Noch eine Bestimmungsanfrage von mir:
An einer Stelle in einem See, an der angeblich eine Eisenschicht offen liegt, fand ich dieses schwammartige Gebilde:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/68144_13599032.jpg)
Unter dem Mikroskope sieht das Ganze dann so aus:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/68144_58381451.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/68144_20689401.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/68144_42959111.jpg)
Ich selber tippe auf Schwefelbakterien, wie zum Beispiel Beggiatoa alba
Könnte ich da richtig liegen?
Danke für eure Hilfe
Gruß
Mattes
hallo Matthes,
Zitatfand ich dieses Schwammartige Gebilde
nomen est omen: für mich sieht das Ganze in der Tat nach einem Süßwasserschwamm aus, bei dem die Nadeln im Mikroskop erkennbar sind
ein Vergleich ist hier:http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/KennkartenTiere/Porifera/source/Spongilla%20sp.2.html
Beggiatoa ist durch Schwefeleinschlüsse gekennzeichnent. Siehe hier:
http://www.plingfactory.de/Science/Atlas/Kennkarten%20Procaryota/source/Beggiatoa%20alba.html
Solche Körner sind bei den Nadeln eben nicht erkennbar, mit Sicherheit ist es deshalb keine Beggiatoa, so dass die Vermutung "Schwamm" nahe liegt.
Bei den "Stacheln" im 2.Bild handelt es sich vermutlich um kleine Härchen auf den Chitinteilen eines Insekts.
beste Grüße Michael Plewka
Zitat von: Mattes. in Juli 06, 2011, 11:59:15 VORMITTAGAn einer Stelle in einem See, an der angeblich eine Eisenschicht offen liegt, fand ich dieses schwammartige Gebilde:
Hallo Mattes,
ich kann leider nichts zu Deiner Bestimmung beitragen und habe deshalb mit meiner Neugier ein wenig gewartet, bis es auf Deine Frage eine Antwort gab. Jetzt aber: was ist denn mit einer "Eisenschicht" gemeint? Hintergrund ist, dass ich Geologe bin und keine Eisenschichten kenne. Eisen kommt in der Natur auch nicht gediegen (also ohne Bindung an andere Elemente) vor und liegt - mit Ausnahme von anstehenden Eisenerzen, Bergbau- oder Kohlehalden - im allgemeinen nicht in besonders reaktiven Mineralphasen vor. Steht der Name vielleicht für etwas Anderes?
Herzlichen Gruß, Thomas
Hallo Michael,
an einen Schwamm glaube ich kaum. Müsste dieser nicht auch eine feste Konsistenz haben? Die braune Masse läßt sich mit der Hand durchgleiten. Wie eine Wolke aus Fäden, die auseinanderstobt, wenn man mit der Hand hindurchfährt.
Thomas,
danke für die Info. Ich habe den Besitzer des Gewässers, bei der ersten Begehung nur schemenhaft im Ohr. Ich glaube er erzählte etwas darüber, dass bei der Ausgrabung der Auskiesungsfläche so etwas wie eine eisenhaltige Sohle angegraben wurde. Er befürchtete Einträge dessen ins Gewässer. Ich werde ihn beim nächsten Treffen noch einmal dazu befragen und bei der Gelegenheit auch noch einmal frische Proben ziehen.
Die jetzige Probe stand ein paar Tage bei mir zu Hause, bevor sie dokumentiert wurde. Möglicherweise sind dadurch starke Veränderungen entstanden, die das Bild verfälschen.
@ Michael: Kann es denn sein, dass die Schwefelanteile durch zu langes "stehen" bei mir herausgelöst wurden?
Na ja, wenn ich frisches Material da habe, poste ich es erneut.
Meinen Dank an die Mitgrübler
Lieber Mattes,
es gibt auch ein Eisenbakterium. Es baut dünne Röhrchen und sitzt vorne am Röhrchen dran. Die Bakterien fallen aber gleich ab.
