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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: jcs in Juli 01, 2020, 22:51:59 NACHMITTAGS

Titel: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 01, 2020, 22:51:59 NACHMITTAGS
Nachdem ich mein Mikroskop mittlerweile so halbwegs im Griff habe, und auch beim Schneiden und Färben erste Fortschritte erkennbar sind, habe ich mich im hauseigenen Garten auf die Suche nach diversen Objekten gemacht, die einerseits interessant sein könnten, aber auch "optisch etwas hermachen".

Der Garten ist gärtnerisch etwas vernachlässigt, und daher hat sich eine recht umfangreiche Flora und Fauna breitgemacht. Eine erste Inventur ergab, dass ich  ziemlich lang brauchen werde, um die diversen "Unkräuter" alle unters Mikroskop zu bekommen. Gewässer gibt es auch, da werde ich dann einmal Richtung "Tümpelei" erste Schritte machen. Das Projekt wird mich also eine Zeitlang beschäftigen, und ich denke, Langeweile kommt so schnell keine auf.

Im ersten Bild ein Eindruck der "Gesamtsituation".

Beginnen werde ich mit einem Klassiker, einem Querschnitt (ca. 50mum dick) aus dem Spross der Waldrebe (zweites Bild, Stack mit 5x Objektiv, Wacker-Färbung). Im dritten Bild ein Moosblatt, ebenfalls ein Stack, aber diesmal mit 40x-Objektiv.

Große botanische Details kann ich mangels Fachkenntnissen nicht bieten. Der Thread ist also eher eine Art Tagebuch meiner mikroskopischen Tätigkeiten, mit Schwerpunkt auf Botanik. Wer etwas Fachliches anmerken will, bitte gerne kommentieren.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in Juli 01, 2020, 23:15:59 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
fachlich kann ich nicht viel beitragen, aber schön ist es, was Du in dem Garten entdeckt hast.
Beste Grüße
Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Juli 03, 2020, 01:05:58 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

Du macht gerade das vor, was ich mir auch für die Zukunft vorgenommen habe. Ich bin nur noch nicht so weit. Jeden Tag entdecke ich neue Untersuchungsobjekte im Garten, die ich mir für die spätere Beobachtung merke.

Möchtest Du zu Beginn noch etwas über Deine Ausrüstung erzählen? Das Thema Fotostacking möchte ich mir auch noch aneignen. Falls Du da zufällig einen empfehlenswerte Link zur technischen Umsetzung hast, kannst Du den gerne auch posten.

Viele Grüße
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Klaus Herrmann in Juli 03, 2020, 10:01:27 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

das ist ja ein bescheidenes kleines Gärtle, was du uns da zeigst. Wieviele Hektar sind es denn? ;)

Beide Bilder sind sehr schön. Die Clematis ist immer attraktiv. Leider löst sich oft die äußere Rinde ab. Welche Wackervariante hast du eingesetzt? (ist es die ASim II mit Alcianblau?) Könntest du noch ein Bild zeigen so aus der Mitte verschoben, dass man auch die Rinde sieht?
Das Moosblatt ist auch gelungen.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 03, 2020, 15:31:04 NACHMITTAGS
Zitat von: D. Mon in Juli 03, 2020, 01:05:58 VORMITTAG


Möchtest Du zu Beginn noch etwas über Deine Ausrüstung erzählen? Das Thema Fotostacking möchte ich mir auch noch aneignen. Falls Du da zufällig einen empfehlenswerte Link zur technischen Umsetzung hast, kannst Du den gerne auch posten.

Hallo Gerd und d.mon,

danke für Eure Rückmeldung. @d.mon, mein Mikroskop ist ein Leica DM2000 LED, mit 5x,10x, 20x, 100x HC Plan Fluotar und einem 40x N-Plan Objektiv. Kamera ist eine Panasonic G9, die ich über ein Ofenrohr adaptiert habe. Mit LED-Beleuchtung und den modernen Objektiven ist es wirklich ein Vergnügen, durch solche Mikroskope zu schauen, mit ihrer hellen und klaren Wiedergabe der Objekte.

Dazu kommt noch diverse Peripherie, da ja wie überall gilt: In der Probenvorbereitung liegt das Geheimnis des Erfolgs. So habe ich ein günstiges gebrauchtes Stereomikroskop ergattert. Das war ein Impulskauf, der mittlerweile aber unverzichtbar geworden ist. Diverse Tübchen, Fläschchen und Döschen (unter anderem von Klaus Herrmann hier im Forum), sowie Präparierwerkzeug inkl. SHK-Halter von Detlef Kramer.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 03, 2020, 15:42:17 NACHMITTAGS
Zitat von: Klaus Herrmann in Juli 03, 2020, 10:01:27 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

das ist ja ein bescheidenes kleines Gärtle, was du uns da zeigst. Wieviele Hektar sind es denn? ;)

Beide Bilder sind sehr schön. Die Clematis ist immer attraktiv. Leider löst sich oft die äußere Rinde ab. Welche Wackervariante hast du eingesetzt? (ist es die ASim II mit Alcianblau?) Könntest du noch ein Bild zeigen so aus der Mitte verschoben, dass man auch die Rinde sieht?
Hallo Klaus,

der Garten spielt zum Glück noch in der sub-1000m²-Liga. Außerdem ist der Thread-Titel "Mein Garten ..." etwas euphemistisch formuliert.

Der Garten gehört zu unserem Wochenendhaus, und die meiste Zeit des Jahres haben hier Wühlmaus, Schnecken & Co das Oberkommando. Selbst in der warmen Jahreszeit ist nicht immer ganz klar, wer das Sagen hat. So sieht man im ersten Bild, dass die hauseigene Fledermaus zeitweise der Meinung war, ein frisch verfliestes WC ist der standesgemäßere Schlafplatz als ein vergammelter Dachboden. Auch die regelmäßig vorbeischauende Kröte wollte sich im Hausinneren etwas genauer umsehen, bis ihr ein Hausbewohner (unabsichtlich) den tieferen Sinn des Sprichwortes "jemandem die Tür vor der Nase zuschlagen" vor Augen führte.

Zu den Waldreben: Seit Kurzem habe ich einen SHK-Klingenhalter von Detlef, mit dem die Schnitte schon etwas präziser werden. Mein 3D-gedrucktes Provisorium hat einen zu flachen Anstellwinkel, und die Klinge weicht dann leicht aus. 2-3° machen da offenbar viel Unterschied.

Hier noch einmal eine Waldrebe in der Totale, mit dem SHK-Halter geschnitten und mit Deiner Wacker-Färbung mit Alcianblau gefärbt. Das Bild ist ein Pano-Stack aus 4 Aufnahmen mit dem 5x-Objektiv.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Klaus Herrmann in Juli 03, 2020, 15:56:59 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen, der Schnitt ist sehr gut gelungen und die Färbung ebenfalls, und für ein Debut perfekt.

Nebenbei angemerkt: du bist zwar konsequent mit der falschen Schreibweise meines Nachnamens, aber mein Vorname steht immer fett unter jedem Beitrag. Mein Schicksal dass man bei mir beides schon mal verwechseln kann. ;)
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Juli 03, 2020, 16:02:11 NACHMITTAGS
Vielen Dank für das Zeigen Deiner Ausrüstung. Für mich ist es immer sehr interessant, zu sehen, wie und womit andere arbeiten.

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 03, 2020, 16:28:38 NACHMITTAGS
Zitat von: Klaus Herrmann in Juli 03, 2020, 15:56:59 NACHMITTAGS

Nebenbei angemerkt: du bist zwar konsequent mit der falschen Schreibweise meines Nachnamens, aber mein Vorname steht immer fett unter jedem Beitrag. Mein Schicksal dass man bei mir beides schon mal verwechseln kann. ;)
Autsch, ab jetzt merke ich mir das. Hab's oben gleich ausgebessert.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 03, 2020, 21:20:53 NACHMITTAGS
Lieber Jürgen,

Deine Schnitte sind gut und die Färung ebenfalls!
Auch die Aufnahme vom Mossblatt hat nmir gut gefallen.

