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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: Schrodt in August 25, 2016, 14:08:12 NACHMITTAGS

Titel: Botanik: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut ! *
Beitrag von: Schrodt in August 25, 2016, 14:08:12 NACHMITTAGS
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_58245491.jpg)

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(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_65946764.jpg)

Bilder 1 - 3 :  Drüsiges Springkraut wuchert am Hemer Bach

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/200672_23164418.jpg)

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(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/200672_65960327.jpg)

Bild 4 :  Blütenregion mit Kapselfrüchten und 3-zähligem Blattquirl

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/200672_15424741.jpg)

Bild 5 Keulenförmige Kapselfrüchte, 18 - 24 mm lang

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/200672_23024714.jpg)

Bild 6 :  Aufgesprungene Kapselfrüchte

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures005/200672_29479177.jpg)

Bild 7 :  Aufgesprungene Kapselfrucht

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_19462793.jpg)

Bild 8 :  Samen, ≈ 4 mm lang, ≈ 3 mm breit, ≈ 1,2 - 2 mm dick

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_59777028.jpg)

Bilder 9 - 16 :  MBS 10  •  Samen

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_34939079.jpg)

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Bilder 17 - 20 : ICR  •  Samenoberfläche

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures009/200672_2356940.jpg)

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Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: JoHa in August 25, 2016, 15:54:43 NACHMITTAGS
Ahhh! Jetzt weiß ich endlich was für eine Pflanze ich vor 2 Monaten im Moor im Ammergauer Land gesehen habe. Damals noch ohne charakteristische Frucht. Vielen Dank für die Vorstellung des Neophyten!

Die mikroskopische Betrachtung der Samen ist natürlich ebenso interessant ;-)

Viele Grüße
Johannes
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: KlausB in August 25, 2016, 16:49:20 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

sehr schöne Dokumentation.

Ich hatte vor kurzem mal vor ein paar der Saman in meinem Garten auszustreuen,
denn die Blüten sind wunderschön.
Das lass ich jetzt besser sein.

Viele Grüße

Klaus
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 25, 2016, 17:20:06 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

eine schöne Dokumentation einer schönen Pflanze.
Mir ist sie lieber als der ewige Mais und sie ist eine Freude für unsere Hummeln.
Nach meinen Beobachtungen wächst sie überwiegend an gut gedüngten Standorten, ob sie da noch viel
von unseren Wildkräutern verdrängt?

Hallo Klaus,

ich hätte keine Sorge, die Pflanze in meinem Garten zu haben (ich hatte sie mal vor über 60 Jahren)
wenn man sie loshaben will, braucht man sie nur im Frühsommer vor der Samenbildung entfernen. Nach zwei, drei Jahren
sind die restlichen Samen gekeimt und das Springkraut ist verschwunden, oder beim Nachbarn!

Herzliche Grüße
Herbert
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: rekuwi in August 25, 2016, 18:04:18 NACHMITTAGS
Liebe Springkrautfreunde,

ja, es sieht schön aus und die Hummeln freuen sich. Aber es verdrängt unser heimisches kleines und großes Springkraut und ist in manchen Bachtälern so dominant, daß nicht anderes mehr wächst. Bitte nicht für eine weitere Verbreitung sorgen!

Herzliche Grüße
Regi
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Schrodt in August 25, 2016, 19:07:42 NACHMITTAGS
Hallo Johannes, Klaus, Herbert und Regi,

ich freue mich über das große Interesse an dem Beitrag und bedanke mich dafür.
Nachstehend noch einige Informationen und 3 Bilder mit ICR von der Samenoberfläche.

Das Drüsige Springkraut bevorzugt eher nasse und nährstoffreiche Böden. Es ist empfindlich gegen Frost und Dürre.
Die Samen haben eine hohe Keimrate von ca. 80 %, unter günstigen Umständen bleiben sie bis ca. 6 Jahren keimfähig.

