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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: TPL in Januar 22, 2016, 12:00:44 NACHMITTAGS

Titel: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in Januar 22, 2016, 12:00:44 NACHMITTAGS
Mbote, liebes Forum,

aus gegebenem Anlass möchte ich (als bisher notorischer BioMed-Laie!) gerne lernen, wie ich mich - gegebenenfalls wöchentlich - auf Malaria und andere Tropenkrankheiten untersuchen kann, ohne dabei allzu tief in die Materie einsteigen zu müssen. Aus meiner knappen Recherche habe ich die Schlagworte im Betreff aufgegriffen und verstanden, dass ich die Blut-Präparate färben muss, um die Erreger und/oder Parasiten erkennen zu können.

Woher bekomme ich die benötigte Giemsa-Lösung und die Einweg-Lanzetten? Welche weiteren Gerätschaften benötige ich? Wäre eine Zentrifuge sinnvoll (ich habe eine mit Handbetrieb)? Wie dauerhaft ist die Färbelösung unter tropischen Bedingungen (Kühlschrank vorhanden)? Wie vermeide ich Risiken durch die Untersuchung selbst? Wo bekomme ich eine möglichst praxisorientierte Anleitung?

Vielen Dank für Eure Hinweise
Tokomonana!
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: beamish in Januar 22, 2016, 13:02:36 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

wenn der Blutstropfen aus der Fingerkuppe entnommen werden soll, würde ich eine Stechhilfe mit Einweglanzetten für Diabetiker empfehlen. Gibt es von vielen Herstellern in der Apotheke.
Zum Rest kann ich nichts beitragen.

Herzlich
Martin
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: l'œil armé in Januar 22, 2016, 14:37:37 NACHMITTAGS
Zitat von: TPL in Januar 22, 2016, 12:00:44 NACHMITTAGS
... gerne lernen, wie ich mich - gegebenenfalls wöchentlich - auf Malaria und andere Tropenkrankheiten untersuchen kann,

Moin Thomas,

Du bist Dir aber schon darüber im Klaren, dass Du auf diese Weise Bilharziose, Hakenwürmer, Fleckfieber, Typhus, Diphtherie, Cholera, Marburgfieber, Ebola und was es da sonst noch Unerfreuliches gibt, nicht gleich im Blutbild wiederfinden kannst, d.h. bloß weil Dir kein Trypanosom aus dem Mikroskop-Okular entgegenlacht bist Du deswegen nicht zwingend gesund.  ;D

Freundlich-hypochondrische ;) Grüße

Wolfgang
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in Januar 22, 2016, 15:34:14 NACHMITTAGS
Hallo Martin und Wolfgang,

danke für die Hinweise.
Keine Sorge: es geht mir nicht darum, die erforderlichen Arztbesuche zu verringern oder gar zu ersetzen, sondern nur, einen eigenen Eindruck davon zu bekommen, was man da mit mikroskopischen Mitteln untersuchen kann. Denn natürlich gehen (mindestens zwei) Mikroskope mit auf die Reise - soll ja nicht langweilig werden ;).

Viele Grüße
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: cabo in Januar 22, 2016, 17:23:49 NACHMITTAGS
Zitat von: Safari in Januar 22, 2016, 17:09:40 NACHMITTAGS
die Sichelzellenanämie

Naja, so richtig ansteckend ist die aber nicht. Außer man denkt über zukünftigen Nachwuchs nach.

Ich kann noch Onchozerkose anbieten, als weiteren Grund zur Panik  ::)

Gruß aus der tropenkrankheitenfreien Schweiz

Christian
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Klaus Herrmann in Januar 22, 2016, 17:46:34 NACHMITTAGS
Gerade in Südafrika kann man auch üble Krankheiten bekommen wenn man gar nicht gestochen wird, sondern wenn man selbst der aktive Teilnehmer ist! ;D
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: l'œil armé in Januar 22, 2016, 18:01:55 NACHMITTAGS
Ach, in Pretoria kann man schon gestochen werden, wenn man nach Einbruch der Dunkelheit mit dem Auto an einer Ampel hält, habe ich mir von ortskundigen Bekannten sagen lassen.
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: limno in Januar 22, 2016, 18:07:11 NACHMITTAGS
Hallo Wolfgang (Safari),
vermutlich bist Du etwas hypochondrisch veranlagt! ;), die Sichelzellenanämie ist keine Infektions-sondern eine Erbkrankheit, die in ihrer heterozygoten Form, sogar die Malaria mildert, da die Plasmodien dann Schwierigkeiten haben sich zu vermehren (Evolutionsvorteil gegenüber "Gesunden"!). Wenn Du nicht gerade direkte afrikanische Vorfahren hast (irgendwo haben wir die wohl alle!) und Du keine Spontanmutationen erleidest, wirst Du gesund bleiben ;D)
Vale!
Heinrich
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: peter-h in Januar 22, 2016, 18:33:34 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

ich kann ein schönes Beispiel beisteuern. Vor vielen Jahren an der UNI bei Dieter Gerlach selbst angefertigt  ;D , Blut war zum Glück nicht von mir.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/186919_9065496.jpg)

Dir alles Gute und viel Glück
Peter

Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in Januar 22, 2016, 18:57:56 NACHMITTAGS
Meine Güte, Eure Sorge um mich ehrt mich aber...

Danke, Peter, für das instruktive Bild. So etwas suche ich noch als Präparat, aber natürlich ebenfalls besser nicht vom eigenen Blut.

Viele Grüße
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: plaenerdd in Januar 22, 2016, 20:40:12 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,
aber Deinen schönen Avatar hat's scheinbar schon erwischt, oder hast Du den selber verändert. Wenn ja, würde mich mal interessieren, was da steht. Außer "allemande" kann ich nichts entziffern.
Beste Grüße
Gerd
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: beamish in Januar 22, 2016, 20:52:31 NACHMITTAGS
Hallo Gerd,

wer "Tokomonana!" googelt, ahnt, daß es in den Kongo geht (rechter Teil des Banners).