Ich hoffe, die Fledermaus hat sich nicht so sehr an Eurer Anwesenheit im Bad gestört. :)

Du wirst sicher schnell feststellen, was sich zu schneiden lohnt. Eine der für mich faszinierendsten Tatsachen der Natur ist, dass der gesamte Formenreichtum auf recht wenige Grundbaupläne zurück geht. Die Querschnitte der Sprosse / Blattstiele / Blätter sind also auf mikroskopischer Ebene oft ununterscheidbar ähnlich.
Ggf. lohnt sich hier etwas Literatur, auch um die einzelnen Gewebe erkennen und ihre Funktion zuordnen zu können. Anfangen würde ich mit dem Buch Mikroskopisch-Botanisches Praktikum von Gerhard Wanner. Mehr tipps findest Du z.B. hier:

http://mikroskopie-bonn.de/literatur/index.html 

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Juli 03, 2020, 23:27:23 NACHMITTAGS
Zitat von: Fahrenheit in Juli 03, 2020, 21:20:53 NACHMITTAGS
Anfangen würde ich mit dem Buch Mikroskopisch-Botanisches Praktikum von Gerhard Wanner.

Danke für diesen Tipp (auch wenn er nicht direkt an mich gerichtet war). Scheint ein fantastisches Buch zu sein und genau das, was ich gesucht habe. Hab's eben für 5,33 inkl. Versand gebraucht entdeckt ("sehr guter Zustand"). Da kann man nix falsch machen.

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 04, 2020, 06:04:41 VORMITTAG
Gerne! :) Mit etwas Glück ist es die erste Auflage. Sie bleibt auf jeder Seite aufgeschlagen auf dem Tisch liegen, bei der zweiten Auflage ist das nicht mehr der Fall.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 04, 2020, 09:57:29 VORMITTAG
Zitat von: Fahrenheit in Juli 03, 2020, 21:20:53 NACHMITTAGS

Deine Schnitte sind gut und die Färung ebenfalls!
Auch die Aufnahme vom Mossblatt hat nmir gut gefallen.

Du wirst sicher schnell feststellen, was sich zu schneiden lohnt. Eine der für mich faszinierendsten Tatsachen der Natur ist, dass der gesamte Formenreichtum auf recht wenige Grundbaupläne zurück geht. Die Querschnitte der Sprosse / Blattstiele / Blätter sind also auf mikroskopischer Ebene oft ununterscheidbar ähnlich.
Ggf. lohnt sich hier etwas Literatur, auch um die einzelnen Gewebe erkennen und ihre Funktion zuordnen zu können. Anfangen würde ich mit dem Buch Mikroskopisch-Botanisches Praktikum von Gerhard Wanner.
Hallo Jörg,

freut mich sehr, dass die Aufnahmen einer fachmännischen Beurteilung halbwegs standhalten! Das Buch von G.Wanner habe ich mir vor ein paar Wochen besorgt, es blitzt bei genauer Betrachtung zwischen den Okularen des oben gezeigten STEMI durch.

Bis ich bei der Bezeichnung und Interpretation der verschiedenene Gewebetypen etwas Sinnvolles beisteuern kann, wird noch einige Zeit vergehen. So simpel ist das Thema dann ja doch nicht. Was ich genauso spannend finde wie die oberirdischen Teile der Pflanzen ist das, was sich unter der Erde abspielt. Da werde ich versuchen, mich etwas genauer zu vertiefen.

Aufgrund des Bodenaufbaus und Mikroklimas scheint unser Garten ein gesundes Bodenleben aufzuweisen, was sich in einer recht umfangreichen Pilz-Flora äußert. So haben sich auch 4-5 Orchideenarten etabliert, die ja auf die Bodenpilze angewiesen sind. Dazu werde ich dann noch ein paar Bilder zeigen.

Vorerst aber ein erster "unterirdischer" Versuch eines botanischen Schnittes (z-Stack aus Aufnahmen mit 5x-Objektiv), in dem Fall von einer banalen Brennessel, die sich im Komposthaufen etabliert hat. Ich denke, das ist noch gar nicht die eigentliche Wurzel, sondern eher der unterirdische Teil des Sprosses (Rhizom?).

LG

Jürgen

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 07, 2020, 00:46:44 VORMITTAG
Heute habe ich eine Teichrose "geerntet", die demnächst unters Mikroskop kommen soll. Den Algenbewuchs habe ich etwas abgekratzt, um einen ersten Schritt in die Tümpelei zu machen. Interessant, was sich da alles tummelt. Unter anderem ein Wasserfloh?, der gerade auf Kollissionskurs mit einer wurmartigen Gestalt ist, eingeklemmt zwischen Fadenalgen. Falls da jemand etwas Genaueres sagen kann, bitte gerne.

Naja, Prachtfoto ist das noch nicht, aber irgendwo muss man ja anfangen.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: JB in Juli 07, 2020, 01:01:12 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

Vorne ein Huepferling (Copepoda), hinten eine Dipterenlarve (Ceratopogonidae?).

Beste Gruesse,

Jon

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in Juli 07, 2020, 06:24:08 VORMITTAG
genau! und am untersten Bildrand die eine Spirogyra.
LG Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 07, 2020, 18:56:54 NACHMITTAGS
Hallo Jon und Gerd,

danke für Eure Bestimmungshilfe! So ein Seerosenstiel scheint ja ein ziemliches Biotop zu sein, hier noch einmal drei Bilder. Könnte das erste eine Insektenlarve sein, und das zweite und dritte ein Rädertier?

Allzu tief sollte ich in die Tümpelei nicht einsteigen. Ansonsten bade ich nur mehr dort, wo Edelstahlauskleidung und üppige Chlorierung dem Treiben der Mikrowelt ein Ende setzen.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Herbert Dietrich in Juli 07, 2020, 22:20:54 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

da bist Du auf dem falschen Dampfer!!! 
wo Edelstahlauskleidung und üppige Chlorierung dem Treiben der Mikrowelt ein Ende setzen.
da ist das Reich der Mikrobiome. Da kannst Du den Seerosenstängel getrost vergessen.

Ergänzend zu dem Film "Die Wüste lebt"  die ERDE LEBT, Gott sei Dank!

Herzliche Grüße

Herbert
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Juli 07, 2020, 22:47:14 NACHMITTAGS
Ich würde mir außerdem mehr Gedanken über die Keime auf Deiner Tastatur machen, auf der Du Deine Beiträge schreibst - und kratz Dich jetzt ja nicht an der Nase  ;).

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in Juli 07, 2020, 22:47:28 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
aber mit den Bestimmungen bist Du auf dem richtigen Dampfer, was Insektenlarve und Rädertier angeht.
Ein Seerosenstängel (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35771) ist nicht nur ein schönes Biotop für Mikroorganismen, er ist auch selber sehr schön, besonders im polarisierten Licht.
LG Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 08, 2020, 09:45:47 VORMITTAG
Hallo an alle,

Herbert, d.mon: Ihr habt da sicher recht, das Leben in der Natur ist gefährlich, und das in der Zivilisation noch gefährlicher. Aber rein optisch wirkt so ein Mini-Monster im Mikroskop dennoch "abschreckender" als das Abbild von Bakterien&Co in  Pünktchen- oder Stäbchenform.

Gerd, danke für den Link zu den Polarisations-Aufnahmen der Seerosen, da rutscht mein Upgrade-Wunsch für eine einfache Pol-Einrichtung sofort nach oben. Im Moment kann ich leider nur Hell- und Dunkelfeld nutzen. Fluoreszenz wäre schön, Pol und DIK natürlich auch, und dann nehmen wir gleich ein CLSM dazu,  ...

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Juli 08, 2020, 17:52:31 NACHMITTAGS
Klarer Fall von GAS :).
Die Hoffnung auf Heilung ist leider gering.

