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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: ammererlutz in Januar 05, 2019, 14:49:43 NACHMITTAGS

Titel: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 05, 2019, 14:49:43 NACHMITTAGS
Ein anderes Beispiel, warum sich der "Aufwand" einer mikroskopischen Diagnostik im medizinischen Alltag nicht nur lohnt, sondern für mich unerläßlich ist:

Dieser Zeigefinger ( im Foto nach der Inzision zur Probeentnahme) war ursprünglich heiß, gerötet und sehr schmerzhaft.
Die Patientin suchte erst die chirurgische Abteilung des hiesigen Schwerpunktkrankenhauses auf. Dort wurde die Diagnose Panaritium ( also eine bakterielle Infektion des Unterhautgewebes) gestellt und eine Antibiose mit Amoxicillin+Clavulansäure ( das wohlbekkannte Augmentin) eingeleitet.

Eine Woche später kam die Dame mit dem noch immer gleich geröteten und heftig schmerzenden Finger in unsere Ordination.
Die Unwirksamkeit des Breitbandpenicillins veranlasste mich zur Inzision der Schwellung und Anfertigung eines Abstrichs.
Der Abstrich war bland, die erwarteten und von der chirurgischen Abteilung suspizierten Staphylokokken ( Augmentin wird bei staph.aureus Infektionen verabreicht) waren nirgends vertreten, dafür zeigte sich im Polarisierten Licht das beigefügte Foto: Urat Kristalle. Die Diagnose Panaritium war daher falsch, es handelte sich um einen entzündeten Gicht-Tophus.

Die Erfolglosigkeit und Sinnlosigkeit der antibiotischen Therapie war dadurch geklärt, nach medikamentöser Senkung des Harnsäurespiegels und Expression des Tophus war die Patientin beschwerdefrei. 
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: Peter V. in Januar 05, 2019, 15:07:23 NACHMITTAGS
Hallo Lutz,

ich staune, was Du in der Allgemeinpraxis alles machst. Meines Wissens sind selbst kleinstchirurgische Eingriffe wie Abzesseröffnungen etc. in Allgemeinpraxen hier nicht mehr üblich. Das wird alles zum Facharzt oder in die Krankenhausambulanz geschickt. Wie gesagt - zumindest im städtischen Bereich (in ländlichen Regionen mag es noch ganz anders aussehen!) ist das eher unüblich. Den Hausarzt "alter Schule" gibt es so kaum noch....den hat das abstruse Honorarsystem in Deutschland weitstgehend an den Schreibtisch verbannt.

Hezliche Grüße
Peter
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 05, 2019, 16:35:20 NACHMITTAGS
naja, ich bin wohl schon eine Art "Dinosaurier" , das habe ich meinen Studenten auf der Uni auch in etwa so präsentiert  ;)
Den angehenden Kollegen habe ich bei meiner Vorlesung gesagt, wenn Sie Zettelschreiber werden wollen, dann werden Sie besser Zollbeamter....
Man kann und darf ja schon allerhand machen, hier z.B. die Resektion eines Melanoms ( Histo-Schnitte+ Färbung folgen noch, dazu fehlte jetzt die Zeit) , dazu muss man nicht unbedingt auf ein Universitätsklinikum pilgern:

In der Auflicht Ansicht mit 2.5er Objektiv erkennt man bereits die in die Tiefe vordringenden Tumorzellen:
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: rhamvossen in Januar 08, 2019, 15:09:25 NACHMITTAGS
Hallo,

ZitatIn der Auflicht Ansicht mit 2.5er Objektiv erkennt man bereits die in die Tiefe vordringenden Tumorzellen:

Könntest du das etwas genauer Erklären? Mir ist die asymmetrische Form und ungleichmäßige Farbe (beide verdächtig) von der Fleck deutlich aber mehr kan man da nicht erkennen oder?  Und was sehen wir  genau auf das zweite und dritte Bild, von welchem Körperteil wurde das genommen? Beste Grüsse,

