Hallo zusammen,
ich habe vor einiger Zeit eher nebenbei einen Ciliaten beobachtet, der am Vorderende ein ungewöhnliches "Anhängsel" trug.
Ich habe einige Fotos geschossen und nun versucht, herauszufinden was das sein könnte, bin aber zu keinem Ergebnis gekommen.
Die Wasserprobe habe ich im Spätsommer aus einem kleinen Waldtümpel mitgebracht.
Seitdem steht sie bei mir im Zimmer.
Darin gefunden habe ich außerdem hauptsächlich andere Ciliaten, einige Rädertierchen, Bärtierchen, Kieselalgen, leere Gehäuse von Schalenamöben sowie diverse noch lebende Amöben.
Hat jemand eine Idee um wen oder was es sich hier handeln könnte?
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289262_19575591.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289262_41962596.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289262_36849274.jpg)
Danke und viele Grüße
Martin
Hallo Martin,
auf dem 2. Bild kann mann ziemlich eindeutig erkennen, dass das Viech im Mundbereich geplatzt ist und Zellplasma ausgetreten ist. Es liegt also kein Anhängsel, sondern eine Verletzung vor; eine Sache, die sehr häufig auftritt, wenn der Fokus auf einem anderen Objekt liegt ("eher nebenbei").
Die Schichtdicke ist also etwas zu gering; die Fotos sind deshalb andererseits sehr detailreich. Allerdings ist der Fokus in allen Bilden m.o.w. auf die "Miite" (bezogen auf die z-Achse) gerichtet, deshalb kann man weder den/ die Makronuklei sehen, noch die Ciliatur der Bauchseite, also Merkmale, die für die Bestimmung sehr wichtig sind.
ich vermute einen hypotrichen Ciliaten; vielleicht wissen die Protistenexperten mehr....
Beste Grüße
Michael Plewka
Hallo Martin,
Zitat von: Michael Plewka in Dezember 05, 2020, 09:39:18 VORMITTAG
auf dem 2. Bild kann mann ziemlich eindeutig erkennen, dass das Viech im Mundbereich geplatzt ist und Zellplasma ausgetreten ist. Es liegt also kein Anhängsel, sondern eine Verletzung vor; eine Sache, die sehr häufig auftritt,
ich vermute einen hypotrichen Ciliaten; vielleicht wissen die Protistenexperten mehr....
ich bin zwar kein "Profi" hinsichtlich der Ciliatenbestimmung, aber auch ich schließe mich Michael´s Einschätzung an.
Um (gerade bei den hyprotrichen) Ciliaten bestimmungsrelevante Details abzubilden, braucht es einige Übung und das Wissen,
WELCHE Details für eine (einigermaßen) sichere Bestimmung notwendig sind (Lage und Anzahl der Zellkerne, Lage der kontraktilen Vakuolen, das Cilienmuster auf der Zelloberfläche, das Mundfeld und seine Bewimperung). Oft lassen sich einige Details erst erkennen, wenn die Zelle gänzlich zerplatzt und zerlaufen ist. Gerade bei den hypotrichen Ciliaten ist das Zellplasma oft derart undurchsichtig, so dass z. B. die Lage und Form der Zellkerne nicht oder nur sehr schwer auszumachen ist.
Hallo und vielen Dank für Eure Kommentare.
Ich hatte auch schon an eine geplatzt Zelle gedacht, bin aber ins Zweifeln gekommen, nachdem der Bursche mindestens 15 Minuten lang munter herum geschwommen war und sich das "Anhängsel" in Form und Größe nicht verändert hatte. Ich hatte auch den Eindruck, daran Cilien zu sehen, die sich bewegen, Möglicherweise war das keine Eigenbewegung, sondern sind die nur zum Flattern angeregt worden.
Mit geringeren Schichtdicken (und auch mit Manipulationen an der Beleuchtung) experimentiere ich, um die oft lausige Qualität meiner Fotos zu verbessern.