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 08, 2020, 23:03:29 NACHMITTAGS
Zitat von: D. Mon in Juli 08, 2020, 17:52:31 NACHMITTAGS
Klarer Fall von GAS :).
Die Hoffnung auf Heilung ist leider gering.
Naja, eine gewisse Neigung in der Richtung ist wohl da. Obwohl, auch das reine Hellfeld mit der LED-Beleuchtung und den HC PL Fluotaren macht schon Freude und hilft, die Zusatzwünsche noch hinauszuschieben.

Hier ein paar Bilder des "Rädertierchenhotels", einmal als Foto der Gesamtsituation, und einmal als Schnitt (Wackerfärbung) eines Blattstängels. Die Gesamtaufnahme ist ein Panorama aus 4 Aufnahmen mit 5x, das mittlere Bild eine Aufnahme mit 20x-Objektiv, und das letzte Bild (Sklereide?) ein Stack aus 5 Aufnahmen mit 40x-Objektiv.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in Juli 08, 2020, 23:24:31 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
wenn Du mehr Sklereiden finden willst, musst Du mal einen dicken Handschnitt machen. Klar: Ein Schnitt von nur einer Zelldicke bringt die Zellstrukturen klar zu Tage, aber wenn Du mal einen dickeren Schnitt anschaust, ist es als würdest Du in eine stachelige Kristalldruse gucken. Das wird mit zwei einfachen Polfiltern und einer Verzögerungsfolie auch ohne Färben hübsch bunt. Zur Polfolie habe ich Dir vor ein paar Stunden eine PM geschrieben. Melde Dich, wenn Du welche haben willst.
Beste GRüße
Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Fahrenheit in Juli 09, 2020, 08:15:23 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

aus meiner Sicht gibt es an Schnitt, Färbung  und Fotografie des Seerosenstängels nichts auszusetzen. Ein schönes Präparat.

Wenn Du für die einzelnen Pflanzen eigene Threads auf machst, kann ich sie auch in die Botanikliste übernehmen. :)

Herzliche GRüße
Jörg
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: knipser009 in Juli 09, 2020, 10:50:25 VORMITTAG
hallo Jürgen

Zitat von: jcs in Juli 08, 2020, 09:45:47 VORMITTAG

Gerd, danke für den Link zu den Polarisations-Aufnahmen der Seerosen, da rutscht mein Upgrade-Wunsch für eine einfache Pol-Einrichtung sofort nach oben.

Jürgen

lies Dir einmal die Info über "Pol - für - Arme ;D" im nachfolgenden Link ab Antwort 3 ff durch :

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=16817.0
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 09, 2020, 13:06:39 NACHMITTAGS
@Wolfgang, Gerd: Mit den Polfiltern habt Ihr mich jetzt etwas auf den Geschmack gebracht, das ist ja ein eher überschaubares Upgrade. Man braucht klarerweise die zwei (Linear)polfilter vor und hinter dem Objekt. Was ich nicht verstehe: Wofür ist dann die Lambda-Platte da? Die taucht da ja auch öfters auf.

@Jörg: Im Moment schnipple ich alles klein, was mir so unter die Finger kommt. Der "botanische Tiefgang", wie man ihn in den Threads Deiner Botanikliste findet,  ist da noch weit entfernt. Wenn ich irgendwann etwas fundierter unterwegs bin, mache ich gerne einen eigenen Thread zu einzelnen Arten auf.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: JB in Juli 09, 2020, 13:42:37 NACHMITTAGS
Zitat von: jcs in Juli 09, 2020, 13:06:39 NACHMITTAGS
@Wolfgang, Gerd: Mit den Polfiltern habt Ihr mich jetzt etwas auf den Geschmack gebracht, das ist ja ein eher überschaubares Upgrade. Man braucht klarerweise die zwei (Linear)polfilter vor und hinter dem Objekt. Was ich nicht verstehe: Wofür ist dann die Lambda-Platte da? Die taucht da ja auch öfters auf.

Hallo Juergen,

Olaf hat mal erklaert, wie man auch die in der Photographie verbreiteten Zirkularpol-Filter als lineare Filter am Mikroskop verwenden kann https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35033.0

Zwischen die Polfilter kann man dann zusaetzliche Lambda-Folien einbringen (1/4 oder 1 sind ueblich).

Beste Gruesse,

Jon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in Juli 09, 2020, 19:15:17 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
Zitat von: jcsWofür ist dann die Lambda-Platte da? Die taucht da ja auch öfters auf.
Ein richtiges Polarisationsmikroskop ist ein Meßinstrument, bei dem Polfilter und Analysator in exakt festgelegten Richtungen orientiert sind. MIt den verschiednen Kompensatoren (λ/4, λ/2, ROT I) kann man durch Addition oder Subtraktion herausfinen, in welcher Ordnung die Farbe steht, also, ob es ein Rot erster oder 2.Ordnung ist. Das ist wie ein definierter Kristall, mit dem ich einen unbekannten Kristall vergleiche. Dazu hat der drehbare Tisch auch noch eine 360°-Skala, mit der ich die Probe ständig drehe und z.B. Auslöschungswinkel ausmessen kann.
Für die einfache Polarisationseinrichtung, mit der ich einfach nur doppelbrechende Strukturen nachweise (z.B. Stärke, Zellulose, nichtkubische Kristalle) reichen die beiden gekreuzten linearen Polfilter. Die Kompensatoren dienen dann lediglich für Farbeffekte, die durch die Interferenzen entstehen. Ist hald hübsch. Du kannst dafür Tesafilm auf Objektträger kleben. Da hast Du zwar keine bekannten, definierten Verzögerungen, aber bunt wirds auch.
Für weitere Einblicke in die Polarisationsmikroskopie empfehle ich die Seite von Olaf Medenbach (https://homepage.ruhr-uni-bochum.de/Olaf.medenbach/) z.B. den dowenload "Kristalloptik spielend erlernen".
Beste Grüße
Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juli 16, 2020, 23:17:55 NACHMITTAGS
Liebe Mikro-Botaniker,

Diesmal musste eine Wildrose ein paar Opfer bringen, um hier gezeigt zu werden. Die Wildrosen sind aktuell die Stars in der Hummel-Szene, die tummeln sich gerade massenweise auf den Blüten. Der üppige Nektar in Kombination mit dem feinen Rosenduft scheint diese fleißigen Insekten unwiderstehlich anzuziehen.

Diesmal habe ich neben dem Spross (2.Bild, 5x-Objektiv, Schnitt mit SHK-Klingenhalter und Zylindermikrotom, Wacker-Färbung, Panorama aus 9 Aufnahmen) auch die Wurzel unters Mikroskop gelegt (5x-Objektiv, z-Stack aus 4 Aufnahmen, Wacker-Färbung). Die Sprosse und Wurzeln wurden in AFE für 2 Tage fixiert und lagen dann 3 Tage in 70%Ethanol bevor sie unters Messer kamen.

Das Schneiden und Färben der Wurzel klappt noch nicht ganz zufriedenstellend, aber man sieht hoffentlich das Wichtigste. Wäre interessant, wie der Übergangsbereich zwischen Spross und Wurzel aussieht, das müsste ja ein kontinuierlicher Übergang sein, vermute ich.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in August 25, 2020, 23:36:39 NACHMITTAGS
Der heurige Sommer war bis jetzt warm und feucht, das freut natürlich die diversen Pilze, auch die in meinem Garten. So haben sich heuer drei Arten von Hutpilzen an die Oberfläche gewagt (siehe Bild 1-3). Ich kann nicht einmal sagen, welche Arten das sind. Sie landen deshalb nicht im Schwammergulasch, sondern nach wenigen Tagen im Magen diverser Nacktschnecken, die so ein Pilzmahl offenbar sehr schätzen.

Auf jeden Fall ein Zeichen einer gesunden Bodenflora, was auch diverse einheimische Orchideen freut, die sich in den vergangenen Jahren im Garten etabliert haben. Dazu werde ich später noch einige Bilder zeigen. Zum Teil konnte ich die Orchideensamen erfolgreich aussäen und eine stabile Population an Pflanzen erhalten.

