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Foren => Mikrofoto-Forum => Thema gestartet von: derda in November 18, 2020, 15:00:41 NACHMITTAGS

Titel: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 15:00:41 NACHMITTAGS
Guten Tag liebe Dünnschlifffreunde,

über die Forums-Biete-Anzeigen hat Carsten Wieczorrek einige Proben Karbonatit vom Kaiserstuhl angeboten. Ich habe diese kostenlose Angebot gerne angenommen und erfülle nun die Bedingung einen Beitrag darüber zu verfassen.

Der Karbonatit ist relativ bröckelig gewesen, so ganz perfekt ist mir der Dünnschliff daher nicht gelungen. Vielleicht hätte ich ihn vorher fixieren sollen...

Zur Übersicht gibt es erst einmal Bilder vom Schliff:
Titel: Re: Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 15:02:25 NACHMITTAGS
Als Hauptmineral kommt primärer Calcit mit polysynthetischer Verzwilligung vor:
Titel: Re: Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 15:04:20 NACHMITTAGS
Hier ist brauner Magnesioferrit zu sehen, man beachte die kleinen Apatitkristalle (grau im XPL):
Titel: Re: Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 15:06:20 NACHMITTAGS
die letzten beiden Bilder zeigen Phlogopit, eine Biotitvariante:

Jetzt bin ich gespannt, was die anderen beiden Probenempfänger noch zeigen werden.

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 18, 2020, 16:44:48 NACHMITTAGS
Hallo Erik ,

der Schliff ist doch ganz gut gelungen-
Koppit musste ich erst mal nachschlagen, habe dann Pyrochlor gefunden , also kubisch isotrop,

kein Loch im Schliff ;D

LG
Jürgen
Titel: Re: Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 17:59:52 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen,

Zitatkein Loch im Schliff ;D

Eine Straße mit so vielen Löchern wäre nicht verkehrssicher.  ;D

Viele Grüße

Erik
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in November 18, 2020, 19:10:27 NACHMITTAGS
Hallo Erik,

ich bin mit dem Schleifen leider noch nicht so weit, sehe aber dasselbe wie du. Woran identifizierst Du diese braune Masse als Koppit?

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Holger Adelmann in November 18, 2020, 19:15:49 NACHMITTAGS
Hallo Erik (und Florian),

na - das Karbonat ist ja eindeutig zu erkennen.
Hätte mich auch interessiert, ob ihr REE-Minerale findet.

LG
Holger
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 18, 2020, 19:29:26 NACHMITTAGS
Guten Abend,

@Florian: den Nachweis kann ich nicht erbringen. Die Paragnese passt: Calcit, Apatit und Phlogopit.

@Holger: ich musste den Begriff REE-Mineral erst mal ergoogeln => Apatit wäre ein solches Mineral. Bei mir im Schliff kommt allerdings auch nicht sehr viel mehr vor, als das was ich gezeigt habe. Oft finde ich aber auch später noch Minerale, die ich übersehen habe (Pilzsucheffekt).

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 19, 2020, 10:19:10 VORMITTAG
Hallo Erik ,

ich hoffe Du bist mir nicht böse, wenn ich die Antworten vorwegnehme.
@ Florian & Holger
REE > SEE Seltene Erden Elemente >ja aber nicht als eigenständige Phase
und Identifizierung siehe hier.
Seite 19 unten:

https://www.agw.kit.edu/downloads/Studiengang/Kristalloptik%20-%20Mineralmikroskopie%20(Stosch,%2021MB).pdf

Grüße
Jürgen
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in November 19, 2020, 10:28:05 VORMITTAG
Ich habe gestern mal das Taschenspektroskop sowohl auf einen Karbonatitbrocken gehalten als auch das transmittierte Licht eines der rotbraunen Bereiche im Mikroskop betrachtet, aber keine scharfen Absorptionslinien gesehen.
Ich halte das braune Zeug, auch nach makroskopischer Betrachtung, primär für Limonit, der sich evtl. durch Zersetzung von Magnesioferrit gebildet hat. Der Koppit sollte in den Karbonatiten des Kaiserstuhlt ja als ideomorphe Oktaeder auftreten.

Mal sehen, ob man da noch schönere Beispiele findet.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 19, 2020, 10:33:38 VORMITTAG
...Laut obiger Quelle ist Koppit fast  opaque ,  jedenfalls auf dem Foto..

