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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Fahrenheit in September 26, 2015, 21:47:31 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Fahrenheit in September 26, 2015, 21:47:31 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

im August erreichte mich eine Anfrage von Michael Plewka: ob ich wohl Lust hätte, eine Probe vom Blatt der Welwitschie zu präparieren. Und ob ich Lust hatte!

Anfang September traf die Probe dann nach vierwöchiger Reise aus Namibia etwas trocken aber wohlbehalten bei mir ein. Michael hatte im Heimatland der interessanten Wüstenpflanze ganz offiziell um eine Probe für wissenschaftliche Zwecke gebeten und die Erlaubnis erhalten ein Blattstück zu entnehmen.
Leider habe ich nicht daran gedacht, ein Foto zu machen, da ich die Probe so schnell wie möglich im AFE zur Fixierung haben wollte. Aber Michael sagte mir, dass das Blattstück aus dem zweiten Drittel des Blattes stammt, wo dieses schon auf gesplittet ist und abzusterben beginnt.

Lieber Michael, bevor es hier richtig los geht, noch einmal meinen herzlichen Dank für das außergewöhnliche Material!

Bemerkung 22.04.2018: Weiter hinten im Thread gibt es einen Vergleich zwischen dem jungen und alten Blatt sowie Schnitte von Spross, Hypocotyl und Wurzel.

Zunächst einige Informationen zu Pflanze selbst, die diesmal ob des seltenen Probestücks etwas ausführlicher ausfallen:

Die Welwitschie

Die Welwitschie (Welwitschia mirabilis) ist die einzige Art der Gattung Welwitschia in der Familie der Welwitschiagewächse (Welwitschiaceae). Sie gehört zur nacktsamigen Ordnung Gnetales und wächst endemisch in der Wüste Namib im südlichen Afrika. Aufgrund ihres häufigen Vorkommens ist die Welwitschie im Wappen Namibias sowie verschiedenen Städte- und Regionswappen abgebildet. Obwohl die Pflanze mehrere hundert Jahre alt wird, besitzt sie in der Regel nur ein einziges Blattpaar.

Bild 1: Eine Welwitschie im Freiland (Wikipedia, nanosanchez, CC BY-SA 3.0)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_49222740.jpg)

Nach neueren Untersuchungen unter anderem durch den Botanischen Garten Berlin-Dahlem ist diese Gattung nicht monotypisch. Welwitschia mirabilis kann in zwei Unterarten aufgegliedert werden, die sich vom Vorkommen und in der Morphologie unterscheiden:
Welwitschia mirabilis subsp. mirabilis wächst in Angola.Neben einigen anderen Unterschieden überlappen sich die Brakteenpaare (Hochblätter) rund 2 Millimeter, sie sind zu mehr als drei Viertel der Länge verwachsen und besitzen einen glatten Rand.
Welwitschia mirabilis subsp. namibiana Leuenberger wächst dagegen in Namibia. Die Brakteenpaare überlappen sich nur rund 1 Millimeter und sind zu ein bis zwei Drittel der Länge verwachsen und zeigen einen zerfransten Rand.
Von der Entnahmestelle her sollte meine Probe also von einer Welwitschia mirabilis subsp. namibiana stammen.

Bild 2: Ein besonders großes Exemplar in Namibia, das zum Schutz ein gezäunt ist (Wikipdedia, Thomas Schoch, CC BY-SA 3.0)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_430818.jpg)

Der Name der Welwitschie geht auf den österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch zurück, der die Pflanze im Jahre 1859 in der Nähe von Cabo Negro in Angola entdeckt und diese in einem Brief an Sir William Jackson Hooker, den Leiter der Royal Botanic Gardens Kew, London, vom 16. August 1860 erstmals beschrieben hat. 1862 sandte er Joseph Dalton Hooker, ebenfalls in Kew, ein Exemplar, der die Pflanze 1863 wissenschaftlich beschrieb und sie nach dem Entdecker benannte. Von Hooker ist die folgende Aussage über die Welwitschie überliefert: It is out of the question the most wonderful plant ever brought to this country, and one of the ugliest (,,Dies ist ohne Frage die wunderbarste Pflanze, die je in dieses Land gebracht wurde, und eine der hässlichsten.").

Bild 3: Eine weibliche Welwitschie aus dem Botanischen Garten Dresden 
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_19386821.jpg)

In Angola wird die Pflanze n'tumbo (Welwitsch hatte Tumbo als Name vorgeschlagen) genannt, was so viel wie ,,Stumpf" bedeutet. In den indigenen Dialekten gibt es noch weitere Bezeichnungen wie !kharos,  Khurub oder Nyanka. In Herero wird sie onyanga genannt, die ,,Wüstenzwiebel" und in Afrikaans heißt sie nett beschreibend Tweeblaarkanniedood, was etwa ,,Zwei-Blatt-kann-nicht-sterben" bedeutet. Das Mark wurde früher – roh oder in heißer Asche gebacken – gegessen, eine nette Gemeinsamkeit mit den Brotpalmfarnen.

Bild 4: Illustration der verschiedenen Pflanzenteile
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_67100588.jpg)

Die Welwitschie besitzt einen kurzen, rübenförmigen Stamm, der aus dem Hypokotyl hervorgeht, eine tiefreichende Pfahlwurzel und zwei Laubblätter, die die Keimblätter ersetzen. Der Stamm ist verholzt und wird oberirdisch meist rund 50 Zentimeter hoch, kann aber maximal 1,50 Meter Höhe erreichen. Der Durchmesser kann bis zu einem Meter betragen und der Querschnitt weist Jahresringe auf. bei einem besonders großen Exemplar wurde ein Umfang von 8,7 Metern gemessen. Die Oberseite des Stammes ist eine konkave Scheibe, da der terminale Apex das Wachstum sehr früh einstellt. Dort entspringen die beiden Laubblätter und nahe der Blattbasis auch die Blütenstände. Überraschenderweise besitzt das Sekundärholz Tracheen, die eigentlich ein typisches Merkmal der Angiospermen sind.

Bild 5: Eine männliche Welwitschie aus dem Botanischen Garten Darmstadt, der Gelbstich stammt von einer Natriumdampflampe über der Pflanze
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_66736487.jpg)

Die beiden Laubblätter können über 2,5 Meter lang werden, manche Berichte sprechen von 6,2 Metern. Am Blattende sterben sie ab und verwittern, die ältesten lebenden Teile können jedoch etwa 10 Jahre alt werden. Da das Hypokotyl sich mit zunehmendem Wachstum auffaltet, reißen die Blätter häufig ein und täuschen so mehrere Blätter vor. In der Umgebung des Brandbergs wurden jedoch auch Individuen gefunden, die tatsächlich zwei Blattpaare besitzen (dies ist dort bei rund 5 % der Population der Fall). Die Blätter wachsen an einem basalen Meristem, ihr Wachstum beträgt durchschnittlich 0,17 bis 0,83 Millimeter pro Tag.Die Jahreswerte variieren je nach Standort und abhängig von der verfügbaren Feuchtigkeit im Boden zwischen 40 und 409 Millimeter pro Jahr. Die Leitbündel der Blätter können anastomosieren oder blind im Mesophyll enden, was einzigartig unter den Gymnospermen ist.
Bedingt durch den sehr trockenen Standort sind die äquifacialen Blätter sind xeromorph aufgebaut: sie besitzen eine dicke Cuticula, die Spaltöffnungen sind eingesenkt und die Spalten sind besonders cutinisiert (Akkrustierung) und damit wasserabweisend.

Das Wurzelwerk der Welwitschie breitet sich unterirdisch über einen Radius von bis zu 15 Metern aus. Zusätzlich verfügt die Pflanze über eine Pfahlwurzel, die mit ca. 3 Metern Länge vermutlich Grundwasserhorizont erreichen. Dies konnte jedoch noch nicht überprüft werden, da sich die Wurzel bei Ausgrabungsversuchen in der Regel in einem harten, Calcit-verkitteten Kies verlieren.

Welwitschiea mirabilis ist zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch). Männliche und weibliche Blüten befinden sich in zapfenartigen Blütenständen und sitzen dort in der Achsel von Deckschuppen.

Bilder 6a-c: Männliche und weibliche Blütenstände und der von der Chlamys umhüllte Samen der Welwitschie
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_50351926.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_51244177.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_24286620.jpg)
Alle Bilder aus der Wikipedia, 6a Roweromaniak, CC BY-SA 2.5; 6b Hans Hillewart, CC BY-SA 4.0 und 6c Amada44, CC BY-SA 3.0

Die Welwitschie dient vielen Pflanzenfressern als Futterpflanze, u. a. für Oryx-Antilopen, Zebras und Nashörner. Oryx-Antilopen reißen die Blätter vollständig aus der Hypokotylgrube heraus, wobei sie jedoch das Meristem nicht zerstören. So kann die Pflanze innerhalb einiger Jahre nachwachsen.

Nun noch kurz ein Wenig zur Präparation und Technik:

Präparation:

Geschnitten habe ich die fixierten Blattstücke nach ca. 14 Tagen Aufenthalt in AFE. Den schnitt habe ich durch eine Möhreneinbettung unterstützt auf dem Zylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter durchgeführt. Die Schnittdicke der hier gezeigten Quer- und Längsschnitte beträgt ca. 50 µm. 

Nach dem Schnitt habe ich in Ethanol 70% gespült und stufenweise in Aqua dest. überführt. Anschließend habe ich die Schnitte mit Chloralhydrat (250g auf 100ml Aqua dest.) für ca. 4 Stunden gebleicht, um eine klarere Färbung zu ermöglichen. 

Gefärbt habe ich mit W3Asim II nach einem Rezept von Rolf-Dieter Müller. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite (http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html#a15) herunter geladen werden. Eine ausführliche Beschreibung der Färbung findet sich hier (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a754).

Eingedeckt sind die Schnitte - nach gründlichem Entwässern in reinem Isopropanol - in Euparal.

Bild 7a-c: Ungefärbte und gefärbte Schnitte sowie die Präparate auf der Wärmeplatte
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_19156105.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_56718381.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179025_2190341.jpg)

Technik:

Alle Aufnahmen auf dem Leica DME mit den 5x und 40x NPlanen sowie den 10x und 20x PlanApos. Die Kamera ist eine Canon Powershot A520 mit Herrmannscher Okularadaption. Zur Zeit nutze ich ein Zeiss KPL 10x, das mit den Leica-Objektiven sehr gut harmoniert. Die Steuerung der Kamera erfolgt am PC mit PSRemote und der Vorschub manuell anhand der Skala am Feintrieb des DME.

Alle Mikroaufnahmen sind mit Zerene Stacker V1.04 (64bit) gestackt. Die anschließende Nachbereitung beschränkt sich auf die Normalisierung und ein leichtes Nachschärfen nach dem Verkleinern auf die 1024er Auflösung (alles mit XNView in der aktuellen Version). Bei stärker verrauschten Aufnahmen lasse ich aber auch mal Neat Image ran.

Da der Beitrag mal wieder zu lang ist, muss ich hier aufteilen ... ;)
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 26, 2015, 21:48:09 NACHMITTAGS
Und weiter geht es:

Nun aber zu den Schnitten!