Um der Sache etwas systematischer auf den Grund zu gehen, bietet sich natürlich das Mikroskop an. Die Orchideen sind ja auf mikroskopisch feine Mykorrhiza-Pilze angewiesen, um keimen zu können. Bild 5 zeigt eine Aufnahme aus dem Gartenboden im Stereomikroskop, wo man die Hyphen solcher Bodenpilze (hoffentlich) gut erkennen kann (ich habe am Stereomikroskop leider noch keine Fotoadaption, deshalb eine Aufnahme mit dem Handy durch das Okular).

In Bild 4 ist dann noch ein Samen einer Ständelwurz-Orchidee (Epipactic atrorubens) abgebildet, der bereits von Pilzhyphen umgeben ist. Mal schauen, ob da etwas keimen wird.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in August 30, 2020, 10:24:44 VORMITTAG
Liebes Forum,

Wie oben beschrieben, haben sich im Garten einige Orchideenarten angesiedelt. Eine der Arten ist das rote Waldvöglein (Cephalanthera rubra), das mit mittlerweile 20 Exemplaren vertreten ist. Der Bestand stammt aus zwei Pflanzen, die sich zufällig angesiedelt haben, und die ich dann regelmäßig per Aussaat "kultiviert" habe.

Das rote Waldvöglein kommt europaweit vor. In den nördlichen und südlichen Kalkalpen tritt es etwas häufiger auf, ist also keine besonders seltene Orchidee. Besonders ist allerdings, dass es sich bis jetzt gezielten Züchtungsversuchen über symbiotische und asymbiotische Kultivierung recht hartnäckig entzieht.

Im Gegensatz zu den meisten anderen einheimischen Orchideen kann man es also nicht von spezialisierten Gärtnereien kaufen. Ausgraben von Naturbeständen ist übrigens (1) verboten und (2) funktioniert nicht, da die Orchideen auf ganz spezielle Bodenverhältnisse angewiesen sind, insbesonders auf eine passende Pilzflora (Mykorrhiza).

Laut Literatur bevorzugt das rote Waldvöglein lichte Wälder, vor allem Föhren-, Eichen-, Buchen- und Laubmischwälder. Die Art kommt aber auch in Waldschlägen, an Straßenböschungen und in beschatteten Wiesen vor. In meinem Garten finde ich sie an drei Stellen: Unter einer großen Buche, unter Fichten und unter einer verwilderten Hecke. Was die drei Standorte gemeinsam haben, ist eine Abdeckung des Bodens mit Buchenlaub. Alle drei Standorte sind im Sommer recht trocken, die Art verträgt sicher keine Staunässe und ist recht konkurrenzschwach.  Die Art ist offenbar sehr genügsam und wächst im Wesentlichen dort, wo nichts anderes wachsen kann.

Als kleines Forschungsprojekt möchte ich den Bedingungen, unter denen diese Art gedeiht und keimt, konkreter auf die Spur kommen, und dazu werde ich hier ab und zu ein paar Bilder posten. Anfangen möchte ich mit einem Foto der Pflanze, sowie mit einem gefärbten Querschnitt durch den Spross (Pflanzenstängel), aufgenommen mit 5x-Objektiv (Leica HC PL Fluotar) in Wacker-Färbung. Der Schnitt war 50mum dick. Die Stängel lassen sich sehr schwer schneiden, da das Mark sehr weich ist, und die Rinde sich fast immer ablöst. Die Aufnahme ist also eher dokumentarisch zu sehen.

LG

Jürgen

Quellen:
[1] AHO Bayern, http://www.aho-bayern.de/taxa/ce_rubr.html
[2] N.Griebl, Die Orchideen Österreichs, Freya-Verlag, 2013
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in August 30, 2020, 10:30:41 VORMITTAG
Besonders interessant ist das Keimverhalten der Orchideen. Die Pflanzen produzieren eine Unmenge von Samen, die allerdings keine oder fast keine Nährstoffe enthalten. Keimen kann eine Orchidee nur dann, wenn ein geeigneter Bodenpilz vorhanden ist, der den Keim mit Nährstoffen versorgen kann. Manche Arten sind ihr Leben lang auf die Versorgung duch Pilze angewiesen, die meisten (einheimischen) Arten allerdings nur während der Keimphase.

Die Bilder unten zeigen eine Samenkapsel des roten Waldvögleins und eine Aufnahme mehrerer Samen mit Maßstab. Die Samen sind ca. 0,5mm groß und bestehen aus einer äußeren, netzartigen Hülle (Testa) und dem eigentlichen Samen im Inneren. Mit etwas Mühe habe ich einen einzelnen Samen aus dem umgebenden Netz herauspräpariert, und das letzte Bild zeigt diesen Samen im Durchlicht, aufgenommen mit dem 20x-Objektiv.

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in August 30, 2020, 21:36:36 NACHMITTAGS
Sehr schön und interessant. Danke fürs teilen.

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Florian D. in August 31, 2020, 01:09:18 VORMITTAG
Hallo,

der erste Pilz ist ein netzstieliger Hexenröhrling, der 2. vielleicht ein Täubling, der 3. wohl ein Körnchenröhrling (ich vermute, da wächst eine Kiefer in der Nähe?).

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in August 31, 2020, 08:31:02 VORMITTAG
Hallo d.mon und Florian,

danke für Eure Rückmeldungen. Freut mich, wenn das Thema Anklang findet. Ich vermute allerdings, dass das unterirdische Leben im Garten nicht allzu massentauglich ist, was das Interesse der breiteren Öffentlichkeit betrifft.  Mit Schminkvideos bekommt man vermutlich mehr Resonanz (Notiz an mich: eventuell ausprobieren   ;D ).

Ich finde es aber überraschend, wie wenig wir eigentlich davon wissen, was sich 10cm unter unseren Schuhsohlen abspielt, wenn wir durch  den Garten gehen. Die Pilzflora spielt dabei sicher eine sehr essenzielle Rolle, und ohne mikroskopische Methoden kommt man diesen Vorgängen nicht auf die Spur.

@Florian: Danke für die Bestimmung, speziell den Körnchen-Röhrling hatte ich überhaupt nicht auf der Liste der möglichen Arten.

LG, und eine schöne (Arbeits)woche

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in August 31, 2020, 14:59:44 NACHMITTAGS
Zitat von: jcs in August 31, 2020, 08:31:02 VORMITTAG
Ich finde es aber überraschend, wie wenig wir eigentlich davon wissen, was sich 10cm unter unseren Schuhsohlen abspielt, wenn wir durch  den Garten gehen. Die Pilzflora spielt dabei sicher eine sehr essenzielle Rolle, ...
Da stimme ich Dir voll und ganz zu. Ich habe neulich auch einen Bericht gesehen, dass die weitaus überwiegende Mehrzahl der heimischen Bäume in symbiotischen (oder ähnlichen) Beziehungen mit Pilzkolonien leben und teilweise ohne diese gar nicht lebensfähig wären und die Mykorrhizageflechte beispielsweise in Wäldern regelmäßig gewaltige Ausmaße annehmen. Laut Wikipedia gibt es solche symbiotischen Lebensgemeinschaften schon seit mindesten 400 Mio. Jahren und 90% aller Landpflanzen können solche Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen (nicht immer, es gibt anscheinend auch jede Mange Täuscher) eingehen.

Das größte bekannte Lebewesen der Welt ist übrigens ein Pilz. 1992 wurde einer entdeckt, dessen Myzel 150.000 qm groß, rund 100 t schwer und ca. 1.500 Jahre alt - und noch nicht mal der größte seiner Art - gewesen soll

Grüße
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in August 31, 2020, 19:14:32 NACHMITTAGS
Hallo D.Mon,
Zitat von: D.MonLaut Wikipedia gibt es solche symbiotischen Lebensgemeinschaften schon seit mindesten 400 Mio. Jahren
Hier kannst Du 400Mill. Jahre alten Pilze (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33877.0) ansehen( die beiden letzten Bilder des Beitrags). Das sind zwar die Zersetzter und nicht die Symbionten, aber auch die kennt man schon aus dem Rhynie-Chert. Die Landpflanzen hätten ohne die Pilze, die mit ihren chemischen Keulen auch Minerale kleinschlagen können (Man denke an die allseits bekannten Glaspilze auf den Optiken von Mikroskopen) sicher nicht so ohne Weiteres den Schritt an Land geschafft und auch heute geht im Wald praktisch nichts ohne Pilze.