Eine gewisse Korrosion lässt sich bei Eriks Foto nicht verleugnen

Gruß
Jürgen
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 19, 2020, 10:55:01 VORMITTAG
...Zu Bild 8 und 9 wollte ich noch bemerken , dass der Phlogopit deutliche plastische Verformung erlitten hat,
erkennbar an den wellenförmigen Verlauf des Spaltsystems und der Rollbewegung. Das Karbonat unterhalb des Phlogopits zeigt Lamellen-Versetzung durch Stress wegen der höheren Sprödigkeit.
Die "tektonische " Verschiebung verläuft fast horizontal durch Bild.
LG
Jürgen
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Carsten Wieczorrek in November 19, 2020, 13:20:41 NACHMITTAGS
Hallo,
schöne Bilder.
Die Steine sind doch zumindest teilweise magnetisch. Da müsste doch irgendwo Magnetit zu finden sein?
Grüße
Carsten
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Holger Adelmann in November 19, 2020, 13:44:18 NACHMITTAGS
Zitat von: hugojun in November 19, 2020, 10:19:10 VORMITTAG
@ Florian & Holger
REE > SEE Seltene Erden Elemente >ja aber nicht als eigenständige Phase
Grüße
Jürgen

Deswegen hatte ich ja REE-Minerale geschrieben, Jürgen   ;)
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in November 19, 2020, 13:56:07 NACHMITTAGS
Hier gibt es ein Dünnschliffbild von Koppit:
https://www.uni-potsdam.de/de/geo/forschung/mineralogie/ausstattung/seltene-minerale#c514966
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 19, 2020, 14:40:52 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
schöne Homepage der UNI Potsdam, kannte ich auch noch nicht.
Pyrochlor und Koppit sind gesondert aufgeführt.
Pyrochlor als seltenes Mineral und Koppit als Seltenerd- Mineral.
Besonders ausgesuchte Schnittlagen, beide kubisch , zeigen sie Wachstum in hohen Symmetrie-Lagen ?
LG
Jürgen
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 19, 2020, 15:28:42 NACHMITTAGS
Hallo Holger,

da die REE für die meisten gesteinsbildenden Minerale inkompatible sind , reichern sich dann in der koexistierenden Schmelze an. Sie eignen sich deshalb hervorragend , Gesteinsschmelzen oder Ihre Erstarrungsprodukte in Mutter- oder Tochter-Schmelze zu trennen.

Von daher muss ich natürlich die Frage nach den REE-Mineralen verneinen.

Ob es solche überhaupt gibt , pneumatolytisch oder hydrothermal kann ich wegen Mangel an Beispielen nicht beantworten

LG
Jürgen
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 19, 2020, 15:37:17 NACHMITTAGS
Guten Tag,

so viele Dünnschliffbilder vom Koppit gibt es leider nicht. Ich habe noch ein Doppelbild zum Koppit hinzugefügt, ein weiteres hier gefunden: https://images.app.goo.gl/3hmBHvkRzZfVtoR59 (https://images.app.goo.gl/3hmBHvkRzZfVtoR59)

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Carsten Wieczorrek in November 19, 2020, 19:18:36 NACHMITTAGS
Hallo,
weiss denn niemand etwas zu dem Magnetit zu berichten?
Und nein, ich habe den Magneten nicht angeklebt  :D

Grüße
Carsten
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 19, 2020, 19:49:28 NACHMITTAGS
Hallo Carsten,

ich habe noch einen Probenrest an dem der Magnet auch haftet. Habe gerade in einer alten Studie von Magnesioferrit gelesen. Wahrscheinlich ist mein vermeintlicher Koppit eher  Magnesioferrit. Dieser ist ferromagnetisch.

https://www.zobodat.at/pdf/Berichte-naturf-Ges-Freiburg-Br_36_0028-0057.pdf (https://www.zobodat.at/pdf/Berichte-naturf-Ges-Freiburg-Br_36_0028-0057.pdf)