Grüße
Martin
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: cabo in Januar 22, 2016, 23:28:01 NACHMITTAGS
Zitat von: TPL in Januar 22, 2016, 12:00:44 NACHMITTAGS
Wo bekomme ich eine möglichst praxisorientierte Anleitung?

Eine gute Quelle hierfür ist die US-Army, genauer das  Armed Forces Pest Management Board (http://www.afpmb.org). Ich habe dort auf die Schnelle ein Handbuch für DIAGNOSING MEDICAL PARASITES (http://www.afpmb.org/sites/default/files/whatsnew/2009/Diagnosing_Medical_Parasites.pdf) gefunden, was aber nur sehr allgemein gehalten ist. Sicherlich findet sich in den Tiefen des AFPMBs auch noch Anleitungen für den im Feld stehenden Soldaten, welcher kein Etappen-Labor unmittelbar zur Verfügung hat. Ich bin aber gerade zu faul zum suchen.

Die Anopheles gambiae ist übrigens, rein ästhetisch gesehen, eine der schönsten Mücken, die mich je gestochen hat.

Grüße aus der Schweiz

Christian

Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Ralf Feller in Januar 22, 2016, 23:36:45 NACHMITTAGS
Lieber Thomas,
von praktischer Bedeutung dürfte für Dich nur der mikroskopische Nachweis
von Malariaplasmodien sein. Zwar lassen sich auch andere Blutparasiten wie
Mikrofilarien von Wucheria bancrofti (Ägypten, Arika, Asien, Indien uvm.) und
Brugia malaya (Indien, Sri lanka, Südostasien uvm.) den Erregern von Haut-
ausschlägen bis hin zur Elephantiasis, Tryphanosomen wie im Bild von Peter und
selbst Borrelia recurrentis (Läuserückfallfieber) im Blutausstrich nachweisen,
es ist aber sehr unwahrscheinlich das Du so etwas bei Dir findest. Mikrofilarien
findet man erst Monate nach einer Infektion. Tryphanosomiasis ist viel seltener
als Malaria und man braucht auch sehr engen Kontakt zu Trägern und Vektoren
(Tsetsefliege) und die Risikogebiete sind geographisch eng begrenzt.

Blutparasiten weist man im normalen Blutausstrich, der nach Pappenheim
gefärbt wird nach (auch die oben genannten seltenen Erreger).
Dazu braucht man:
1.   May-Grünwald (methanolische Lösung für die Hämatologie)
2.   Giemsa-Lösung (1 + 19Teile Phosphatpuffer nach Weise pH6,8)
3.   Phosphatpuffer nach Weise pH6,8

1.   Blutausstrich anfertigen und wenigstens 15min Trochnen lassen
2.   in unverdünnter May-Grünwald-Lsg. fixieren und vorfärben
(5 min einfach darin belassen)
3.   kurz in Weisepuffer abspülen
4.   20 min in der verdünnten Giemsalösung färben
5.   in Weise spülen (Sekunden)
6.   in Wasser spülen (Sekunden)
7.   trocknen und mit der 100x Ölimmersion mikroskopieren

Den Phosphatpuffer kann man auch weglassen und durch Wasser ersetzen, dann
bekommt man aber Farbpräzipitate und je nach Wasser-pH rot (sauer) oder
blau(alkalisch)stichige Resultate.
Die einzelnen Malariaplasmodien (falciparum, vivax, ovale, malariae) kann man
nur im Ausstrich differenzieren.
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18560.0;topicseen

Der dicke Tropfen dient nur der Parasitenanreicheung bei geringer Parasitendichte
im Blut. Dabei wird ein kleiner Blutstropfen auf einen Objektträger gebracht und
etwa auf die Größe eines 1Cent-stückes rund verteilt, 2-3h trocknen lassen und
nur in verdünnter Giemsa färben. Die Fixierung in May-Grünwald unterbleibt,
die Erythrozyten werden hämolysiert und es bleiben die Kerne der Leukozyten
und eben die Malariaplasmodien übrig.

Es gibt übrigens auch fertige Blutfärbe-Kits zu kaufen, die Ergebnisse finde ich
aber nicht so gut.
Es gibt auch nichtmikroskopische Schnelltests auf Malaria, diese sind aber
auch nach meiner eigenen Erfahrung sehr unzuverlässig (falsch negativ).

Du kannst nur mit einem Parasitennachweis rechnen wenn Du Fieber hast, und
dann sollte das Blut entnommen werden. Ob Du dann aber Lust zum Färben und
mikroskopieren hast???
Genau so interessant wie die Parasiten sind in den Tropen aber auch die Vektoren.
Vielleicht findest Du ja Zeit zum Mückenfang. Die Differenzierung unter dem
Stereomikroskop kann sehr interessant sein - ohne Vektor keine Übertragung.

Ich wünsch Dir eine krankheitsfreie Zeit, Blutausstriche kannst Du Dir auch im
örtlichen Krankenhaus holen, wenn es da Krankenhäuser gibt.

LG Ralf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: -JS- in Januar 22, 2016, 23:44:35 NACHMITTAGS
Lieber Thomas,

ich hoffe inständig, dass Du Dich nun nicht anschickst, ein Nachfolger des legendären 'Mr. Kurtz' aus Conrad's 'Herz der Finsternis' zu werden ?  ;D
(Parallelen zu Marlon Brando als Colonel Walter E. Kurtz in 'Apocalypse now' sind da wohl eher rein zufälliger Natur...)

Dennoch: ich wünsche Dir viel Erfolg bei der von Dir geplanten Reise.