Hallo Jürgen,
der Orchideensamen im Durchlicht gefällt mir, wäre aber sicher auch im Auflicht interessant. Bei einem 20er Objektiv könnte man noch mit einer seitlichen Beleuchtung ran, wenn die n.A. nicht zu groß ist. Ich nutze gerne eine JANSJÖ mit aufgesetzter Uhrmacherlupe zur Fokussierung des Strahls.
LG Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in August 31, 2020, 22:44:43 NACHMITTAGS
Hallo Gerd, D.Mon,

das Thema Evolution und Pilze, sowie deren aktuelle Rolle auch in der heutigen Zeit ist sehr faszinierend. Natürlich gibt es zahlreiche wissenschaftliche Pofis, die dazu schon viel herausgefunden haben, allerdings ist einiges immer noch recht geheimnisvoll. Warum ein Steinpilz oder ein Eierschwammerl an einer gewissen Stelle prächtig gedeiht, und an einer anderen sehr ähnlichen gar nicht, wird uns keiner wirklich erklären können. Mit einem einfachen Durchlicht-und Stereomikroskop erwarte ich auch nicht, die immensen Erkenntnisse dazu zu finden. Aber spannend ist das Ganze schon, und Stöbern in meinen mit Gartenerde und Orchideensamen gefüllten Testlabors (erstes Bild) macht definitiv Spaß, erstaunlich was sich da alles verbirgt.

Gerds Tipp zu Auflicht habe ich auch gleich ausprobiert, siehe viertes Bild (aufgenommen am Leica DM200 mit meiner Handytaschenlampe als Auflicht-Quelle).

Heute habe ich mir die Fuchs'sche Fingerwurz (Dactylorhiza fuchsii) vorgenommen, diese Art blüht ebenfalls im Garten. Das Fuchs-Knabenkraut ist so etwas wie das Gänseblümchen der hiesigen Orchideen-Szene, recht häufig und an einer Vielzahl von Standorten zu finden. Es lässt sich auch vergleichsweise einfach kultivieren, siehe zweites Bild einer Pflanze im Garten. Zeitweise hatte ich knapp 50 Exemplare, der trockene und heiße Sommer 2019 hat allerdings die meisten Pflanzen wieder verschwinden lassen. Die Art mag es also etwas kühler und feuchter, bei mir wächst sie beispielsweisein einem mit Rindenmulch bedeckten, schattigen Platz recht gut.

Erde aus diesem Beet mit etwas vorhandenem Mulch habe ich in einer gläsernen Jausenbox gelagert, einige Samen ausgesät und nach 10 Tagen scheint auch einiges zu keimen, wie man im dritten Bild sieht: Die Samen quellen auf, sprengen das Netz der Testa und bilden erste Rhizoide. Somit ein erster kleiner Erfolg dieser Versuche zur symbiotischen Kultur. Das vierte Bild zeigt so einen Keim (Protokorm) im Auflicht (HC PL Fluotar 10x, Handy-Taschenlampe als Auflicht-Beleuchtung, Fokus-Stack aus 5 Aufnahmen). Es bleibt also spannend!
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 07, 2020, 20:09:18 NACHMITTAGS
Liebes Forum,

weiter oben hat Florian die diversen Pilzarten anhand der schnell geknipsten Fotos bestimmen können. Das habe ich zum Anlass genommen, eine Art (in dem Fall den Körnchenröhrling - Suillus granulatus) etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Laut Literatur wächst diese Art vor allem unter Kiefern auf kalkhaltigem Boden, allerdings scheinen die Pilze im Garten das Studium der einschlägigen Fachliteratur nicht allzu ernst zu nehmen. Kiefern gibt es dort nämlich weit und breit keine. Aber Pilze sind ja vielfach Individualisten, deren zeitliches und örtliches Auftreten sehr variabel ist. Wie man im zweiten Bild sieht, wachsen sie im Garten unter anderem in Lücken im asphaltierten Gartenweg.

Zwecks genauerer Untersuchung habe ich mehrere Exemplare 5-10cm tief ausgegraben, um am Stereomikroskop bessere Möglichkeiten der Beobachtung zu haben.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 07, 2020, 20:22:41 NACHMITTAGS
Das erste Bild weiter unten zeigt, wo der Name "Körnchenröhrling" seinen Ursprung hat: Am Stiel treten vielfach kleine Tröpfchen aus, die der Oberfläche das körnchenartige Muster verleihen.

Im zweiten Bild sieht man die Struktur der Röhrchen im Stereomikroskop bei 20-facher Vergrößerung. Auch den Übergang zwischen Trama und Röhrchen im Hutquerschnitt habe ich so aufgenommen (drittes Bild).

Aus Interesse wollte ich den Übergang zwischen Stiel und dem unterirdischen Myzel anschauen, welches man ja als Pilzsammler (der ich übrigens nicht bin) nicht zu Gesicht bekommt. Das vierte Bild zeigt diesen Übergang zwischen Stiel und dem Myzel im Boden. Ich habe dazu eine alte Mikrotomklinge geopfert, und ein Stück des ausgegrabenen Pilzes entlang dem Stiel nach unten durchgeschnitten. Direkt am Stiel ist das Myzel sehr dicht, nach unten verlaufen sich die Hyphen recht rasch und sind kaum mehr sichtbar.

Damit auch das 100er Objektiv am Durchlichtmikroskop wieder einmal etwas zu tun hat, habe ich im letzten Bild noch eine Aufnahme der Sporen gemacht. In Übereinstimung mit den Literaturwerten sind die Sporen ca. 3mum breit und 7-8mum lang. Eine Einfärbung mit Baumwollblau habe ich auch versucht, hat leider nicht funktioniert. Deshalb zeige ich die im Wasser eingedeckten Sporen, Aufnahme mit Immersionsöl auf dem Deckglas.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in September 07, 2020, 22:20:58 NACHMITTAGS
Sehr schöne Bilder.
Danke fürs Teilen.

Gruß
D.Mon
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: beamish in September 07, 2020, 22:41:46 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen
ist es sicher, dass da nie eine Kiefer stand? Ich kenne Berichte von Mycorrhiza-Pilzen, die immer noch am Standort zu finden waren, nachdem der zugehörige Baum schon viele Jahre zuvor gefällt wurde. Das Wurzelsystem bleibt offenbar unter Umständen noch lange aktiv.
Grüsse
Martin
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 08, 2020, 22:02:30 NACHMITTAGS
Hallo d.mon und Martin,

danke für euer Feedback! Kiefern gab es in der näheren Umgebung zumindest die letzten 25 Jahre keine, dafür einige Fichten, Buchen und zahlreiche Sträucher. Nachdem die Körnchenröhrlinge auch zuverlässig bei feuchtem Wetter aufpoppen, scheint ihnen da etwas systematisch zu gefallen.

Ein kleiner Schwenk von der Flora zur Fauna: Beim Pilze-Einsammeln habe ich auch kurz zu den Seerosen geschaut, und auf den Stängeln die üblichen Verdächtigen (Rädertiere, Amöben, Stentoren, ..) gefunden. Einer der Organsmen ist mir noch nie untergekommen, siehe unten. Kann mir da jemand weiterhelfen?

Das Tierchen ist schon recht groß, hat mehrere (fünf?) mit fleißig strudelnden Wimpern umgebene Einbuchtungen. Es dürfte auch eine Schale vorhanden sein, die bei der Beobachtung zum Teil gesprungen ist, als sich das Deckglas durch Wasserverdunstung gesenkt hat. Ein Fuß/Rüssel, der regelmäßig ein- und ausfährt, war auch noch im Spiel.