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in November 20, 2020, 13:53:41 NACHMITTAGS
Zitat von: Carsten Wieczorrek in November 19, 2020, 13:20:41 NACHMITTAGS
Hallo,
schöne Bilder.
Die Steine sind doch zumindest teilweise magnetisch. Da müsste doch irgendwo Magnetit zu finden sein?
Grüße
Carsten
Nach dem Motto: "Schuster, bleib bei deinen Leisten!"
hab mal 29 g davon in Essigessenz aufgelöst. Im Rückstand fand sich ca. 1g Magnetit, der sich mit einem Magneten scheiden lies (deshalb die Igelstruktur). 2g sind restliches Karbonat, Apatit, Phlogopit und vielleicht ja auch Koppit. Ich bin dabei nach diesem Artikel vorgegangen:
https://www.zobodat.at/pdf/Berichte-naturf-Ges-Freiburg-Br_36_0028-0057.pdf

Viele Grüsse
Florian 
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in November 20, 2020, 15:08:54 NACHMITTAGS
Hallo Florian ,
danke für diesen link.
Einige Beobachtungen am Schliff von Erik decken sich so schön mit den Beschreibungen bei Metschke.
Der Koppit in Erik´s Schliff war zwar nicht so schön zu erkennen , aber an den anderen Schliffbildern aus dem Netz, die den Koppit als sechseckiges Aggregate zeigten . Metschke beschreibt häufiges Vorkommen von Koppit-Zwillingen nach dem Spinell-Gesetz , die , wenn in der richtigen Schnittlage vorkommen , ein Sechseck darstellen.
Eine Zwillingsebene ist wohl deshalb nicht zu sehen, da es sich um optisch isotropes und chemisch homogenes
Mineral handelt. Vielleicht ein etwas zonarer Bau lässt sich vermuten.
,,Ich bin dabei nach diesem Artikel vorgegangen" , fehlt nur noch das Auszählen des Koppit´s am Körner-Präparat.
LG
Jürgen

Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in November 20, 2020, 15:45:18 NACHMITTAGS
Hallo Jürgen, in dem besagten Artikel steht auch, dass der Karbonatit von Badberg, von dem wir hier anscheinend Reden,im Gegensatz zu dem aus Schelingen nur sehr wenig bis gar keinen Koppit enthält. Viel ist es sicher nicht, und schon gar nicht in schönen idiomorphen Kristallen.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Carsten Wieczorrek in November 20, 2020, 18:41:35 NACHMITTAGS
Hallo,
Bei Interesse besorge ich Euch auch eine Probe aus dem Aufschluss Schellingen.
Carsten
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: derda in November 21, 2020, 07:54:56 VORMITTAG
Guten Moin Carsten,

ich würde sehr gerne den Koppit sehen wollen und freue mich über Dein Angebot. Diesmal vergieße ich aber die Probe lieber 😉.

Viele Grüße,

Erik
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Januar 09, 2021, 11:27:32 VORMITTAG
Sehr interessante Vorlesung zu Karbonatiten:
https://adam-staging.unibas.ch/goto_adam_file_130422_download.html
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Februar 02, 2021, 21:33:22 NACHMITTAGS
Heute habe ich von Carsten ein Päckchen mit Carbonatit aus Schelingen bekommen, für das ich mich ganz herzlich bedanken möchte.
Dunkle Kristalleinsprenglinge sind schon mit blossem Auge gut zu erkennen und unter der Stereolupe sieht man ideomorphe Kriställchen, die allerdings oft angewittert aussehen.
In der Mittagspause habe ich etwas Carbonatit gepulvert und mit Salzsäure behandelt. Im Gegensatz zum Carbonatit aus Badberg enthielt der Rückstand praktisch keine magnetischen Bestandteile. Auch Apatit konnte ich nicht erkennen. Der grösste Teil bestand aus einem fast farblosen Glimmer, der auch keinen Dichroismus zeigt, also vermutlich Muskovit. In dem oben zitierten Artikel wird von einem Barium-Biotit gesprochen, was ich aus Unkenntnis dieses Minerals auch nicht ausschliessen möchte. Daneben viel ockergelbes Zeug (Goethit) und wenige dunkle Körnchen. Obwohl ich das für eher unwahrscheinlich halte, könnte sich der gesuchte Koppit teilweise gelöst haben.
Wie dem auch sei, in einem Streupräparat in Immersionsöl findet sich ein Kriställchen, das schön rot durchscheinend ist und keine Doppelbrechung zeigt. Das ist dann wohl der gesuchte Koppit.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in August 15, 2022, 11:13:34 VORMITTAG
Nachdem ich den Kaiserstuhl demnächst selbst einen Besuch abstatten möchte, habe ich die Carbonatitproben nochmals hervorgekramt und auch eine aus Schelingen in der guten Surig Essigessenz aufgelöst. Aus dem Rückstand habe ich versucht, einige Streupräparate anzufertigen. Ich finde zwar einige Kriställchen, die ich als Koppit ansprechen würde, allerdings sind wenige davon idiomorph ausgeprägt. An einem habe ich immerhin die Zonierung schön beobachten können.

