mai 20, 2011, 11:21:38 VORMITTAG
Hallo Jörg,

Pflanzenanatomie interessiert mich eigentlich nicht. Ich schaue mir die Bilder jetzt
zum x-ten Mal an und ich muss jetzt einfach auch mal sagen, dass das was Du hier
abgeliefert hast für mich absoluter Gold-Standard ist. Ein ästhetischer Hochgenuss und
auch noch so umfangreich und lehrreich und informativ. Super!

Besten Dank!

Timm
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 20, 2011, 15:50:52 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

abermals herzlichen Dank!

Lieber Mike,

irgendwann werde ich vielleicht einmal ein Photobuch zusammen stellen. Dazu hätte ich aber gerne noch ein paar Mehr Pflanzen komplett, also mit Schnitten unterschiedlicher Gewebe. Und selbst hier bei der Hoya carnosa fehlt ja noch die Wurzel.
Das dauert also noch eine Weile ...  ;)

Lieber Ronald,

leider - oder Gott sei dank? - finde ich nicht viel Freunde am deutschen Fernsehprogramm. Somit habe ich abends oft ein wenig Zeit.

Lieber Timm,

da bekomme ich ja fast Angst. Gold-Standard werde ich auch nicht immer liefern könne.  ;D
Schön, dass Dir die Planzenschnitte gefallen, obwohl sie Dich normalerweise nicht interessieren.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Mila in Mai 20, 2011, 19:19:09 NACHMITTAGS
Zitat von: Fahrenheit in Mai 18, 2011, 18:50:50 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

das ist ja interessant! Kannst Du uns mitteilen, wie die Definitionen voneinander abweichen?

Lieber Jörg,

bisher habe ich nach dem Buch "Anatomie und Histologie der Samenpflanzen" von Stahl-Biskup/Reichling unterrichtet und dort steht:
Bei vielen Orchideen verklebt der Pollen einer Theke zu einem Pollinium (Pollenkitt) und wird als Ganzes mit einem Stielchen und einer Klebescheibe an das Insekt geheftet und so als Pollinarium übertragen.

DAS Buch von Lüttge/Kluge/Thiel hält sich zurück und ich finde die Begriffe weder im Index noch im Kapitel über Pollen.

Gestolpert war ich über den Wikipedia-Artikel zu Pollen, dort heißt es:
Bleibt der gesamte Inhalt eines oder mehrerer Pollensäcke zusammenhängend, wird er Pollinium genannt. Das Pollinium  ist oft von einer gemeinsamen Sporopollenin-Hülle umgeben, und tritt bei manchen Vertretern der Apocynaceae und der Orchideen auf. Als Pollinarium  bezeichnet man ein Pollinium mit den Anhangsorganen, die der Ausbreitung dienen; bei den Orchideen sind dies Stielchen und Klebscheibe.[5][6] Im Strasburger  ist die Definition davon abweichend als Pollinium aus einem Pollensack, Pollinarium aus mehreren Pollensäcken.


Den Strasburger habe ich leider nicht hier, ich muss in der Schule mal nachschlagen.

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 20, 2011, 21:43:46 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

vielen Dank fürs Nachschlagen!

Den Strasburger habe ich hier und auch den Raven/Evert/Eichhorn. Ich erlaube mir, zu zitieren:

Strasburger (36. Auflage, S.809):
Erläuterung von Monaden (einzelne Pollenkörner), Tetraden (vier verbundene Pollenkörner) und Polynaden (viele verbundene Pollenkörner) und dann
ZitatSchließlich kann auch der gesamte Inhalt eines Pollensacks zu einem Pollinium, jener aus zwei oder mehr Pollensäcken zu einem Pollinarium - häufig mit einer gemeinsamen Sporopolleninhülle - vereinigt bleiben (z.B. einige Apocynaceae, Orchidaceae ...)

Die Hoyas gehören zu den Hundsgiftgewächsen (Apocynaceae) und fallen somit unter die oben genannte Beschreibung.