Zunächst betrachten wir den Blattquerschnitt in der Übersicht:

Bilder 8a-c: Blattquerschnitt von Welwitschia mirabilis, Bild 8b mit Beschriftung, Bild 8c im Polarisationskontrast, Vergrößerung 50x, Stapel aus 30 bzw. 28 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_31456487.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_6255786.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_13074935.jpg)  
wir sehen ein äquifaciales Blatt, in dessen Mitte geschlossen kollaterale Leitbündel in einem Parenchym aufgereiht liegen. Daran schließt sich zur Unter- und Oberseite hin ein mehrreihiges Assimilationsparenchym an, das von sklerenchymatischen Idioblasten (sklI) und Faserbündeln (Ba) durchzogen ist. Den Abschluss bildet eine einreihige Epidermis mit einer dicken Cuticula und eingesenkten Stomata.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 8b sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/158.html).

Wie wir in den Bildern 1 & 2 erkennen, sind die beiden Blätter der Welwitschie vielfach eingerissen und verdreht, somit macht ein gleichseitig (äquifazial) aufgebaute Blatt Sinn. Das mehrreihige Assimilationsparenchym erlaubt es, das einfallende Licht bestmöglich zu nutzen und die eingesenkten Stomata halten die Verdunstung niedrig.
Trotz verschiedener physiologischer Analysen auch direkt am natürlichen Standort ist noch nicht gänzlich geklärt, ob die Welwitschie sich des CAM oder C4 Mechanismus bedient oder eine den Umständen angepasste Kombination zum tragen kommt. wer mehr wissen möchte wird im Paper von Maik Veste und Werner Herppich fündig:

Welwitschia mirabilis - eine ökophysiologische Betrachtung (http://www.desertconsult.de/PDF/Veste_Welwitschia2008.pdf)

Auffällig sind die vielen Kristalle, die im gesamten inneren Parenchym und auch an den Idioblasten liegen. Nur das Assimilationsparenchym und die Leitbündelscheide sind kristallfrei, was sich an der Aufnahme im Polaristaionskontrast (8c) gut erkennen lässt. Leider lässt es sich nicht sagen, um welchen Stoff es sich handelt: sowohl Calciumoxalat als auch Äpfelsäure und Zitronensäure sind optisch aktiv.

Schauen wir uns nun die einzelnen Bereiche des Blattquerschnitts genauer an:

Bilder 9a-c: Eines der geschlossen kollateralen Leitbündel, Bild 9b mit Beschriftung, Bild 9c im Polarisationskontrast, Vergrößerung 200x, Stapel aus je 26 Bildern        
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_51501199.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_35852605.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_2754490.jpg)

Hier fällt insbesondere das Phloem auf, in dem keine differenzierten Zellen mehr erkennbar sind (Pl / Art). Der botanisierende Mikroskopiker wird immer wieder aufgefordert, seine Proben möglichst sofort nach der Entnahme von der Pflanze zu präparieren oder zumindest zu fixieren. hier sieht man, warum: im Gegensatz zum Xylem, in dessen Zellen hauptsächlich Wasser und Mineralstoffe von den Wurzeln bis in alle Pflanzenteile transportiert wird, sind im Phloem nicht nur Stärke und Zucker, sondern auch diverse andere für die Pflanze lebenswichtige Stoffe unterwegs. Der Transport erfolgt über Konzentrationsgefälle immer dahin, wo ein Mangel herrscht, wobei die Geleitzellen eine Filterfunktion übernehmen. In diesem Gemenge kommt es beim Absterben der Probe zu Auflösung der Zellwände, jegliche Struktur geht verloren.
Bedenkt man, dass das Blattstück vor der Präparation vier Wochen unfixiert unterwegs war, ist dies ein erstaunlich geringer schaden, der m.E. sehr für die Zähigkeit der Blätter der Welwitschie spricht.

Auch wieder schön zu sehen sind die im Pol-Bild 9c aufleuchtenden Kristallablagerungen. Diese können als Artefakte beim Austrocknen der Probe entstanden sein, oder ähnlich wie bei älteren Nadeln der Schirmtanne auch im lebenden Blatt vorhanden sein. Auffällig jedenfalls, dass die Leitbündelscheide kristallfrei ist.

Die Idioblasten sind auch wieder mit von der Partie (sklI), sie sind in der Näher der Leitbündel in der Regel quer angeschnitten.

Bilder 10a-d: Die Blattober- und Unterseite noch einmal im Detail, Bild 10a Oberseite, 10b Unterseite, 10d Polarisationskontrast, Vergrößerung 100x und 200x, Stapel aus 16, 30, 22 und 32 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_56843205.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_7807393.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_15788365.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_39387817.jpg)

Hier zeigen sich die Idioblasten auch einmal längs angeschnitten und wir sehen, dass das Assimilationsparenchym immer wieder von stabilisierenden Fasergruppen unterbrochen ist, die wir so ähnlich auch beim ebenfalls zur Ordnung Gnetales gehörenden Großen Meerträubel finden. Ebenfalls schön zu erkennen sind die in die Epidermis eingesenkten Stomata mit ihren Vorhöfen, die wir uns in den kommenden Bildern genauer anschauen.

Bilder 11a-f: Stomata der Ober- und Unterseite (natürliche Oriantierung in den Aufnahmen und im Längsschnitt (11e&f), Bilder 11b,d und f mit Beschriftung. Vergrößerung 400x bzw. 200x, Stapel aus 13, 12 und 27 Aufnahmen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_27621317.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_34999721.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_31483593.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_7475559.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_855848.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_38513176.jpg)

Oft ist der Vorhof der Stomata, die bei der Welwitschie in erstaunlich hoher Anzahl vorhanden sind, auch mit einer Art Wachs verstopft, was die Verdunstung noch weiter herabsetzt. Bei der Präparation lösen sich diese "Stopfen" in aller Regel, die Bilder 11a und b lassen die Situation jedoch erahnen. Im Längsschnitt erscheinen die Stomata hantelförmig.

Bilder 12a,b: Einer der Idioblasten im Anschnitt, Bild 12b mit Beschriftung, Vergrößerung 400x, Stapel aus 13 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_55371360.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_8683236.jpg)

Hier sieht man die Bänderung in der lignifizierten Zellwand des Idioblasten und erkennt auch, dass die umliegenden Zellen des Assimilationsparenchyms - im Gegensatz zu denen der Leitbündelscheide - nicht ganz kristallfrei sind.

Bilder 13a,b: Faserzellen im Längsschnitt, Bild 13b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_55201310.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_1031007.jpg)

Die Faserzellen im Palisadenparenchym stabilisieren das Blatt in Längsrichtung so, dass es nur sehr schwer abreißen kann. Sie sind mit einer Länge von oft über einem Millimeter bei einer Breite von rund 20 µm erstaunlich lang .

Bilder 14a,b: Idioblasten im Längsschnitt, Bild 14b mit Beschriftung, Vergrößerung 100x, Stapel aus je 28 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_46395329.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_7415056.jpg)

Erst im Längsschnitt erkennt man, dass auch die Idioblasten erstaunlich groß sind und sich verästelnd bis zwischen die Leitbündel erstrecken. Die Zellen erreichen einen Durchmesser zwischen 20 und 30 µm und eine Länge zwischen 0,5 und einem Millimeter und dürften ebenfalls zur Stabilisierung des Blattes beitragen. Ein Fraßschutz kommt, wie wir oben gelesen haben, eher nicht in Betracht oder ist zumindest nicht sehr erfolgreich.

Bilder 15a,b: Ein leitbündel im Längsschnitt, Bild 15b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 17 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_65242071.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures004/179026_50212076.jpg)

Im Vergleich zum Querschnitt (Bilder 9a-c) sind hier die Tüpfel und die Versteifungselemente in den Tracheiden sehr schön zu erkennen. Am unteren Bildrand wieder das zerstörte Phloem.

Nach längerer Pause war das wieder viel Stoff und ich hoffe, dass es mir gelungen ist, dieser interessanten Pflanze gerecht zu werden.
Vielen Dank fürs Ansehen; Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg  
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Ronald Schulte in September 26, 2015, 21:49:46 NACHMITTAGS
Jörg,

Mag sein das es an mein Rechner oder Server liegt aber ich sehe keine Bilder!!!!

Grüße Ronald
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 26, 2015, 21:59:46 NACHMITTAGS
Lieber Ronald,

nee, das liegt an meinem Server - räume gerade noch auf ... sorry.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
So, nun kommen alle Bilder.  :)
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in September 27, 2015, 07:18:36 VORMITTAG
Moin Jörg!

Das ist ja spannend zu lesen! Die Schnitte und die Bilder sind wie immer Klasse!

Einfach toll!

Liebe Grüße
Franz
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Michael Plewka in September 27, 2015, 07:57:37 VORMITTAG
hallo Jörg,

da hast du dich ja mächtig in die Kurve gelegt! Dir wirklich eine phantastische und vorbildliche Dokumentation gelungen!
Es ist beeindruckend, was du aus dem Material rausgeholt hast.
Kleine Korrektur: die Bilder 6a, 6b zeigen männliche resp. weibliche Blütenstände (im Text darüber ist es richtig dargestellt); 6c zeigt eine Frucht, keinen Samen.
beste Grüße
Michael Plewka
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 27, 2015, 08:20:45 VORMITTAG
Lieber Michael,

vielen Dank für Dein Lob und Deine Hinweise! Ich habe die Bildbeschreibung oben angepasst.

Es stimmt, die Blüten auf den männlichen Zapfen sind im Bild ja kaum zu erkennen und die weibliche Zapfen sind schon fast reif - selbst zur Blütezeit schaut zwischen den einzelnen Schuppen auch nur die Mykropyle mit dem Befruchtungstropfen hervor. Der Samen selbst ist von der Chlamys umschlossen, die mit ihren Flügeln die Verbreitung durch den Wind erlaubt.

Angeregt durch Deine Hinweise habe ich noch mal ein wenig gestöbert und bin hier fündig geworden:
Gnetidae: Ihre Blüten und die Verwandtschaft zu den Blütenpflanzen (http://www.biodivpfl.ruhr-uni-bochum.de/mam/pdfsPublikationen/gnetidae_ihre_blueten_und_die_verwandschaft_zu_den_bluetenpflanzen.pdf)
Das Paper von Thomas Stützel und Iris Mundry (2001) findet sich auf den Seiten der Ruhr-Uni Bochum.


Lieber Franz,

es freut mich, dass Dir mein Beitrag gefällt! Auch Dir vielen Dank für Dein Lob.

Euch beiden herzliche Grüße
Jörg

Edit 28.09.2022: Link restauriert
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: DetlefT in September 27, 2015, 08:49:55 VORMITTAG
Hallo Jörg,

ein sehr interessanter Beitrag über eine wirklich interessante Pflanze.
Es ist ein Genuss diesen Betrag zu lesen.

Gruß Detlef
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Jan Kros in September 27, 2015, 10:12:32 VORMITTAG
Hallo  Joerg
ich schliesse mich Detlef an
schoene Bilder
Gruesse
Jan
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: hajowemo in September 27, 2015, 17:11:56 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,
absoluter Wahnsinn dieser Beitrag. Es ist wie immer ein Genuss
deine Dokumentation zu lesen. Ein Dank auch an Michael für
die Idee zu dieser Probe.
Liebe Grüße
Jochen
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: rhamvossen in September 27, 2015, 20:48:00 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

Ein sehr interessanter Beitrag und fantastische Foto's! Vielen Dank fürs zeigen. Beste Grüsse,

Rolf
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Heiko in September 27, 2015, 22:30:55 NACHMITTAGS
Lieber Jörg,

jenseits von Gänseblümchen und Löwenzahn zeigst Du uns ,,die große Welt" – welch ein Gewinn ...