Viele Grüsse
Florian

PS: Die Koppite sind doch ideomorph ausgeprägt. Das Problem besteht eher darin, dass man die Blende weit öffnen muss, um aufgrund der hohen Doppelbrechung des Koppits etwas erkennen zu können. Aufgrund der geringen Tiefenschärfe sind Kristallflächen dann aber kaum auszumachen.
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in August 15, 2022, 12:13:01 NACHMITTAGS
Ansonsten sieht man noch Calcitreste, kenntlich an den rautenförmigen Spaltflächen, Apatit, farblose idiomorphe Kriställchen, hoch Licht-, aber niedrig doppelbrechend, und gelb-blassbraune Blättchen von Phlogopit, der nicht pleochroitisch ist. Angeblich handelt es sich um eine bariumhaltige Varietät. 
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in August 29, 2022, 19:39:49 NACHMITTAGS
Glückauf!

Am Wochenende haben wir es endlich selbst auf den Kaiserstuhl geschafft!
Während einige Gesteine, wie Phonolith aus der noch aktiven Mine Hauri auf lange Winterabende warten, um geschliffen zu werden, ist ein 26g schweres Stück Carbonatit direkt in die Säure gewandert. Zurück blieben etwa 1g Erzkonzentrat, aus dem ich wenig Magnetit (oder Maghämit) mit dem Magneten aussortiert habe. Die verbleibenden 0.63 g bestehen nun tatsächlich aus Goethit, dem grünlichen Glimmer, bei dem es sich vielleicht um Barium-Phlogopit handelt, sowie den gesuchten Koppit Oktaedern, von denen die grössten immer noch kleiner als 1 mm sind. Aber wenigstens sind sie jetzt doch schön als Oktaeder zu erkennen!
Dieser Koppit ist nicht nur aufgrund seines Niob-Gehaltes interessant, sondern auch weil das Pyrochlorgitter sozusagen ein 3d-Äquivalent des Kagomégitters darstellt (uns Deutschen wohl besser als Wiener Geflecht von Omas Sesseln bekannt), das an der Front der Forschung unter dem Namen "Spin-Eis" untersucht wird.
Na ja, anbei Bilder der beiden Minerale.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Heiko in September 19, 2022, 20:38:20 NACHMITTAGS
Lieber Florian,

endlich ist auch mir ein Pröbchen Karbonatit vom Kaiserstuhl in die Finger geraten – seit Du die Zonierung abgebildet hast, liebäugele ich damit.
Nun benötige ich Interpretationshilfe: Zonarbau versus Kantenwachstum – was sehen wie hier? Die erste Aufnahme zeigt die Oberfläche, die zweite eine ,,untere" Fokusebene.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: PolMik in September 19, 2022, 21:16:38 NACHMITTAGS
Glückauf Florian,
noch eine weitere Frage. Wie unterscheidet man Phlogopit von Biotit? Kannst Du mal ein konoskopisches Abbild des Phlogopits zeigen? Die einzig mögliche Unterscheidung unter dem Mikroskop wären die 2V-Winkel? Ich staune nebenbei gerade, dass in Strunz 8. Auflage auch Lepidolith und Zinnwaldit in die Biotit - Reihe kommen.
Viele Grüße
Michael
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in September 20, 2022, 07:49:01 VORMITTAG
Zitat von: Heiko in September 19, 2022, 20:38:20 NACHMITTAGS
Lieber Florian,

endlich ist auch mir ein Pröbchen Karbonatit vom Kaiserstuhl in die Finger geraten

Lieber Heiko,

hätt'ste mal gefragt, ich hätte Dich auch versorgen können. Ich kann auch nicht beurteilen, ob es sich in Deinem Bild um Zonen oder Kanten handelt. Wenn die Körnchen nur in Öl liegen und nicht eingedeckt sind, kannst Du sie vielleicht drehen? Ich habe Zonierung auch nur im Koppit aus einem Stück gefunden, die anderen waren alle unzoniert.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in September 20, 2022, 07:55:26 VORMITTAG
Zitat von: PolMik in September 19, 2022, 21:16:38 NACHMITTAGS
noch eine weitere Frage. Wie unterscheidet man Phlogopit von Biotit?