Raven/Evert/Eichhorn (3. Auflage, S, 560):
Beschreibung der Orchidaceae, dabei
ZitatDie gesamte Pollenmasse einer Anthere klebt zusammen und wird als Einheit (Pollinium) übertragen.

Hier gibt es keine Erwähnung des Pollinariums.

Auf den Webseiten des Fachbereiches Biologie der Uni Marburg (http://online-media.uni-marburg.de/biologie/nutzpflanzen/mathias_weingaertner/generativ.htm) gibt es auch eine Definition, die das Pollinarium als eine Einheit aus einem Pollinium, Stiel und Haftscheibe beschreibt:
ZitatDie Pollenmasse der Staubblätter verklebt zum Pollinium und bildet mit  Caudicula (Stiel) und Viscidium (Haftscheibe) das Pollinarium (Abb. 16: rechte Zeichnung). Dadurch ist es möglich, die Pollenpakete an sehr definierte Stellen des bestäubenden Insekts anzuhaften und somit die Pollenverbreitung zu optimieren.
Als Schutz für die Haftscheibe fungiert ein umgebildetes Narbenblatt, das Rostellum (Abb. 16: linke Zeichnung).

Bild 42: Hier die Zeichnung dazu:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65217_25272866.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Allerdings bezieht sich die Aussage auch auf die Orchidaceae.

Hier noch ein interessantes PDF vom Thailändischen Hoya Club (englisch) (http://www.thailandhoyaclub.com/File/StemmaV2_4.pdf), ab Seite 14 beginnt ein Artikel "A look at Hoya sections" von Mark Randal, die gezeigten Pollinarien bestehen alle aus zwei zusammenhängenden Pollinien, die an den Haftscheiben zusammen hängen.

Ich fürchte, die Literatur ist nicht ganz eindeutig - folgendes könnte Konsens sein:
Pollinium: oft mit einer Hülle aus Sporopollenin umgebene, zusammenhängende Pollenmasse einer Anthere
Pollinariium: eines oder mehrere Pollinien mit je einem Haftapparat Caudicula (Stiel) und Viscidium (Haftscheibe).

Der wachshaltige Mantel aus der Bildunterschrift der Bilder 37a/b müsste dann aus Sporopollinin (http://de.wikipedia.org/wiki/Sporopollenin) bestehen.

Bild 43: Hier noch eine Aufnahme des Pollinariums von H. carnosa aus dem oben verlinkten Aufsatz von Mark Randal:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/65217_29554585.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Mila in Mai 21, 2011, 08:12:07 VORMITTAG
Lieber Jörg,

vielen Dank für das Recherchieren. Kann man doch mal wieder sehen, dass selbst Fachleute sich manchmal nicht ganz einig sind.
Deinen Beitrag werde ich zu meinen Unterlagen nehmen :)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Omaruru in November 26, 2011, 17:21:15 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,
auf der Suche nach versteckten Schätzen im Forum bin ich auf deinen Artikel gestoßen.

Die Nomenklatur ist anscheinend komplizierter als ich dachte.
Also hier meine Erklärung:
Pollinien, sei es bei Orchideen oder bei den Asclepiadaceen, sind der Verbund zweier Pollensäcke eines Staubblattes.
Hintergrund: In beiden Familien haben sich die Pflanzen in ihrer Evolution entschlossen, die Pollen nicht mehr dem Wind anzuvertrauen und damit dem Schrotschußprinzip - ein Körnchen wird schon treffen. Sie pudern sie nicht einmal wahllos auf Jeden der seinen Kopf in die Blüte steckt.
Wenn auch Nadelbäume und z.B. die Haselnuß das Prinzip der Windbestäubung soweit perfektioniert haben, daß durch die aerodynamische Form der weiblichen Blüten die Wahrscheinlichkeit eines Treffers maximiert wird.
Bei den Pollinien geht es um alles oder nichts.
Das heist beide Pollensäcke eines Staubblattes werden einem Postboten also Insekt anvertraut. Dieser Dienstleister überbringt dann das gesamte genetische Paket. Fast wie bei uns Tieren - aberhunderte Spermien machen sich auf den Weg - aber wie schon im "Highlander", es kann nur einen geben.
Der rafinierte Unterschied zwischen den Pflanzenfamilien ist:
Asclepiadaceen sind so genannte Aasblumen, die ihre Bestäuber durch ihren Geruch anlocken und sie in die Klemmfalle trapsen lassen so daß sie die Pollinien auf die nächste Blüte transportieren.
Bei Hoya ist der Geruch für uns Menschen allerdings wesentlich angenehmer als bei anderen Mitgliedern der Famile.
Die Orchideen, als evolutionsmäßig höher entwickelte Familie, sind wesentlich stärker auf einen speziellen Bestäuber angepasst. Hier wird durch Geruch und Blütenform nur eine Insektengattung angelockt und die bekommt dann das Pollinium nicht als Fußfessel sondern als "Krönchen" auf die Stirn geklebt.