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 28, 2015, 06:06:54 VORMITTAG
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob! Es freut mich sehr, dass Euch der Beitrag zur Welwitschie gefällt.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Frank Fox in September 28, 2015, 11:53:02 VORMITTAG
Lieber Jörg,

Danke für diesen interessanten Beitrag mit vielen Infos und starken Fotos.

Herzliche Grüße
Frank
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Reinhard in September 28, 2015, 12:04:35 NACHMITTAGS



MEISTER !!!


begeisterte Grüße
Reinhard
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Hans-Jürgen Koch in September 29, 2015, 07:54:09 VORMITTAG
Lieber Jörg,

Glückwunsch zu Deinem interessanten Beitrag.

Gruß

Hans-Jürgen
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 29, 2015, 08:44:35 VORMITTAG
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer großes Lob, das mich sehr freut!

Es hat nicht zufällig jemand Zugriff auf Spross und Wurzel der Welwitschie? Diese Gewebe würden mich auch sehr interessieren.
Oder hat vielleicht jemand Erfahrung mit der Anzucht der Pflanze? Zwei oder drei Jahre würde ich warten können, um eigenes Material zu bekommen.
Immerhin sind die "kleinen Dinger" in unseren Botanischen Gärten ja auch schon Jahrzehnte alt und kein Kustos würde wohl das Risiko einer Verletzung seiner Schützlinge eingehen ...

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Daniel Steiner in September 29, 2015, 09:30:25 VORMITTAG
Hallo Jörg,

Saatgut kriegt man ohne weiteres, im kommenden Frühjahr werde ich wieder mal einen Versuch starten. Die Keimlinge sind sehr empfindlich auf Pilzbefall; wenn die Pflanzen aber etabliert sind, kann man sie im Gewächshaus gut kultivieren.
Vielleicht gibt es dann genug Material für eine mikroskopische Untersuchung. Würde mich auch interessieren.

Gruss Daniel
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 30, 2015, 06:09:14 VORMITTAG
Lieber Daniel,

danke für Deinen Hinweis. Ich habe mich zwischenzeitlich im Netz ein wenig umgelesen: die Samen sind tatsächlich recht leicht zu bekommen, aber die Anzuchtbedingungen wohl nicht ganz einfach.
Eigentlich braucht es, wie Du schon schreibst, wohl ein Gewächshaus, um die Wärme- und Lichtbedürfnisse der Welwitschie zu erfüllen. Ich werde es im Frühjahr trotzdem mal auf der Fensterbank probieren, und hoffen, dass es klappt.   :)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Daniel Steiner in September 30, 2015, 09:12:32 VORMITTAG
Hallo Jörg,

mein erster Versuch unter Kunstlicht ging schief: Kurz nach der Entfaltung der Keimblätter gingen die Pflänzchen an Pilzbefall ein. Es wird empfohlen, die papiernen Samenflügel wegzuschneiden. Sterilisiertes Substrat sollte auch helfen sowie fortgesetzte Behandlung mit Fungizid. Wenn das Blattpaar mal erscheint, wird die Pflanze robuster. April/Mai ist die beste Zeit für die Aussaat. Bei mir diesmal im Gewächshaus.
Ich wünsche dir gutes Gelingen! Der Genuss (!) deines Beitrags hat mich motiviert, wieder eine Samenportion zu bestellen...

Herzlich, Daniel
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in September 30, 2015, 10:40:50 VORMITTAG
Lieber Daniel,

hier ein Link auf die Seiten von Bihrmann:
http://www.bihrmann.com/caudiciforms/subs/wel-mir-sub.asp

Auf der Seite verlinkt ist ein  pdf, in dem der Autor seine  Erfahrungen mit der Anzucht von Welwitschiensamen sehr ausführlich beschreibt.
Im Anhang finden sich auch eine Anzuchtanleitung vom Palmengarten Frankfurt.

Wenn man die Pilze in den Griff bekommt und ein passendes Substrat verwendet, scheint es nicht so schwer zu sein, die Pflanzen zu ziehen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 06, 2016, 19:24:22 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

zwischenzeitlich hatte ich eine Probe des nun fixierten Materials in Ethanol 70% an Herrn Walter Nänny gesandt. Neben Quer- und Längsschnitten hat er auch Flächenschnitte des Blattes erstellt und mir freundlicherweise zwei Präparate in W3Asim II und Etzold FCA Färbung überlassen.

Auch eine Literaturempfehlung möchte ich hier weitergeben:
The Anatomy and Morphology of the Leaves and Inflorescences of Welwitschia Mirabilis.
By M. G. Sykes, Girton College, Fellow of Newnham College / Cambridge. 1909
Der Artikel ist bei AbeBooks (http://www.abebooks.de/servlet/BookDetailsPL?bi=10165849069&searchurl=kn%3DWelwitschia%2520mirabilis%26sts%3Dt) als pdf und Reprint erhältlich.
Die Beschreibung der Blattanatomie von Sykes (Seite 180 ff.) deckt sich genau mit den Beobachtungen an den Aufnahmen hier im Thread.

Bilder von Herrn Nännys Flächenschnitten möchte ich nun hier nachreichen:

Bild 16: Ungefähre Lage der Schnittebenen anhand eines meiner Querschnitte:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_10570274.jpg)

Bilder 17a,b: Ein Idioblast im umgebenden Parenchymgewebe, Bild 17b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Etzold FCA, Stapel aus je 14 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_5900325.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_64188060.jpg)
Auch hier wieder schön zu sehen: die Außenwand des Idioblasten ist dicht an dicht mit Calciumoxalat-Kristallen besetzt.

Bilder 18a,b: Faserbündel am Leitgewebe, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Etzold FCA, Stapel aus je 30 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_2781567.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_58061682.jpg)
Die Faserbündel zeigen sich auch in den Quer- und Längsschnitte und werden erstaunlich lang (> 5 mm)

Bilder 19a-d: Transfusionstracheiden, Bilder 19b und d mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Etzold FCA und W3Asim II, Stapel aus je 25 und 20 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_62638887.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_177651.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_7994323.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_24200221.jpg)

Die Transfusionstracheiden, die z.B. auch im Bild 16 oder den Bildern 9a-c erkennbar sind, umschließen in einem mehr oder weniger geschlossenen Ring die Leitbündel mit ihren Faserkappen.
Sie sind ebenfalls bei Sykes beschrieben:
"Each large bundle is normally orientated and is surrounded by a well developed
sheath of isodiametric or slightly elongated transfusion tracheides with lignified
walls and simple or elongated pits (figs. 1 and 4, Plate 17)."
Und genau so finden wir sie auch in den oben gezeigten Bildern.
Transfusionstracheiden? Die kennen wir aus den Nadeln der Koniferen. Und die Welwitschie? Welwitschia mirabilis gehört in die Familie der Welwitschiaceae in der Ordnung Gnetales, die in der Klasse der Coniferopsida neben den Coniferales steht, also der Ordnung der Nadelhölzer.
Ich denke, wir dürfen davon aus gehen, dass sich das Konzept der Transfusionsgewebe (Transfusionstracheiden und Transfusionsparenchym um die Leitbündel in den Nadeln der Nadelhölzer wie z.B. bei Escherich (S. 211) und Braune/Lehman/Taubert (S. 214 - 216) beschrieben) in ähnlicher Form auch bei den Gnetales wieder findet.

Bild 20: Illustration von Sykes: Leitbündel der Welwitschie im Querschnitt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_15268136.jpg)

Zum Schluss noch ein Blick auf die charakteristische v-förmige Verwachsung der lateralen Leitbündel bei Welwitschia, die so nur im Flächenschnitt erkennbar ist:

Bilder 21a-b: Leitbündel mit Verwachsung, Bild 20b mit Beschriftung; Vergrößerung 200x, Stapel aus je 30 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_15977501.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/187970_47898941.jpg)
Leider hat die Probe durch die Lange Zeit zwischen Probenahme und Fixierung und vielleicht auch durch die Lagerung im Ethanol doch gelitten, was hier zu Rissen im Schnitt geführt hat.
Zur Erläuterung noch ein Zitat von Sykes:
"The vascular system, confined to the central mesophyll, consists of a number of
similar parallel bundles, which at intervals give off small branches. As a rule, two of
these branchlets arise simultaneously from two neighbouring bundles, and, converging
obliquely towards one another, fuse; the single bundle thus formed then runs back a
short distance towards the base of the leaf, and ends blindly in the mesophyll."

Wie immer vielen Dank fürs Lesen, Anregungen und Kritik sind gerne gesehen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: vbandke in Februar 06, 2016, 20:39:49 NACHMITTAGS
Guten Abend, Jörg,


irgendwie ist mir Dein Beitrag vom September "durchgerutscht".  In einem Wort:  Super.


und zwar nicht nur die Bilder, sondern auch die schöne Erläuterung.  Vielen Dank fürs Zeigen der wünderschönen Schnitte aus einer solchen nicht ganu so schönen Pflanze.


Mit besten Grüßen


Volker
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Detlef Kramer in Februar 09, 2016, 15:20:23 NACHMITTAGS
Hallo,
ich habe mich mit dem Leiter des Botanischen Gartens der TU Darmstadt darüber verständigt, dass wir in unseren Gewächshäusern versuchen werden, ein paar Sämlinge aufzuziehen, die dann gegen eine moderate Spende erhalten werden können. Die Sache ist allerdings nicht ohne Risiko, Zitat Dr. Schneckenburger: "im Prinzip ja – das können wir gerne machen – allerdings ohne Erfolgsgarantie. Wir haben ja auch eigene Ernten und das klappt nicht immer. Oft sind es dann auch größere Schadtiere, die den Dingen zusetzen." Also schau'n wir mal! Ich werde mich wieder melden.

Dir Jörg: Bewunderung und Gratulation, oder, wie Schneckenburger schrieb: "... die Bilder sind ja traumhaft!!!!!"

Herzliche Grüße
Detlef
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 09, 2016, 18:48:44 NACHMITTAGS
Lieber Volker,

bitte entschuldige, ich hätte Dich vor lauter Begeisterung über das Anzuchtangebot glatt vergessen.
Auch Dir herzlichen Dank für Dein Lob!

Lieber Detlef,

auch Dir und Prof. Schneckenburger herzlichen Dank für das große Lob! Und an Herrn Schneckenburger schöne Grüße!

Ich finde es toll, dass Herr Schneckenburger sich bereit erklärt hat, die Anzucht zu versuchen und die Pflanzen abzugeben.
Ich drücke alle Daumen und hoffe, dass das Experiment glückt. Wenn es geklappt hat und genug Pflänzchen da sind, würde ich gerne zwei übernehmen.

Wenn die TU bei ihren Lehrmaterialien, Skripten etc. Bedarf hat: ich würde mich sehr freuen, wenn die Bilder der Welwitschia oder andere Verwendung finden.

Ich habe am Wochenende übrigens noch mal Querschnitte gemacht und mit Dujardin Grün gefärbt. Eingedeckt in Histofluid sind die Präparate wunderbar klar und die eher dezente Farbgebung der Dujardin Grün Färbung tut das ihrige dazu. Noch kämpfe ich mit Blasen in den Präparaten - Histofluid ist bei Pflanzenschnitten um die 40µm nicht ganz einfach in der Handhabung da es stärker schrumpft als z.B. Euparal - aber es wird hier im Thread neue Bilder geben.  :)

Allen herzliche  Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: PetrM in Februar 10, 2016, 20:58:03 NACHMITTAGS
Ich konnte einigem folgen. Interessant ist tatsächlich die Verstopfung der Atemeingänge durch Wachs welches Luft durchläst. Alle Outdoor-Ingeniere würden sich sicher freuen zu wissen um was es sich da handelt :)

Ich hab ja bereits ein paar von deinen Ausführungen gelesen und finde deine Präzision immer wieder eindrucksvoll. Wie man in einem Satz gleich mindestens fünf Fachwörter einbringen kann zeugt offenbar von viel Erfahrung.

