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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in Juli 26, 2011, 21:35:39 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen *
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 26, 2011, 21:35:39 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

als ich Anfang Juni auf der Suche nach der Osterluzei war, habe ich quasi als Beifang Sprossstücke von der rotfrüchtigen und der weißen Zaunrübe mitgenommen. Die Bryonia-Arten gehören zur Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae) und weisen den typischen Sprossquerschnitt mit den bikollateralen Leitbündeln auf (vergleiche z.B. Wanner 2004, Seite 172 ff. - Curcurbita pepo).

Beim Schneiden der Weißen Zaunrübe war ich dann sehr überrascht, einen gänzlich anderen Querschnitt vorzufinden - uups, Fehlbestimmung.

Leider hatte ich nur ein Foto gemacht, was die Nachbestimmung nicht gerade erleichterte. Es folgte eine Suche nach in Deutschland in Flußtälern wild wachsenden Rankpflanzen, wobei Wein (Vitis) und Waldrebe (Clematis) schnell ausgeschlossen werden konnten. Es bleib von der Morphologie eigentlich nur noch der Hopfen. Allerdings fand ich das fünfzählige Blatt und den rötlichen Spross zunächst etwas irritierend.
Hopfen? Da war doch mal was! Genau: Leopold hat uns hier schon einmal seine schönen Hopfenschnitte (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6336.0) gezeigt. Mit dem Vergleich der Präparate war die Suche dann beendet.  :D

Bild 1: Die Hopfenranke (Humulus lupulus) mit zwei gegenständigen Blättern und einer Blütenknospe zwischen anderen Pflanzen - das einzige Bild für den Bestimmungsversuch.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_32473552.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Wenn man die Illustration von Thomé betrachtet:

Bild 2: Humulus lupulus schön gezeichnet und koloriert
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/69626_27840677.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

fällt auf, dass ein- und dreilappige Blätter abgebildet sind. Die Blätter meiner Pflanze hatten aber fünf Lappen. Nun, es können sieben, selten sogar neun werden:

Aus der Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Humulus):
ZitatDie Humulus-Arten sind schnellwachsende einjährige bis ausdauernde krautige Kletterpflanzen, die sich im Uhrzeigersinn winden. Die Stängel und Blattstiele besitzen steife, zweiarmige gestielte Haare. Die Stängel sind grob, sechsrippig bis geflügelt. Die gegenständigen, gestielten Laubblätter sind mehr oder weniger herzförmig und meist drei- bis sieben-, selten bis neunlappig. Es sind Nebenblätter vorhanden.

Humulus-Arten sind zweihäusig getrenntgeschlechtlich (diözisch). Die männlichen Blüten stehen in lockeren, rispigen Blütenständen zusammen. Die weiblichen Blüten stehen in zapfenförmigen, ährigen zymösen Blütenständen zusammen. Ihre Hochblätter vergrößern sich nach der Blütezeit. Die Nussfrüchte sind breit eiförmig, wobei der Kelch noch vorhanden ist.

Und zum echten Hopfen (Humulus lupulus):

ZitatDie Wildform des Echten Hopfens wächst bevorzugt an stickstoffreichen Standorten mit höherer Bodenfeuchte, zum Beispiel in Auwäldern, aber auch an Waldrändern und in Gebüschen auf trockeneren Flächen. Selten bildet er größere Bestände, kommt aber meist in kleinen Gruppen vor.

Aus einem dicken Wurzelstock (Rhizom) treibt der Hopfen meist sehr zahlreich aus. Die oberirdischen Triebe sind einjährig und sterben nach der Samenreife ab. Mit zwei bis sechs Metern Höhe ist die Wildform kleiner als die Zuchtsorten; ebenso sind die Blütenstände deutlich kleiner. In Mitteleuropa ist der Wilde Hopfen nahezu überall anzutreffen, kleinere Lücken gibt es im Alpenvorland. Der Hopfen ist eine zweihäusige Pflanze. Der männliche Blütenstand ist eine Rispe, der weibliche eine zapfenartige Ähre.

In Parks und Gärten würgt die Schlingpflanze andere teilweise recht große Pflanzen ab. Wegen seines weitverbreiteten Wurzelwerkes, über das sich der Wilde Hopfen auch fortpflanzt, ist es schwierig ihn zu beseitigen. Sehr junge Hopfensprosse bis zu einer Länge von ca. 30 cm werden gelegentlich als delikates Feingemüse empfohlen.

Seinen wissenschaftlichen Namen erhielt der Hopfen 1737 von Linné. Humulus ist die Verkleinerung von humlo (dem umgangssprachlichen lateinische Name für den Hopfen). Die Artbezeichnung lupulus ist wiederum eine Verkleinerungsform, diesmal von lupus, dem Wolf. Er soll auf den überwuchernden, verschlingenden Wuchs der Hopfenranken hin deuten.

Die Bitterstoffe des Hopfens werden in Europa seit dem Mittelalter genutzt, um den Geschmack des Bieres abzurunden. Von Süden kommend, hat er dabei den Gagelstrauch (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=9421.0) abgelöst. Dies nicht nur wegen seinem Geschmack, sondern auch weil die speziellen Bitterstoffe beim Brauen von Bier aufgrund ihrer bakteriziden Wirkung wesentlich zur Haltbarkeit des Gebräus beitragen. Die antiseptische Wirkung des Hopfens wird schon im Jahr 1153 n. Chr. von Hildegard von Bingen mit den Worten ,,putredines prohibet in amaritudine sua" (seine Bitterkeit verhindert die Fäulnis) beschrieben. Kommerziell relevant sind dabei nur die weiblichen Pflanzen, in deren Blütendolden die gewünschten Bitterstoffe vorkommen.