Leider habe ich meine Abzüge zum Thema gerade im Naturkundemuseum Stuttgart geparkt und meine Filmstreifen noch in einem Umzugskarton, den ich noch nicht  gefunden habe.

Fröhlichen Advent

Klaus
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in November 27, 2011, 07:17:06 VORMITTAG
Lieber Klaus,

vielen Dank für Deine Erläuterungen. Ich finde es immer wieder spannend, wie weit die Spezialisierung in der Natur geht. Die Beziehung zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern ist da ein faszinierendes Kapitel.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Richtig, heute ist ja der erste Advent. Irgend wie will das mit dem Weihnachtsgefühl noch so gar nichts werden. Ob das wohl daran liegt, dass mich gestern bei der Gartenarbeit noch eine Wespe umschwirrt hat und ich noch mal alles durchgießen musste? Oder eher daran, dass die ersten Weihnachtsmänner dieses Jahr schon Ende August in den Regalen der üblichen Verdächtigen aufgetaucht sind?  ;)
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Klaus Herrmann in November 27, 2011, 09:48:51 VORMITTAG
ZitatOder eher daran, dass die ersten Weihnachtsmänner dieses Jahr schon Ende August in den Regalen der üblichen Verdächtigen aufgetaucht sind

Das waren die umgepackten Osterhasen lieber Jörg; auch die müssen mal wech!
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Lothar Gutjahr in November 27, 2011, 11:53:08 VORMITTAG
Lieber Jörg,

nennen wir das einfach mal "Standing Ovations". Denn es ist schwer, jedesmal das Lob noch zu steigern. Für mich als Ingenieur, der sein lebenlang der Technik huldigte und das Mikroskop schon mal aus dem Schrank holte um nachzusehen, warum ein Bauteil ausfiel, sind das neue wunderbare Welten.

Bei mir hast du aber auch erreicht, daß ich sage, diese Trauben hängen viel zu hoch. Ich werde gar nicht erst versuchen etwas halb so schönes selbst zu erreichen, weil ich jetzt schon weiß, dass ich erst Violine spielen lernen müßte um bei so ein Konzert mitspielem zu können.

So muss ich mir erst mal den Thread von Herrn Linkenheld  zur Unendlichoptik verinnerlichen um überhaupt erstmalig mit meinem Instrumentarium richtig umgehen zu lernen. Über Zwischenlinsen in Tuben habe ich mich früher eigentlich nur gewundert und inzwischen betreibe ich verschiedene Aufbauten aus zusammengewürfelten Teilen und wundere mich warum es manchmal funktioniert oder oft genug weniger gute Ergebnisse gibt.

Zuletzt die kleine verstohlene Frage: sind solche Bilder direkt erzielbar oder wurde da mit Bildbearbeitung Staub entfernt, Kontrast angehoben oder was da noch so alles möglich wäre?

Ja so ist so ein Beitrag wie ihrer ein hineinschnuppern, was machbar ist. Aber auch bis zu einem gewissen Grad der Hinweis "Schuster bleib bei deinen Leisten".
Mit einem herzlichen Dankeschön vom immer noch sonnigen Alpenrand und besten Sonntagsgrüßen.