Bin begeistert. Vorallem weil ich die Welwitschia erst vor kurzem selber als ausergewöhnliche Pflanze entdeckt, aber inzwischen wieder vergessen hatte.

Ich glaub ich habe damals nach langlebigen Pflanzen gesucht. Vieleicht auch nach den ältesten Pflanzen. Weis nicht mehr.

Die Welwitschia hat aber definitiv einen besonderen Platz im Reich der Pflanzen!

Vielgruß
woody

Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 12, 2016, 21:59:52 NACHMITTAGS
Lieber Woody,

vielen Dank für Dein Lob!
Das mit der Erfahrung hält sich in Grenzen. Ich betrachte mich als interessierten Laien und beschäftige mich erst seit gut 7 Jahren mit der Botanik. Da gibt es andere, die deutlich fitter sind.

Die Vorhöfe der Stomata sind übrigens nicht komplett von der Wachartigen Substanz der Cuticula verschlossen, es bleibt meist ein kleiner Spalt frei (siehe Bild 11a), sonst gäbe es wohl Probleme mit der Ausscheidung von Wasserdampf, die ja der Motor für den Wassertransport im Xylem ist. Es finden sich aber recht häufig Pilzhyphen in den Vorhöfen, die sich auch in den Bildern zeigen (siehe Bild 10c&d, zweites Stoma von rechts) - allerdings kann ich nicht sagen, ob die dort schon zu Lebzeiten des Blattes zu finden waren. Zur Erinnerung: die Fixierung erfolgte erst ca. 4 Wochen nach der Probenahme.

At all ... :)

So, nun zum Grund meiner späten Antwort: es folgt noch einmal ein Satz Aufnahmen von neuen Präparaten in der ebenfalls von Rolf-Dieter Müller entwickelten Dujardin Grün Färbung. Diese geht auf Herrn Emmanuel P. Dujardin von der Koninklijk Antwerps Genootschap voor Micrografie (http://www.microscopie.be) zurück, der die Färbung im Mikrokosmos beschrieben hat (53. Jahrgang, Heft 3, März 1964, Seite 94 ff.).
Rolf-Dieter hat sie im Jahr 2011 durch den Einsatz von Alcian-Grün abgewandelt. Wer mehr lesen möchte, wird auf der Webseite des MKB (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a350) fündig. 

Die Schnittdicke liegt bei den folgenden Bildern bei 40 µm, ein Anleitungsbogen zur Färbung kann hier (http://www.mikroskopie-bonn.de/downloads/index.html#a15) herunter geladen werden und eingedeckt habe ich diesmal über Xylol in Histofluid, welches mit einem Brechungsindex von 1,5 sehr nahe beim Glas liegt und sofort nach dem Eindecken gestochen scharfe Bilder liefert.
Leider wurde Histofluid für die deutlich dünneren histologischen Schnitte entwickelt und die Schrumpfung des Harzes beim Trocknen führt - zumindest bei mir - recht häufig zu Luftblasen, die sich zum eingebetteten Schnitt hin ziehen und eine Rettung des Präparats aufwändig machen.
Die Beschriftung in den Bildern folgt dem gleichen Muster wie im Eingangsposting.

Bild 22a-c: Übersicht, Bild 22b mit Beschriftung, Bild 22c im Polarisationskontrast; Vergrößerung 50x, Stapel aus je 26 bzw. 30 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_36930138.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_51243495.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_24255903.jpg)

Wie auch bei den Bilder mit der W3Asim II Färbung fällt im Polbild auf, dass neben den vielen Caliumoxalatkristallen im Parenchym des Blattes auch die Cuticula hell aufleuchtet. Sykes beschreibt die Cuticula als dreilagig mit eingelagerten Calciumoxalat-Kristallen in der zweiten Lage:

"The outer wall of each epidermal cell is composed of three distinct layers, and
is also incrusted with a small deposit of crystals of calcium oxalate. The innermost
layer (C, fig. 2, Plate 17) stains deeply with cellulose stains; the middle layer is
(B, fig. 2) of considerable thickness, is slightly cuticularised, does not stain with
cellulose stains, and is impregnated throughout with minute crystals of calcium
oxalate; the outermost layer (A, fig. 2) is much thinner, it does not react to
cellulose or cuticular stains, and projects at the corners of the cells through the middle
layer, and touches the inner cellulose wall."

Bild 23: Die Zeichnung, auf die Sykes im Zitat oben referenziert
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_17773853.jpg)

Mir ist bisher keine andere Pflanze bekannt, die Calciumoxalat in der Cuticula einlagert.

Betrachten wir also die äusseren Gewebeschichten des Blattes noch einmal genauer:

Bild 24a-d: Cuticula, Epidermis, Stomata und Faserbündel in unterschiedlicher Vergrößerung; Bilder 24b & d mit Beschriftung, Vergrößerung 200x bzw. 400x, Stapel aus je 39 bzw. 29 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_61625890.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_21701633.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_37049391.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_56609864.jpg)

Die Calciumoxalatkristalle zeichnen sich besonders bei 400facher Vergrößerung schön in der Cuticula ab und auch die von Sykes beschriebenen Schichten A & B sind deutlich zu erkennen. Mit C tue ich mich etwas schwer.
Zudem fallen die frischeren Farben der ersten beiden Bilder 24a & b auf. Die Aufnahme wurde nur einige Minuten nach dem Eindecken in Histofluid gemacht. Die Aufnahme für die beiden anderen Bilder 25c & d ist zwei Tage älter.

Bleibt noch ein Blick auf die Leitbündel.

Bild 25a-d: Leitbündel in unterschiedlicher Vergrößerung; Bilder 25b & d mit Beschriftung, Vergrößerung 100x bzw. 200x, Stapel aus je 41 bzw. 19 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_64415940.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_13036185.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_49757457.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/188520_24493067.jpg)

Zum Schluss bleibt zu sagen, dass Samen der Welwitschie nach Darmstadt unterwegs sind. Nochmals Danke an Detlef, Herrn Schneckenburger und das Team vom Botanischen Garten der TU Darmstadt! ich bin sehr auf die jungen Pflänzchen gespannt. Ob es wohl zur diesjährigen Kornrade schon was zu sehen gibt?

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: PetrM in Februar 12, 2016, 23:13:29 NACHMITTAGS
Zitat von: Fahrenheit in Februar 12, 2016, 21:59:52 NACHMITTAGS
Lieber Woody,

vielen Dank für Dein Lob!
Das mit der Erfahrung hält sich in Grenzen. Ich betrachte mich als interessierten Laien und beschäftige mich erst seit gut 7 Jahren mit der Botanik. Da gibt es andere, die deutlich fitter sind.

Die Vorhöfe der Stomata sind übrigens nicht komplett von der Wachartigen Substanz der Cuticula verschlossen, es bleibt meist ein kleiner Spalt frei (siehe Bild 11a), sonst gäbe es wohl Probleme mit der Ausscheidung von Wasserdampf, die ja der Motor für den Wassertransport im Xylem ist. Es finden sich aber recht häufig Pilzhyphen in den Vorhöfen, die sich auch in den Bildern zeigen (siehe Bild 10c&d, zweites Stoma von rechts) - allerdings kann ich nicht sagen, ob die dort schon zu Lebzeiten des Blattes zu finden waren. Zur Erinnerung: die Fixierung erfolgte erst ca. 4 Wochen nach der Probenahme.

Also Pilze hab ich genug gehabt!

Und sicher ist eines:
Niemand möchte Pilze züchen, welche nur in Schuhen entsehen.

Vielgruß
woody

P.S.

Oder gibt es eventuell symbiotische Schuhe  :D LOL
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in Februar 13, 2016, 07:19:47 VORMITTAG
Hallo Jörg!

Tolle Bilder, sensationeller Beitrag!

Ein Tipp zu Histofluid/-kitt: ich lasse den Schnitt vor dem Eindecken FAST trocknen, dann kommen auch bei dickeren Schnitten kaum Blasen oder Schrumpfungen.

Liebe Grüße
Franz
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 13, 2016, 14:27:01 NACHMITTAGS
Lieber Franz,

danke für Dein Lob und den Tipp!

Ich werde beim nächsten Versuch mit Histofluid darauf achten, einen Mittelweg zwischen Blasen wegen zu viel Xylol und Blasen wegen zu wenig Xylol zu finden.
Es braucht sicher noch ein wenig Erfahrung, um das Harz sicher handhaben zu können, aber so ganz überzeugt bin ich noch nicht.
Wobei ich sagen muss: kleine Blasen, die ggf. beim Eindecken eines etwas zu weit abgetrockneten Schnitts entstehen, verschwinden beim Histofluid noch schneller, als beim Euparal.

Kannst Du schon etwas über die Langzeitstabilität des Histofluids sagen?

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in Februar 13, 2016, 16:38:35 NACHMITTAGS
Hallo Jörg!

Ich verwende Histokitt No. 1025/500 (Hecht GmbH) seit ca. 7 Jahren und habe noch keine negativen Effekte feststellen können - wenn, dann kommen die von dir beschriebenen Blasen nach ein paar Tagen bereits.

Wobei ich erwähnen möchte, dass ich bei Histokitt NIE über Xylol gehe sondern als letzte Stufe TEP nehme.

Liebe Grüße
Franz
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 13, 2016, 16:46:40 NACHMITTAGS
Lieber Franz,

danke für die Info!

Mein Histofluid habe ich als kleine Probe von einem befreundeten Mikroskopiker erhalten. Den Hersteller kann ich nicht nennen, aber das Lösungsmittel darin ist eindeutig Xylol - was aber zunächst ja nichts heißen muß.
Ich kenne es nur so, dass man die besten Ergebnisse erzielt, wenn man in der letzten Stufe das Lösungsmittel wählt, das auch im Harz selber Verwendung findet.

Gibt es einen Grund dafür, dass Du über TEP eindeckst? Und entschuldige die dumme Frage: was ist denn TEP und kann man direkt vom Isopropanol in dieses Lösungsmittel gehen oder ist da eine Xylolstufe dazwischen?

Ganz nebenbei: hat Histofluid nicht auch eine andere Zusammensetzung als Histokitt?

Uups, ein ganzer Sack voll Fragen ... ;)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in Februar 13, 2016, 16:57:04 NACHMITTAGS
Lieber Jörg!

Heisst der befreundete Mikroskopier Anton? :-))

Spass beiseite, Histokitt ist das Nachfolgeprodukt - meiner Info nach, gibt es Histofluid nicht mehr.

TEP - Triaethylphosphat ist ein starkes Entwässerungsmittel, welches, speziell W3A gefärbte Schnitte, weniger entfärbt. Man kann auch direkt in Histokitt eindecken.

Liebe Grüße
Franz

PS: die MGW-ler gehen als letzte Stufe über Terpineol - geht auch.
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 14, 2016, 13:30:02 NACHMITTAGS
Lieber Franz,

nein, unser Anton war es nicht. :)

Und sach' mal, Histokitt oder Histofluid - Deine letzte Nachricht ist da nicht so ganz eindeutig. ;)

TEP -> Danke Dir! Und das hilft wirklich gegen Blasen? Ich möchte eigentlich nicht noch ne Substanz in meinen Workflow einbauen.
Direkt eindecken: ja, das geht, 4 von 6 sind gut und ich werde beim nächsten Mal darauf achten, nicht zu viel Xylol drauf zu haben, wenn der Histofluid-Tropfen kommt.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in Februar 14, 2016, 14:31:44 NACHMITTAGS
Lieber Jörg!