Viele Grüße
Joachim


Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Stephan Hiller in Januar 24, 2016, 15:31:04 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

in eingen der Antworten klang es ja schon an. Aber ich möchte es nochmal klar ausdrücken: wenn du in ein Malariagebiet reist ist der beste Schutz eine sinnvolle Prophylaxe und das Wissen um die Biologie des Infektionsweges, woraus sich bestimme Verhaltensregeln ableiten lassen. Wenn du die Plasmodien im (in deinem) Blut nachweisen kannst ist es schon viel zu spät, dann hat die Schizogonie (Vermehrungszyklus) der Parasiten das erste Vermehrungsstadium in der Leber bereits beendet und das für Malaria typische periodisch wiederkeherende Fieber hat begonnen, weil sich die Plasmodien in den roten Blutkörperchen befinden und dort eine synchrone Vermehrung begonnen haben.

Vor 35 Jahren als ich in Malaria gefährdete Gebiete reiste hat man prophylaktisch Resochin genommen (war nicht sehr gut verträglich - ging extrem auf die Augen). Außerdem muss es bereits etliche Zeit vor der Reise in ein Malariagebiet eingenommen werden. Mittlerweile gibt es da vielleicht bessere Präparate. Erkundige dich in einem Tropenmediznischen Institut.

Ansonten gelten die allgemeinen Regeln (bezogen auf Malaria) : Vermeidung des Kontaktes mit den Überträgern (Stechmücken der Gattungen Anopheles und Culex), Schlafen unter dem Moskitonetz (lieber ein Mikroskop weniger mitnehmen), Tragen langer Hosen und langärmeliger Hemden (auch wenn es schwer fällt wegen der Temperaturen), meiden von Gebieten in denen es viele Stechmücken gibt.

Auch bei den anderen schon erwähnten unangenehmen Parasiten kann man durch Kenntnis der Biologie des Übertagungsweges entsprechend wirkungsvolle Verhaltensmaßnahmen ableiten. Auch hier würde ich mich unbedingt in einem tropenmedizinichen Institut vor Reiseantritt beraten lassen.

Pass auf und bleib gesund!

Stephan
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: beamish in Januar 24, 2016, 17:35:25 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

ich habe fast 25 Jahre in Pakistan gearbeitet und es geschafft, zumindest keine Malaria zu bekommen. In den ersten Jahren hatte ich auch Resochin-Prophylaxe betrieben + Moskitonetz. Das habe ich aber nicht vertragen (das Resochin). Dann haben wir eine einigermaßen stabile Stromversorgung hinbekommen und ich habe seitdem ohne Moskitonetz under dem (schnell) laufenden Deckenventilator geschlafen (Bett direkt darunter). Seitdem wurde ich nie wieder gestochen, auch nicht von Indusfliegen, die wegen ihrer Winzigkeit sowieso durch die Maschen des Moskitonetzes kamen (und vollgesaugt nicht wieder raus...).
Repellents wie Autan auf Gesicht, Hände, Unterarme und Füße gerieben, können einen auch unbeschadet durch die Nacht bringen. Ich würde das aber nicht über einen längeren Zeitraum anwenden wollen. Speziell bei Autan habe ich bemerkt, daß Autan an den Händen Kunststoffoberflächen (Kugelschreiber, Kamera etc.) angreift. Für Südasien ist Odomos ein bekanntes wirksames Produkt. Aber ob das auch in Afrika funktioniert weiß ich nicht. Sicher hast du Kollegen, die da schon ihre Erfahrungen gemacht haben. Auf jeden Fall wirst du doch sicher vor der Reise ein Tropeninstitut konsultieren, schon wegen der nötigen Impfungen.
Sorge vor allem dafür, daß du sauberes Trinkwasser hast! Micropur reicht nicht. Ich habe mir erst keine Lamblien mehr eingefangen, nachdem ich unser Wasser durch einen Katadyn-Filter gepumpt habe.

Herzlich
Martin
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in Januar 26, 2016, 13:48:22 NACHMITTAGS
Hallo, Ihr vielen Besorgten und Ratgeber!

Danke für die vielfältigen, und teilweise sehr hilfreichen Hinweise. Mein künftiger Arbeitsplatz liegt in einem ruhigen Viertel der Hauptstadt-Metropole mit Blick auf einen großen Fluss (nein, es ist nicht Bonn ;)). Medikamentöse Prophylaxe und das Einbläuen geeigneter Verhaltensregeln werde ich in den kommenden Wochen noch über mich ergehen lassen. Insofern besteht kein Anlass zu übermäßiger Sorge. Gesteine und Erze des Landes werde ich sicher auch zu sehen bekommen, aber im Alltag werde ich überwiegend mit Holzfaser-Produkten (vulgo: Papier) arbeiten.

Viele Grüße
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in August 12, 2020, 11:14:09 VORMITTAG
Zitat von: Ralf Feller in Januar 22, 2016, 23:36:45 NACHMITTAGS
Hallo Ralf,
du hast die Pappenheimfärbung sehr detailiert beschrieben, ich hätte dazu ein paar Fragen zum Färberezept.

Das Fixieren mit Methanol ist nicht mehr nötig, wenn die May-Grünwaldfärbung bereits Methanol enthält.
Welchen Einfluß hat Methanol auf die Färbung? Der Romeis stellt das Präparat 10 min in Methanol

In vielen Rezepten wird die May-Grünwaldfärbung nur dekantiert, also man läßt es ablaufen und dann kommt die Giemsalösung drauf.
Was für einen Grund gibt es dafür. Du spülst in Weise-Puffer ph 6,8

Du verdünnst Giemsa stark mit dem Weise-Puffer, damit werden die Färbezeiten sehr lang. Welchen Effekt hat das auf die Färbung?