Ein hübscher Nebeneffekt war die Nutzung zur Feuchtigkeitsregulierung und als Schädlingsschutz in Bibliotheken: Hopfenranken mit den weiblichen Blüten wurden dazu in den Bücherregalen ausgelegt.

Zu guter Letzt ist der Hopfen aber auch eine Heilpflanze, aus der verschiedene Drogen mit hauptsächlich sedierender (beruhigender) Wirkung gewonnen werden.

Noch kurz zur Präparation:

Nach der dreitägigen Fixierung in AFE haben die Sprossstücke zunächst mehrere Wochen in Ethanol (70%) auf die Weiterverarbeitung gewartet. Geschnitten habe ich mit dem Handzylindermikrotom und Leica Einmalklingen im Halter. Die Schnittdicke beträgt ca. 50 µm.

Die Färbung ist eine Mehrfachfärbung nach Wacker W3A. Ein entsprechendes Arbeitsblatt kann hier (http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html#a15) heruntergeladen werden.

Nun aber zu den mikroskopischen Bildern:

Bild 3: Übersicht des Sprossquerschnitts, Vergrößerung 50x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_56347234.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Der Spross hat einen sechseckigen Querschnitt bei einem Durchmesser von ca. 4,5 mm.

Bild 4a/b: Detailaufnahme, Bild 4b mit Beschriftung, Vergrößerung 100x, Stapel aus 12 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_28535242.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_29094248.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Länge des Maßstabsbalkens 100µm.
EP & Cu : Epidermis und Cuticula
Fa         : Nester elastischer Fasern
RP         : Rindenparenchym
SG        : Sekretgänge?
PL         : Phloem
XL         : Xylem
jT          : juvenile Trachee - Zellwände noch nicht sklerifiziert
T           : Trachee
MS        : Markstrahl
PXl        : Protoxylem
MP        : Markparenchym

Das Phloem ist hier schlecht differenziert, darüber liegen im Rindenparenchym gelbe Nester elastischer Fasern zur Stabilisierung des Sprosses. Die Epidermis ist zweireihig, die untere Reihe erscheint mir leicht sklerifiziert und es gibt ein Eckenkollenchym.
Der Spross zeigt m.E. sekundäres Dickenwachstum. Gerade bilden sich sehr große neue Tracheen an der Grenze zwischen Xylem und Cambium. Die großen Wassergefäße sind sicher eine Voraussetzung für das große Längenwachstum der Sprosse. Diese sind ja nur einjährig und werden trotzdem 6 bis 12 Meter lang.
Weiterhin existiert eine große Markhöhle und im Markparenchym liegen unter den ältesten Tracheen Stränge von Protoxylem.

Bild 5a/b: Die Leitgefäße, Bild 5b mit Beschriftung (Legende wie Bild 4b, SZ Siebröhre).  Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_52013510.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_52179157.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier kann man das Phloem etwas besser erkennen (Beschriftung wie oben, SZ = Siebröhre):

Bild 6a/b: Rund um die Fasernester, Bild 6b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_58970669.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_1878352.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Neben den klassischen Geweben (Legende wie unter Bild 4b) kann man hier so etwas wie Sekretgänge (SG1 bis SG3) erkennen und rund um die Fasernester gibt es seltsame großlumige Zellen mit deutlich verstärkten Zellwänden (*). Die Faserzellen weisen zwar nach innen verdickte Zellwände auf, die jedoch nicht verholzt (sklerifiziert) sind. Dies erkennt man an der gelben Färbung - Holzfasern wären wie im Xylem rot. Sie bleiben somit flexibel und können gleichzeitig entsprechenden Zugbelastungen stand halten - genau das richtige für eine rankende Pflanze mit großer Sprosslänge.

Bild 7: Mark und Protoxylem, Vergrößerung 200x, Stapel aus 14 Bildern.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69626_9903591.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
In der Bildmitte das dunkelblaue Protoxylem, nach links - also nach außen hin - schließen sich Tracheiden und Tracheen an und schließlich ein Xylemring, in dem auch einreihige Markstrahlen erkennbar sind. Nach rechts - also zur Markhöhle hin - das Markparenchym, dessen Zellen sich am Rand der Markhöhle auflösen.

Vielen Dank fürs Anschauen, Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: beamish in Juli 26, 2011, 21:48:49 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

wiedermal superschöne Doku! Du bleibst beim Bier....  ;D

Hier übrigens 5-fach gelappte Blätter aus Bley 1897:
http://caliban.mpiz-koeln.mpg.de/bley/high/bley_tafel42.html

Herzlich

Martin
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 26, 2011, 21:54:46 NACHMITTAGS
Lieber Martin,

vielen Dank für Dein Lob und auch für das verlinkte Bild. Nicht nur mit fünffach gelappten Blättern sondern auch mit rötlichem Spross! :)

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Dem vergorenen Fruchtsaft von Vitis viniferum bin ich auch alles andere als abgeneigt ...  ;D
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Rawfoto in Juli 26, 2011, 23:34:50 NACHMITTAGS
Hallo Joerg

Ist wieder toll geworden! Aber wie immer beschaeftigen mich Deine Bilder, dieses Mal die Uebersicht. Wie schaut der Hopfen im Kernbereich aus. Ich beschaeftige mich ja jetzt (neben den Umbau und Behebungsarten) mit der Verbesserung meiner Schnitttechniken ... Hast Du auch eine gesamte Uebersicht fotografiert, dieser Innenbereich wirkt auf mich ausgerissen, wenn dem so ist dann kenne ich das auch von einigen meiner Schnitte.