Ich weiss den Unterschied nicht! Histofluid konnte ich nicht mehr nachkaufen.

Wir haben das TEP in grösserer Menge für die Gesellschaft gekauft.....man braucht zum Schluss nur einen Tropfen.

Liebe Grüße
Franz

Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: PetrM in Februar 20, 2016, 00:49:08 VORMITTAG
Hierzulande muss man aufpassen, welche Gefahrenstoffe man einkauft. Aber im Export, stellt dass alles doch kein Problem dar. Es lebe Chemie-Farben!
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 20, 2016, 09:28:44 VORMITTAG
Lieber Franz,

mit Blick auf Woodys Posting: konntest Du es nicht mehr kaufen, weil Du keine Anbieter mehr gefunden hast, oder wegen irgendwelcher Restriktionen?

Bei Marienfeld ist es z.B. noch auf der Webseite:
http://www.marienfeld-superior.com/index.php/deckglaeser/articles/histofluid-eindeckmittel.html

Ich habe einmal grob im Netz gesucht und leider nicht viel Relevantes zu den Unterschieden von Histofluid und Histokitt gefunden.
Ich vermute, es handelt sich um unterschiedliche Harzmischungen, einmal in Xylol und einmal in Toluol als Lösungsmittel:

Histofluid: Acrylharze und Xylol, Sicherheitsdatenblatt:
http://www.myneolab.de/pdf/214/sicherheitsdatenblatt_histofluid.pdf

Histokitt: "Ungefährliche Beimengungen " und Toluol, Sicherheitsdatenblatt:
https://www.carlroth.com/downloads/sdb/de/6/SDB_6638_DE_DE.pdf

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in Februar 20, 2016, 10:02:09 VORMITTAG
Moin Jörg!

By the way, das ist das Histokitt das ich verwende.....

http://www.hecht-assistent.de/197/?L=0&tx_rmproducts_pi1%5Bg%5D=977&tx_rmproducts_pi1%5Bp%5D=5925&tx_rmproducts_pi1%5Bv%5D=19811

Liebe Grüße
Franz
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 23, 2016, 20:43:00 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

die von Sykes als dreilagig beschriebene Cuticula hat mir ja keine Ruhe gelassen:

"The outer wall of each epidermal cell is composed of three distinct layers, and
is also incrusted with a small deposit of crystals of calcium oxalate. The innermost
layer (C, fig. 2, Plate 17) stains deeply with cellulose stains; the middle layer is
(B, fig. 2) of considerable thickness, is slightly cuticularised, does not stain with
cellulose stains, and is impregnated throughout with minute crystals of calcium
oxalate; the outermost layer (A, fig. 2) is much thinner, it does not react to
cellulose or cuticular stains, and projects at the corners of the cells through the middle
layer, and touches the inner cellulose wall."

Zu den Bilder 24a-d hatte ich vorletzte Woche geschrieben: "Die Calciumoxalatkristalle zeichnen sich besonders bei 400facher Vergrößerung schön in der Cuticula ab und auch die von Sykes beschriebenen Schichten A & B sind deutlich zu erkennen. Mit C tue ich mich etwas schwer."

Also habe ich mir noch mal die Präparate hervor geholt. Was soll ich sagen: Fotografieren macht blind. :)

Bei den großen Stapeln ist nämlich genau dieses Detail verloren gegangen: in den neuen Bildern aus nur 4 Einzelaufnahmen ist die dreilagige Cuticula sehr schön zu erkennen:

Bilder 26a-b: Cuticula des Blattes von Welwitschia mirabilis, Bild 26b mit Beschriftung, Färbung Dujardin Grün, Vergrößerung 400x, Stapel aus 4 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/189441_59996439.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/189441_15485232.jpg) (http://www.fotos-hochladen.net)

Und die Moral von der Geschicht': traue Deinen Fotos nicht. Gerade bei stärkerer Nachbearbeitung, wozu eindeutig auch das Stacken gehört, gehen Details, die auf den Einzelaufnahmen noch sichtbar sind, ggf. verloren.

Allen herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Holger Adelmann in Februar 26, 2016, 18:24:27 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,

ich komme erst jetzt dazu diesen tollen Beitrag zu lesen.
Ich bin ja wie Du weist nicht der Botaniker und die "Standard-Spitzendeckchen" sehen für mich alle gleich aus (bitte entschuldige meine Ignoranz).

Hier hast Du Dich allerdings wieder selbst übertroffen, ein unglaublich detaillierter Beitrag über eine faszinierende Pflanze.

Meinen Glückwunsch, mach weiter so!

Herzliche Grüße,
Holger
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Februar 27, 2016, 07:22:50 VORMITTAG
Lieber Holger,

vielen Dank für Dein großes Lob!
Ich bin ja sonst eher fürs Schlichte, aber die Spitzendeckchen mag ich.  ;D

Es fehlen ja noch Spross und Wurzel, die mich auch sehr interessieren. Zwischenzeitlich sind Welwitschia Samen bei Detlef angekommen, die im Botanischen Garten angezogen werden.
Mit etwas Glück kann man zur Kornrade schon die ersten Pflänzchen sehen und - leider wächst Welwitschia recht langsam - in einem oder zwei Jahren ist dann genug dran, um auch diese Pflanzenteile hier zu ergänzen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 20, 2016, 23:20:24 NACHMITTAGS
Liebe Freunde,

beim heutigen Besuch mit Detlef im Botanischen Garten der TU Darmstadt konnte ich einen ersten Blick auf die Welwitschie werfen, die dort freundlicherweise aufgezogen wird. Richtig: von den über 20 Samen haben nur 4 gekeimt und nur eine  - bisher - überlebt.
Dies lag zum einen an der Qualität des Saatguts und zum anderen an den Unwägbarkeiten, die mit der Aussaat und Aufzucht einer so hoch spezialisierten Pflanze ausserhalb ihres Habitats einher geht. Die Setzlinge sind z.B. sehr empfindlich gegenüber Bodenbakterien und brauchen eine Bodentemperatur von mindestens 30 Grad ...

Auf jeden Fall herzlichen Dank an die Mitarbeiter des botanischen Gartens der TU Darmstadt, die sich viel Mühe gemacht haben!

Hier noch einige Bilder, zum einen von der einzigen Überlebenden und von drei etwa zwei Jahre alten Pflanzen aus Samen der Welwitschien des Botanischen Gartens.

Herzliche Grüße
Jörg

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/196010_11404313.jpg)
Die kleine Pflanze hier ist etwa 10 Wochen alt ...

Nach etwa zwei Jahren schauen die Pflanzen dann so aus:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/196010_64923656.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/196010_44624228.jpg)
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Daniel Steiner in Mai 23, 2016, 09:18:20 VORMITTAG
Hallo liebe Welwitschiophile!Bei mir im Gewächshäuschen ist die Keimung im Gang. Nach 15 Tagen sind jetzt schon 50% des Saatgutes aufgegangen. jetzt ist eine kritische Zeit; bis zu einem ersten " Abhärten." sind die Sämlinge sehr empfindlich auf Pilzbefall. Da helfen -hoffentlich - Fungizid, und Fingerspitzengefühl. Bin sehr gespannt, wie sie sich weiter halten!


Herzlich, Daniel(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/196125_61196196.jpg)
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 23, 2016, 09:36:21 VORMITTAG
Lieber Daniel,

danke für Dein Feedback! Deine Keimlinge scheinen rot-braun zu sein - ist das ein Farbfehler im Foto oder habe ich Tomaten auf den Augen? :)

Und noch wichtiger: von wem hast Du das Saatgut? Ich hatte ja die Samen für den Garten in Darmstadt im Netz bestellt und Herr Werner, der die Sämlinge pflegt, sagten mir am Freitag, dass alleine gut die Hälfte der Samen eindeutig verkümmert und somit nicht keimfähig gewesen seien.

Vielen Dank und herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Daniel Steiner in Mai 23, 2016, 11:05:45 VORMITTAG
Lieber Jörg,
keine Tomaten - die Keimlinge sind anfänglich genauso orangebraun. Das Grün kommt dann erst nach und nach zum Vorschein.
Idh werde bei Gelegenheit wieder berichten. Aber geschnippelt wird nix!!!

Liebe Grüsse, Daniel
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in Mai 23, 2016, 15:10:12 NACHMITTAGS
Lieber Daniel,

ah, das wusste ich nicht. Dann sieht man bei meinem ersten Bild oben noch Reste der Rost-Färbung unten an den Keimblättern.

Kannst Du noch was zur Bezugsquelle Deiner Samen sagen? Ich wollte noch mal nach bestellen und 1 aus 21 ist mir definitiv zu wenig :)

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: PetrM in Mai 23, 2016, 21:22:51 NACHMITTAGS
Ich kenn mich ja mit Welwitschia so nicht aus. Aber aus meiner Erfahrung bedeutet rot, viel an Carotine bzw. das Welwitschia zuanfangs ein Schmarotzer ist? Kann aber nicht der Fall sein, da ja sonst keine Pflanze drumherum wächst.
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: koestlfr in April 02, 2018, 20:57:06 NACHMITTAGS
Lieber Jörg!

Du hast mir ja dankenswerter Weise anlässlich des Treffens in Würzburg auch eine fixierte Probe eine Teiles des Blattes zur Verfügung gestellt.

Jetzt habe endlich das Blattteil geschnitten und verschiedene Färbungen versucht, um zu Deinem Beitrag eine sinnvolle Ergänzung zu finden; mir gefallen jedoch die Fluoreszenzfärbungen am Besten.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231729_18961937.jpg) (http://abload.de/image.php?img=welwetschia_10_coriphatsp7.jpg)

Bild 1: Blatt quer, 40µm, Coriphosphin, Olympus BX51, U-PlanSApo 10x, HBO; U-MWU2; Pentax K3.

Am Rand des Schnittes zeigte sich dann folgendes Detail:

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231729_47980820.jpg) (http://abload.de/image.php?img=welwitschie_10_coriph3gs55.jpg)

Bild 2: Blatt quer, 40µm, Coriphosphin, Olympus BX51, U-PlanSApo 10x, HBO; U-MWU2; Pentax K3.

Jetzt musste ich aber unbedingt die geschädigte Längsseite des Blatt schneiden ...

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231729_11653293.jpg) (http://abload.de/image.php?img=welwetschia_laengs_10wiuq3.jpg)

Bild 3: Blatt längs, 40µm, Primulin, Olympus BX51, U-PlanSApo 10x, HBO; U-MWU2; Pentax K3.

Aufgefallen sind mir dann die 3 blaugrünen wurzelquerschnittartigen Bereiche.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231729_54636159.jpg) (http://abload.de/image.php?img=welwitchia_laengs_20_66u2r.jpg)

Bild 4: Blatt längs, 40µm, Primulin, Olympus BX51, U-PlanFl 20x, HBO; U-MWU2; Pentax K3.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231729_42708074.jpg) (http://abload.de/image.php?img=welwetschia_laengs_40hfsal.jpg)

Bild 5: Blatt längs, 40µm, Primulin, Olympus BX51, U-PlanFl 40x, HBO; U-MWU2; Pentax K3.