Glückauf Michael,

letztendlich gar nicht, weil Phlogopit ja ein Endglied der Biotitgruppe ist. Nachdem er aber kein, oder nur wenig Eisen enthält, ist er im Gegensatz zu den eisen- und titanhaltigeren Biotiten nur schwach gefärbt. Muskovit kommt bei dieser Paragenese nicht in Frage und wäre vom Typ I, während der Phlogopit vom Typ II ist. Dies bezieht sich auf die Lage der Achsenebene im Kristall. Dazu stelle ich noch gesondert Bilder ein. Nachdem in dem oben zitierten Artikel von bariumhaltigen Phlogopit die Rede ist, bin ich davon ausgegangen, diesen gefunden zu haben. Einen letzten Beweis, dass es sich nicht um exotischere Phyllite handelt, muss ich allerdings schuldig bleiben.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: PolMik in September 20, 2022, 10:44:35 VORMITTAG
Glückauf Florian,
das Problem, das ich mit meinen "Dunkelglimmern" bei den Betrachtungen unter dem Mikroskop hatte, war nämlich, dass alle 2V-Winkel um 0° hatten. Auch bei sehr dünnen Scheiben. Dabei sind auch welche, die Phlogopit sein sollen. Das wäre dann eher Biotit? Ich sehe gerade bei Wikipedia, dass Biotit seit 1999 nicht mehr als eigenständiges Mineral gilt. Die Nomenklaturen der Mineralogen sind verwirrend. Damit wäre die Frage nach der Unterscheidung von Biotit mit 2V-Winkeln zwischen 0° und 25° und Phlogopit mit 2V-Winkeln zwischen 16° und 20° auch geklärt. Meine Mineralogiebücher sind alle vor 1999 erschienen. Ich hatte nämlich gestern bei einem "Dunkelglimmer" mittels Refraktometer sehr klar einen Brechungsindex von 1,54 gemessen und im konoskopischen Bild einen Achsenwinkel von 0°. Das war der Hintergrund für meine Frage, die damit beantwortet ist.
Viele Grüße
Michael
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in September 20, 2022, 11:03:21 VORMITTAG
Hallo Michael,

das mit dem Achswinkel ist bei Biotit (und wohl auch Phlogopit) so eine Sache. Die Kristalle sind ja Stapel feiner Plättchen und die sind oft gegeneinander verdreht, so dass der Achswinkel sich fast zu 0 mittelt.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Heiko in September 20, 2022, 19:01:17 NACHMITTAGS
Lieber Florian,

es ist dann wohl doch nur von Kantenwachstum auszugehen – zumal Du sagst, Zonierung sei nicht Pflicht.
Für das Foto habe ich das Präparat gedreht und durch den Objektträger fotografiert.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in September 20, 2022, 22:49:55 NACHMITTAGS
Sieht aber trotzdem toll aus!
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Dezember 26, 2023, 21:09:33 NACHMITTAGS
Glückauf Forum,

