geschätzte Moosfreunde,
an Ostern 2012 fand ich auf einer Wanderung im Hohwald, Kt. Bern auf 900 m.ü.M. an einer gefällten Abies alba unter Eis und Schnee kleine Orthotrichum-Polster. Ich nahm diese Moosproben mit nach Hause und merkte bald, dass sich darunter Arten befanden die ich nicht sicher einer mir bekannten Art zuordnen konnte. Ich konnte dann diese Proben von Norbert Schnyder bestimmen lassen. Und tatsächlich handelte es sich um das sehr seltene O. tenellum. Orthotrichum rogeri
Besondere Merkmale von O. tenellumO. rogeri sind:
- Kalyptra schmall und länglich, unbehaart
- Die kryptoporen Stoma sind völlig von den darüberliegenden Zellen verdeckt
- Die Blattspitzen sind in trockenem Zustand auffällig gekrümmt und im Mikroskop ist gegen die Blattspitze hin, eine fast kahnförmige Ausformung
zu erkennen. Das Blatt kann auf dem OT fast nicht ausgebreitet werden. Siehe auch Blattquerschnitt im oberen Blattbereich.
O. rogeri Habitus und Detail von Kalyptra und Kapsel (Leider standen keine reifen, diesjährige Kapseln zu Verfügung.)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_21019086.jpg)
Blatt-Ansicht und Blattquerschnitt aus der Blattbasis und der Blattspitze
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/94999_19404137.jpg)
Laminazellen aus Blattbasis, Blattmitte und Blattspitze. Blattspitze abgerundet, fein papillös, krenuliert
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_56476195.jpg)
Bild zu Brutkörper entfernt: 8. März 2016
äusseres Peristom einer letztjährigen Kapsel
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_33822626.jpg)
Sporen aus einer letztjährigen Kapsel
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_44550388.jpg)
Stammquerschnitt ohne Zentralstrang
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_14626603.jpg)
Kryptopore Stomata an einer unreifen Kapsel
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures002/94999_62819840.jpg)
Bin gespannt auf Reaktionen!
Freundliche Grüsse
Arnold Büschlen
In diesem Tread verwendete Literatur:
Epiphytische Moose als Umweltgütezeiger; J.P. Frahm, N. J. Stapper, I. Franzen-Reuter
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Hallo Herr Büschlen,
ich bin beeindruckt von Ihrer akribischen Darstellung. Ihr Beitrag war informativ und optisch sehr gefällig.
Eine Frage hätte ich allerdings. Ich als Biologe habe nur einführende Vorlesungen in die Botanik genossen, wobei Stomata doch umfangreich abgehandelt wurden. Der Begriff der kryptoporen Stomata ist mir gänzlich unbekannt, und auch in meiner, was Botanik angeht sehr kleinen, Heimbibliothek kann ich keine Informationen finden. Könnten Sie diese etwas erläutern? Optisch sehen diese Stomata für mich wie "Ur-Stomata" aus, die noch nicht sonderlich stark von umgebenden Zellen abgeleitet scheinen.
Schöne Grüße,
Jan
Hallo Jan,
Zur Lage der Stoma an den Mooskapseln (meines Wissens treten Stoma bei Laubmoosen nur an der Kapsel auf) kann ich folgendes sagen:
- Sie liegen an der Oberfläche und werden als phaneropor bezeichnet
- sie liegen tiefer in der Kapselwand und werden von Strukturen der Kapselwand unterschiedlich stark überdeckt. am Beispiel von O. tenellum so stark, dass man die Stoma nicht erkennen kann. Dies wird als kryptopor bezeichnet.
- Die Übergänge von phaneropor zu stark überdeckten kryptoporen Stoma sind fliessend.
Die Lage der Stoma hat meines Wissens nichts mit deren Funktion zu tun.
Ich denke, dass sich dazu Andere kompetenter äussern können.
Gruss Arnold
Hallo Arnold,
einmal mehr eine erstklassige Arbeit.
Besonders gut hat mir das Bild mit der Stoma-Öffnung gefallen. Gelesen habe davon zwar schon, aber noch nie ein Foto hierzu gesehen. Danke.
Lieber Arnold,
mir gefallen mal wieder Deine feinen Blattquerschnitte und wer sich jemals an so etwas versucht hat, weiß das zu schätzen.