Ist das so und wenn ja, hilft da nur die Einbettung?!?

:-)

Gerhard
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Hans-Jürgen Koch in Juli 27, 2011, 08:01:11 VORMITTAG
Hallo Jörg,

eine gelungene und sehr informative Darstellung , danke.

@ Gerhard,

der Spross der Pflanze ist hohl, es gibt keine klare Abgrenzung des Markparenchyms.
Eine Einbettung hilft uns hier vermutlich nicht weiter.

Gruß
Hans-Jürgen
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 27, 2011, 08:30:19 VORMITTAG
Lieber Gerhard, lieber Hans-Jürgen,

vielen Dank für Euer Lob! Schön, dass Ihr Euch mit meinem Hopfen anfreunden konntet.  :D

Wie Hans Jürgen schon schrieb: der Stängel ist hohl und es gibt keinen scharfen Übergang zwischen Markhöhle und Markparenchym (wie auch in der Bildunterschrift zu Bild 7 beschrieben).

Die Markhöhle entsteht im allgemeinen durch ein Aufreißen des Markparenchyms in der Mitte des Sprosses. Die betroffenen Zellen sterben dabei ab.
Dieser "Flatterrand" ist allerdings nicht einfach zu schneiden, da das Material am Rande der Markhöhle ja nicht mehr zusammenhängt und entsprechend instabil ist.

Von daher glaube ich, dass es schon etwas bringen würde, mit Paraffineinbettung zu schneiden, wenn man genau wissen möchte, wie der Übergang zwischen Markparenchym und Markhöhle aussieht. Es treten dann einfach weniger Artefakte auf, da die Zellreste der Klinge nicht mehr ausweichen können.
Wenn ich mich recht erinnere, gibt es im Wanner eine schöne EM-Aufnahnme dazu. Ich schaue heute Abend einmal nach und stelle auch eine Makroaufnahme vom Querschnitt des fixierten Sprosses ein.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Jan Kros in Juli 27, 2011, 10:27:32 VORMITTAG
Lieber Jörg
Wunderschöne Arbeit, ich schliesse mich vorige Schreibern an
Herzlichen Gruss
Jan
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Ronald Schulte in Juli 27, 2011, 22:08:37 NACHMITTAGS
Jörg,

Kenne mich zwar nicht in die Materie aus aber möchte mich auch anschließen. Besonders dein erstes Bild mag ich sehr.
Gut ausgeleuchtet und Scharf. Toppie!!
Glückwunsch.

Grüße Ronald
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 27, 2011, 22:30:15 NACHMITTAGS
Lieber Jan, lieber Ronald,

auch Euch vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass Euch meine Bilder und Beschreibungen gefallen.

Liebe Pflanzenfreunde,

hier zunächst das angekündigte Bild vom - fixierten - Sprossstück:

Bild 8: Makroaufnahme vom Spross
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69688_45660457.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Die recht große Markhöhle ist gut zu erkennen und ihre Wände wirken recht scharf begrenzt. Beim frischen Spross kann man jedoch eine leicht "pelzige" Oberfläche erkennen, die sich aus den Resten abgestorbener Markparenchymzellen ergibt.

In den Tracheen des Hopfens gibt es aber noch eine weitere Überraschung, die ich zunächst für einen Pilz gehalten habe. Dank Martins Hinweis auf das neue Buch "Atlas of stem anatomy in herbs, shrubs and trees" Band 1. der Autoren von Schweingruber/Börner/Schulze (Heidelberg 2011) war das Rätsel aber schnell gelöst - in den Tracheen gibt es "Schwielen".

Bild 9a/b: Tracheen im Sprossquerschnitt des Hopfens mit in das Tracheenlumen hineinragenden Wucherungen ("tylosis"), Bild 9b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 13 Bildern.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69688_60139410.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69688_49796718.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Legende wie unter Bild 4b. Die Wucherungen in den Tracheen sind mit ty1 - 3 bezeichnet.

Auf Seite 95 des oben genannten Buches befindet sich eine Mikroaufname und eine entsprechende Beschreibung zu den Tracheen des echten Hopfens:

ZitatVessels are thick-walled an contain tylosis (Fig. 9)

Tylosis ist zunächst wohl ein Begriff aus der Humanmedizin und bezeichnet z.B. Hornhautschwielen (Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Tylosis)). In diesem Sinne wären die Einwachsungen in das Lumen der Tracheen also als Wucherungen an der Tracheenwand zu deuten. Aber was wuchert da? Die Tracheen bilden sich ja aus Zellen, deren Zellwände verholzen und die dann absterben - sie sind also totes Material. Ob es sich um Einwachsungen benachbarter Zellen z.B. über die Tüpfel handelt?
Andererseits ist das Material der Wucherungen ebenfalls rot gefärbt (im gleichen Ton - Verholzungsgrad? - wie die jeweilige Tracheenwand), es ist also auch ligninhaltig. Somit könnte es sich auch um eine Missbildung handeln, die während der Ausdifferenzierung der Trachee in der noch lebenden Zelle entsteht. Dies aber erst zu dem Zeitpunkt, ab dem die Zelle Lignin einlagert, da die juvenilen Tracheen mit unverholzten Zellwänden in meinen Schnitten keinerlei Wucherungen aufweisen. Es ist auch nicht jede ausgereifte Trachee betroffen und der Grad der Wucherungen ist unterschiedlich, wie auch das Bild 1 zeigt.