Kann mir jemand weiterhelfen, was habe ich da angeschnitten?
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in April 03, 2018, 13:08:32 NACHMITTAGS
Lieber Franz,

vielen Dank für die spannenden Fluoreszenzbilder! Schön, dass Du die Welwitchienprobe gut verwerten konntest.

Die zwei Blätter einer alten Welwitschie reissen später vielfach der Länge nach ein, wie Du an den Bildern am Anfang des Fadens sehen kannst. An den Rissstellen wird ein Wundgewebe (Kallus) gebildet, um die Verletzung zu schließen. Ich denke, so wird es auch hier an den Rändern der Probe sein. Dabei hast Du Glück gehabt: ich hatte immer Stücke aus der Mitte meiner Probe, die insgesamt etwa 5 cm breit war. Da gab es diese Bildungen natürlich nicht zu sehen.

Herzliche Grüße
Jörg

p.s.
Die Tage habe ich angefangen, eine meiner beiden Jungpflanzen zu bearbeiten. Es wird hier also bald einen Vergleich zwischen alten und jungen Blättern geben und ich werde hoffentlich auch Spross und Wurzel zeigen können.

Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: güntherdorn in April 03, 2018, 13:45:00 NACHMITTAGS
wenn man wortlos gratulieren könnte, würd´ ich´s bei jörg machen.
alles gesagt? .... klasse !
güntherdorn
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis *
Beitrag von: Fahrenheit in April 04, 2018, 08:55:14 VORMITTAG
Lieber Günhter,

vielen Dank für Dein Lob, das mich wie immer sehr freut.
Ich bin ein bekennender Fan von Künstlerbrot. ;)

Wie oben schon angedroht: demnächst mehr von der Welwitschie hier im Thread.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Botanik: Welwitschie mirabilis: Vergleich junger und alter Blätter *
Beitrag von: Fahrenheit in April 05, 2018, 10:46:40 VORMITTAG
Liebe Pflanzenfreunde,

wie angekündigt geht es nun mit Schnitten von der jungen Pflanze weiter. Um das Thema zusammen zu halten einfach als Verlängerung des bestehenden Threads.

Wir Ihr in den älteren Beiträgen dieses Fadens sicher mitverfolgt habt, war Herr Werner vom Botanischen Garten der TU Darmstadt so nett, die von mir gekauften Welwitschiensamen im Garten der TU anzuziehen. Ohne seine Erfahrung die in Darmstadt vorhandenen Möglichkeiten zur Beleuchtung und Einhaltung der Keimtemperatur von über 30° C wäre die Anzucht nicht möglich gewesen. Die ist bei Welwitschia durchaus schwierig - was schon mit der Qualität des Saatguts anfängt: ein hoher Anteil der nicht grade billigen Samen war taub. Summe haben von 50 Samen nur 5 Pflanzen überlebt, die nun gut zweieinhalb Jahre alt sind. Zwei davon sind in Darmstadt geblieben, eine hat der Botanische Garten Bonn erhalten und zwei stehen mir nun für weitere Untersuchungen zur Verfügung.

Anfangen möchte ich mit einem Vergleich des Aufbaus junger und alter Blätter, also der Gegenüberstellung der schon gezeigten Schnitte mit denen einer frisch genommenen Probe von einer Jungpflanze.

Zunächst aber einige Bilder von den Jungpflanzen:

Bilder 27a-e: Meine Jungpflanzen
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_44419000.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_52697953.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_22597652.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_10261382.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_59109011.jpg)

Ich habe zunächst eine Probe von der Blattspitze einer Pflanze genommen und wie gewohnt auf dem "Tempelchen" mit Leica Einwegklingen im SHK Halter geschnitten:

Bild 28: Die Probe vom juvenilen Blatt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_42659827.jpg)

Das restliche Material ruht nun in AFE zur weiteren Verwendung. Zur Entsorgung ist ein Blatt dieser hier selten zu erhaltenden Pflanze einfach zu wertvoll.

Bild 29: Schnitt in Möhreneinbettung auf dem "Tempelchen":
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_40644060.jpg)

Gefärbt habe ich nach der Anleitung von Rolf-Dieter Müller mit Dujardin Grün (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/166.html). Dabei kam wieder der neue Alciangrün-Ansatz von Klaus Herrmann zum Einsatz. Da sich der Grünton nicht so ganz einstellen will, habe ich eine weitere Färbestufe mit Alciangelb vorgeschaltet, jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Hier das Färbeprotokoll in Kürze:

- Acridinrot für ca. 5 Minuten
- Spülen mit Aqua dest.
- Alciangelb für ca. 2 Minuten (geringe Menge, Alciangrün wird dann einfach dazu gegeben - umschwenken)
- Alciangrün für ca. 10 Minuten
  (Original: 5 Minuten), Alciangrün verdrängt das Acridinrot nur langsam aus
  den nicht verholzten Zellen, besonders an dickeren Schnitten
- Spülen mit Aqua dest.
- Chrysoidin für ca. 7 Minuten

Die neuen Fotos sind auf dem Leica DMLS mit den PlanApos 10x, 20x und 40x sowie dem PlanFluotar 100x entstanden, fotografiert habe ich mit einer Panasonic GX7 über den Trinotubus des Mikroskops. Die Bilder vom alten Blatt sind mit der alten Alciangrün-Lösung von Klaus ebenfalls mit Dujardin Grün gefärbt, die Aufnahm,en stammen noch vom Leica DME mit der Canon PS A520 in Okularadaption.

Betrachten wir zunächst die Übersicht der gefärbten Schnitte im Hellfeld und dem Polarisationskontrast. Hier und im Folgenden immer zuerst das ausgewachsene, dann das junge Blatt.

Bilder 30a-d: Altes und Junges Blatt im Hellfeld und im Polarisationskontrast, alle Bilder gestapelt.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_17043416.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_28756230.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_18961937.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_47980820.jpg)

Bilder 31a,b: Die Hellfeldaufnahmen 30a und c mit Beschriftung und Maßstab
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_11653293.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_54636159.jpg)

Wie zu erwarten, ist der Blattaufbau sehr ähnlich: wir finden in beiden Fällen eine dicke Cuticula mit eingelagerten Calciumoxalatkristallen als Licht- und Verdunstungsschutz, eingesenkte Stomata, eine einreihige Epidermis und darunter ein von stabilisierenden Faserbündeln unterbrochenes Assimilationsparenchym. Das Blatt ist äquifazial, was bedeutet, dass wir an der Blattunterseite den gleichen Aufbau wieder finden.
Im Schwammparenchym in der Mitte des Blattquerschnitts liegen die Hauptleitbündel und Nebenleitbündel und die Aufnahmen im Polarisationskontrast zeigen, dass auch beim jungen Blatt bereits rhomboedrische Calciumoxalatkristalle auf den Zellaussenwänden im Interzelllularraum zu finden sind - wenn auch in deutlich geringerer Dichte.
Der auffälligste Unterschied liegt bei den Idioblasten: sind diese im alten Blatt weit verzweigt und lignifiziert (rote Färbung), erscheinen sie im jungen Blatt noch klein und unverholzt. Hier kann man also davon aus gehen, dass diese Zellen erst mit dem Altern des Blattes ausdifferenzieren.
Informationen zu den Abkürzungen in den Bildern 31a&b sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a2409).   

Schauen wir uns nun einmal die Leitbündel an:

Bilder 32a-d: Leitbündel im Hellfeld, gefärbtes Präparat. Bilder 32c&d mit Beschriftung und Maßstab, jeweils zur erst das alte, dann das Junge Blatt. alle Aufnahmen gestacked.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_42708074.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_42815147.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_47633461.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_63130991.jpg)

Hier finden wir keine Überraschungen: das alte Leitbündel zeigt eine höhere Differenzierung der Zellarten und der Bereich des disfunktionalen Phloems (aPL) ist wie zu erwarten deutlich größer als beim jungen Leitbündel.

Noch einen Blick auf ein Stoma:

Bilder 33a-d: Stoma im Hellfeld, gefärbtes Präparat. Bilder 33c&d mit Beschriftung und Maßstab, jeweils zur erst das alte, dann das Junge Blatt. alle Aufnahmen gestacked.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_22322349.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_64981649.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_38493088.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_54467399.jpg)

An den Stomata zeigen sich keine signifikanten Unterschiede, auffällig ist lediglich die stärkere Differenzierung der Idioblasten im alten Blatt.

Beim jungen Blatt konnte ich erstmals auch den Blattrand mit präparieren, der durch besonders große Faserbündel stabilisiert ist:

Bilder 34a,b: Blattrand mit Faserbündeln, Bild 34b mit Beschriftung, Stapel aus 28 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_35113868.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_36620214.jpg)

Zum Abschluss nun noch eine Serie von Bildern des ungefärbten, frischen Schnittes, teils mit Beschriftung und Maßstab

Bilder 35a-f: Bilder vom frischen Schnitt des jungen Blattes, Bild 35b im Polarisationskontrast, Bild 35d mit Beschriftung und Maßstab, alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_37296927.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_640117.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_28805302.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_21170186.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_13134304.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/231851_54172779.jpg)

Auch auf den Bildern vom frischen Schnitt sind alle wichtigen Strukturen gut zu erkennen. Immer wieder schön die Chloroplasten in natürlicher Farbe.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik ist wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis - erweitert *
Beitrag von: TPL in April 05, 2018, 11:27:00 VORMITTAG
Lieber Jörg,

auch wenn ich es nicht bei jedem Deiner Beiträge schreibe: ich bewundere nicht nur Deine Arbeit, sondern auch, dass Du sie uns so hingebungsvoll und didaktisch durchdacht präsentierst. Bravo!

Deshalb gelobe ich hiermit auch feierlich, innerhalb der nächsten paar Monate für Nachschub an Bildern, Samen und ggf. sogar Schnittmaterial dieser ungewöhnlichen Pflanze zu sorgen.

Herzliche Grüße
Thomas
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis - erweitert *
Beitrag von: wejo in April 05, 2018, 16:51:58 NACHMITTAGS
Hallo Jörg,
Ick kiecke, staune, wundre mir! Tolle Arbeit, ich bin platt!!!
Herzliche Grüße
Werner
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis - erweitert *
Beitrag von: Fahrenheit in April 06, 2018, 08:35:00 VORMITTAG
Liebe Freunde,

vielen Dank für Euer Lob! Ich nehme es wie immer zum Ansporn für weitere Arbeiten, auch wenn ich mich in der letzten Zeit hier etwas rahr machen musste.

Lieber Thomas,

da verschlägt es dich also nach Namibia? Ich freue mich auf die Bilder. Soweit ich weiß, sind die Welwitschien mittlerweile auch in den Herkunftsländern wirklich streng geschützt. Also mach nix Illegales!

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre und Blattspliss - Welwitschia mirabilis - erweitert *
Beitrag von: Fahrenheit in April 22, 2018, 14:11:21 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

für alle, die es noch interessiert, hier der letzte Teil der kleinen Serie zur Welwitschie. Diesmal geht es um Spross und Wurzel, Gewebetypen, die nur sehr selten zu bekommen sind.
Die Proben stammen, wie das im Beitrag zum Vergleich der adulten und juvenilen Blätter gezeigte Material, von einer meiner beiden Jungpflanzen aus Darmstädter Aufzucht.

Präparation und Technik entsprechen den in den vorangegangenen Beiträgen gemachten Angaben. Gefärbt habe ich mit Dujardin Grün und W3Asim II nach Rolf-Dieter Müller, das Mikroskop ist das weiter vorne beschriebene Leica DM LS.