Das Spülen in Weise Puffer am Ende ist sehr kurz, nach deinem Rezept
Romeis spült gründlich.
In Hallman stand noch etwas von scharfen Abspülen, vermutlich weil die Färbemittel nicht gut filtieriert waren?
Bender spricht von 3 Schritten. (5.) 10s eintauchen in Puffer. (6.) 4min in Puffer Differenzierung. (7.) 3min in Puffer.
Er geht von einer Überfärbung aus, die danach differenziert werden soll.
Hast du dafür eine Erklärung dafür, ist vermutlich heute nicht mehr nötig?

Liebe Grüße
Rudolf


1.   May-Grünwald (methanolische Lösung für die Hämatologie)
2.   Giemsa-Lösung (1 + 19Teile Phosphatpuffer nach Weise pH6,8)
3.   Phosphatpuffer nach Weise pH6,8

1.   Blutausstrich anfertigen und wenigstens 15min Trocknen lassen
2.   in unverdünnter May-Grünwald-Lsg. fixieren und vorfärben
(5 min einfach darin belassen)
3.   kurz in Weisepuffer abspülen
4.   20 min in der verdünnten Giemsalösung färben
5.   in Weise spülen (Sekunden)
6.   in Wasser spülen (Sekunden)
7.   trocknen und mit der 100x Ölimmersion mikroskopieren


Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: JB in August 12, 2020, 12:17:39 NACHMITTAGS
Hallo Thomas,

Hier ist eine Anleitung fuer den Blutaussstrich. Wir benutzen die Variante mit einem Haarfoehn zum Trocknen: https://www.wwarn.org/sites/default/files/attachments/procedures/microscopy_eng.pdf Meiner Ansicht nach ist das Filtrieren der Giemsa-Loesung unverzichtbar.

Beste Gruesse,

Jon
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: ammererlutz in August 12, 2020, 19:09:53 NACHMITTAGS
also ganz ehrlich Thomas, vergiß das mit dickem Tropfen als Selbstdiagnose und so.
Wenn du Malaria Symptome -also zu Beginn Fieber plus Aufenthalt in Risikogebiet vor ca 2 Wochen - hast, hat das keinen Sinn, dann geh in ein privates (!!) Spital und lass die Tests machen, das sind in Afrika zuerst immer Schnelltests. Und wenn du keine Symptome hast, wirst du im Blut wohl kaum etwas sehen außer Giemsa Farbbrösel oder Thrombozyten, die du dann in Panik für Plasmodien hältst.
Im Bild siehst du, wie so ein dicker Tropfen aussieht, willst du da allen ernstes eine lebenswichtige Diagnose daraus ableiten ??
Die mikroskopische Diagnostik der Malaria ist sehr störanfällig ( Farb-Ausfällungen der Giemsa Lösung, mangelhaft hämolysierte Erys etc) und bedarf sehr großer Erfahrung, die auch in Afrika immer seltener ist.
( Die Anleitung schrieb Ralf ja schon, wir färbten unten aber nicht nach Pappenheim sondern nur Giemsa, fixiert wird dann der Ausstrich ( nicht natürlich der dicke Tropfen) mit reinem Methanol statt mit May Grünwald, wenn du allerdings May Grünwald mit hast, kannst du damit auch gute Resultate ohne Giemsa erzielen ( s. Protokoll für May Grünwald), dicker Tropfen geht natürlich nur mit der verdünnten Giemsa Lösung) 
erstes Bild je dicker Tropfen und Ausstrich pro OT, zweites Bild dicker Tropfen im Mikroskop, Präparate aus afrikanischem Spital.
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 12, 2020, 20:04:04 NACHMITTAGS
Hallo,

Thomas hat Gott sei Dank die letzten drei Jahre überlebt. Ob er sich noch an seine Anfrage vom Jänner 2016 erinnert?
Immer wieder belebt jemand so alte Sachen.

Herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Ralf Feller in August 12, 2020, 20:06:58 NACHMITTAGS
Hallo Rudolf,
Die Pappenheimfärbung neigt nicht zum überfärben, auch eine Färbezeit in Giemsa von 15 oder 30 min funktioniert, abspülen mit Puffer oder Wasser Sekunden bis Minuten, das sieht man.
Giemsalösung neigt zu Präzipitaten, daher immer filtrieren wenn sie verdünnt worden ist. Der pH-Wert beeinflusst den Farbton, pH 6,8 mehr blau, pH 7,2 mehr rot, das ist Geschmacksache.
Eine Küvettenfärbung wird meist homogener, als wenn man auf dem OT verdünnt, Präzipitate schwimmen besser ab.

Eine Vorfixierung in reinem Methanol mache ich nur wenn der Ausstrich ungefärbt schon Tage oder Monate gelegen hat um Dreck und Fett aus der Luft zu entfernen.

Malaria-Schnelltests können unzuverlässig sein, auch wenn sie, was in den Tropen nicht immer möglich ist, vorschriftsmäßig gelagert sind. Ich hatte selbst Fälle mit Parasitämie im Prozentbereich, wo der Test nicht angezeigt hat. Ich kenne kein Labor in Deutschland, das auf die Mikroskopie verzichtet, dazu muss selbst in der Nacht Jemand ins Labor kommen und mikroskopieren.

Der Ausstrich sollte zuerst mit dem 10x Objektiv auch im dicken Bereich mikroskopiert werden, wenn ohne Deckglas, dann einfach viel Öl draufsauen um Filarien zu erkennen. Dann Beurteilung mit den 63x Öl oder 100x Öl Objektiv.