Ich habe auch versucht, die Oberfläche zu fokussieren oder das Innenleben abzubilden, leider nur mit mäßigem Erfolg, weswegen ich die Bilder nicht gepostet habe. Es ist nicht meine Absicht, wie es in der Mikrofibel heißt, meine "Mitmenschen mit schlechten Fotos zu belästigen und zu quälen".
Hier sind trotzdem noch einmal drei Bilder mit etwas anderem Fokus, verbunden mit der Frage, ob hier noch "wichtige Details" zu erkennen (oder wohl eher zu erahnen) sind.
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289515_45004109.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289515_2383799.jpg)
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures010/289515_21454193.jpg)
Viele Grüße
Martin
Hallo Martin,
Zitat von: D.Mon in Dezember 05, 2020, 13:50:12 NACHMITTAGS
Es ist nicht meine Absicht, wie es in der Mikrofibel heißt, meine "Mitmenschen mit schlechten Fotos zu belästigen und zu quälen".
Keine Angst, mich "quälst" Du hier nicht. In diesem Forum sind eigentlich alle Bilder willkommen, egal ob "Beginner" oder "Profi".
Das letzte Bild geht in die richtige Richtung, nur auf der Zelloberfläche kann man die Wimperreihen noch nicht richtig erkennen. Bei dem von Dir gezeigten Ciliaten (ich lehne mich jetzt mal weiter aus dem Fenster) könnte es in Richtung
Paraurostyla gehen. Vielleicht melden sich ja die wirklichen Experten wie Martin Kreutz noch. Wichtig für Bestimmungsversuche sind dann noch die Größenangaben.
Hallo Michael,
Danke für Deinen Kommentar.
Ich freue mich auch über Vermutungen.
Ich habe dann einen Anhaltspunkt für weitere Informationssuche.
Die Beschriftung mit Maßstab habe ich nachgeholt.
Ich dachte zuerst, es reicht, wenn die Größenangabe auf der ersten Bildreihe drauf ist (die neuen Bilder waren eine Nachtarbeit).
Du hast aber völlig recht, das gehört dazu.
Viele Grüße
Martin
hallo Martin,
wenn es darum geht, Ciliaten zu bestimmen, ist es immer wichtig zu wissen, auf welche Merkmale man achten muss. Mit dem "Wassertropfen" kommt man da nicht weiter.
Falls noch nicht bekannt: die meines Erachtens beste Einführung sind diesbezüglich die 4 Bände der "Revision der Ciliaten" auf dieser website:
http://www.wfoissner.at/publications.htm
Die sind auch aus didaktischer Sicht hervorragend (Ich selbst habe für die Papierversion noch ein Vermögen bezahlt, aber selbst das hat sich gelohnt!)
Auch die andere Literatur ist hervorragend.
Beste Grüße
Michael Plewka
Hallo Michael,
vielen Dank für den Link.
Ich hatte schon woanders Veröffentlichung von Wilhelm Foissner gefunden, aber die Zusammenstellung ist klasse.
Leider fehlt mir die Zeit, mich so intensiv damit zu befassen, wie ich gerne wollte.
Das Werk über Dileptiden ist mir gerade ins Auge gesprungen, weil ich vor wenigen Tagen zufällig zwei sehr interessante Exemplare beobachten und fotografieren konnte, die möglicherweise der Gattung Pelagodileptus (vielleicht P. trachelioides) angehören könnten. Vielleicht finde ich darin etwas.
Leider konnte ich am nächste Tag keine mehr fangen.
Die Bestimmung interessiert mich auch deswegen, weil man damit gezielt nach Informationen, Bild- und Filmmaterial suchen und mit den eigenen Beobachtungen vergleichen kann.
Ich freue mich immer, wenn ich etwas über die Entwicklung und Lebensweise der beobachteten Organismen lernen kann.
Da gibt es immer wieder erstaunliche und faszinierende Überraschungen.
Viele Grüße
Martin