das Christkind hat mir einen Dünnschliff gebracht und zwar einen historischen Dünnschliff der Firma Krantz, der als "Gehlenitkalk, Badberg, Oberbergen, Kaiserstuhl" beschriftet ist. Eine schöne Beschreibung dieses Gesteins von 1897 findet sich auf Zobotat:
https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Oberhess-Ges-Natur-u-Heilkde_32_0084-0095.pdf (https://www.zobodat.at/pdf/Ber-Oberhess-Ges-Natur-u-Heilkde_32_0084-0095.pdf)
Olaf wurde heute schon von mir verhaftet, um meine vorläufigen Diagnosen abzusichern.
Der Hauptbestandteil dieses merkwürdigen Gesteins ist Hauyn, siehe Bilder 1-2(lin pol, x-pol), der als schmutzige, rundliche, hypidiomorphe, isotrope Kristalle niedrigen Brechungsindex erscheint. Nur in einigen Kristallen findet man das charakteristische Gittermuster aus kleinen Erzausscheidungen (Bild 3). An einer Stelle findet sich auch ganz klarer Hauyn, kenntlich an niedrigem Brechungsindex und Isotropie (Bild 4, 5). Rundherum ein beiges Mineral, das lebhafte Interferenzfarben zeigt. Obwohl untypisch, könnte es sich um Phlogopit handeln. Knop erwähnt den Barytbiotit, der ja auch zusammen mit Koppit in Schelingen gefunden wird.
Schliesslich findet sich ein einachsig-negatives Mineral, geringen Brechungsindex; es kommt wohl nur Nephelin in Frage (Bild 6,7). Schliesslich in Bild 8,9 links der Mitte Calcit, und rechts der Mitte entlag eines Ringes, ein relativ hochbrechendes Mineral mit zahlreichen Spaltbarkeiten, das konoskopisch ebenfalls einachsig negativ ist. Die Interferenzfarben sind etwas höher als erwartet, da der Schliff ca 45 Mikron dick ist. Es kommt eigentlich nur der Gehlenit in Frage.

Schöne Feiertage,
Florian
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: PolMik in Dezember 27, 2023, 13:15:49 NACHMITTAGS
Hallo Florian,

schönen Dank für das Zeigen. Ein interessantes Gestein. Der Schliff ist bestimmt zu dick, weil das in dünneren Scheiben zerbröselt. Hauyn und Kalzit sind gut zu erkennen. Beim Phlogopit hätte ich Zweifel. Mit derartigen Interferenzfarben könnte ich mir Phlogopit nicht vorstellen. Vielleicht könnte es irgendein Karbonat sein? Bei solchen Bildern wäre eine Beschriftung vielleicht nicht schlecht. Gehlenit als einer der Namensgeber des "Kalkes" würde als geologisches Thermometer was aussagen?
 
Viele Grüße
Michael
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Dezember 27, 2023, 14:20:28 NACHMITTAGS
Hallo Michael,

ich habe nochmal mit Schliffen von Karbonatit aus Schelingen verglichen, die etwas von dem bariumhaltigen Glimmer enthalten. Dieser sieht im Dünnschliff doch deutlich typischer nach Glimmer aus, mit leicht gewellten Schichten mit perferkter Spaltbarkeit. Selbst in sehr dünnen Schliffen ist er noch deutlich pleochroitisch. Das passt nicht so recht zu dem Mineral aus dem Gehlenitkalk. Vielleicht ist es ja Prehnit oder was von der Art.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Dezember 27, 2023, 15:48:44 NACHMITTAGS
An einer Stelle habe ich etwas von dem beigen Zeug gefunden, das relativ homogen war und nahe der Auslöschungsstellung. Es ist einachsig positiv und könnte sich damit um Brucit handeln.

Viele Grüsse
Florian
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: PolMik in Dezember 27, 2023, 21:16:52 NACHMITTAGS
Hallo Florian

Brucit schiene mit der Paragenese schwierig. Aber rechts oben in den Bildern 6 und 7 könnte sich evtl. noch Apatit verstecken?

Viele Grüße
Michael
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Dezember 27, 2023, 21:36:05 NACHMITTAGS
Ja, Apatit ist auch drinnen. Brucit zusammen mit Calcit ist nicht so abwegig: https://www.alexstrekeisen.it/english/meta/brucite.php
PS: Brauns schreibt, dass Gehlenit anstehend aus Predazzo in Tirol bekannt sei.
In
https://www.zobodat.at/pdf/JbGeolReichsanst_031_0001-0056.pdf
steht über Predazzo:
"Contactrinden, welche aus Calcit, Brucit, Granat und Vesuvian
oder Gehlenit bestehen, trifft man häufig. Stellenweise treten die Contactmineralien sehr massenhaft auf."
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: plaenerdd in Dezember 27, 2023, 22:39:00 NACHMITTAGS
Hallo,
sehr schön! Aber sagt mal: Bin ich der Einzige, der hier einen bettelnden Hund sieht?Pudel1.gif
Vielleicht ist es auch einfach schon etwas spät...
LG Gerd
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Dezember 27, 2023, 23:08:16 NACHMITTAGS
ROFL, Gerd, jetzt hast Du mich ertappt. Das kommt davon, wenn man KI generierte Bilder postet!
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: PolMik in Januar 07, 2024, 09:58:53 VORMITTAG
Hallo Floriaan,