Werfen wir zunächst einen Blick auf den Spross:

Bild 36a,b: Die gesamte Jungpflanze in der Übersicht und mit der Schnittführung 
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_26756241.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_23264094.jpg)
Die Ebene S1 bezeichnet die Schnittebene des Sprosses. S2 bis S4 Hypocotyl und Wurzeln.

Bei Welwitschia müssen wir kurz über Spross und Hypocotyl reden. Das Hypocotyl ist der Teil der Pflanze zwischen der Wurzel und den Keimblättern. Der Spross beginnt oberhalb der Keimblätter.
Das ist bei den allermeisten Pflanzen die dem Grundbauplan mit einer Stele folgen, eine einfache Sache. Bei der Welwitschie wird das schwierig: die beiden Blätter entspringen einer Hypocotylgrube am - im Alter tellerförmig abgeflachten - oberen Ende des Stammes [1]. Ihre Meristeme an den Blattbasen liegen gut geschützt oft ein wenig tiefer als die Keimblätter, was man auch in Bild 27d gut erkennen kann. Streng genommen kann man bei Welwitschia also eigentlich gar nicht von einem Spross sprechen. 
In den Bildern 36a,b erkennen wir aber einen verdickten Teil unterhalb des Blattansatzes, der in der Regel auch oberirdisch wächst. Diesen teil möchte ich hier als Spross bezeichnen, zumal sich sein Querschnitt (S1) deutlich von den anderen Querschnitten (S2 . S4) unterscheidet.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Leitbündelanordnung im Inneren des Sprosses:

Bilder 37a,b: Übersicht zum inneren Aufbau des Sprosses bei S1, Bild 37b mit Beschriftung und Maßstab; Stapel aus je 45 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_14303791.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_49584532.jpg)
Wir erkennen einen annähernd spiegelbildlichen Aufbau mit 4 Gruppen von Leitbündeln, die ich hier als Stelen bezeichnen möchte. Jede Stele besteht aus 8 bis 12 einzelnen Leitbündeln, die durch ein Parenchym (Pa - von Markstrahlen möchte ich bei dieser Anordnung nicht sprechen, zumal der Spross kein zentrales Mark zeigt) voneinander getrennt sind. Sie Leitbündel selbst haben einen klassischen Aufbau aus primärem Xylem, Xylem mit Tracheen (nicht eindeutig nachzuweisen) und Tracheiden, Phloem und einer Kappe von Sklerenchymfasern (SklF). Spannen daran ist, dass die am stärksten ausgeprägten Leitbündel der Stelen jeweils nach innen weisen.
Zwischen den vier Stelen finden sich viele Nebenleitbündel, die teils stark verdreht sind. Diese Nebenleitbündel trennen die vier Stelen - hier in der Horizontalen - in zwei Gruppen, zwischen denen in der Vertikalen keine Nebenleitbündel zu finden sind. Ein Detail, auf das wir später beim Hypocotyl und der Wurzel noch zurück kommen.
Informationen zu den Abkürzungen im Bild 37b sowie den folgenden beschrifteten Bildern findet Ihr wie immer auf der Webseite des MKB: Tabelle mit den Kürzeln und den zugehörigen allgemeinen Erläuterungen (http://www.mikroskopie-bonn.de/bibliothek/botanische_mikrotechnik/index.html#a2409).
Es wäre interessant zu sehen, wie die Anordnung der Leitbündel im älteren Spross organisiert ist. Ob sich dann spiegelbildlich weitere Gruppen anreihen? Spärliche Hinweise in der Literatur legen dies nahe. Leider gibt es in den Weiten des Internets keine frei zugänglichen mikroskopische Bilder vom Spross der Welwitschie - oder ich war nicht geschickt genug, sie zu finden.   

Wie sieht der Spross nun am Rand aus? Das zeigen uns die folgenden Bilder.

Bilder 38a-d: Spross der Welwitschie mit Abschlussgewebe, Bild 38b mit Beschriftung und Maßstab, Bild 38c ungefärbter, frischer Schnitt, Bild 38d im Polarisationskontrast. Stapel aus 60, 100 und 88 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_19699911.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_2389992.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_30880833.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_58154627.jpg)
Der Spross war zum Zeitpunkt der Präparation gut zweieinhalb Jahre alt, wir finden also ein Periderm mit einer Korkschicht (Phellem) als Abschlussgewebe. Auch eine Anpassung an die Trockenheit der Namib, da der Kork isoliert und die Verdunstung herab setzt. Phellogen und Phelloderm lassen sich hier nicht klar vom dahinter liegenden Parenchym unterscheiden.
Wie in den Blättern finden wir auch im Rindenparenchym des Sprosses einige sklerenchymatischen Idioblasten und weiter im inneren die eben angesprochene Struktur aus Leitbündeln und Nebenleitbündeln.

Werfen wir nun einen Blick auf eine der Leitbündel-Stelen:

Bilder 39a-e: Eine Leitbündel-Stele im Detail, Bild 39b mit Beschriftung und Maßstab, Bild 39c ungefärbter, frischer Schnitt, Bild 39d im Polarisationskontrast, Bild 39e gefärbter schnitt im Polarisationskontrast. Stapel aus je 55, 45 und 40 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_35529478.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_47422476.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_65273341.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_58961324.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_1495183.jpg)
Wie oben schon beschrieben, bestehen die einzelnen Bündel in der Abfolge von Innen nach Außen aus einem primären Xylem, gefolgt vom Xylem, dem Phloem und einer Kappe aus Sklerenchymfasern. Im Inneren liegt kein Markparenchym sondern weitere Faserzellen und einfache Parenchymzellen. Im Gegensatz zu allen anderen Pflanzen in der Gruppe der Coniferopsida soll das Xylem der Welwitschia mirabilis über Tracheen verfügen. Diese sind hier aber nicht zweifelsfrei nachzuweisen.
Die Pol-Aufnahmen lassen auch kleine Caliumoxalat-Kristalle erkennen, die wie im Blatt außen auf den Zellwänden aufliegen.

Bilder 40a-e: Ein einzelnes Leitbündel, Bild 40b mit Beschriftung und Maßstab, Bild 40c ungefärbter, frischer Schnitt, Bild 40d im Polarisationskontrast, Bild 40e Polarisationskontrast mit Beschriftung. Stapel aus je 55 und 50 Bildern   
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_61302538.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_30376100.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_37460558.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_59487907.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_23085090.jpg)
In den beiden Pol-Aufnahmen sind die Calciumoxalatkristalle besonders gut zu erkennen.

Hypocotyl und Wurzel

Nach diesem schon recht ungewöhnlichen Sprossquerschnitt versuchen wir uns nun an der Wurzel. Zunächst dachte ich, die Schnittebene S2 würde bereits die Wurzel zeigen, doch der Querschnitt hat viel mehr Ähnlichkeit mit dem Spross, es fehlen eigentlich alle Features, die auf eine Wurzel hin weisen. Wie oben schon andiskutiert, sind wir hier ja auch noch im Hypocotyl unterwegs. Also mit S3 noch tiefer geschnitten und - ätsch, das gleiche Bild. Es kristallisieren sich aber immer deutliche zwei Stelen heraus, wie sie auch von Sykes beschrieben werden [2].
Also noch weiter unten ... S4 ist dann ein Schnitt unterhalb der ersten abzweigenden Nebenwurzel. Und auch der birgt Überraschungen ...

Bilder 41a-d: Hypocotyl auf Schnittebene S2, Bilder 41b und 41d mit Beschriftung und Maßstab; Stapel aus je 75 und 36 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_6964596.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_17113003.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_30544512.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_44365459.jpg)
Alles etwas kleiner, nur noch zwei Stelen und weniger Nebenleitbündel, aber ansonsten das gleidche Bild wie beim Spross - inklusive Abschlussgewebe. 

ZitatZitat aus [2]
"In Welwitschia the traces of cotyledons, young leaves, bracts, and flowers have
a double origin from two separate bundles of the stele of the axis. Their origin thus
differs from that of the double leaf-trace so characteristic of most Gymnosperms,
which arises from a single bundle of the axis, and branches into two during its course
through the cortex."

Bilder 42a-f: Hypocotyl auf Schnittebene S3, Bilder 42b und 42f mit Beschriftung und Maßstab, Bild 42c ungefärbter, frischer Schnitt, Bild 42d Polarisationskontrast, Bilder 42e,f: Xylem im Detail; Stapel aus je 80, 50, 60 und 45 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_7044526.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_20390146.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_30689639.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_50315679.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_49676947.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_23488915.jpg)
Grundsätzlich unverändert, aber hier sehen wir nur noch die zwei von Sykes beschriebenen Stelen mit einer schleifenartigen Anordnung von je zwei gegenüberliegenden Leitbündeln, die sich am primären Xylem berühren. Es gibt keine Nebenleitbündel mehr. Aber es schaut noch immer nicht nach einer Wurzel aus ...

Also noch ein Schnitt auf Ebene S4, wie gesagt unterhalb der ersten großen Nebenwurzel.

Bilder 43a-b: Wurzel auf Schnittebene S4, Bild 43b mit Beschriftung und Maßstab. Stapel aus je 76 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_23521433.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_24854661.jpg)
Was soll ich sagen? Für mich schaut das noch immer nicht nach einer - nicht mal tertiären - Wurzel aus, eine Endodermis ist zum Beispiel nicht zu erkennen. Nur die zwei Stelen setzen sich weiter fort.

Hier muss ich passen: mir fehlt eine vergleichende Beschreibung oder Schnittbilder älterer Arbeiten. Handelt es sich hier um eine Besonderheit bei Welwitschia oder hätte ich noch tiefer schneiden müssen? Wenn jemand Zugriff auf entsprechende Literatur hat würde ich mich sehr freuen, wenn er diese hier im Thread benennt.

Der Blattansatz

Eines fehlt nun aber noch: ein Längsschnitt durch den Blattansatz mit den beiden Blattbasen und deren Meristemen. Zunächst ärgere ich mich maßlos, dass ich beim Zurichten der Probe keine Makroaufnahmen gemacht habe. Das Bild der grünen Blätter in ihren Hypocotylgruben aus weisslichem Gewebe hätte ich sehr gerne gezeigt.
Im Handzylindermikrotom konnte ich einen Schnitt machen, dann war ich am Anschlag. leider war der Schnitt als Begradigungsschnitt gedacht und ist zu dick. Aber man muss nahmen, was man hat.
Die Probe ist aber mittlerweile fixiert und ich werde eine Kollegin oder einen Kollegen vom MKB darum bitten, Parafinschnitte zu machen.

Hier die Bilder:

Bilder 44a-d: Wachstumsfurchen der Blätter von Welwitschia mirabilis, Bild 44c mit Beschriftung und Maßstab, Bild 44b vom frischen, ungefärbten Schnitt, Bild 44d Polarisationskontrast. Stapel aus 60, 80 und 90 Bildern
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_12408161.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_38972574.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_54371668.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/232727_14645893.jpg)
Bedingt duch die Dicke des Schnitts sind die feinen Meristemzellen an den Blattbasen nicht auszumachen, das wilde Gewirr der Leitbündel zeigt jedoch, dass diese besonders gut versorgt werden, zumal von hier aus ja auch die Versorgung des gesamten Blattes erfolgt. Im Längsschnitt zeigen sich auch schön die sklerenchymatischen Idioblasten, die wir bei Welwitschia aus allen Pflanzenteilen kennen.