LG Ralf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Jürgen Boschert in August 12, 2020, 20:20:59 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,

nur so am Rande: Habt Ihr eigentlich bemerkt, dass der letzte Post von TPL in diesem Faden aus dem Jahr 2016 war ?  ;D
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: ammererlutz in August 12, 2020, 20:21:47 NACHMITTAGS
Zitat von: Herbert Dietrich in August 12, 2020, 20:04:04 NACHMITTAGS
Hallo,

Thomas hat Gott sei Dank die letzten drei Jahre überlebt. Ob er sich noch an seine Anfrage vom Jänner 2016 erinnert?
Immer wieder belebt jemand so alte Sachen.

Herzliche Grüße

Herbert

:-) :-) :-)  das kommt davon, wenn man das Datum des ersten posts übersieht....

Thomas ist inzwischen sicher Profi beim dicken Tropfen  ;D
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Ralf Feller in August 12, 2020, 21:50:45 NACHMITTAGS
Methoden und Wissen sind doch zeitlos.

LG Ralf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in August 15, 2020, 00:44:30 VORMITTAG
Änderung:
Evtl. Alternative zum "Dicken Tropfen". Diese Aufnahme ist aus einem dünnen Ausstrich entstanden, wie Ralf ganz richtig bemerkt hat.
Die roten Blutkörperchen sind noch zu sehen, weil sie nicht durch Wasserzugabe oder Wasser in der Giemsalösung geplatzt/lysiert sind.
Am Anfang vom dünnen Ausstrich/thin smear liegen die Erythrozyten noch gestapelt vor, wenn der Ausstrich ausläuft, dann einzeln.

Die Überlegung war, ob man nicht die dicht gelegenen Schichten nutzen kann, um schneller ein positives oder negatives Ergebnis festzustellen.

Die roten Blutkörperchen liegen aufeinander. Man mustert mit dem Feintrieb die Schärfeebenen durch.
Durch diese Methode können pro Gesichtsfeld mehr Parasiten als im dünnen Blutausstrich gefunden werden. Hier sieht man die Kopfhörer- bzw. Siegel- oder auch Ringstruktur von Plasmodium falciparum dem Erreger der Malaria tropica.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281430_32001227.jpg)

Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Ralf Feller in August 15, 2020, 12:33:03 NACHMITTAGS
Hallo Rudolf,

das ist kein Dicker Tropfen, die Erys müssen lysiert, also nicht mehr sichtbar sein.

Dazu: Bluttropfen auf dem Objektträger so lange kreisend mit einem Stäbchen rühren bis er fast trocken ist,

dann: Färbung mit Giemsa beginnen, keine Maygrünewald / Fixierung.

Der Dicke Tropfen eignet sich weniger für die Art-Bestimmung der Malaria.

LG Ralf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in August 15, 2020, 16:16:02 NACHMITTAGS
Zitat von: Herbert Dietrich in August 12, 2020, 20:04:04 NACHMITTAGS(...) Thomas hat Gott sei Dank die letzten drei Jahre überlebt. Ob er sich noch an seine Anfrage vom Jänner 2016 erinnert?
Immer wieder belebt jemand so alte Sachen. (...)
Lieber Herbert, – alle,

vielen Dank zunächst, insbesondere auch denjenigen, die berechtigterweise auf die Gefahren laienhafter Selbstdiagnosen hinweisen. Das allein ist schon ein guter Grund, diesen Faden wiederzubeleben!

Ich hatte das allerdings auch nie vor, sondern nur ein naives Interesse daran, gegebenenfalls aus einer ärztlichen Diagnose wenigstens eine unterhaltsame mikroskopische Beschäftigung zu entwickeln. Diesen Gedanken habe ich aber vor Ort (DR Kongo) rasch aufgegeben.

ZitatThomas ist inzwischen sicher Profi beim dicken Tropfen  ;D
Lutz, ich habe das Emoji bemerkt. Und um ehrlich zu sein: ich habe nicht ein einziges Dicker-Tropfen-Präparat gemacht.

Ohne es dramatisieren zu wollen: die schiere Zahl möglicher Infektionen oder Vergiftungen durch offene Wunden – und seien sie auch noch so klein – war mir einfach zu riskant, um mir selber eine zuzufügen. Eine ansonsten lächerliche Verletzung bei Gartenarbeiten heilte über Monate nicht, das Neugeborene einer Mitarbeiterin starb an Tetanus, Menschen mit Konjunktivitis, Polio und anderen Krankheiten stehen bettelnd an den Straßenkreuzungen. Das ist nicht der richtige Ort für närrische kleine Experimente.

Ein Kollege hat, kurz vor meiner Ankunft, seine Malaria-Symptome entweder fehlgedeutet oder ignoriert und musste unter Lebensgefahr ausgeflogen werden. Medikamentöse Prophylaxe gleich welcher Art (bitte gerne korrigieren, wenn ich falsch liege oder die Situation sich verbessert hat) ist allein kein ausreichender Schutz, erfordert eine nicht immer alltagstaugliche Disziplin und hat gelegentlich erhebliche Nebenwirkungen, besonders bei langfristiger Einnahme. Selbst die von mir genutzte Atovaquon/Proguanil-Kombination hat fiese Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. Die (ungeschriebene) Empfehlung hieß daher: Passiver Schutz vor Stichen, Prophylaxe nur in den ersten paar Wochen, dafür sofortige Konsultation, selbst bei den leichtesten Symptomen.