Vielleicht noch etwas zu den Größen:  die Trachee mit der Wucherung ty1 hat eine Länge von rund 90 µm. Die Wucherung nimmt gut 40% des Lumens ein und ragt bis zu 36 µm in dieses hinein. ty2 füllt seine Trachee bis zur Unbrauchbarkeit aus, während die kleine Trachee mit rund 30 µm Durchmesser im Umfeld des Protoxylems nur sehr kleine Wucherungen aufweist (ty3).   

Herzliche Grüße
Jörg

 
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Holger Adelmann in Juli 27, 2011, 22:47:14 NACHMITTAGS
Das ist wieder sehr schoen und lehrreich geworden, lieber Joerg.

Hatten wir solche gekoernten Strukturen nicht auch beim Eidechsenschwanz? Nicht so weit in Lumen ragend - zugegeben.
Auch wuerde ich mir unter einer Verschwielung einer Trachee eher eine Wandverdickung vorstellen??

Herzliche Gruesse
Holger
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Rawfoto in Juli 27, 2011, 23:48:39 NACHMITTAGS
Hallo Joerg

Es wird ja immer spannender, super ...

Die scharfe Abgrenzung in der Makroaufnahme meine ich, das wuerde ich gerne bei vergleichbaren Pflanzen bis zum Schnitt bringen ...

Erste Testbloecke habe ich am Wochenende mal gegossen, mit und ohne Durchtraenkung des Objekts. Erste Schnittversuche zeigen deutliche Vorteile da die Schnitte weit weniger ausreissen. Dafuer rollen sich die Schnitte wie verrueckt. Als naechstes muss ich Versuche bezueglich Strecken und Aufkleben machen ...

Es gibt halt noch viele Baustellen am Weg zum Erfolg :-)

Gerhard
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 28, 2011, 09:06:29 VORMITTAG
Lieber Holger,

ja, ich war auch sehr überrascht. Wie gesagt, erst dachte ich an Pilze und war am überlegen, wie ich das wohl prüfen könnte. Dann kam Martins Hinweis auf das neue Buch aus Heidelberg. Ich habe so was bisher auch noch nie gesehen.
Beim Eidechsenschwanz (http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=6587.0) tritt diese Tylosis auch nicht auf, die Tracheen sind sauber. Es gibt aber große sklerifizierte Zellen am Rande der Leitbündel (Sklerenchymring oder Leitbündelscheide), die noch Reste vom Zellplasma oder andere Artefakte zu enthalten scheinen - siehe Bild 9 im oben verlinkten Thread. Die Farbe stimmt da regelmäßig auch nicht mit der der Zellwand überein.

Über die Bedeutung "Schwiele" war ich bei meinem Übersetzungsversuch auch überrascht, ich finde "Wucherung" trifft es besser. Vielleicht gibt es aber auch einen besseren Fachbegriff aus der Botanik? Ich habe jedenfalls nichts gefunden - wie so oft, wenn man nicht genau weiß, wonach man suchen soll.  :D 

Das Ganze ist auf dem Schnittbild im Buch auch nicht so extrem, wie bei ty1 und 2 in meinem Beispiel. Eher so wie bei ty3. Vielleicht hat einer der Mitleser schon mal Ähnliches gesehen oder hat weitere Informationen?

Ich werde mal schauen, ob ich eine Stelle finde, an der die Wucherungen Kontakt zur Tracheenwand haben, um zu sehen, ob eine Verbindung besteht und wie die ggf. aussieht. Hab' lange nicht mehr mit Öl gepanscht.  ;D

Lieber Gerhard,

ich bin gespannt auf Deine Ergebnisse! Könntest Du Dich zum direkten Vergleich auch mal am Hopfen versuchen? Bisher habe ich mir wenig Gedanken um die Ausrisse am Rande der Markhöhle gemacht, da dort sowieso aufgerissene Zellreste vorliegen.
Im Makrobereich sieht der Rand schon recht scharf aus, es geht ja nur um ein bis zwei Zelllagen - wenn man in einen frischen Stängel schaut, kann man diese anhand der samtigen Oberfläche erkennen.

p.s.
Wenn Du Hopfen schneidest, könntest Du auch mal schauen, ob Du die Wucherungen oder Tylosis findest. Nicht, dass wir am Ende doch nur einem Artefakt hinterher laufen.
Wenn sonst noch jemand möchte ...  ;)

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Detlef Kramer in Juli 28, 2011, 09:28:15 VORMITTAG
Hallo,

gemeint ist vielleicht die sog. Thyllenbildung, die eigentlich in jedem Lehrbuch behandelt wird. Sie ist besonders gut an mehrjährigen Zweigen der Robinie zu erkennen. Die Tracheen selbst sind ja tot, nicht aber die umgebenden Xylemparenchymzellen. Diese können also durch die einseitig behöften Tüpfel in die Tracheen wachsen und diese dadurch verschließen. Die gilt als ein möglicher Schutz vor Luft-Embolie größerer Holzbereiche, da die Tracheen ja weitgehend frei untereinander verbunden sind.