Ein Video dazu hätte ich auch noch:
Mikroorganismus (https://youtu.be/KUVE6PwXLAE)

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: plaenerdd in September 08, 2020, 22:09:17 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
ich denke, dass das eine sehr junge Muschel ist, die erst vor kurzem ihr planktisches Stadium beendet hat.
Beste Grüße
Gerd
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 08, 2020, 22:22:29 NACHMITTAGS
Hallo Gerd,

danke für die schnelle Antwort! Muschel macht natürlich Sinn, das mit der planktischen Phase ist mir neu. Wieder etwas dazugelernt! Da kann ich ja bald ein Spezialitätenrestaurant mit Produkten aus eigenem Anbau aufmachen, wenn das so weitergeht. Muscheln an Pilzsoße wäre ja eine interessante Kombination.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 25, 2020, 15:45:54 NACHMITTAGS
Nachdem die Sporen der bereits gezeigten Körnchenröhrlinge für's Lichtmikroskop schon recht klein sind, habe ich sie einmal unters REM gelegt. Die Geometrie des "flachen Donuts" kommt ganz gut zum Vorschein, ansonsten sind die Sporen recht unscheinbar und kontourlos. Etwas länger besputtern wäre auch gut gewesen. Wie man sieht, sind nicht alle Einzelsporen ausreichend elekrtrisch leitend. Aber für einen ersten Eindruck reichen die Aufnahmen hoffentlich.

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in April 20, 2021, 22:20:40 NACHMITTAGS
So schön langsam tut sich wieder etwas im Garten. In einer ziemlich vernachlässigten Ecke hat sich die Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) etabliert. Die Stängel dieser Pflanze habe ich genutzt, um erste Schritte mit PEG-Einbettung zu machen. Das empfindliche Mark der Stängel ließ sich ohne Einbettung nicht zerstörungsfrei schneiden. Mit PEG-Einbettung gelingt das recht gut. Ich finde es recht erstaunlich, dass die Einbettung so "sanft" funktioniert, dass im Mark sogar Stränge aus einzelnen Zellen überleben (siehe zweites Bild).

Die Schnitte habe ich folgendermaßen hergestellt:

(1) Stängel ca. 6h in AFE
(2) danach 24h in 20%PEG/80%H2O
(3) 8h in PEG1500 bei 55°C
(4) Blöcke gießen und im Mikrotom schneiden (35µm Schnittdicke)
(5) Ausbetten aus PEG in 20%PEG/80% H2O, ca. 30min
(6) Reinigen in H2O.
(7) Überführen in 50% Ethanol
(8 ) Färben in Acridinrot 10min, siehe https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39929.msg299925#msg299925 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=39929.msg299925#msg299925)
(9) Ausspülen in H2O
(10) Färben in Acriflavin 15sec
(11) Ausspülen in H2O
(12) Färben in Astrablau 1min
(13) Ausspülen in H2O
(14) Überführen in Isopropanol
(15) Eindecken in Euparal.

Aufnahmen mit Leica HC PL Fluotar 5x, Pano aus 4 Aufnahmen (erstes Bild) bzw. HC PL Fluotar 10x für das zweite Bild.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in April 20, 2021, 22:25:30 NACHMITTAGS
Bei der heutigen Online-Session der MGW haben wir mit Unterstützung von Erich und Gerhard die Zuordnung zu den Gewebetypen versucht.
RP ... Rindenparenchym
XY ... Xylem
MP ... Markparenchym
PH ... Phloem
SP ... Spaltöffnung
SG ... Sekretgang
EP ... Epidermis
KA ... Kambium
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: othum in April 20, 2021, 23:14:40 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

Sehr schönes Präparat und sehr gute Aufnahmen! Vielleicht muss ich doch mal mit der PEG-Einbetterei beginnen....

Beste Grüße, Oliver
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in April 21, 2021, 21:44:17 NACHMITTAGS
Hallo Oliver,

danke für das Lob! Für's Einbetten mit PEG braucht man zum Glück ja nicht viel Zusatzmaterial, es dauert halt alles länger als beim normalen Schneiden und Färben. Einen Versuch ist es also sicher wert.
LG
Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Bob in April 21, 2021, 22:00:53 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,
die Schnitte sind klasse geworden! Vielleicht muss ich mich mit PEG doch nochmal intensiver befassen...

Viele Grüße,

Bob
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Fahrenheit in April 22, 2021, 06:29:23 VORMITTAG
Lieber Oliver,

da kann ich  mich nur anschließen: ein schönes Präparat gut fotografiert!

Die Milchkanäle bzw. allgemeiner Sekretgänge im Spross hast Du gefunden? Du kannst sie z.B. mit SG oder MK entsprechend kennzeichnen.

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: M Beier in April 22, 2021, 11:56:39 VORMITTAG
Hallo Jürgen,
wirklich tolle Schnitte sind das geworden!
Ja die Steppenwolfsmilch habe ich auch schon mal getestet, aber im Mark nur Matsch erhalten. Diffundiert das PEG in das gesamte Gewebe wie Paraffin?

Viele Grüße
Maria
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in April 22, 2021, 22:23:25 NACHMITTAGS
Hallo Maria, Bob und Jörg,

danke für Eure Rückmeldungen, freut mich!

Jörg, die Sekretgänge habe ich versucht zu markieren im obigen Beitrag. Habe ich das richtig zugeordnet?

Maria, mit PEG habe ich noch nicht allzu viel gemacht. Deshalb sind meine Beobachtungen noch nicht sehr aussagekräftig. Aber ich glaube, das PEG-Business ist nichts für Eilige. Ich habe die Stängel recht lange in 20%PEG/80%H2O "gebadet" (ca. 20h) und dann auch recht lange in flüssigem PEG (50°C) belassen (ca. 6h). Ich denke, das PEG war dann in allen Poren der Stängel drinnen. Geschnitten habe ich auch sehr langsam, deutlich langsamer als bei normalen, nicht eingebetteten  Schnitten.

Wichtig war, die Schnitte nicht gleich ins Wasser zu legen sondern wieder in 20%PEG/80%H2O. Bei der Überführung direkt in Wasser hat es die Schnitte komplett zerlegt. Es muss also offenbar alles recht sanft vonstatten gehen.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: Fahrenheit in April 23, 2021, 06:44:36 VORMITTAG
Lieber Jürgen,

ja, dass passt!

Herzliche Grüße
Jörg
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 03, 2021, 22:33:49 NACHMITTAGS
So schön langsam zieht der Frühling ein im Garten (Bild 1), und die diversen gärtnerischen Mikroskopie-Projekte können wieder Fahrt aufnehmen. Wie weiter oben beschrieben, hat mein etwas unterentwickelte gärtnerischer Ehrgeiz dazu geführt, dass sich ein gesundes Bodenleben ungestört etablieren konnte. In weiterer Folge konnten sich, neben diversen Großpilzen, 4-5 Arten von einheimischen Orchideen ansiedeln.

Die einheimischen Orchiodeen sind für die Keimung ja zwingend auf das Vorhandensein geeigneter Mykorrhiza-Pilze angewiesen, so auch das rote Waldvöglein (Bild 2), das im Juni wieder blühen wird. Aus anfänglich 1-2 Zufalls-Exemplaren sind durch Aussaat mittlerweile 20 Exemplare geworden. Nachdem diese Art bis jetzt nicht gezielt asymbiotisch vermehrt werden kann, kann man das rote Waldvöglein nicht kommerziell erwerben und anpflanzen. Die in freier Natur wachsenden Exemplare sind geschützt, und somit ist Probenmaterial kaum verfügbar, wenn sich die Art nicht gerade im eigenen Garten befindet.