Herzliche Grüße
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in August 18, 2020, 12:56:07 NACHMITTAGS
Beim dicken Tropfen scheint zumindest beim Plasmodium falciparum das Aussehen verloren zu gehen, um den Erreger sicher bestimmen zu können.
In dem Dokument der WHO findet man unter anderem Bilder für die Bestimmung der Malariaarten. Alles rein akademisch und nicht zur Selbstdiagonse empfohlen.
WHO - basic malaria microscopy learners guide.pdf (https://www.who.int/malaria/publications/atoz/9241547820/en/)
Ich kann nicht unterscheiden, ob es Färbeartefakte oder Ringstadien sind. Diese deutlichen Ringe wie in der Dokumentation beim thick film, kann ich nicht erkennen.
Es wäre auch interessant wie Schulungen in der dritten Welt ablaufen. So richtig viele Infos und Bilder habe ich nicht gefunden. Es müßte dazu eigentlich ganze Bildbibliotheken geben.
Das Beste was ich gefunden habe:
Malaria, verschiedene Plasmodien im "Dicken Tropfen" - Bildserie (https://www.hemato-images.eu/content/e5389/e5624/e3933/e7088/index_ger.html)
Vielleicht hat ja sonst noch jemand aus seiner "Praxis" bessere Aufnahmen oder Erfahrungen.
Dicker Tropfen/thick Smear/thick film

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281430_19575591.jpg)

So sieht ein dünner Blutaustrich aus
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281430_41962596.jpg)

Detailaufnahme mit Siegelstadium.(Siehe Pfeil)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281616_32001227.jpg)

Bestimmungshilfe Plasmodium falciparum
Oben ist das erste Stadium zu sehen(Ringstadium), nachdem der Erreger in ein rotes Blutkörperchen eingedrungen ist. Wenn das RBK platzt, befallen sie wieder aufs Neue andere RBKs. Die nachfolgenden Stadien sind beim Plasmodium falciparum im Blut nicht sichtbar, weil sich die infizierten Erythrozyten an die Gefäßwände haften und diese blockieren.
Ein Teil davon wandelt sich in Gametozyten, in die geschlechtliche Form, um. Diese zirkulieren im Blut und sind für die Mücke ansteckend. Siehe unten.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281430_43527150.jpg)



Der Kreislauf der Malaria beginnt beim Menschen. Und wie bei Corona laufen bei der Malaria Menschen umher, die krank sind, aber keine oder wenig Symptome haben, obwohl sie an der Malaria erkrankt sind.
Diese stecken wiederum die Mücken an. Und im schlimmsten Fall stechen diese Mücken dann Kinder, Schwangere oder Europäer, die keinen ausreichenden Immunschutz haben. 220 Millionen Kranke und 450.000 Tote jedes Jahr.

Es gilt also diese infizierten, symptomatisch unauffälligen Menschen zu finden und zu behandeln. IMHO.

Liebe Grüße
Rudolf





Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in August 19, 2020, 20:47:01 NACHMITTAGS
Hallo,

hier der Versuch, die Suche im Ausstrich mit Hilfe einer Bildbearbeitung zu beschleunigen.
Das funktioniert zumindest dann, wenn keine RBK übereinander geschichtet sind.
Dabei wurde in Photoshop Elements eine Tonwertkorrektur durchgeführt. Pipette Weiß auf die gelben Zwischenräume. Entweder in Schwarz Weiß umwandeln oder die Farbkanäle anpassen, jeweils mit höchstem Kontrast. Dann die Ebene kopieren und den Ebeneneffekt von Normal auf Farbig abwedeln stellen. Man braucht nur die dunklen Bereiche kontrollieren, indem man den Effekt"Farbig abwedeln" ausschaltet = Ebene ausblenden/einblenden.
Das GIF zeigt beide Bildeinstellungen hintereinander. (Leider tauscht die Software vom Forum nach einer Stunde das gif in ein jpeg um)   ???

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281714_32001227.jpg)

Wäre schön, wenn das beim dicken Tropfen auch funktionieren würde und es ein Bild vor und nach dem Hämolysieren gäbe. Mit einer Software könnte man alle auffälligen Stellen in Quadrate nebeneinander anordnen und den Objektträger auf einmal auswerten. Das wäre eine Idee für eine Startup-Handy-App.
Handy vor das Okular, Stichmodus an, Kontrastverarbeitung. WeißeBlutKörperchen und die Schattierungen der RBKs werden durch eine KI natürlich ausgeblendet. Die gefunden Stellen könnnen natürlich angefahren werden.  8)
In der heutigen Zeit sollte eine x,y und z-Achsen Steuerung, z.B.: als Modul, doch nicht mehr die Welt kosten und in jedem neuen Mikroskop vorhanden oder nachrüstbar sein, wo doch viele ihre CNC-Maschine oder 3D-Drucker selber bauen.


Einstellungen in Photoshop Elements:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281714_42119052.jpg)


Nachweis von Plasmodium falciparum Gametozyten-RNA in Malaria-Patienten-Probenmittels QT-NASBA.pdf (https://edoc.ub.uni-muenchen.de/21856/7/Kast_Katharina.pdf)

"Bisherige Studien über die Anzahl asymptomatischer Gametozytenträger in endemischen Malariagebieten mit verschieden hohen Transmissionsraten ergaben mittels molekularer Detektionsverfahren Prävalenzen zwischen 15 und 70 %..."
--> die asymptomatischen Gametozytenträger = das sind die Kranken, die sich gesund, oder einigermaßen gesund fühlen also teilimmun sind und diese müssen gefunden und behandelt werden

"Alle weiteren Malaria Medikamente haben unzureichende Wirkung auf reife Gametozyten, weshalb diese noch einige Wochen nach Malaria-Behandlung im Blut nachgewiesen werden können"
--> D.h.: man müßte, obwohl geheilt, noch für Wochen in Quarantäne oder unter dem Moskitonetz bleiben. Man bleibt, solange Gametozyten im Blut sind, ansteckend für die Mücken
--> Es fehlt ein Gametozytenmedikament


Ob KI oder Bildverarbeitung,
das eigentliche Ziel ist, die Gametozytenträger zu finden. D.h.: die Leute, die krank sind, ohne es zu merken. Das setzt ein funktionierendes Gesundheitssystem und halbjährliche Kontrollen voraus.