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200688_38515819.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200688_35644718.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200688_52147316.jpg)

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 25, 2016, 19:14:40 NACHMITTAGS
Liebe Regi, liebe Springkrautfreunde und -Feinde,

zum kleinen Springkraut:
Um 1835 ist die Pflanze aus Botanischen Gärten (Dresden, Berlin, Genf) verwildert.[3] Sie ist einer der wenigen Neophyten in Mitteleuropa, der sich auch in naturnahen Wäldern stark ausbreiten konnte. Dazu hat einerseits die Ausbreitung der Samen durch einen Schleudermechanismus beigetragen, aber wohl auch der Transport der Samen in den Reifenprofilen von Waldfahrzeugen.

zum Großen Springkraut:
Das Große Springkraut (Impatiens noli-tangere), auch Echtes Springkraut, Rühr-mich-nicht-an, Wald-Springkraut oder Altweiberzorn, ist der einzige Vertreter der Gattung Springkräuter (Impatiens), der ursprünglich in Mitteleuropa vorkommt, also kein Neophyt ist wie die anderen hier mittlerweile heimischen Arten. Die Bezeichnung noli-tangere ist verkürzt aus vorlinnéischem noli me tangere, welches ,,Rühr mich nicht an" bedeutet.
Vorwiegend eurasiatische Verbreitung von den Britischen Inseln und den Pyrenäen ostwärts bis zum Pazifik, darüber hinaus im westlichen Nordamerika. Als Standort werden schattig-feuchte bis nasse Waldstellen, Schluchtwälder, Auwälder, Bachränder bis in Höhenlagen von 1300 m NN bevorzugt.  Quelle Wikipedia

Liebe Regi,
Du hast recht, das Das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) auch Indisches Springkraut genannt, verdrängt fast alle übrigen Pflanzen. Nach meiner Beobachtung vermehrt es sich
massenhaft vorwiegend an überdüngten Standorten und da haben unsere einheimischen Pflanzen sowieso kaum eine Chance, sie werden von Gras und Brennesseln überwuchert.
Diese Beobachtung machte ich an einem Bach ganz in der Nähe meines Hauses. Ich bin neugierig, ob sich das Springkraut dort ständig in so üppigen Beständen wie heuer halten kann.

Herzliche Grüße
Herbert

Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Monsti in August 25, 2016, 20:03:38 NACHMITTAGS
Hallo Herbert,

das Indische Springkraut meidet lediglich extrem stickstoffarme Standorte (z.B. Übergangs- und Hochmoore), ansonsten wuchert es überall, wo es feucht genug ist. An Bachufern wird bei uns niemals gedüngt. Dennoch breitet sich die Pflanze gerade dort extrem aus. An vielen Stellen wächst nichts anderes mehr. Genauso invasiv ist der Staudenknöterich, der sich die Standorte mit dem Springkraut teilt. Längst breitet sich das üble Kraut auch in feuchten Wäldern aus. In den Wäldern um St. Johann in Tirol und Oberndorf bei Kitzbühel ist es in der Krautschicht der Wälder bereits bestandsbildend.

Unser Dorf ist aufgrund regelmäßiger Maßnahmen zum Glück weitgehend springkrautfrei. Die Pflanzen werden im zeitigen Frühling ausgerissen und/oder kurz vor der Blüte abgemäht. Im übernächsten Ort wuchern sie aber unverändert weiter und verdrängen die heimische Flora. Mir sind Brennnesseln und Gräser allemal lieber als dieses wuchernde Kraut. Ja, Hummeln lieben es. Das war es dann aber auch schon. Brennnesseln und Gräser sind Habitat für viele heimische Schmetterlingsraupen und andere Insekten. Zudem ergeben Brennnesselblätter herrliche Suppen, das aussamende Springkraut hingegen stinkt ekelhaft ...

Springkrauthassende Grüße
Angie
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: limno in August 25, 2016, 21:08:53 NACHMITTAGS
Hallo Angie,
ZitatZudem ergeben Brennnesselblätter herrliche Suppen
Ich  hingegen wende mich mit Grausen, pfui Spinne!!! Frischer Spinat mit etwas Muskat mit Eiern von glücklichen Hühnern sind mir da sehr viel lieber!
Vielleicht gibt es ja in der Tierwelt einen heimischen "Schädling" der dieses eigentlich schöne Kraut zum Fressen gern hat und es  ohne Zutun des Menschen  für den heimischen Naturhaushalt "domestiziert". So geschehen z.B. bei der Wasserpest Elodea canadiensis.
Mit brennnesselsuppenhassenden Grüßen
Heinrich
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Carlos in August 25, 2016, 22:18:40 NACHMITTAGS
Hallo Angie,
Ein Frühjahr ohne das ,,Wildgemüse" Brennnesseln ist für mich kein Frühjahr. Dabei geht es nicht nur um Brennnessel Suppe sondern um ,,Eintopf" mit Kartoffeln und ,,Geräuchertem", ,,Omelett" oder schlicht um ,,Gemüse-beilage" aus z.B. gedünsteten ,,Brenn-nessel-Spitzen" mit Zwiebeln zu Fleisch oder Fisch.
Hier in Deutschland habe ich Brennnesseln noch nicht auf der Speisekarte gesehen, wohl aber in der Schweiz, am Maloja-Pass, bei einem Kurzurlaub Anfang Juno. Einfach köstlich!
Mit freundlichem Gruß Carlos
Entschuldigung, mein Beitrag ist natürlich völlig OT, aber es hat mich halt gereizt.
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 26, 2016, 16:10:38 NACHMITTAGS
Liebe Springkrauthasser und -Freunde,