Mich interessiert perspektivisch, ob ich der Mykorrhiza im Garten, die offenbar orchideentauglich ist, mit dem Mikroskop auf die Spur kommen kann. Vorerst gibt es aber einmal einen Schnitt durch den Spross des roten Waldvögleins (Cephalanthera rubra), den ich letzten Sommer nach Fixierung in AFE in Ethanol aufbewahrt habe. Der letztjährige Versuch eines Schnittes (siehe weiter vorne im Thread) hat nicht so recht funktioniert, deshalb habe ich es diesmal mit PEG-Einbettung versucht, siehe Bild 3. Die Stängel sind sehr weich, auch mit PEG habe ich keinen wirklich perfekten Schnitt (Dicke 30µm) erhalten. Aber das Ergebnis ist doch deutlich besser als der Schnitt ohne Einbettung (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37883.msg282278#msg282278 (https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=37883.msg282278#msg282278)).

Färbung war Acridinrot+Acriflavin+Astrablau, man sieht schön die unregelmäßige Verteilung der Leitbündel, wie sie typisch ist für einkeimblättrige Pflanzen, zu denen das rote Waldvöglein zählt.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: D.Mon in Mai 04, 2021, 10:18:17 VORMITTAG
Hallo Jürgen,

sehr schöne Bilder.
Danke fürs Zeigen.

Viele Grüße
Martin
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 04, 2021, 22:57:01 NACHMITTAGS
@Martin, danke für die Rückmeldung!

Bevor ich mich an eine Wurzel einer Orchidee traue, ist einmal etwas Übung an weniger exotischen Pflanzen angesagt. Im Moment bieten sich da Buchen an, die gerade massenhaft keimen. An mehreren Stellen (z.B. Bild 1) sprießen die zu Hunderten aus dem Boden. Da Buchenwurzeln ebenfalls gerne in Verbindung mit Mykorrhiza-Pilzen treten, sollte da ausreichend Übungmaterial da sein.

Bild 2 zeigt einen Keimling und ein etwas älteres Exemplar, die als erste zur Verfügung stehen mussten. Zuerst waren einmal die Sprosse dran, in der Mitte des jungen Stammes (siehe Markierung im zweiten Bild) habe ich Schnitte gelegt. Das Material lässt sich sehr gut schneiden, 25µm ohne Einbettung waren problemlos möglich.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 04, 2021, 22:58:05 NACHMITTAGS
Die folgenden Bilder zeigen eine Gesamt- und eine Teilansicht eines gefärbten Schnittes (Acridinrot+Acriflavin+Astrablau) sowie eine Fluoreszenzaufnahme (Blauanregung) eines ungefärbten, frischen Schnittes.

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 04, 2021, 23:02:59 NACHMITTAGS
Spannend wird es dann im unterirdischen Teil, mehrere Pilzarten lassen sich im Stereomikroskop leicht an ihrem Myzel erkennen. Die schwarzen Verdickungen an der Wurzel sind vermutlich die in Symbiose mit dem Baum lebenden Pilze. Im Durchlicht-Mikroskop bin ich mit Aufnahmen dieser Bereiche weitgehend gescheitert. Hier schöne Schnitte zumachen, dürfte nicht ganz einfach sein.

Zumindest einige der Hyphen konnte ich aufnehmen, siehe letztes Bild. Ich denke, die erkennbare Verdickung ist eine der typischen Schnallen?
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 04, 2021, 23:17:48 NACHMITTAGS
Hier noch ein Bild zur Dokumentation des bisherigen Scheiterns bei der Mikroskopie der Buchenwurzeln: Ein Schnitt (40µm) durch eine von Mykorrhiza umgebene Wurzel, gefärbt mit Pianese-Färbung. Der Schnitt ist viel zu dick, und dennoch zerrissen. Mit etwas Fantasie kann man rechts oben rosa gefärbte Strukturen erkennen. Das könnten Teile des Pilzmyzels sein.

Ich fürchte allerdings, dass ich hier längerfristig nicht um Paraffinschnitte herumkommen werde.

LG
Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 16, 2021, 21:27:25 NACHMITTAGS
Nachdem rundherum alles sprießt, geht's bei mir weiter mit den "unterirdischen" Versuchen zur Mikroskopie des Bodenlebens. Aktuell zeigen sich die ersten heimischen Orchideen im Garten. Im Orchideenversuchslabor (Bild 1) regen sich sowohl die Fuchs-Knabenkräuter (Dactylorhiza fuchsii, Bild 2) als auch die roten Waldvöglein (Cephalanthera rubra).

Von den Fuchs-Knabenkräutern habe ich so ca. 20 Stück gefunden, einige davon haben sich unerlaubterweise in jenem Teil des Gartens angesiedelt, wo ab und zu der Rasenmäher vorbeischauen muss. D.h. diese Pflanzen werden langfristig kaum überleben und bieten sich daher als Untersuchungsobjekt für die Mikroskopie an. Bild 3 zeigt zwei dieser Pflänzchen, die sich bereiterklärt haben, für die Wissenschaft zur Verfügung zu stehen.
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 16, 2021, 21:45:00 NACHMITTAGS
Untenstehendes Bild 1 zeigt eine Wurzelspitze einer der beiden vorher gezeigten Pflanzen im Stereomikroskop. Ich vermute, dass die feinen abstehenden Fäden Hyphen der Mykorrhiza sind. Die Wurzeln lassen sich nicht leicht schneiden, deshalb stand ein Versuch mit Einbettung in PEG und anschließender Färbung mit Pianese an.

Die Wurzelstücke lagen 12h in 20%-PEG-Lösung und wurden danach 8h in PEG bei 50°C infiltriert. Die Spitzen verloren dabei leider ihre runde Form und sackten zusammen. Ich nehme an, das hygroskopische PEG nimmt das Wasser in den Wurzeln schneller auf als dass das flüssige PEG in das Gewebe eindiffundieren kann. Der Sprung von 20%PEG auf 100%PEG scheint zu groß zu sein.

Die eingebetteten Proben wurden mit 25µm Dicke geschnitten und auf einen mit Glyzerineiweiß beschichteten Objektträger transferiert. Das PEG wurde mit AquaDest entfernt, zur besseren Anhaftung habe ich die Schnitte etwas eintrocknen lassen. Danach wurde am Objektträger mit Pianese gefärbt und mit 99%Ethanol/1%Eisessig kurz differenziert. Einbettung in Euparal. Bild 2 zeigt eine Aufnahme (10x-HC PL Fluotar Objektiv). Die Färbung hat ganz gut funktioniert, der ursprünglich runde Querschnitt ist allerdings komplett verloren gegangen, das passt noch gar nicht.

Wenn man den gefärbten Schnitt https://www.sciencephoto.com/media/576137/view (https://www.sciencephoto.com/media/576137/view) vergleicht, könnte man vermuten, dass im markierten Rechteck Hyphenknäuel zu sehen sind. Etwas untermauert wird diese Vermutung durch das Fluoreszenzbild (Blauanregung), wo die "Knödel" gelb fluoreszieren und sich vom Rest des Gewebes unterschieden. Das Euparal fluoresziert übrigens recht stark, deshalb ist das Fluoreszenzbild etwas unschön geworden.

So ganz habe ich die Sache noch nicht im Griff, wie man sieht. Falls jemand ein paar Tipps zur Präparation hat oder zur Bestimmung der einzelnen Bereiche im Schnitt, bin ich für Hilfe jedenfalls dankbar.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Mai 20, 2021, 23:43:55 NACHMITTAGS
Ein weiterer Versuch mit der Wurzel vom Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii). Diesmal habe ich vor dem Schneiden einen zusätzlichen Imprägnierungsschritt mit 50%Wasser/50%PEG eingeschoben, um das Zusammenklappen der Struktur zu vermeiden. Das verbessert die Situation schon deutlich, und der Querschnitt der Wurzel bleibt gut erhalten. Zusätzlich habe ich vor dem Färben der 25µm dicken Schnitte mit der Pianese-Färbung gründlcher mit 50% Ethanol gewaschen, das wirkt sich ebenfalls positiv aus.

Der Durchmesser der Wurzel war schon recht klein, das macht die Sache nicht einfacher. Aber die Rhizodermis ist gut erkennbar durch die grüne Färbung, und auch die eingelagerten kugeligen Hyphen der Mykorrhiza sind identifizierbar. Das zentrale Leitbündel ist ebenfalls halbwegs klar dargestellt.