Lothar
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in November 27, 2011, 12:16:17 NACHMITTAGS
Lieber Lothar,

danke, danke, das ist zu viel des Guten! Und lass' dich vor allem nicht abschrecken! Ich mache das nun seit etwa drei Jahren und arbeite mit vergleichsweise einfachem Equipment.

Meine Kamera ist eine alte Canon Powershot A520 mit der Herrmanschen Okularadaption über ein 10er KPL Brille von Zeiss. Das ganze kommt zum Fotografieren auf einen Okularstutzen meines Leica DME und wird am PC mit PSRemote ferngesteuert. Die Objektive sind eher Mittelklasse, bis auf ein 20er PlanApo, das ich nicht mehr missen möchte.

Meine Bilder bearbeite ich kaum nach. Ich passe den Schwarz- und Weißpunkt an und schärfe nach dem Verkleinern etwas nach (alles mit der Freeware XNView). Wenn nötig, putze ich manuell den Hintergrund etwas aus. Das wars.

Auch die Präparation ist nicht so schwer und braucht keinen großen Geräte-Park. Ich schneide in der Regel mit einem einfachen Handzylindermikrotom und Einmalklingen im SHK-Halter. Gefärbt wird meist nach Wacker W3A oder mit Rolf-Dieter Müllers W3Asim II. Wenn Du da mehr wissen möchtest, kannst Du Dich auf unserer Webseite (http://www.mikroskopie-bonn.de/index.html) (in der Bibliothek unter Botanische Mikrotechnik (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html)) einlesen. Die Arbeitsblätter können dann im Downloadbereich herunter geladen werden.

Die hier gezeigten Blütenquerschnitte sind allerdings in Paraffineinbettung mit dem Rotationsmikrotom geschnitten. Für diese Technik fehlt mir die Ausrüstung, die Schnitte hat eine liebe Kolleginn aus dem MKB für mich gemacht und aufgezogen.

Wie gesagt: lass' Dich bitte nicht entmutigen sondern fang einfach an, wenn Du gerne einmal Pflanzenschnitte machen möchtest. Wenn Du fragen hast, kannst Du mich auch gerne ansprechen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Lothar Gutjahr in November 27, 2011, 12:31:24 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

ja, ja stelle du dein Licht ruhig unter den Scheffel,grins. An deinen Taten wirst du gemessen und da hast du ja offensichtlich ein Händchen dafür.

Nein entmutigen lassen tu ich mich nicht so schnell. Ich habe lediglich ganz schnell gelernt, dass meine Vorstellungen vom Umgang mit dem Mikroskop überholt sind und dass ich zwingend meine Komponenten sortieren und auf Tauglichkeit prüfen muß und da hilft der Thread zur Unendlichoptik ungemein. Ja ich hatte lange gemeint ich behersche mein Klavier. Aber ich freue mich auch, dass sich da noch eine Menge Optimierungspotential befindet und es kann bei richtigem Vorgehen nur besser werden. ;D

LG Lothar
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Fahrenheit in November 29, 2011, 08:14:44 VORMITTAG
Lieber Lothar,

dann wünsche ich Dir viel Erfolg beim Optimieren Deines Handwerkzeugs und viel Spaß bei Deinem neuen Hobby!

Und wenn Du beim Pflanzenschnippeln mal nicht weiter kommen solltest: sprich mich gerne an.  :)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Die Wachsblume - Hoya carnosa - NEU, mit Schnitten der Blüte
Beitrag von: Lothar Gutjahr in November 29, 2011, 08:23:22 VORMITTAG
Guten Morgen Jörg,

wenn es wirklich so weit kommt, dann melde ich mich sicher . Vielen Dank noch mal. Erst werde ich mich nun mal mit dem Wassetropfen beschäftigen.

Einen schönen Tag und beste Grüße aus dem sonnigen Alpenvorland

Lothar