beim Bundesamt für Naturschutz habe ich unter diesem Link   https://neobiota.bfn.de/12639.html

folgendes gefunden (Ausschnitt) wer mehr wissen will, kann sich unter obigem Link selbst informieren:

"3 Auswirkungen

Da I. glandulifera in den letzten Jahrzehnten sehr stark zugenommen hat und besonders auffällige Dominanzbestände aufbaut, wird ihr häufig eine starke Bedrohung einheimischer Arten nachgesagt. Tatsächlich liegt die Wirkung dieser Bestände weniger im Verdrängen anderer Arten als in der Veränderung von Dominanzverhältnissen.

3.1 Betroffene Lebensräume

Dominanzbestände werden vor allem an Gewässern aufgebaut – an gestörten Stellen, die vorher vegetationsfrei waren, oder in ausdauernder Vegetation. Wegen ihrer begrenzten Schattenverträglichkeit dringt sie nur in krautige Vegetation und in lichte Wälder ein. Auch unter Erlen- und Weidensäumen an Fließgewässern kommt sie vor, wenn hier der seitliche Lichteinfall ausreicht.

3.2 Tiere und Pflanzen

Über die Verdrängung anderer Pflanzenarten durch das Springkraut gibt es unterschiedliche Ansichten, sie reichen von "sehr problematisch" bis "praktisch kein Effekt". Die auffälligen Dominanzbestände des Springkrauts entwickeln sich erst im Hochsommer, so dass andere Pflanzen bis zum Frühsommer relativ ungestört wachsen und z.T. auch zur Blüte kommen können, bevor es durch seine Höhe und Dichte zu Beschattung führt. So sind auch in dichten Springkrautbeständen noch andere Arten vorhanden, natürlich mit verminderter Produktion und Dominanz. Der Effekt der einjährigen Art wird auch dadurch relativiert, dass sie je nach Witterungsbedingungen nicht von Jahr zu Jahr gleich stark auftritt. In Jahren mit Spätfrösten im Frühjahr kann ihre Dominanz stark eingeschränkt sein. Die abgestorbenen Pflanzenmassen können die Keimung andere Arten behindern. Dies ist jedoch ebenso wenig ausreichend untersucht, wie der Effekt auf die Naturverjüngung von Bäumen.

Auf Tiere hat I. glandulifera vor allem positive Wirkungen: Ihr reiches Nektarangebot macht sie zu einer attraktiven Pflanze für Blütenbesucher. Sie wird von vielen großen Hymenopteren besucht, besonders Bienen und Hummeln. Zusätzlich bieten ihre extrafloralen Nektarien Nahrung für zahlreiche kleine Insekten. Auch in der nächsten Stufe der Nahrungskette ist ein positiver Effekt bemerkbar: I. glandulifera beherbergt mehr Arten an Blattlausfressern als ihre einheimische Verwandte I. noli-tangere. Die Attraktivität für Blütenbesucher kann so weit gehen, dass andere Pflanzen weniger von Bestäubern besucht werden. Ob das über die Reduktion von Samenansatz zu einer Verdrängung dieser Pflanzenarten beiträgt, muss weiter untersucht werden." Zitat Ende

In unserer bayrischen Landschaft sind Wiesen und Äcker überwiegend nur noch Monokulturen. Die Wiesen werden schon gemäht sobald der Löwenzahn blüht, auf den Äckern wird immer mehr Mais angebaut. Wo sollen Insekten noch Nektar finden? Warum summt und brummt es in den Impatiensbeständen?
Mir wären blühende Wiesen und Wegraine auch lieber.

Liebe Angie, in Deiner Heimat mag die Natur noch weitgehend so sein wie vor 50 Jahren, aber bei uns hat ein tiefgreifender Wandel eingesetzt mit immer mehr Artenarmut auf dem Lande, die
Artenvielfalt findet sich bei uns eher in den Großstädten wie München, Nürnberg und Augsburg.