Ich fand hier im Wald mal an einer Stelle in einem Mini-Bächelchen eine ockerfarbene Schicht im Randbereich. Habe lange gerätselt bis ich herausfand was es war. Die Röhrchen sind sehr dünn, wie stark hast Du die vergrößert?
Liebe Grüße
Regi
Hallo Regi,
danke für den Einwurf. Habe ein wenig über die eisenoxidierenden Mikroorganismen recherchiert. Interessant, vermutlich auch für Michael.Um frische Proben komme ich nicht umhin. Werde mich rückmelden, wenn ich sie habe.
Kurz zur Umgebung: PH: 7,2, O2 in ein Meter Tiefe (Fundort) 8,2 mg/l, also aerob.
Vergrößerung der Aufnahme: 1000-fach (unterste zwei Bilder) zzgl. Umrechnung des Kamerachips. Muss mich endlich mal um eine Maßstabangabe auf meinen Bildern kümmern, komme aber kaum dazu mich zu bemühen.
hallo Matthes,
1.
Zitat...schwammartige Gebilde
2.
ZitatWie eine Wolke aus Fäden, die auseinanderstobt, wenn man mit der Hand hindurchfährt.
da hast Du uns aber auf eine falsche Fährte gelockt......unter einem Schwamm stell ich mir schon was anderes vor....
Regi hat recht; es handelt sich um das Eisenbakterium Leptothrix ochracea
beste Grüße Michael Plewka
Hallo Michael,
ich muss zugeben ... ja. Ich war in meiner Beschreibung von dem rein visuellen Erscheinen ausgegangen und habe es ausgelassen, die tatsächliche Konsistenz zu beschreiben. Mein Fehler.
Dann darf ich mich ein weiteres mal für die tolle Hilfe von euch bedanken und beginne mal mit den recherchieren, ob und welche Auswirkungen auf Gewässer damit in Verbindung stehen.
Für Thomas werde ich die Aussagen des Eigentümers noch mal überprüfen und nachreichen. Dies kann aber dauern, da den armen Menschen ein böses Missgeschick passiert ist und er einige Wochen außer Gefecht sein wird. Eine Leiter wollte nicht so wie er.
Hallo ,
nachdem die Identifikation offensichtlich geglückt ist könnte man noch an eine Verifikation denken: Mit der Berlinerblau-Reaktion könnte man Eisen II
sauber nachweisen und das wirklich "vor Ort", Mit Lösung von gelbem Blutlaugensalz (Kalium Ferrocyanid) versetzen und mit HCl ansäuern gibt einen blauen Niederschlag und zwar im eisenhaltigen Gewebe.(Eisen steht hier für chemische Puristen natürlich für Eisen in der Oxidationsstufe 2+ ;) )
Wäre einen Versuch wert!
Die Agenzien würde ich gerne zur Verfügung stellen.
Edit: verschämt übersetze ich in die Neuzeit der chemischen Nomenklatur und korrigiere die Formel noch um ein winziges Detail ;):
Gelbes Blutlaugensalz: Kaliumhexacyanoferrat(II) K4[Fe(CN)6]. Angeregt zu diesem Vorschlag hat mich der Molisch Mikrochemie der Pflanze von 1922!
Und in meinem Jander-Blasius von 1966 wird immerhin noch das Blutlaugensalz angeführt. Mit Salzsäure ist natürlich Chlorwasserstoffsäure gemeint ;D
Wir müssen zusammen mal ein Buch schreiben lieber Herr Husemann: Was Großvater noch wusste... ;)
Guten Abend Klaus,
für eine Verifikation stehe ich gespannt zur Verfügung. Das Angebot schlage ich nicht aus.
Kontaktdaten kommen per PN.