Liebe Grüße
Rudolf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in August 21, 2020, 09:55:07 VORMITTAG
Hallo zusammen,

ohne Gametozyten keine Malaria bzw. keine Mücke, die die Malaria übertragen könnte.
Nur die sichelförmigen Gametozyten können sich im Darm der Mücke nach der Blutmahlzeit weiterentwicklen.
Diese sind so groß, dass sie nicht mehr ganz in das RBK = rote BlutKörperchen/Erythrozyten reinpassen - man sieht noch die Hülle vom RBK.
Erst wenn sich die Mücke vom Menschen angesteckt hat, kann sie andere Menschen als Vektor infizieren.


Zeiss Planapo 100x - dünner Blutausstrich, Malaria tropica
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281820_56200037.jpg)

Lebenszyklus der Malaria, Gametozyten  gelangen in den Darm der Mücke, daraus werden Ei und Samen. Die befruchtete Eizelle ist eine Zygote. Die Zygote wandelt sich in eine bewegliche um, den Ookinet. Dieser arbeitet sich durch den Darm und bildet eine Blase, die Oozyste. Dort wachsen die Sporozoiten heran. Diese bewegen sich durch die Mücke bis zu den Speicheldrüsen und dringen in diese ein. Erst dann kann die Mücke die Malaria übertragen. Das passiert indem Sporozoiten aus den Speichelzellen nach dem Stich die Leber befallen. Es bilden sich Merozoiten in den Leberzellen, die die Blutkörperchen befallen. Ist erst einmal ein Blutkörperchen befallen, läuft der Kreislauf nur noch über die Blutkörperchen, da sich auch hier Merozoiten bilden. Ab und zu bilden sich Gametozyten, die dann wieder die Mücke beim nächsten Stich infizieren können.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281820_36038289.jpg)

Plasmodium falciparum ist der Erreger der Krankheit Malaria tropica.
falciparum = Sichelform, Plasmodium = mehrkernig(siehe auch Schleimpilze, Kremer S.133), in der Zelle reifen mehrere Kerne heran, die sich erst später in einzelne Zellen abtrennen. Diese befallen dann wieder andere Blutzellen.


Animierter Film zeigt den Lebenszyklus der Malaria
Malaria Lifecycle (https://www.youtube.com/watch?v=rIiegij3DQs)

Das ist der Grund, warum ein gutes Moskitonetz nicht reicht. Man darf das Netz nicht mit der bloßen Haut berühren.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/281820_55909147.jpg) (https://www.youtube.com/watch?v=WWj5U_flQhQ)
Mosquito trying to bite through net - youtubelink

guter Artikel zur Malaria im Forum (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=18560.0)
oder nach Out of Afrika suchen

Liebe Grüße
Rudolf

Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: PiusX in August 29, 2020, 23:24:09 NACHMITTAGS
Lieber TPL,

danke für Deinen Einblick in die Situation vor Ort in der Demokratischen Republik Kongo bezüglich des Risikos, sich eine schwere Erkrankung zu holen.

ZitatEine ansonsten lächerliche Verletzung bei Gartenarbeiten heilte über Monate nicht, das Neugeborene einer Mitarbeiterin starb an Tetanus, Menschen mit Konjunktivitis, Polio und anderen Krankheiten stehen bettelnd an den Straßenkreuzungen.
Kannst Du vielleicht etwas näher auf Deine lächerliche Verletzung eingehen? Möglicherweise ein stärkerer, ganz leicht und nur oberflächlich blutender Kratzer, wie man den sich ganz schnell z.B. beim Schneiden von Rosen einfangen kann?
Darf ich Dich auch noch fragen, in welchem Lebensjahrzehnt Du Dich befindest?
Meine Fragen zielen darauf ab, mein Bild vom hohen Risiko des Einfangens einer schweren Erkrankung in tropischen Gegenden Afrikas zu komplettieren.

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?


Netten Gruß

PiusX
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Ralf Feller in August 30, 2020, 21:15:00 NACHMITTAGS
Liebe Kollegen,

ich bin zwar nicht gefragt, aber

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?

Mikroskopische Blutuntersuchungen sind auch in Industrieländern unverzichtbar,
denn die Automaten können nur normale Blutbilder erstellen.
Jede Abweichung in Richtung Leukämie oder Lymphom müssen manuell bearbeitet werden.
Der Automat sagt dann nur "Kann ich nicht"

LG Ralf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: TPL in September 02, 2020, 20:57:38 NACHMITTAGS
Lieber Pius,

ich habe in meinem Garten einen extrem schnell wachsenden Schoss (ca. 5 kg schwer) einer mir unbekannten Pflanze abgesägt. Der Schoss fiel auf meinen (unzureichend geschützten) Fuß und durchdrang den dünnen Schuh teilweise. Die Wunde war sehr klein, heilte aber trotz sofortigem Auswaschen und Desinfektion mehr als 2 Monate lang nicht richtig, sondern begann immer wieder zu eitern. Ich war damit nach der ersten Woche beim Arzt, der aber auch nichts anderes tat, als das was ich bereits unternommen hatte (reinigen, desinfizieren, verbinden). Ich war zu diesem Zeitpunkt 54 Jahre alt.

Leider gibt es in diesem Land fast nichts, was nicht krank macht oder anderweitig gefährlich ist. So ist es z.B. keine gute Idee, Wäsche zum Trocknen an der "frischen" Luft aufzuhängen. Denn wird sie danach nicht erneut durch Bügeln wärmebehandelt, kann man sich die Larven der Mangofliege (https://de.wikipedia.org/wiki/Tumbufliege) zuziehen, die sich gerne in unserer Haut breitmachen. Die eigentlich schlimmste Bedrohung kommt aber nicht von außen, sondern lauert im eigenen Kopf: es ist weiterhin das Herz der Finsternis (https://de.wikipedia.org/wiki/Herz_der_Finsternis). Ich war froh, dass ich vor der Zeit abberufen wurde!

