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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: detlef.q in Juni 25, 2013, 17:36:53 NACHMITTAGS

Titel: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 25, 2013, 17:36:53 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

leicht genervt von einigen Diatomeen enthaltenden Frischwasserproben, die für mich schwer zu säubern sind, habe ich mich auf die Suche nach fossilen Diatomeen begeben, von deren Abbau ich in der Lüneburger Heide vor längerer Zeit gehört hatte.

In der Hoffnung leicht zu reinigendes Material (ohne organischen Anteil) zu finden, begann ich meine Suche hier im Forum. Durch einen Hinweis vom Forenmitglied Anne, die meine Motivation ein wenig verstärkt hat, fand ich den folgenden Thread im Archiv:

http://www.mikroskopie.de/mikforum/read.php?1,45054,45054#msg-45054

Dort heißt es:
Zitat...in die Lüneburger Heide, nach Oberohe bei Unterlüß gefahren. Dort gibt es einen Kieselgur-Lehrpfad in landschaftlich so reizvoller Lage, daß man sogar die Familie dazu überreden kann, mitzufahren. Kieselgur zu finden, ist aber gar nicht so einfach -- eigentlich beinahe unmöglich. Die Gruben sind entweder geflutet oder zugeschüttet und mit dichtem Kiefernwald bepflanzt. Nach eingehenden Befragungen zweier Einheimischer bin ich endlich in einer Waldschlucht fündig geworden. (Ganz merkwürdiger Fundort! Ausbeute: Ein Marmeladenglas weißer Gur)        
felix

Und:
Zitat...im Juni 2006 war ich aus dem gleichen Grund in Neuohe. Dort konnte ich ohne Probleme rechts und links des Lehrpfades sowohl weiße als auch graue und grüne Kieselgur einsammeln.
W. Herwig

Im ,,www." habe ich die Homepage des Albert-König-Museum in Unterlüß gefunden. In dem Museum ist die Dauerausstellung "Kieselgur - Die Erlebnisausstellung" untergebracht.

http://www.albertkoenigmuseum.de/ausstellung_dauer.html

In dieser Ausstellung wird die Naturgeschichte der Gur und die dadurch gegebene Industrie- und Kulturgeschichte der Region erzählt.
Erst im 19. Jahrhundert wurde der Bodenschatz Kieselgur erkannt und der Abbau begonnen.
Als erstes wurde versucht, Kieselgur zum Düngen und zum Pfannkuchenbacken einzusetzen, allerdings ohne Erfolg. Als dann jedoch Kieselgur zur Herstellung von Dynamit verwendet und die Filtrierfähigkeit erkannt wurde, war der Grundstein für die Kieselgur-Industrie gelegt.

Hier in der Lüneburger Heide wurde Kieselgur an 11 Orten abgebaut, in Neuohe, wohin mein Weg mich führen sollte, von 1863 bis 1994.

Ende Mai fand ich Zeit um als erstes die Ausstellung im Albert-König-Museum zu besuchen. Auf meine Nachfrage hin, bekam ich von der freundlichen Dame an der Kasse, ein wenig Gur aus der Ausstellung. Meine Frage, ob in dem ehemaligen Abbaugebiet Kieselgur noch auffindbar ist, wurde verneint. Trotzdem machte ich mich bei strömenden Regen auf die Suche nach dem fossilen Material.

Gegenüber dem ausgeschilderten neuen Lehrpfad in Oberohe, gelangt man auf den alten Lehrpfad, in das ehemalige Abbaugebiet.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_5629267.jpg)

Enttäuschenderweise führte der Weg anfangs durch glattes bewaldetes Gebiet und eine Heidelandschaft. Im Anschluss an die Heidefläche verlief der Weg endlich an ein paar Mulden und Gräben entlang. Hier nahm ich eine erste Probe von einem intensiv gelben Material, welches sich später als reinen Sand herausstellte.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_6956319.jpg)

Neben dem Weg entdeckte ich letztendlich eine Stelle mit einem interessant aussehenden Material.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_56057246.jpg)

[(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_60852213.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_36939399.jpg)

Nach dem Trocknen des Materials ließ sich beim Anfassen leicht erkennen, dass dieses kein Sand ist, obwohl auch Sand enthalten ist.
Das Schüttgewicht des Materials beträgt: 0,7 g/ml, die Dichte: 2,49 g/ml (HE-Pyknometer). Als Vergleich: Schüttgewicht gelber Sand: 1,48 g/ml.