Ich hoffe, dass ich hier bald bessere Bilder von den Wachstumszonen zeigen kann und dass jemand Zugriff auf weiterführende Literatur zum Aufbau von Spross, Hypocotyl und Wurzel hat und diese hier benennen kann.
Bis dahin vielen Dank fürs lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg

Literatur:

[1] Welwitschia mirabilis - Eine ökophysiologische Betrachtung
    Maik Veste, Cottbus; Werner B. Herppich, Potsdam
    Naturwissenschaftliche Rundschau, 61. Jahrgang, Heft 12, 2008
    S. 621

[2] The anatomy and morphology of the leaves and inflorescences of Welwitschia mirabilis
    M. G. Sykes, Philosophical Transactions of the Royal Society of London,
    Series B 201: Seiten 179-226, 1911
    Seite 211 unten: "Double origin of the bundles supplying the appendages"
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Fahrenheit in April 26, 2018, 16:51:36 NACHMITTAGS
Liebe Pflanzenfreunde,

da ich bisher keine Antworten erhalten habe, fürchte ich, dass meine im Text versteckten Fragen untergegangen sind und daher möchte ich sie hier wiederholen:
- kennt jemand Bilder oder Artikel im Netz, die Spross, Hypocotyl und / oder Wurzel von Welwitchia mirabilis zeigen?
- Vielelicht gar eine mikroskopische Erstbeschreibung der Pflanze?
- Oder weiterführende Literatur zur Welwitschie?

Ich würde mich sehr freuen, auf diesem Weg hinweise zu neuem "Lesefutter" zu bekommen, um vielleicht die eine oder andere Frage zu klären, die die Schnitte aufgeworfen haben.

Allen vielen Dank und herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Fahrenheit in November 03, 2018, 09:03:36 VORMITTAG
Liebe Pflanzenfreunde,

noch einmal möchte ich den Faden zu Welwitschia mirabilis wieder aufnehmen und die noch offen gebliebenen Fragen klären.

Da war zunächst die Suche nach einer Arbeit rund um Wurzel, Hypokotyl und Stamm der Welwitschie, um den interessanten Verlauf und die Form der Leitbündel klären zu können. Prof. Carlquist, der zum Thema veröffentlicht hat, war so freundlich, mich auf das offensichtliche hin zu weisen (da holt einen dann der Laie wieder ein :) ): Die Enxyclopedia of Plant Anatomy. Das ist ein Regalfüller, den man in Uni-Bibliotheken findet. Interessant ist ein kleines Buch aus dem Speziellen Teil (Band 12, Teil 2):

Les Gnétophytes
Encyclopedia of plant Anatomy
P. Martens
Verlag Gebrüder Bornträger, 1971
ISBN 3 443 14005 X

Leider bin ich des Französischen nicht mächtig, aber immerhin, die Bildunterschriften sind auch in Englisch abgedruckt. Der hübsche kleine Band in roter Leinenbindung mit Goldprägung wartete bei BOL für 1,70 Euro auf einen neuen Besitzer, ich hoffe, er fühlt sich bei mir wohl. Neben anderen Gnetales ist Welwitschia darin auf 95 Seiten sehr akribisch beschrieben. Erwähnen möchte ich noch, dass Prof. Carlquist, gemeinsam mit den Professoren W. Zimmermann, P. Ozenda und D. Wulff zu den Herausgebern der Encyclopedia of Plant Anatomie gehört. 

Eine Zeichnung aus dem Band 12 möchte ich hier zeigen:

Bild 45: Fig. 59 aus Les Gnétophytes, P. Martens, 1971 [13] - Leitbündelverlauf in Wurzel, Hypocotyl und Spross von Welwitschia mirabilis
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_65429669.jpg)

Wir sehen Querschnitte durch Wurzel, Hypokotyl und Stamm, die genau das abbilden, was ich auch in meinen beiden Jungpflanzen gefunden habe. Insbesondere die Zeichnungen G und H geben die Lage der Leitbündel im Hypokotyl und Spross meiner Schnitte schön wieder. Rätsel gelöst - es war nie eins.

Zur Kreuzung der Leitbündel unterhalb der Hypokotylgruben mit den Blattansätzen wird man ja auch bei Sykes (siehe im Thread weiter oben) fündig.


Blattansätze in den Hypokotylgruben

In den Bildern 44 hatte ich im April ja einige sehr grobe Schnitte zu den Hypokotylgruben gezeigt. Im Sommer dann war Marion Schemann vom MKB so nett, die verbliebenen Proben für einen Paraffinschnitt auf dem Rotationsmikrotom vorzubereiten und am 01.11. war es so weit: ich durfte unter ihrer Anleitung schneiden, das Strecken und Aufziehen hat sie selbst übernommen. Zuhause angekommen, habe ich die Schnitte dann zu Ende präpariert. Hier kurz das Protokoll:

- Aufgezogene Schnitte im Färbetrog mit Xylol gespült, um das Paraffin zu entfernen
- Stufenweises Anfeuchten durch Spülungen mit Isopropanol, Ethanol 70%, 50%; 30% , Aqua dest.
- Durchführung der Färbung im Trog:
  W3Asim I Lösung 1:30 verdünnt mit Aqua dest. für 60 Minuten
- Spülen mit Aqua dest. im Trog
- Entwässern mit Isopropanol rein im Trog, 2 * wechseln
- Entwässern mit Isopropanol rein (mehrfacher Wechsel, auf dem OT)
- Eindecken mit Euparal

Die Färbedauer von 60 Minuten war hier zu kurz, die Farben sind etwas blass. Die doppelte Zeit oder mehr wäre angebracht gewesen.

Trotz Allem sind die Schnitte gut geworden und machen sogar eine Korrektur im Vergleich zu den alten Bildern nötig.

Bilder 46a,b: Hypokotylgruben in der Übersicht, Bild 46b mit Beschriftung; alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_65370760.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_62955487.jpg)
Wir sehen die beiden Hypokotylgruben, aus denen die zwei Blätter der W. mirabilis entspringen. Darunter, im Bild unten rechts, die wild durcheinander verlaufenden Leitbündel, die sicher stellen, dass jedes Blatt aus beiden Leitbündelsträngen der Wurzel versorgt wird. In der Mitte zwischen den Blättern die Krone oder der Grat: das Gewebe zwischen den Blättern, aus dem die Blütenstände entspringen. Am basalen Ende der beiden Blätter finden wir Bereiche, in denen sehr viele kleine Zellen dicht an dicht liegen, was auch schön an den Zellkernen zu erkennen ist. Dies führt mich zur angekündigten Korrektur: die Meristeme (Mer), die für das stetige Wachstum der Blätter sorgen, liegen meines Erachtens somit nicht wie oben unter den Bildern 44 beschrieben, am Fuß der Blätter, denn dort finden wir einfache Parenchymzellen, die keine erhöhte Teilungstätigkeit zeigen.
Auch wieder mit dabei: die Sklerenchym-Idioblasten mit den aufliegenden Calciumoxalat-Kristallen, die wir uns nachher noch einmal ansehen. 

Schauen wir uns zunächst das basale Ende eines Blattes mit dem Meristem etwas genauer an:

Bilder 47a,d: Basales Blattende mit Meristem und Leitbündel, Bilder 47b&d mit Beschriftung; alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_31038138.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_64604114.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_31523018.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_17375337.jpg)
Das meristematische Gewebe ist schön an den vielen kleinen Zellen zu erkennen. Dort findet das Blattwachstum durch immer währende Teilung statt. Welwitschia kann über 2000 Jahre alt werden und die Blätter wachsen ständig. Die Bilder 47a&b zeigen ein Leitbündel, dass diesen Bereich durchquert, um die Versorgung des Blattes sicher zu stellen. Auch hier muss ein entsprechendes Wachstum stattfinden.

Bilder 48a,b: Leitgewebe unterhalb der Hypokotylgruben, Bild 48b mit Beschriftung; alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_41300193.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_15586314.jpg)
In dem Gewirr ist an einer Stelle eine Zellgruppe zu erkennen, die auf Tracheen hinweisen könnte (Tr?), eine Besonderheit bei Welwitschia mirabilis, da diese eigentlich in dieser Ordnung nicht zu erwarten sind.

Die Krone kann durchaus aus geteilten Lappen bestehen und am Rande des Stammes in den Spalt zwischen beiden Blättern hinein ragen:

Bilder 49a-f: geteilte Krone und Rand, Bilder 49b,d&f mit Beschriftung; alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_35059110.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_28137373.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_12781633.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_54284939.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_11090012.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_52037308.jpg)
In den ersten vier Bildern sehen wir eine geteilte Krone, die sich überlappt. Der Pfeil in Bild 49d weist auf ein Abschlussgewebe, es handelt sich also nicht nur um einen Riss im Schnitt wie im Blatt unterhalb. Die Bilder 49e&f hingegen zeigen eine Situation, wie sie am Rand des Stammes auftreten kann: die Krone ragt in die Lücke zwischen beiden Blättern hinein, die sich darunter fast berühren.
Trotzdem wir hier nicht mehr direkt in die Hypokotylgruben schauen: auch in diesem Abschnitt weisen die Blätter meristematisches Gewebe auf - erkennbar an den kleinen Zellen.

Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf die sklerenchymatischen Idioblasten, die wir auch aus den adulten Blättern kennen.

Bilder 50a,b: Sklerenchymatische Idioblasten im Querschnitt, Bild 50b mit Beschriftung; alle Aufnahmen gestapelt
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_53154844.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/241091_31864982.jpg)
Die Aufnahme ist mit parallelen Polfiltern entstanden, sodass sich die rautenförmigen Calciumoxalat-Kristalle schön abheben.

Vielen Dank fürs Lesen, Anregung und Kritik sind wie immer willkommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Alex H. in November 03, 2018, 11:51:11 VORMITTAG
Hallo Jörg,

wieder mal ein sehr interessanter Bericht, auch wenn es mir als langjährigen Sukkulentensammler spätestens beim Bild mit den Schnittebenen die Zehennägel aufrollt  ;)
Ich habe nämlich selber mal vergeblich versucht die Art aus Samen zu ziehen.

Grüße
Alex
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Fahrenheit in November 04, 2018, 06:31:30 VORMITTAG
Lieber Alex,

danke für Dein Lob!
Ein wenig schlechtes Gewissen hatte ich schon, andererseits sind von den 5 Pflanzen 3 in Darmstadt bzw. Bonn gelandet und eine Welwitschia zuhause zu kultivieren ist zumindest nicht einfach und wegen der notwendigen Heizung und Beleuchtung auch nicht ganz billig. Und das war eine einmalige Gelegenheit, neben dem Blatt auch Wurzel und Spross dieser faszinierenden Pflanze mikroskopisch aufzubereiten.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Botanik: 2000 Jahre u. Blattspliss - Welwitschia mirabilis - alle Pflanzenteile*
Beitrag von: Uschi Pond in April 01, 2019, 20:13:20 NACHMITTAGS
Hallo alle botanisch-interessierte Mikro-Freunde
Vor einiger Zeit wurde dieser super interessante Schnitt durch ein Welwitschia-Blatt von Joerg preaesentiert.  Diese aussergewoehnliche Pflanze kommt ausschliesslich in der Namibwueste Namibia's bis ins suedliche Angola vor.  Ich lebe in Suedafrika und bin die Autorin und der Verlag des Buches "Kronenlose Herrscherin der Namib - Welwitschia mirabilis.  Wer sich dafuer interessiert, kann mich gerne anschreiben: uschipond@telkomsa.net     Ich freue mich auf Eure Nachfrage, Gruss Uschi