Herzliche Grüße
Herbert
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Schrodt in August 26, 2016, 16:45:49 NACHMITTAGS
Hallo Herbert,

vielen Dank für deine Ausführungen und den Hinweis auf eine auch von mir benutzte deutsche Quelle.
Ich habe es leider versäumt, verschieden Quellen bei meinem Beitrag anzugeben, da ich nicht mit dem Interesse für das Thema gerechnet
habe. Daher will ich jetzt noch eine weitere ergiebige Quelle zu dem Drüsigen Springkraut angeben: Die " Schweizer info flora ". Nachstehend ein
Auszug.


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200719_21412978.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200719_5516876.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200719_24865334.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200719_12845771.jpg)


Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Klaus Henkel in August 26, 2016, 17:24:00 NACHMITTAGS
Daß Indisches Springkraut-Bestände auch im Ammergau vorkommen, ist mir neu. Nördlich des Ammersees, am Rand des Ampermoos kenne ich es auch.

Meine erste Begegnung mit dem Kroppzeug war 1961 und in den Folgejahren an der Weser bei Veckerhagen, und auch gegenüber bei Hemeln auf der niedersächsischen Seite. Das Weserufer war kilometerweit unzugänglich, so dicht stand das Indische an den Uferböschungen. Hübsch sieht es ja aus, aber man bekommt es praktisch aus einem Garten nicht mehr hinaus, denn die Rhizome sind sehr stark.

Grüße zum Wochenende!
KH
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 26, 2016, 17:38:19 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

so sind die Ansichten verschieden. Mich wundert, warum eine Pflanze, die seit über 150 Jahren bei uns eingeführt wurde, sich plötzlich zum massiven Schädling entwickelte, oder
als solcher gesehen wird. Die Pflanze besetzt vermutlich für sie in den letzten Jahren attraktiv gewordenen Areale. Unsere Welt ist halt im ständigen Wandel und wir bestimmen,
was gut und böse ist.

Herzliche nachdenkliche Grüße
Herbert
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 26, 2016, 17:49:11 NACHMITTAGS
Lieber Herr Henkel,

Meine Mutter säte das Springkraut in den 1950er Jahren in unserem Garten aus, damals waren die Samen sehr begehrt.
Bald standen in jedem Bauerngarten "Bauernorchideen". Nach einigen Jahren war die ganze Pracht wieder verschwunden,
weil Zwiebel, Möhren, Kohl und Kartoffeln angebaut wurden und die Sämlinge als Unkraut gejätet wurden.
Rhizome bildet das Springkraut keine, es ist einjährig.

Herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Klaus Henkel in August 26, 2016, 18:16:07 NACHMITTAGS
Zitat von: Herbert Dietrich in August 26, 2016, 17:49:11 NACHMITTAGS

Rhizome bildet das Springkraut keine, es ist einjährig.

Herzliche Grüße

Herbert

Lieber Herr Dietrich!
Danke für die Berichtigung. Das war eine dumme Verwachsung meinderseits!

Ebenso herzlich!
KH
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut!
Beitrag von: Gunther Chmela in August 26, 2016, 22:00:27 NACHMITTAGS
Liebe Forumsleser, ich erlaube mir ein paar Anmerkungen zu Impatiens glandulifera.

Falls man sich wundert, wieso eine Pflanzenart, die bereits so lange Zeit bei uns eingebürgert ist, in den vergangenen Jahren "plötzlich" eine derart aggressive Ausbreitungstendenz und Bestandszunahme zeigt - nun, Kalamitäten entwickeln sich praktisch immer logarithmisch (oft sogar überlogarithmisch). Nach langer Zeit der Unauffälligkeit, während der der Bestand kaum merklich zunimmt, nimmt die Kurve der Populationsgröße oft recht schnell einen immer steiler werdenden Verlauf, ohne daß man einen direkten Auslöser für diese Beschleunigung erkennt. Und Impatiens glandulifera ist eine Kalamität!

Zumindest im südlichen Bayern, aber wahrscheinlich auch anderswo, scheint eine wie auch immer geartete Bekämpfung oder Zurückdrängung inzwischen unmöglich. Es gibt kaum einen Waldrand, ein Bachtal, eine Uferböschung, ein unbebautes Gelände, das nicht mehr oder weniger vollständig mit dieser Art überwuchert ist. Das betrifft inzwischen auch die niedrigeren Regionen der Alpentäler. Darunter auch nahezu unzugängliche Gebiete. Auch Naturschutzgebiete sind vielerorts bereits teilweise zugewuchert. So sind oft wertvolle Standorte seltener Pflanzenarten ernsthaft bedroht. Viele Arten können dem Konkurrenzdruck der invasiven Art nicht standhalten.