Ein schneller Blick mit dem REM zeigte folgendes:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_24580485.jpg)

Dieses Material habe ich mit HCl, H2O2 und mehreren Siebdurchgängen aufgearbeitet. Eingebettet in Naphrax sind so meine ersten Diatomeen-Präparate entstanden.
Für den letzten Fertigungsschritt, dem Erzeugen des Lackringes, modifizierte ich eine ältere Zentrifuge.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_37062746.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_29144342.jpg)

Nachfolgend ein paar Bilder meiner ersten selbst hergestellten Diatomeen-Präparate. Leider ist sehr viel Bruch enthalten. Das Material besteht zu einem Großteil aus runden und länglichen Diatomeen.

Die Technik: Leitz Ortholux, LED Cree XM-L U2, Okular Leitz Periplan 10xBr, Adapter-Optik Zeiss Tessar 50mm/1:2.8, Kamera Canon EOS 1000D, Heine-Phasenkontrast, Objektive PV Apo L 40:1 und PV 20:1.


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_4598839.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_35939324.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_54686603.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_10138399.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_39576468.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_55043188.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/128040_23332064.jpg)

Falls jemand an dem Rohmaterial interessiert ist, versende ich gerne etwas davon, so lange der Vorrat reicht.

Viele Grüße
Detlef





Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Rolf-Dieter Müller in Juni 25, 2013, 19:50:14 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,

soeben habe ich Deinen Beitrag mit Genuss gelesen.

Der gefällt mir, von der Fundstelle bis zum fertigen Präparat ist alles nachvollziehbar.

Viele Grüße
Rolf-Dieter
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Herbert Dietrich in Juni 25, 2013, 20:23:15 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,

Du hast eine PN von mir.

herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: JoachimHLD in Juni 25, 2013, 20:30:18 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,

sehr schöne Dokumentation!

Viele Grüsse
Joachim
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 25, 2013, 20:47:44 NACHMITTAGS
Hallo Rolf-Dieter, hallo Joachim,

es freut mich, dass Euch meine Dokumentation gefällt. Mir hat das Erstellen des Berichtes viel Spaß bereitet.

Ich hatte im Vorfeld allerdings Bedenken, dass er zu lang wir und damit nur Langeweile erzeugt.

So bin ich über die positiven Nachrichten, auch per PM angenehm überrascht.

Viele Grüße
Detlef
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Florian Stellmacher in Juni 25, 2013, 20:59:40 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,

dieser Beitrag ist doch ultimativ etwas für 1000 Places to see... (http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=10539.0)! Dort würde er nicht untergehen. Vielleicht kopierst Du ihn auch dort noch einmal hin (mit Verweis nach hier, damit die Diskussion nicht leidet)?

Herzliche Grüße,
Florian
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Klaus Herrmann in Juni 25, 2013, 22:44:56 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,


ZitatIch hatte im Vorfeld allerdings Bedenken, dass er zu lang wir und damit nur Langeweile erzeugt.

ganz im Gegenteil: ein sorgfältig und anschaulich geschriebener "Erlebnisbericht" ist dir hier gelungen! Natürlich ist viel Schotter im Kieselgur, aber irgend eine Ecke ist immer gut in einem Streupräparat!

Am Besten hat mir folgender Satz gefallen:
ZitatEin schneller Blick mit dem REM zeigte folgendes:

Klar bei solchen Exkursionen hat man natürlich - wie Lenzenweger seine 10fach-Lupe - immer sein RR (Reise-REM) dabei.  ;D


Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 25, 2013, 22:58:50 NACHMITTAGS
Hallo  Florian,

gute Idee. Ich habe den Bericht in die "1000 Places to see... " kopiert.


Hallo Klaus,

ja, ja ... der schnelle Blick mit dem REM... so etwas hat man doch bei seinen Exkursionen im Rucksack, oder?  :D

Schön wenn man so ein Gerät im Raum neben seinem Schreibplatz stehen hat, obwohl es schon ein älteres Modell ist.
Dann kann man mal schnell eben...

Viele Grüße
Detlef

Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Peter V. in Juni 25, 2013, 23:02:47 NACHMITTAGS
Halo Detlef,

ein sehr schöner Bericht.
Aber was mich auch erstant: Wieso steht ein REM neben Deinem "Schreibplatz"? Zuhause?

Herzliche Grüße
Peter
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: TPL in Juni 25, 2013, 23:11:09 NACHMITTAGS
Hallo Detlef,
auch ich bin begeistert von Deinem schönen und sorgfältigen Beitrag. Ich finde es vorbildlich, dass Du Karte und Aufschlussbilder dazu gepackt hast. Keine Sekunde fand ich das langweilig!
Und die Bilder sind ja nun wirklich lohnenswert: wunderschön!

Danke für den Aufwand und herzliche Grüße in die Südheide
Thomas
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 26, 2013, 06:13:16 VORMITTAG
Hallo Peter,

das REM steht natürlich nicht Zuhause, sondern bei meinem Arbeitgeber. Privat habe ich nur ein paar "normale" Mikroskope.
Entschuldigung, das habe ich wohl nicht exakt beschrieben.