Allerdings sehen diese Thyllen ganz anders aus, eher wie Blasen. Also mich befriedigt die Erklärung noch nicht so ganz.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 28, 2011, 09:54:06 VORMITTAG
Lieber Detlef,

danke für Deinen Hinweis! Schön, jemanden mit Deiner Erfahrung im Forum zu haben!

Ich habe auch noch mal ein bisschen geschaut und bin über einige Links und das Langenscheidt Fachwörterbuch Biologie Englisch / Deutsch:
Zitat(Bot) tylose, tylosis, thyllosis ( Einstülpungen in Tracheen) Thyllenbildung /tylose (tylosis)
auf den Fachbegriff Thylle gestoßen.

Dann war es wieder einfach - siehe z.B. Wikipedia:
ZitatAls Verthyllung bezeichnet man das Verschließen nicht mehr genutzter Tracheen speziell bei bedecktsamigen Pflanzen.

Im Holz von Bedecktsamern (Angiospermen) finden sich weite großlumige Gefäße für den Wassertransport. Im Zuge des sekundären Dickenwachstums des Sprosses werden diese von der Wachstumsschicht (Kambium) immer wieder neu angelegt. Die weiter innen liegenden Tracheen sind dadurch nicht mehr aktiv am Wassertransport beteiligt und werden von der Pflanze nicht mehr benötigt.

Deshalb verschließt die Pflanze diese Gefäße durch die Bildung und Platzierung einer sackartigen Ausstülpung einer benachbarten Parenchymzelle (Thylle) innerhalb der Trachee. Als Verbindung zwischen Trachee und Parenchymzelle werden in der Regel Tüpfelkanäle zwischen den benachbarten Zellen genutzt. Die neu gebildeten Thyllen können wiederum eine eigene Zellwand ausbilden und als eigenständige Zelle innerhalb der Trachee fungieren. Ihre Aufgabe ist dann beispielsweise die Speicherung von Stärke.

Die Schwiele aus der Zoologie bzw. Medizin war da eine gelungene Ablenkung ...  ;D

Die Beschreibung zur Thyllenbildung (ist auch im Eschrich beschrieben) passt allerdings nicht zu den Bildern. Das sind ja keine Blasen zum Abdichten der Tracheen sondern wirklich eher lose Wucherungen (doch ein Pilz?) - oder eben Artefakte.
Eine Verwundung liegt ja auch nicht vor - der Spross war bei der Probenahme unverletzt - und die jüngeren Tracheen (ty1 und ty2) sind weit aus stärker betroffen als die ältere am Rande des Protoxylems (ty3). Mal sehen, was die neuen Bilder zeigen.

Hier noch eine Link auf einen englischen Aufsatz zu den Abläufen bei der Thyllenbildung (http://horizon.documentation.ird.fr/exl-doc/pleins_textes/pleins_textes_7/b_fdi_51-52/010015247.pdf).

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Mila in Juli 28, 2011, 10:29:37 VORMITTAG
Lieber Jörg,

einen sehr schönen Beitrag hast Du wieder erstellt. Toll!

Nun habe ich eben auch zum Thema Thyllen nachgelesen und ein Foto gescannt, aber Du und Detlef seid einfach zu schnell :)

Interessant ist vielleicht noch (auch wenn OT), dass es Untersuchungen zur krebshemmenden Wirkung eines Inhaltsstoffes gibt.
Eine antibakterielle Wirkung ist erwiesen (=> unterstützende (!) Therapie einer Harnwegsinfekion mit - alkoholfreiem - Bier), außerdem fördert Hopfen (-extrakt) den Appetit und wirkt in vitro östrogen.
Schön, dass Du uns diese H. präsentierst :)

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 28, 2011, 22:15:21 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

auch Dir vielen Dank für Dein Lob und Deine Ergänzungen zum Wirkungsspektrum!

Zitat- alkoholfreiem -
Politisch korrekt!  ;D

Wenn Du das gescante Bild noch hast, stell' es gerne ein, dann wissen alle, was gemeint ist.

Liebe Pflanzenschnibbler,

hier nun noch die angekündigten Aufnahmen in höherer Vergrößerung:

Bild 10: Einzelaufnahme von den Zellwänden zweier Tracheen, Vergrößerung 1000x (Ölimmersion)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69758_53997523.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 11: Ein Stapel der selben Stelle aus 27 Einzelbildern mit Maßstab, Vergrößerung 1000x (Ölimmersion)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69758_66414817.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Bild 12: und noch ein animiertes GIF der 27 Einzelaufnahmen aus Bild 11
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69758_38652954.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Hier wird es ganz deutlich: das sieht nicht nach Thyllen aus, zumal ein guter Teil nicht von einer benachbarten Xylemparenchymzelle sondern eben wieder einer Trachee ausgehen würde.

Aber was ist es dann? Die Strukturen scheinen tatsächlich mit der Zellwand in Verbindung zu stehen, was sich sowohl in der Einzelaufnahme (Bild 10) als auch in der Animation (Bild 12) zeigt.
Das wäre für ein Artefakt ungewöhnlich - zumal die Strukturen nur in Tracheen, aber nicht in allen Tracheen vorkommen.
Vielleicht doch ein Pilz?

Allen herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Hier noch zwei Literaturstellen zu Thyllen:
Eschrich, Funktionelle Pflanzenanatomie, 1995, Seite 280 ff.
Braune/Leman/Taubert, Pflanzenanatomisches Praktikum I, 9. Auflage 2007, Seite 158 - 159
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Detlef Kramer in Juli 30, 2011, 21:47:36 NACHMITTAGS
Lieber Jörg und Alle,

heute war ich also am Rhein und habe mir einen halben Meter Humulus besorgt. Ich muss zunächst hinzufügen, dass die Diskussion über die merkwürdigen Strukturen in den Tracheen zwischenzeitlich noch direkt weiter betrieben wurde. Fragen dabei: können es Pilze sein? Bakterien?