Betrachtet man einmal die näheren Umstände, so ergeben sich vor allem zwei Gesichtspunkte:

Zum einen ist Impatiens glandulifera eine Pflanzenart mit einer geradezu phänomenalen Toleranzbreite in Bezug auf Bodenbeschaffenheit (Wasser, Nährstoffe, mineralische Zusammensetzung) und Kleinklima. Es werden sonnige, halbschattige und sogar schattige Standorte besiedelt. Nur extrem trockene, sonnige Hanglagen scheinen bisher verschont zu sein (aber die findet man in Südbayern ohnehin nicht). Blühfähigkeit und Samenproduktion sind extrem. Man kann beobachten, daß sogar abgeschnittene oder ausgerissene blühende Pflanzen noch im Vertrocknen Samen ausbilden! Die Samen werden aus den reifen Kapseln mehrere Meter weit ausgeschleudert. An Bachläufen werden sie u.a. auch durch das Wasser weitergetragen.
Praktisch keine indigene (ursprünglich einheimische) Pflanzenart weist eine derartige Konkurrenzfähigkeit auf.

Zum andern das Umfeld, die äußeren Umstände. In unserer industriegerecht ausgeräumten Agrarlandschaft gibt es keine Wiesen mehr, sondern nur noch Grasäcker. Und es gibt Maisfelder! Letztere nehmen inzwischen 30% der Ackerfläche in Bayern ein. Was das mit dem Springkraut zu tun hat? Direkt wohl nicht, aber indirekt umso mehr. Die Wiesenblumen, Acker-"Unkräuter" usw. sind (wären) auf allerletzte Rückzugsgebiete angewiesen - Grabenböschungen, Waldränder, lichte Waldsäume usw. Die beherrscht aber inzwischen der aggressive Neophyt, der allein durch seine Masse und seine Wuchshöhe nichts anderes aufkommen läßt.
Die bunten Wiesen voller Blumen, die ich als Kind nicht anders kannte, gibt es nicht mehr. Nun könnte man sagen, schade, aber was soll's - wir leben auch ohne Blumenwiesen. Schon, aber es gibt auch keine Schmetterlinge mehr; viele der Wiesenpflanzen waren die Futterpflanzen ihrer Raupen, die Blüten Nektarquellen für die Falter. Und es gibt viele andere Insekten nicht mehr (die nur weniger auffallen).
All diese Insekten sind - waren! - Nahrung für viele Singvögel. Weiterdenken ist erlaubt! Der bereits erschreckend schnell fortschreitende Artenschwund hat aber keineswegs nur einen ästhetischen Aspekt! Uns droht ein zunehmender Verlust an genetischem Potential.
Und an all dem ist also das Springkraut schuld? Nein! Das Springkraut ist an gar nichts schuld. Das Springkraut zu bekämpfen - wenn es denn möglich wäre - wäre sicher nicht falsch, doch es wäre nur das Bekämpfen eines Symptoms, dem Symptom einer viel tiefer sitzenden Krankheit. Es dürfte nicht schwer sein, auch hier weiterzudenken.

Gunther Chmela
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: MikroTux in August 26, 2016, 22:40:58 NACHMITTAGS
Hier an der Rems ist mir vor ~4 Jahren erstmals die bunten Ufer durch das Springkraut aufgefallen. Einige Bachläufe waren komplett damit markiert. Ich hatte mit einer aggresiven Ausbreitung gerechnet, nachdem was man über die Pflanze so hört. Die kann ich aber nicht feststellen, ohne explizit Beobachtungen dazu gemacht zu haben. Ich besuche die Stellen jedoch regelmäßig und nach meinem Gefühl eher rückläufig, einige bunte Bezirke ja, die  befürchtete Übernahme sehe ich aber nicht. Wobei ich nicht weiß, ob es von der Stadt bekämpft wird.
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut!
Beitrag von: cabo in August 26, 2016, 22:52:30 NACHMITTAGS
Zitat von: Gunther Chmela in August 26, 2016, 22:00:27 NACHMITTAGS
dem Symptom einer viel tiefer sitzenden Krankheit. Es dürfte nicht schwer sein, auch hier weiterzudenken.