Schöne Grüße,
Thomas
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: ammererlutz in September 05, 2020, 12:12:09 NACHMITTAGS
Zitat von: Ralf Feller in August 30, 2020, 21:15:00 NACHMITTAGS
Liebe Kollegen,

ich bin zwar nicht gefragt, aber

Eine letzte Frage noch: Sind eigentlich Blutuntersuchungen mit dem Mikroskop in den afrikanischen Ländern noch üblich, anders als in den Industrieländern?

Mikroskopische Blutuntersuchungen sind auch in Industrieländern unverzichtbar,
denn die Automaten können nur normale Blutbilder erstellen.
Jede Abweichung in Richtung Leukämie oder Lymphom müssen manuell bearbeitet werden.
Der Automat sagt dann nur "Kann ich nicht"

LG Ralf

Hallo Ralf,
Ja, wird eigentlich routinemäßig in größeren und mittleren Spitälern gemacht (in 5 von 6 besuchten hatten sie Mikroskope ( mit US Aid finanziert), ABER die Expertise fehlt immer mehr . Während es auch für Ungeübte einfach ist , Tryps im dicken Tropfen zu identifizieren, überfordert Malaria Diagnostik sehr viele Laboranten und Mediziner in Afrika.
Afrika bildet fast nur Grundversorger aus, fast alle Spezialisten in HNO, Gyn, Pädiatrie, Chirurgie sind Gast Mediziner aus USA oder seltener Europa. Erfahrene Labormediziner zieht es viel seltener nach Afrika als Chirurgen oder Augenärzte und so schwindet leider das Fachwissen vor Ort.
Lg lutz
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: rlu in September 11, 2020, 09:22:39 VORMITTAG
Zitatüberfordert Malaria Diagnostik sehr viele Laboranten und Mediziner in Afrika

@All,

es müssten eigentlich stundenlange Vorträge, Bilderreihen, Anleitungen, Tests, Onlinetests , Mikrobilder und Mikroskop Videos im Netz zu finden sein, dazu in allen Sprachen. Noch dazu so einfach, dass man angelernte Kräfte einsetzen kann. Aber es ist fast nichts da.

Selbst im Buch: Tropenmedizin in Klinik und Praxis, Löscher, Burchard findet man zum dicken Tropfen wenig und keine Bilder vom dicken Tropfen, Seite 582.
ZitatDa der dicke Tropfen nicht fixiert wird, ist die Form der Parasiten nicht so gut erhalten, und die Morphologie der befallenen Erythrozyten kann nicht beurteilt werden! Daher setzt diese Methode entsprechende Erfahrung voraus.
Praxistipp:
Der Dicke Tropfen sollte zur sicheren Spezies-Differenzierung immer mit einem Ausstrich angewandt werden.
Das warum es nicht so ist, scheint mir fast noch interessanter zu sein, als die Malaria selbst.

Dieser Auszug aus einer PowerPoint Präsentation zeigt, wie lange die Malaria unbehandelt ansteckend bleibt("Dauer einer unbehandelten Infektion"). Ich habe keine weitere stützende Literatur dazu finden können. Die Mücke steckt sich von Kranken und Kranken symptomlosen an. Die Übertragung findet von Mensch zu Mensch höchstens bei einer Bluttransfusion statt. Solange man sich darauf konzentriert nur die akuten Fälle im Krankenhaus zu behandeln, wird man sie nicht los.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/282966_32001227.jpg)

Liebe Grüße
Rudolf
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: ammererlutz in September 11, 2020, 09:45:22 VORMITTAG
mein Eindruck in afrikanischen Spitälern war, dass man sich dort immer mehr auf die Schnelltests verläßt, deren Fehlerquellen aber unterschätzt.
Meist sitzt bei der Anmeldung die nurse mit Schnelltests auf Malaria, HIV, Hepatitis B, Schlafkrankheit etc, bei jedem Fiebernden wird das Test-Kit durchgemacht bevor er untersucht wird. Dadurch wird das Labor "entlastet". Später wird dann zwar bei Verdacht noch dicker Tropfen und Ausstrich gemacht, aber es hapert eben an der Auswertung.

Ein anderes Problem der Expertise betrifft z.B CT  oder MRT Geräte, die werden von Entwicklungshilfe Organisationen oder Herstellern gratis geliefert ( absurderweise werden solche Lieferungen von der überbordenden und korrupten Bürokratie vieler afrikanischer Länder oft blockiert) , aber es gibt keine geschulten Radiologen, die die Bilder interpretieren können, und die Geräte stehen nutzlos herum oder -noch schlimmer- die Bilder werden falsch interpretiert.
Titel: Re: Dicker Tropfen, Giemsa-Färbung, Fixierung, Dauerpräparate
Beitrag von: Peter V. in September 11, 2020, 10:06:24 VORMITTAG
Hallo Lutz,

kennst Du eigentlich Globolab (https://www.globolab.de/) und ihren Gründer und Vorsitzenden Nils, der auch hier im Forum als "Hagen v.T." vertreten ist? Ich unterstütze sie durch eine (für jeden bezahlbare) Mitgliedschaft und gelegentliche bedarfsorientierte mikroskopische Sachspenden aus meinem Sammlerfundus. Sie verfolgen nämlich genau den entgegengesetzten Ansatz - die Implementierung guter Diagnostik in Afrika durch an die dortigen Kenntnisse und die Möglichkeiten angepasste "Low Tech" sowie Schulungen.

https://www.youtube.com/watch?v=IcdyZxMb5Ig (https://www.youtube.com/watch?v=IcdyZxMb5Ig)

Das ist jedenfalls sinvoller als die "Entsorgung" alter CTs etc. in Afrika.

Herzliche Grüße
Peter