Hier also die Ergebnisse, die ich zur Klärung und nicht zur Präsentation schöner Fotos beitragen kann.

Ich habe einen Sprossabschnitt, der wohl älter als Jörgs ist, mit Rasierklinge frei Hand geschnitten - ging im Moment nicht anders. Das Gewebe war nicht fixiert und wurde auch nicht weiter behandelt, sondern direkt mit DIC und einem 25 x Objektiv ausgewertet.

Das erste Bild zeigt die erste Gefahr der Fehlinterprtation, die aber hier wohl nicht in Frage kommt: die Tracheen enthalten Amyloplasten (Stärkekörner). Klar, die wurden durch die Rasierklinge aus den sehr Stärke-haltigen Parenchymzellen verschleppt.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69882_21102360.jpg)

Das zweite Foto zeigt aber etwas anderes: eine scheinbar oder tatsächlich ausdifferenzierte Trachee mit Schlunz innen drin.


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69882_59890414.jpg)

Um das zu verstehen, muss man sich ein wenig mit der Entstehung der Tracheen befassen. Das sind ja zunächst lebende Zellen, deren Zellinhalt nach der Ausdifferenzierung aufgelöst wird. Dem voraus geht u.a. die Auflösung der Querwände. Das ist ein allmählicher Vorgang, der nicht schlagartig abläuft. Und er läft erst ab, nachdem die Zelle wirklich ausdiffernziert ist, also die Zellwände lignifiziert sind. Noch längere Zeit können also Reste des abgestorbenen Cytoplasmas in den Tracheen - natürlich funktionslos - verbleiben, um langsam zu "vergammeln".

Dieses biete ich Dir jetzt einmal als Erklärung Deiner Beobachtung an. Das kann natürlich nur eine Theorie sein, aber ich denke mit einem gehörigen Grad an Wahrscheinlichkeit.

Übrigens hatte ich eine solche Diskussion schon einmal - vor ca. 35 Jahren, als mir eine amerikanischer Biologe elektronenmikroskopische Aufnahmen von Tracheen zeigte mit mehr oder weniger deutlich zu erkennenden Mitochondrien.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 30, 2011, 23:15:27 NACHMITTAGS
Lieber Detlef,

erst mal herzlichen Dank, dass Du Dich auf die Suche nach Hopfen gemacht und diesen auch gleich verarbeitet hast! Beim derzeit vorherrschenden Sommerwetter hatte das sicher annähernd Expeditionscharakter!  ;D

Da kann ich natürlich nicht zurück stehen und hab' gleich noch mal Mikroskop und Kamera angeworfen. Die Amyloplasten waren mir bis dahin noch garnicht aufgefallen, da ich zur Zeit einen Blaufilter im Filterhalter habe und nicht mehr den Polfilter, den ich sonst routinemäßig immer mal wieder eingedreht habe. Sie sind jedoch vorhanden, aber nicht angefärbt, fallen also als Erklärung auch bei mir aus.

Schlunz von Resten des Zellkörpers habe ich auch ab und an in den Präparaten und er ist bei den Wacker Färbungen meistens rot eingefärbt:

Bild 13: Schlunz in den Zelle - Sprossquerschnitt vom Eidechsenschwanz, Vergrößerung 200x, Stapel aus 26 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69893_39587887.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Hier sind es jedoch nicht die Tracheen, sondern Sklerenchymzellen des Sklerenchymrings bzw. der Leitbündelscheide und man kann recht deutlich erkennen, dass es sich um Reste der "Zellinnereien" handelt (Auf der nicht angefärbten Zellmembran sitzen die bekannten roten Strukturen ...) Für die Sklerenchymzellen gilt m.E. ja das gleiche, was Du zur Ausdifferenzierung der Tracheen gesagt hast.

Bild 14a/b/c: Das gleiche Objekt in einer Aufnahme von Holger Adelmann, b und c Ausschnitte aus 14a in Originalauflösung:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69893_12490670.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69893_42355425.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/69893_39642524.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

In Bild 14b erkennt man, dass auch zwei Siebröhren betroffen sind.

Hier noch mal ein Bild vom Hopfen:
Bild 15a/b: Tracheen aus dem Spross mit "Schlunz", Bild 15b mit Beschriftung, Vergrößerung 400x, Stapel aus 12 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69893_58850860.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69893_64075030.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
Tx    : Tracheen
Xl     : Xylem
PXl   : Protoxylem
MS    : Markstrahl
ZK    : Zellkern
AmP : Amyloplasten

Der Schlunz ist übrigens im Gegensatz zu den Zellwänden der Tracheen nicht doppelbrechend und somit kein Zellwandbestandteil, da er aus einem anderen Material bestehen muss.

Interessant finde ich, dass von den drei annähernd gleich alten Tracheen (T1 bis T3) aus der alten Lage gleich vor dem Protoxylem zwei sauber sind, während die dritte den Schlunz zeigt.
Noch interessanter: die ältere Trachee T4 ist in der gezeigten Gruppe die mit Abstand am stärksten befallene - hier ist das gesamte Lumen verschlunzt.
Wenn es sich um einen Abbauprozess handelt, sollte der nicht bei den älteren Tracheen weiter fortgeschritten sein, als bei den jüngeren? Und wir sind hier bei den ältesten Tracheen - bei den jüngeren Tracheen weiter außen (von denen z.B. die Bilder 10 bis 12 stammen) gibt es aber auch sowohl freie als auch verschlunzte Exemplare.