Naja, die Krankheit ist die übermäßige Vermehrung einer Spezies, zu Lasten aller anderen Spezies. Eine interessante Variante eines Phänomens das schon wiederholt auf der Erde aufgetreten ist: Dem sogenannten "Faunenschnitt". Es gibt ja wohl keinen Zweifel daran, dass die Menschheit die nächste Ursache für eben eine solchen sein wird?

Fatalistische Grüße

Christian
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: rekuwi in August 27, 2016, 11:33:06 VORMITTAG
Lieber Gunther,

Du sprichts mir aus der Seele. Genauso habe ich die Entwicklung vom Kindesalter bis heute erlebt. Wo sind unsere Blumenwiesen, unsere Insekten/Schmetterlinge geblieben. Dieses Jahr auf Wiesen und in Gärten nur ZWEI Tagpfauenaugen gesehen!!! Die Experten ermittelten einen Rückgang der Insekten, Spinnen u. ä. um 80% in den letzten Jahrzehnten.

Traurige Grüße
Regi
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Herbert Dietrich in August 27, 2016, 13:05:54 NACHMITTAGS
Liebe Regi,

mir geht es genau so, unsere Wiesen sind nur noch Grasfabriken, die schon gemäht werden, kaum dass die ersten Löwenzahnblüten erscheinen.
Pusteblumen? denkste. Unsere Äcker: Mais, unkrautfrei. Voriges Jahr vereinzelt Randstreifen mit verschiedenen Blumen, heuer habe ich das leider nicht mehr gesehen.
Im Garten steht meine Buddleja (Schmetterlingflieder) in voller Blüte: kaum mal ein Schmetterling zu sehen, voriges Jahr Distelfalter, Tagpfauenaugen, Kleiner Fuchs, Admiral,
Taubenschwänzchen. Bei den Schmetterlingen habe ich beobachtet, dass sich da starke und ganz schwache Jahre abwechseln.

Auch ich bin nicht glücklich über die Invasion des Springkrautes, aber lieber das, als sonst keine Blüten. Die Frühjahrsblüher trotzen bei uns dem Springkraut, dessen Keimlinge erscheinen
erst nach den Spätfrösten.

Herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: Schrodt in August 27, 2016, 15:19:30 NACHMITTAGS
Hallo Mikrofreunde ( mit dieser Anrede sind natürlich auch die Damen gemeint ! ),

es freut mich, dass über das Drüsige Springkraut eine so rege Diskussion entstanden ist.

Interessant ist für mich, dass am Hemer Bach im vorigen Jahr ein gemischter Bestand von Riesen-Bärenklau und Drüsigem Springkraut
vorhanden war. Die Stadt hat den Riesen-Bärenklau ( auch ein invasiver Neophyt ) so sorgfältig beseitigt, dass in diesem Jahr nur noch eine
Pflanze vorhanden war, dafür hat jetzt das Drüsige Springkraut das gesamte Gebiet erobert.

Zur weiteren Information über die " Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung gebietsfremder Gefäßpflanzen für Deutschland " hänge ich
einen Auszug von Unterlagen des Bundesamtes für Naturschutz an.

Mit herzlichen Mikrogrüßen
Jürgen aus Hemer


(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200752_38584123.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200752_38445179.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200752_32748481.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200752_510445.jpg)

(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures007/200752_20928265.jpg)
Titel: Re: Botanik: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut ! *
Beitrag von: Fahrenheit in August 29, 2016, 08:34:04 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

vielen Dank für Deinen ausführlichen Beitrag, zu dem sich eine lebhafte Diskussion entwickelt hat. Ich habe ihn in die Liste Botanik übernommen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Ein invasiver Neophyt: Das Drüsige Springkraut !
Beitrag von: JoHa in August 30, 2016, 17:35:44 NACHMITTAGS
Zitat von: Klaus Henkel in August 26, 2016, 17:24:00 NACHMITTAGS
Daß Indisches Springkraut-Bestände auch im Ammergau vorkommen, ist mir neu. Nördlich des Ammersees, am Rand des Ampermoos kenne ich es auch.


Hallo Klaus!

Genauer in den Mooren um Bad Kohlgrub sowie Richtung Hörnle. Etwas weiter nördlich am Hohenpeißenberg findet man es sogar an schattigen Waldwegen entlang (vermutlich mit Forstfahrzeugen verschleppt)

Viele Grüße
Johannes