Mit einer etwas dickeren Wurzel könnten die Schnitte schon recht brauchbar werden.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juni 25, 2021, 20:35:31 NACHMITTAGS
Kürzlich sind mir im Garten auf zahlreichen Buchenblättern rötlich-grüne Gallen aufgefallen (erstes Bild). Über eine kurze Recherche hat sich der Übeltäter identifizieren lassen, es handelt sich vermutlich um die Buchengallmücke (Mikiola fagi), die im Frühjahr ihre Eier auf den knospenden Buchenblättern ablegt. Die Larven beginnen dann, an den Blättern zu fressen und sondern dabei chemische Stoffe ab, die das Buchenblatt zur Bildung einer Galle anregen.
Im zweiten Bild sieht man eine aufgeschnittene Galle mit der Bewohnerin. Die Larven bevorzugen Einzelzimmer, d.h. jede Galle enthält eine Larve, die sich ernährt, indem sie das Gewebe der Galle von innen frisst. Im Herbst lösen sich die Gallen von den Blättern, und die Larve überwintert am Boden, um im Frühjahr als Insekt zu schlüpfen und eine neue Generation an Eiern abzulegen.

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in Juni 25, 2021, 20:41:18 NACHMITTAGS
Eine Galle habe ich in AFE fixiert, dann in 20% PEG-Lösung für 12h und 50%PEG-Lösung für 6h gelagert. Danach wurde in PEG 1500 bei 55°C eingebettet und in weiterer Folge 35µm dicke Schnitte angefertigt. Gefärbt wurden die Schnitte mit Acridinrot (15min)+Acriflavin (15sec)+Astrablau (2min). Nach Eindecken in Euparal habe ich eine Panoramaufnahme mit dem Leica HC PL Fluotar 5x gemacht (erstes Bild). Die Gallenaußenseite ist offenbar stark verholzt, was man auch beim Schneiden merkt.

Das zweite Bild zeigt eine Detailaufnahme, die Sollbruchstelle ist gut erkennbar. Schon erstaunlich, wie die von der Larve abgesonderten Stoffe das Buchenblatt so massiv "umprogrammieren" können.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 15, 2021, 00:05:08 VORMITTAG
Liebes Forum,

nachdem sich die hauseigenen weißen Seerosen (Nymphaea alba) im heurigen Sommer recht üppig ausgebreitet haben (siehe Bild 1), konnte ich ein Exemplar opfern und neben dem Spross auch die Wurzel unters Mikroskop legen.

Sowohl Wurzel als auch Blattstiel wurden in AFE fixiert, danach schrittweise in PEG1500 überführt und eingebettet, und danach am Schlittenmikrotom geschnitten (40µm Dicke). Färbung erfolgte mit Wacker (Acridinrot 10min, Acriflavin 15sec, Astrablau 2min). Das Leben in der "Schwerelosigkeit" führt dazu, dass weder Spross noch Wurzel großen Kräften ausgesetzt sind, d.h. verholzte Bereiche zur Erhöhung der Festigkeit und Steifigkeit braucht es nicht. Vom Acridinrot ist in der Färbung also fast nichts zu sehen.

Blattstiel und noch mehr die Wurzeln sind sehr weich und nicht ganz leicht zu schneiden. Bei der Wurzel (Bild 2) sieht man in der Mitte das Leitbündel, das umgebende Parenchym ist im Wesentlichen nur über einzelne Zellen vernetzt, und ganz perfekte Schnitte habe ich nicht geschafft.

Der Blattstiel ist etwas einfacher zu handhaben, und die Lakunen (verantwortlich für die Sauerstoffversorgung der unter Wasser liegenden Pflanzenorgane) ebenso wie die Leitbündel sind gut erkennbar. Auffällig sind natürlich die Idioblasten, die vor allem im polarisierten Licht (Bild 4, Stack aus 9 Aufnahmen) recht ansprechend aussehen.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 25, 2021, 10:05:21 VORMITTAG
Im "Schonwaschgang" habe ich die sehr weichen Wurzeln der Seerose noch etwas besser hingekommen. Einbettung in PEG 1500 (12h in 20% Peg/80%H2O, dann 12h 50%PEG/50%H2O, dann 8hPEG bei 54°C). Nach dem Schneiden (40µm) in 20%PEG/80%H2O das PEG ausgewaschen, Färbung mit Etzold FCA.

Überblicksaufnahme als Pano mit dem 5x-Objektiv, Detailaufnahme als Stack aus 5 Aufnahmen mit dem 20x-Objektiv.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in November 09, 2021, 22:16:37 NACHMITTAGS
So wirklich viel zu tun gibt es im Garten aktuell ja nicht mehr, zum Glück bieten diverse Nadelbäume rund ums Jahr Material für's Mikroskop. Da lässt sich das Schneiden der Nadeln üben, und erste Schritte in die unendlich große Spielwiese der Fluoreszentmikroskopie sind auch möglich. Hier einmal zwei Aufnahmen einer Fichtennadel (Picea), einmal frisch geschnitten und in Wasser eingebettet in Fluoreszenz (Blauanregung, 10x HC PL Fluotar), und einmal mit Acridinrot - Acriflavin - Astrablau gefärbt als Hellfeldaufnahme (ebenfalls mit 10x-Objektiv aufgenommen). Schnittdicke war 35µm bei beiden Proben. Beide Aufnahmen sind Stacks aus ca. 5 Einzelaufnahmen.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 07, 2022, 22:36:44 NACHMITTAGS
Beim Frühjahrsputz Anfang Juni habe ich im Garten (Abb. 1) ein Großes Zweiblatt (Neottia ovata) entdeckt. Diese unscheinbare Orchidee mit ihren kleinen, grasgrünen Blüten wird gerne übersehen. Die Pflanze ist anspruchslos und wächst in einer Vielzahl von Habitaten. Wie alle Orchideen ist sie dennoch recht selten, und die Schönheit ihrer Blüten erschließt sich erst bei genauerem Hinsehen (Abb. 2). Da die Blütenstände aus einer großen Zahl von Einzelblüten bestehen, habe ich einige abgeschnitten und in Paraffin eingebettet.

Mit dem Schlittenmikrotom wurden dann 10µm dicke Schnitte hergestellt, die ich mit Etzold FCA gefärbt habe. Der "Außerirdische", der danach im Mikroskop (Hellfeldaufnahme, Panorama aus 6 Einzelaufnahmen mit dem 5x-Objektiv) sichtbar wird, ist in Abb. 3 gezeigt. Man erkennt gut den Fruchtkörper FK mit den Samenanlagen, die Narbe NA sowie die Pollen PO. Abb. 4 zeigt dieselbe Aufnahme ohne Anmerkungen.

LG

Jürgen
Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: liftboy in September 08, 2022, 15:04:01 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

es war mir etwas zu blau, da hab ich ein bissel nachgearbeitet.
Wolfgang

Titel: Re: Mein Garten unter dem Mikroskop
Beitrag von: jcs in September 08, 2022, 23:56:44 NACHMITTAGS
Zitat von: liftboy in September 08, 2022, 15:04:01 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

es war mir etwas zu blau, da hab ich ein bissel nachgearbeitet.
Wolfgang
Hallo Wolfgang,

danke für Deine Rückmeldung. Mit den Farben ist es in dem Fall so eine Sache, das Rot von Etzold FCA wurde bei den (nicht verholzten) Blütenschnitten recht komplett ausgewaschen. Die Proben sind also weitestgehend blau. Wenn man höher vergrößert, kommt etwas Farbe ins Spiel, einerseits bei den Pollen (Abb. 5), andererseits bei den sich bildenden Samen (Abb. 6). Großes Farbfeuerwerk ist das aber auch noch nicht.

Der Reiz der Bilder liegt für mich eher in der Geometrie der Bilder. Allzu viele Mikro-Aufnahmen von Querschnitten der Zweiblatt-Blüten wird man auch nicht finden, insofern also hoffentlich etwas Neues hier im Forum.

LG

Jürgen