Aber lieber Herr Herrmann,
allein bei der bloßen Aussprache des Wortes "Kalium Ferrocyanid" hätte uns vor über 50 "Lenzen" unser Praktikumsassistent im Anfängerpraktikum verächtlich als "Apotheker" bezeichnet und noch einmal umgeschickt um zu lernen: Kaliumhexacyanoferrat(II) K4[Fe(CN)6] !! Es lebe die "reine Lehre" !! ;) ;D ;) ;D ;) ;D ;) ;D
"Historisierende" freundlich-kollegiale Mikrogrüsse
H. Husemann
Hallo!
Aber es war irgendwie schon heimeliger und geheimnisvoller, als man noch von "Schwefelsuarem Eisenoxydul", "Natirumchlorür" oder allenfalls "Natirum chloratum" sprach.
Spätestens mit der Verbannung des "y" aus den Oxiden verschwand endgültig das Sinnlich-mystische aus der Alchimie. Und in Zeiten der Chromatographie, Spektroskopie und Röntgendiffraktion hat die Chemie ihren Zauber ( des Krachenden und Stinkenden ) fast vollständig verloren. Schade :'(
Herzliche Grüße
Peter
Nachdem ich nun begonnen habe, mich den Bakterien ein wenig zu widmen, ecke ich schon mit Widersprüchen an.
Die Oxidation von Eisen (FE II) findet unter neutralen Bedingungen (PH/Sauerstoff) doch ohne die Beteiligung von Bakterien statt. Das zweiwertige Eisen wandelt sich doch umgehend in dreiteiliges, oder? Zur Erinnerung PH war bei 7,2 und der Sauerstoffgehalt lag bei 8,2 mg/l.
Wie ist das Vorkommen zu erklären oder auch: Wo ist mein Denkfehler?
Hallo Mattes,
ZitatEisen wandelt sich doch umgehend in dreiteiliges
Wir korrigieren in
dreiwertiges und verwenden Kaliumhexacyanoferrat II K
4[Fe(CN)
6] um Berliner Blau zu erhalten.
Da wir nicht sicher sind ob II oder III-wertiges Eisen vorliegt machen wir auch die Probe mit Kaliumhexacyanoferrat III ;), aber nur, wenn es mit der Berliner Blau-Reaktion nicht geklappt hat
Und wenns weder noch blau wird, dann warens keine Eisenbakterien/algen...
Edit ich habe hier ein wenig korrigiert. Jetz sollte es korrekt sein!
Guten Morgen Klaus,
es ist heute ein Päckchen für dich auf die Reise gegangen!
Hatte gestern die Gelegenheit eine frische Probe zu entnehmen.
Hallo Mattes,
Zitates ist heute ein Päckchen für dich auf die Reise gegangen!
Ich fege mein Labor schon mal mit eisernem Besen durch! ;D
Hallo zusammen, hallo Mattes,
wohlverpackt kam das Paket heute an. Labor und alle Gerätschaften fleißig mit Stahlwolle ;D geputzt. Lösungen angesetzt.
Und nach dem Abendessen noch gewerkelt. Die "Röhren" sind etwa 2 µm dick leicht doppelbrechend.
Erst eine Aufnahme im DIC der gelben "Flusen" im Fundortwasser,
danach spülen mit H2O dest und 10 min imprägnieren in einer 2%igen Lösung von K-Ferrocyanid (Verzeihung lieber Herr Husemann ;) ) also "gelbem Blutlaugensalz" und nochmal spülen mit H2O dest. Davon dann die 2. Aufnahme. Die Bakterien wurden etwas dunkler.
Dann HCl 2%ig durchgezogen. Die Reaktion setzt sofort ein. Nach 30 Sekunden wieder gespült und Aufnahme 3 und 4 gemacht.
Der Vorteil der Berliner Blau-Reaktion ist, dass die Farbe da entsteht, wo auch das Eisen III sitzt. Die Pathologen kennen diese Reaktion gut!
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69147_10641106.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69147_33632179.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69147_36742071.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69147_30029936.jpg)
Hallo Klaus,
meinen besten Dank für die Verifizierung. Also FE III.