Du schreibst salopp, dass die Reste des Cytoplasmas in der Trachee langsam vergammeln. Ist das eventuell ein Zersetzungsprozess, an dem Mikroorganismen beteiligt sind? Die könnten sich im stetigen Wasserstrom einer Trachee ganz wohl fühlen. Dann in den völlig verstopften Tracheen vielleicht zu wohl?

Ich hoffe, ich nerve nicht mit meinen hartnäckigen Fragen, aber der "Schlunz" hat mich doch sehr neugierig gemacht.

Ich habe übrigens noch zwei Präparate mit den fraglichen Strukturen. Wenn Du magst, kann ich Dir eines schicken, dann kannst Du selbst mal schauen, wie das bei mir aussieht.

Und lieber Holger, hättest Du Lust, noch mal ein so schön hochauflösendes Bild vom Hopfen zu machen, wie seinerzeit beim Eidechsenschwanz?  

Allen Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Holger Adelmann in Juli 31, 2011, 00:46:30 VORMITTAG
Lieber Jörg & Detlev,
na das wird ja ein spannendes Thema um diese ominösen Füllungen.
Gerne mache ich ein paar hochaufgelöste Fotos vom Hopfen Jörg  ;)

Herzliche Grüsse
Holger

Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: HDD in Juli 31, 2011, 07:10:06 VORMITTAG
Hallo Jörg; Hallo Detlef

Das ist ja ein hoch interessantes Thema mit Super Aufnahmen. Die verständlichen Erläuterungen von Detlef runden das Ganze noch ab.
Holger: Das wird wirklich noch spannend!

Vielen Dank für diesen Beitrag.

Herzliche Grüße

Horst-Dieter
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Rolf-Dieter Müller in Juli 31, 2011, 08:23:24 VORMITTAG
Zitat von: Holger Adelmann in Juli 31, 2011, 00:46:30 VORMITTAG
...
Gerne mache ich ein paar hochaufgelöste Fotos
...

Lieber Holger,

irgendwie scheint mir da etwas entgangen zu sein, wirklich beeindruckend Deine Fotos.

Was mich interessieren würde, mit welchem Objektiv hast Du Deine Aufnahmen gemacht?

Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Jan Kros in Juli 31, 2011, 11:30:53 VORMITTAG
Lieber Jörg und Detlef

Auch ich möchte mal reagieren auf diesen interessanten Thema
Ich habe alles ausgedruckt und will alles nochmal in Ruhe nachlesen.
Soviele Informationen habe ich seit längere Zeit gelesen.
Und ann auch noch diese wunderschöne Bilder.
Ich geniesse immer wieder und es ist eine Anregung für mich auch weiter zu machen in der Botanik
Herzlichen Gruss
Jan
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Holger Adelmann in Juli 31, 2011, 18:39:57 NACHMITTAGS
Liebe Kollegen,

Jörg ist gerade bei mir und wir haben den Hopfen nochmals abfotografiert (Leitz Orthoplan, PL APO 63/1.40, Moticam 2300, CombineZ5, NeatImage, ImagePro Plus).

Bild 1 zeigt nochmals zwei Tracheen die mit den undefinierten Massen gefüllt sind.
Interessant ist die unterschiedliche Anfärbung sowie Struktur der Massen in den verschiedenen Tracheen (Einzelebene!).
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69936_39753668.jpg)

Bild 2 und 3 zeigen die schon von Jörg gepostete Stelle im Präparat (Ausschnitt von Bild 15a/b) mit dem gleichen Befund wie Bild 1.
Die Bilder sind jeweils mit unterschiedlich grossen Stapeln gerechnet.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69936_19287673.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69936_52597121.jpg)

Ausser Konkurrenz sozusagen zeigen wir euch hier noch eine Siebplatte (Bild 4) und ein Fasernest im Querschnitt (Bild 5).
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69936_8998341.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69936_33387669.jpg)

Herzliche Grüsse
Jörg & Holger




Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Detlef Kramer in Juli 31, 2011, 20:32:04 NACHMITTAGS
Lieber Rolf-Dieter,

Du schriebst:
ZitatWas mich interessieren würde, mit welchem Objektiv hast Du Deine Aufnahmen gemacht?
Zu diesem Zeitpunkt hatte Holger noch nichts gebracht, daher die Vermutung, Du meintest mich. Falls dem so sein sollte: es war ein Zeiss Planapo 25 x kombiniert mit Uralt-DIC und einem KPL-Brille und Optovar 1,25. Wobei ich überzeugt bin, dass ein Planachromat 40 x das gleiche gebracht hätte.

Herzliche Grüße

Detlef
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Mila in Juli 31, 2011, 20:38:08 NACHMITTAGS
Lieber Jörg, lieber Holger,

nur ganz kurz: was für wahnsinns Bilder!

Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 31, 2011, 21:09:52 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

Du hättest erstmal sehen sollen, wie die Präparate unter dem Orthoplan aussahen! Das 63er Plan Apo ist ein wirklich exzellentes Objektiv. Mir kommen jedesmal die Tränen, wenn ich an Holgers Mikroskopen sitze.  ;D

Es wäre schön, wenn Du noch Dein Bild von den Thyllen einstellen könntest - zum einen, weil die sehr interessant ist und zum anderen, um noch mal deutlich zu zeigen, dass die Einwachsungen in den Tracheen keine Thyllen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

vielleicht hat ja jemand auf Basis der neuen Bilder eine neue Idee, um was es sich da handeln könnte bzw. kann eine der hier vorgestellten Ideen unterstützen?
Interessant ist vielleicht, dass sich die Masse auch in beliebigen anderen Zellen findet (wenn auch nicht so massiv wie in den Tracheen). Z.B. rot in der Parenchymzelle am rechten Rand (im Bereich der Spiegelung ...) von Bild 4 in Holgers Antwort und auch zwei Zellen weiter links eher gelborange - dort könnte der ebenfalls sichtbare Ring einen Rest der Zellmembran darstellen, an dem sich die Masse abgelagert hat.
Allerdings war das ja bis zur Fixierung eine lebendige Zelle. Es könnte nun also Zellplasma sein, das sich im Laufe der Präparation an der Membran niedergeschlagen hat  - was Detlefs Interpretation stützen würde. Aber warum so massiv in einigen Tracheen?

Bild 16: Hier noch eine Aufnahme aus der gemeinsamen Session bei Holger, die die "Masse" in anderen Zelltypen zeigt (Einzelaufnahme mit Fokus auf das Zellinnere der relevanten Zellen):
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/69944_21661863.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Lieber Jan,

danke für Dein großes Lob, das ich mir gerne mit den anderen Schreibern teile. Mir geht es genau so: durch die Diskussionen - nicht nur in den Botanik-Threads - habe ich hier schon jede Menge gelernt.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 31, 2011, 21:45:04 NACHMITTAGS
Lieber Horst-Dieter,

sorry, ich hatte Dein Posting eben leider übersehen.  :-[

Gerne, nichts zu danken! Ich danke meinerseits allen, die sich hier an der Diskussion beteiligen.

Herzliche Grüße
Jörg

Sorry, falsche Anrede korrigiert - ich glaub' ich brauch Schlaf ...  :-[
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Mila in August 01, 2011, 16:26:37 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

hier zwei "Thyllen-Bildchen" :)

aus "Anatomie der Samenpflanzen", Stahl-Biskup/Reichling:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/70014_34248988.jpg)

und aus "Botanik", Lüttge/Kluge/Thiel:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/70014_62031252.jpg)


Herzliche Grüße
Mila
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in August 01, 2011, 21:09:57 NACHMITTAGS
Liebe Mila,

vielen Dank fürs Einstellen der Bilder zu den Thyllen. Jetzt ist auch im bildlichen Vergleich klar, um was es sich bei den Einlagerungen sicher nicht handelt.

Da war ich beim Vergleich meiner Präparate mit den Schnittbildern vom Hopfenspross in "Atlas of Stem Anatomy in Herbs, Shrubs and Trees" (Springer 2011, Schweingruber/Börner/Schulze)
zu voreilig.
;)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Rawfoto in August 01, 2011, 21:35:56 NACHMITTAGS
Lieber Joerg, lieber Holger

Verstehe ich das richtig, Ihr habt das gleicht Objekt fotografiert?!? Wie kommt Ihr da zu den doch recht grossen Unterschieden ... Das wuerde mich sehr interessieren ...

Liebe Gruesse :-)

Gerhard
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in August 01, 2011, 22:49:45 NACHMITTAGS
Lieber Gerhard,

bis auf das Präparat war alles unterschiedlich: Mikroskop und Objektive, Kamera und natürlich auch die Bildbearbeitung.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Holger Adelmann in August 02, 2011, 08:54:11 VORMITTAG
Lieber Gerhard,

Die Bildnachbarbeitung war minimal und diente eher dazu, die durch die Kamera limitierte Bildqualität doch wieder etwas dem im Okular gesehenen anzunähern, auch wenn es nicht völlig gelungen ist.

Das ist alles ja keine Hexerei, sondern spiegelt halt einfach die Ueberlegenheit eines Spitzenobjektives gegenueber einer guten Standardoptik wider.
Wäre ja auch schlimm wenn sich der Preisunterschied (ca. Faktor 10) nicht auszahlen wuerde...

Herzliche Gruesse
Holger
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Rawfoto in August 13, 2011, 18:14:42 NACHMITTAGS
Hallo Holger

Das macht mich neugirig, gestern hatte ich Gelegenheit eine Hopfenprobe in AFE einzulegen und ich bin schon sehr gepannt was da rauskommt ...

Hallo Joerg

Ich werde naechste Woche Pariffinbloeckchen vom Hopfen anfertigen und Dir einen zukommen lassen. Bin schon gespannt wie der Biohopfen aus Oberoesterreich aussieht ...

Liebe Gruesse :-)

Gerhard
Titel: Re: Auch ohne Malz, Gott erhalt's - Humulus lupulus, der Hopfen
Beitrag von: Fahrenheit in August 14, 2011, 15:48:18 NACHMITTAGS
Lieber Gerhard,

super, dass Du Dir ebenfalls den Hopfen anschaust! Ich bin sehr gespannt, ob der "Biohopfen aus Oberösterreich" auch mit "zugemüllten" Tracheen zu kämpfen hat.
;) ;D

Auf jeden Fall freue ich mich auf Deine Bilder und natürlich auch auf das angekündigte Paraffinblöckchen - dafür schon mal vielen Dank vorab.

Herzliche Grüße
Jörg