Das Gerät steht im Raum neben dem Labor in dem ich sitze und ich arbeite an mehreren Stellen im Haus.

Herzliche Grüße
Detlef
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: schuppi in Juni 26, 2013, 08:33:33 VORMITTAG
Hallo Detlef,

hihi, das mit dem "schnellen Blick mit dem REM" hat auch mi ein Schmunzeln entlockt.

Ansonsten herzlichen Dank für diesen tollen Beitrag! Wir können auch gerne mal was fossilies tauschen.

Viele Grüße
Rainer
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 26, 2013, 09:05:27 VORMITTAG
Hallo Rainer,

wenn Du möchtest schicke ich Dir etwas von dem Material, noch ist mein Bestand nicht aufgebraucht.
Schicke mir bei Bedarf Deine Adresse per PM.

Viele Grüße
Detlef
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Jan Kros in Juni 26, 2013, 10:52:37 VORMITTAG
Hallo Detlef,
ich schliesse mich Rolf-Dieter an
schoen gemacht
Jan
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Eckhard F. H. in Juni 26, 2013, 21:56:59 NACHMITTAGS
Zitat...das mit dem "schnellen Blick mit dem REM" hat auch mi ein Schmunzeln entlockt.

Hallo Detlev,
schmunzeln? Ich bin völlig irritiert!  :o
Gruß - EFH
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 26, 2013, 23:45:47 NACHMITTAGS
Hallo Eckhard,

ich merke, dass die Sache mit dem REM eine gewisse Aufmerksamkeit erregt. Das war nicht meine Absicht. Ich wollte nur zeigen, wie das unbehandelte Material aussieht.

Nun habe ich das Glück, dass ich im Labor einer größeren Firma der Chemischen Industrie arbeite und wir vor einiger Zeit von einem anderen Standort ein, wenn auch älteres, REM bekommen haben.

Das nicht jeder so ein Gerät im Hobbyraum hat ist mir schon klar.

Und das mit dem "schnell" bedeutet für mich einfach: wenn das Gerät einmal eingeschaltet ist und etwas weniger zu tun ist, kann ich mal eben eine vorbereitete Probe einlegen bzw. einlegen lassen und ich habe mein Bild.

Ich hoffe alle Irritationen beseitigt zu haben.

Einen schönen Restabend
Detlef

Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: Eckhard F. H. in Juni 27, 2013, 10:16:52 VORMITTAG
Hallo Detlef,
Du ermunterst mich, fraglich nachzulegen. Gelegentlich sehe ich REM-Bilder biologischer Objekte, die mich irriteren bzw. verwundern. In diesen Objekten spielen bekanntlich innere osmotische Drücke eine wesentliche Rolle und äußerlicher (Druck-)Einfluß würde zumindest ihre Form stark beeinflussen. So jedenfalls meine Vorstellung. Trotzdem sehe ich REM-Bilder von solchen biologischen (Hohl-)Objekten, die keinerlei Deformation erkennen lassen. Wieso das?
Gruß - EFH
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: TPL in Juni 27, 2013, 11:51:24 VORMITTAG
Zitat von: Eckhard F. H. Nowack in Juni 27, 2013, 10:16:52 VORMITTAGHallo Detlef,
Du ermunterst mich, fraglich nachzulegen. Gelegentlich sehe ich REM-Bilder biologischer Objekte, die mich irriteren bzw. verwundern. In diesen Objekten spielen bekanntlich innere osmotische Drücke eine wesentliche Rolle und äußerlicher (Druck-)Einfluß würde zumindest ihre Form stark beeinflussen. So jedenfalls meine Vorstellung. Trotzdem sehe ich REM-Bilder von solchen biologischen (Hohl-)Objekten, die keinerlei Deformation erkennen lassen. Wieso das?
Gruß - EFH

Hallo Eckhard,
darf ich anregen, diese Frage, die ein völlig neues Thema eröffnet (die abgebildeten Diatomeen-Frusteln gehören ja eben nicht zu den besagten Objekten) in Form eines eigenen Beitrags mit passendem Betreff in das passende Forum einzustellen?

Viele Grüße
Thomas
Titel: Re: Das „weiße Gold“ der Südheide: Kieselgur – meine ersten Diatomeenpräparate
Beitrag von: detlef.q in Juni 27, 2013, 12:38:21 NACHMITTAGS
Hallo Eckhard, hallo Thomas,

warum es keine Deformationen bei den Diatomeen gibt, kann ich nicht erklären, ich gehe aber davon aus, dass es keine geschlossenen Körper sind und sich somit eine Druckänderung nicht auswirken kann.

Um die gestellte Frage zu diskutieren bzw. zu klären, würde ich auch den von Thomas vorgschlagenen Weg mit einem neuen Thread gehen.

Viele Grüße
Detlef