Rolf
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 08, 2019, 15:27:40 NACHMITTAGS
Hallo Rolf,
erstes Bild ist das dermatoskopische Erscheinungsbild des Tumors, Durchmesser war ca 5mm, hochgradig verdächtig ist die aufgehobene Netz-Zeichnung des Pigmentes mit dem unregelmäßig begrenztem dunkler pigmentierten Areal bei 5 Uhr.
Das zweit Bild zeigt das Operationspräparat, die Exstirpation erfolgte mit 25mm Sicherheitsabstand.
Das dritte Bild zeigt die Schnittfläche des quer geiteilten OP Präparates, charakteristisch ist das beriets bei der Übersichtsvergrößerung ohne Färbung erkennbare infiltrieren der Tumorzellverbände in tiefere Schichten, im histologischen Schnitt ist mit atypischen Melanozyten-Nestern in der Junctionszone zu rechnen, typischerweise sollten diese eine Aufwärtstendenz zeigen.
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: Peter V. in Januar 08, 2019, 15:28:47 NACHMITTAGS
Hallo Lutz,

ich kann es nicht bewschwören und weiß auch nicht, wie es vielleicht in ländlicheren Regionen Deutschlands aussieht, aber hier im städtischen Bereich kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Allgemeinmediziner ein Melanom reseziert. Das ist hier die Domäne der Dermatologen. Ich denke, ein Allgemeinmediziner hätte schon aus forensisschen Gründen Bedenken, es könnte sein, dass nach hisisiger Interpretation möglicherweise die sogenannte "Fachgebietsgrenze" überschritten worden wäre.
Zudem würde nach unseren Vorschriften dazu ein richtiger OP-Raum mit allem drum und dran  vorgehalten werden müsse, den Allgemeinmediziner in der Form üblicherweise nicht haben.

Herzliche Grüße
Peter
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 08, 2019, 15:35:43 NACHMITTAGS
ja, da mss man eben die Grenzen kennen: Fachgebietsgrenzen per se gibt es bei uns aber nur für spezielle Fachrichtungen ( z.B darf ein  Dermatologe keine Diabetes-Einstellung vornehmen und ein Internist keinen Nävus entfernen), in der Allgemeinmedizin gibt es diese Grenzen nicht bzw.nur insofern, als man dazu das nötige Wissen haben muss und sich der rechtlichen Verantwortung im klaren sein muss.
Voll ausgestatteter OP ist nicht vorgeschrieben, aber selbstverständlich sterile Kautelen, Autoclav etc
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 08, 2019, 16:06:24 NACHMITTAGS
PS der Vorteil für den Patienten liegt auf der Hand: auf der Klinik wartet man zur Zeit etliche Wochen auf einen Ambulanztermin, dann 3 Monate auf einen OP Termin, nächster Termin beim niedergelassenen Dermatologen ( der Melanome meist ohnehin auf die Klinik weiter schickt) noch länger. In dieser Zeit könnte gerade ein potentiell hochmaligner Tumor bereits in Lymphgefäße oder Blutgefäße einbrechen. Falls er bei mir operabel ist ( hängt natürlich vön Größe und Lokalisierung ab) ist das in zwei bis fünf Tagen erledigt.
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: Jochen Meyerhofer in Januar 08, 2019, 18:14:55 NACHMITTAGS
Danke für deine Mühe die du dir machst um deinen Patienten zu helfen und das hier im Forum zu zeigen .Das Melanom ist sehr interessant  ,zumal meine Tochter einen Leberfleck hat der neulich geblutet hat und den wir haben abklären lassen war glücklicherweise  nix böses .Ich selber war erst neulich zum Hautcheck - alles in Ordnung ,ich gehe auch regelmäßig weil ich doch hin und wieder unvermeidlich  größere Dosen Sonne ab bekomme.

Danke auch für das Bild mit den Urat xx - habe selber leider  Gicht und freue mich das du das gezeigt hast ,als Laie hat man ja wenig Gelegenheit sowas zu sehen . Zum Glück gibts Allopurinol damit kann ich ganz gut leben und essen  ;) denn ich hab keinerlei vegetarisches Talent . :D

Mein Beileid zur Bürokratie !

Mache bitte weiter so ....
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: Rawfoto in Januar 10, 2019, 21:22:28 NACHMITTAGS
Hallo Jochen

Du zeigst uns was anderes und das find ich spannend. Auch oder gerade weil ich da absolut nicht zu den Experten gehöre.

Liebe Grüße

Gerhard
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: Wutsdorff Peter in Januar 10, 2019, 21:29:27 NACHMITTAGS
Hallo Lutz,
wo finde ich Teil 1 ??

Gruß Peter
Titel: Re: Nutzung im medizinische Alltag Teil2
Beitrag von: ammererlutz in Januar 11, 2019, 08:57:56 VORMITTAG
hallo Peter : https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33155.0