Ist jemand in der Lage mir mit einfachen Worten zu erklären, welcher Prozess denn nun dort abläuft?
Für Thomas:
Ich habe den Besitzer noch einmal befragt. Er äußerte sich wie folgt:
Man hatte dort auf dem Grundstück einmal einen Brunnen gebohrt. 8 Meter tief. Das Wasser, welches zu Tage befördert wurde, war rostbraun. Es hinterließ nach dem Gießen des Rasens einen braunen Teppich auf selbigen.
Als man sich einmal entschlossen hatte, den vorhandenen "Kriechkeller" zu erweitern, kamen bei den Baggerarbeiten rostbraune Strähnen im Erdreich zu Tage. Wie Ader rostiger Schichten. Es scheint einer dieser Schichten zu sein, die auch bei der Ausbaggerung der Kiesgrube offen gelegt wurde und an deren Stelle ich nun die Probe vorgefunden habe.
Nochmals vielen Dank an Klaus für die Bereitschaft sich meines kleinen Rätsels anzunehmen. Allen anderen Aufklärern gilt das Gleiche.
Hallo Mattes,
war mir ein Vergügen die Anfänge meines Chemiestudiums wieder auszugraben und auf die Mikroskopie zu übertragen.
Dieser Nachweis ist simpel und eindeutig, wenn man rasch arbeitet.
Ich werde noch mehr damit machen. Die Reagenzienlösungen sind stabil und unkritisch. Falls jemand Bedarf hat: ich könnte liefern! ;)
Was meinst Du damit:
ZitatIst jemand in der Lage mir mit einfachen Worten zu erklären, welcher Prozess denn nun dort abläuft?
Die Reaktion zum Berliner Blau? Da würde ich mich locker zurücklehnen und die Frage weiter reichen ;D ;D
Hallo Klaus,
wir hatten gemutmaßt, dass ich dort Eisenbakterien gesichtet habe. Diese können aber nur unter bestimmten Voraussetzungen auftreten, die dort nicht vorhanden sind.
Sind die "gelben Wolken" nur eine Auswaschung jener Adern, die sich nun auf dem Gewässergrund ablagern oder findet dort noch ein aktiver Wandlungsprozess statt?
Hallo Mattes,
also ich würde sagen, dass Eisenionen in der Natur unter nicht reduzierenden Bedingungen eher in Oxidationsstufe III als in II vorkommt.
Die Sulfide mit -II oxidieren auch mit der Zeit und an der Luft letztlich zu Fe³+
Der Nachweis ist eindeutig und Michael Plewka hat ja Leptothrix ochracea bestätigt.
Noch ein kleiner Nachtrag:
ich habe noch was gefunden:
http://de.wikipedia.org/wiki/Eisenoxidierende_Mikroorganismen
In dem Artikel werden die neutrophilen Bakterien behandelt, zu denen auch Leptothrix ochracea gehört, die hier wohl vorliegt.
Die Bakterien leben in diesen feinen Röhren, die sie schützen vor Umkrustung durch ausfallende Fe-Oxide/Hydroxide.
Das bedeutet also, dass die neutrophilen Bakterien im PH 7 -Bereich immer noch erfolgreich arbeiten können -
obwohl da die chemische Oxidation Fe ²+ --> Fe³+ mit Luftsauerstoff als Konkurrenzreaktion sehr schnell abläuft!
Wenn die O2-Konzentrationen im Wasser aber niedrig sind, haben die Bakterien doch eine Chance aus dieser Reaktion die nötige Energie für ihren Stoffwechesl zu gewinnen.
Hallo,
vielleicht noch eine kleine Anmerkung:
lt. Bergey´s Manual of Systematic Bacteriology
ist Leptothrix ochracea incertae sedis und
ZitatImpregnation and covering of the sheaths with iron probably take place after the cells have left the envelopes.
Viele liebe Grüße
Timm