Viele Mikrogrüße
Rolf-Dieter
Zitat von: Rolf-Dieter Müller in Juni 11, 2012, 20:54:39 NACHMITTAGS
mir gefallen mal wieder Deine feinen Blattquerschnitte und wer sich jemals an so etwas versucht hat, weiß das zu schätzen.
Davon kann ich ein Lied singen.... ;-)
Grüße
Martin
Hallo Ralf, Rolf-Dieter und Martin
Danke für die anerkennenden Worte!
Währe es an Zeit ein Schnipsler-Treffen mit Flechten, - Moss und Pilz - Enthusiasten in einer nicht alltäglichen Landschaft der Schweizer Alpen zu organisieren? :)
Herzliche Grüsse Arnold
Hallo Jan,
den sorgfältigen Ausführungen von Herrn Büschlen sei noch hinzugefügt, dass die Spaltöffnungen in den Kapseln der Horn- und Laubmoose incl. Sphagnum auftreten. Nicht jedoch bei den Lebermoossporophyten.
@ Herr Büschlen den Worten von Ralf kann ich nur voll zustimmen. Die Abbildung der Spaltöffnung ist hervorragend.
ZitatWähre es an Zeit ein Schnipsler-Treffen mit Flechten, - Moss und Pilz - Enthusiasten in einer nicht alltäglichen Landschaft der Schweizer Alpen zu organisieren?
Dazu kann ich nur dringend raten. Nichts ist so lehrreich als gemeinsamer Austausch. Für mich muß ich leider absagen. Eine Reise in die Schweiz traue ich mir nicht mehr zu.
Herzliche Grüße
Bernhard Kaiser
Liebe Moosfreunde
in einer sehr anspruchsvollen Diskussion von Fachspezialisten (Namen können per PN erfragt werden) und einer erneuten kritischen Betrachtung des dokumentierten Pflanzenmaterials kamen wir zum Schluss, dass dies Orthotrichum rogeri zugeordnet werden muss.
Zwei Merkmale sind bei O. tenellum und bei O. rogeri besonders zu beachten:
Die Anordung der Stomata an der Kapselwand:
Bei O. rogeri liegen die Stomata eher im Bereich unterhalb der Kapselmitte in 1-2 Reihen.
Bei O. tenellum liegen die Stomata im Bereich des Kapselhalses in 2-3 Reihen
Und die Sporen sind bei O. rogeri gegenüber O. tenellum deutlich grösser:
O. rogeri: 24 - 28 μm; O. tenellum: 14 - 20 - 22 μm
Siehe dazu:
- Die Moose Baden-Württembergs Band 2 von Nebel/Philippi
- Illustrierter Bestimmungsschlüssel zu den europäischen Orthotrichum- Arten; Jette Lewinsky-Haapasaari
Gruss Arnold Büschlen
Guten Morgen Herr Büschlen,
Zitatdass dies Orthotrichum rogeri zugeordnet werden muss.
ein noch beachtlicherer Fund. O. rogeri wurde in Deutschland im 19. Jahrhundert 2x und 1993 von Schäfer-Verwimp in Baden Württemberg an zwei Stellen auf Populus und Salix gefunden.
Schäfer-Verwimp, A. (1995): Erstnachweis v. Orthotrichum rogeri für Südwestdeutschland. Herzogia 11. S. 81-92.
Die von Ihnen hier gezeigten Aufnahmen sind m.W. die ersten Photographien in der Literatur. Bemerkenswert sind ebenfalls die Brutkörper. Bisher nicht bekannt.
Vielleicht können Sie noch die Größenmaße der Sporen anfügen. Sollten bei O. rogeri 20-28 µm sein.
Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser
Hallo Arnold!
Schöne Doku, tolle Bilder!
Liebe Grüße aus Österreich
Franz
Guten Tag Herr Kaiser
ich habe die Angaben zu der Sporengrösse nachträglich noch eingefügt. Danke für ihren Hinweis.-
Freundliche Grüsse
Arnold Büschlen
Danke Herr Büschlen.
Sie meinen wohl µm.
Freundliche Grüße
Bernhard Kaiser
Herr Kaiser, ich nehme an sie meinen die Angaben im Bild? ---> Diese sind jetzt korrigiert!
Danke für den Hinweis.
Gruss Arnold Büschlen