die Karbonatite sind häufig mit Seltenen Erden angereichert. Findest du irgendwelche Anzeichen dafür? Zum Beispiel in den Apatiten oder Monazit / Xenotim im Dünnschliff?

Viele Grüße
Michael
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Januar 07, 2024, 11:48:24 VORMITTAG
Hallo Michael,

vor ein paar Tagen habe ich mich auf Aventüre begeben um den Hort des Alarich Medenbach an einem Zufluss des Rheins zu plündern. Dort sind mir 2 Dünnschliffe von Karbonatiten in die Hände gefallen, einer vom Öhrberg bei Schelingen und einer vom Badloch, beide vom Kaiserstuhl. In dem Schliff vom Öhrberg erkennt man sehr schön Apatit und Koppit (Bilder 1-4, 3 in x-Pol), in dem Schliff vom Badberg wohl Dysanalyt (Bild 5), einen niobhaltigen Perowskit. Laut Analysen enthält er ca 3% Seltenerdoxide. Leider finde ich spektroskopisch in keinem der Minerale hinweise auf Seltene Erden was mich bei den geringen Konzentrationen bei Dünnschliffdicke auch nicht wundert. Weiterhin in den Schliffen dunkles Erz (Magnetit), Phlogopit und Olivin. 

Viele Grüsse
Florian
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in Januar 07, 2024, 13:38:48 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
danke für die instruktiven Bilder, die außerdem fototechnisch von guter Qualität sind.
In meinen Dünnschliffen vom Ohrberg habe ich die Perowskit Variante Dysanalyt auch nicht gefunden. Sie scheint tatsächlich nur auf die Lokalität Badberg ( 2 km Abstand ) beschränkt zu sein.
Auf deinem Foto erscheint Dysanalyt mit hohem Relief ( n ~ 2,3 ) aber scheinbar doch durchsichtig.
Weinschenk ( Gesteinsbildende Mineralien ; 1907; 2. Ausgabe )beschreibt den Dysanalyt in den Dicken von Dünnschliffen fast undurchsichtig und Metall – glänzend .
Kannst du das so durch direkte Beobachtung bestätigen?
LG
Jürgen

Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Januar 07, 2024, 14:45:17 NACHMITTAGS
Lieber Jürgen,

ich habe hier ja leider nur den einen Schliff. Das Mineral hat hohen Brechungsindex und ist isotrop, viel bleibt da nicht mehr.
J. Soellner schrieb 1912 über "die optischen Eigenschaften des Dysanalyts von Vogtsburg und von Schelingen im Kaiserstuhl":
"O p t. : Eisenschwarz mit halbmetallischem bis metallischem Glanz im auffallenden Lichte. Im Dünnschliff mit gelbbrauner bis nelkenbrauner oder schmutziggraugrüner Farbe durchscheinend bis durchsichtig."
https://www.zobodat.at/pdf/Centralblatt-Mineral-Geol-Palaeont_1912_0310-0318.pdf

Viele Grüsse
Florian
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: hugojun in Januar 07, 2024, 15:11:29 NACHMITTAGS
Hallo Florian,
Aus deiner Literatur:
,, Die Angaben Hauser's bezüglich der Isotropie des Dysanalyts
von Vogtsburg sind in keiner Weise zutreffend, vielmehr ist der
Dysanalyt in allen untersuchten Schliffen deutlich doppel-
brechend."
wäre das nicht ein Fall für die ,, Polychromatic polarization ,, .

LG
Jürgen
Titel: Aw: Dünnschliff Karbonatit vom Kaiserstuhl
Beitrag von: Florian D. in Januar 07, 2024, 16:31:31 NACHMITTAGS
Anomale Doppelbrechung gibt es ja bei fast allen isotropen Mineralen. Ich sehe da keine diagnostische Relevanz.

Viele Grüsse
Florian