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Foren => Mikroskopie-Forum => Thema gestartet von: plaenerdd in April 14, 2022, 16:32:59 NACHMITTAGS

Titel: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: plaenerdd in April 14, 2022, 16:32:59 NACHMITTAGS
Hallo,
der Ingwer-Zitronengras-Tee ist wirklich lecker, das muss ich zugeben, aber die Bemerkung zur biologischen- Abbaubarkeit des modernen Pyramidenbeutels machte mich dann doch stutzig:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/324035_426867.jpg) (https://abload.de/image.php?img=01text-kompost6kjcb.jpg)
Ja, was denn nun? Kompostierbar aber bitte nicht im Gartenkompost und und für die Entsorgung über den Biomüll soll ich vorher lieber den lokalen Entsorger fragen? Oder soll mich das trösten, falls der doch irgendwie bis ins Meer schwimmt?
Das musste ich mir mal näher angucken. Schon der allererste Blick durch das Mikroskop verriet: Das ist alles andere als ein Naturprodukt: Feine, gleichmäßig dicke vollkommen transparente Fasern, die über ein regelmäßiges Muster miteinander verschweißt sind:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/324035_3841804.jpg) (https://abload.de/image.php?img=03berblickwyku1.jpg)

Im Detail betrachtet fällt eine sehr starke Doppelbrechung auf, die ich mal wieder in einem animierten GIF-Bild dargestellt habe. (Falls es nicht mehr von selber wechselt: Auf das Bild klicken und das Original in einem extra Fenster öffnen):
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/324035_34576242.jpg) (https://abload.de/image.php?img=04detailaufnahmen86knt.gif)

Die bisherigen Bilder stammen von einem unbenutzten Teebeutel. An einem Teebeutel, der aufgebrüht wurde, kann man schon deutliche Veränderungen der zuvor glatten Faden-Oberflächen erkennen. Ich weiß aber nicht, ob das die sich schon zersetzende Faser ist, oder ob sich da nur sehr feine Partikel aus dem Tee darauf abgesetzt haben:
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/324035_42750725.jpg) (https://abload.de/image.php?img=06gebraucht30ky2.jpg)

Auch interessant: Wie sich Fadenenden auftrieseln (gerissener Faden):
(https://www.mikroskopie-forum.de/pictures012/324035_49212206.jpg) (https://abload.de/image.php?img=07ende5vkjg.jpg)

Fazit: Das möchte ich wirklich nicht in meinem Gartenkompost haben. Irgendwie finde ich das auch befremdlich, bei solchen Zeug von "biologisch abbaubar" zu reden, auch wenn es sich vielleicht tatsächlich zersetzten sollte. Das gleiche gilt ja für die "kompostierbaren" Folienbeutel: Die will auch keine Kompostieranlage drin haben, weil die sich nur um die Maschinen wickeln, mit denen der Kompost durchmischt wird.

Beste Grüße
Gerd
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: hebi19 in April 14, 2022, 17:14:16 NACHMITTAGS
Hallo Gerd

Da stimme ich Dir vollkommen zu !!!  Das will keiner im Kompost haben!

Im häuslichen Bereich meide ich diese Pyramidenbeutel komplett. Als Außendienstler trinke ich häufiger Tee in Bäckereien. Dort halten Sie diese Dinger, die kein Mensch braucht, meistens für besonders schick........

Danke für die Doku
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Werner in April 14, 2022, 17:57:14 NACHMITTAGS
Man kann mit benutzten Teebeuteln auch was ganz anderes machen. In den 1970ern gab es eine urige Studentenkneipe in Essen-Werden nahe der Folkwangschule. Der Wirt war ein ideenreicher lustiger Holländer namens Lambert. Der hatte alle gebrauchten Teebeutel umgedreht an die Decke geheftet. Es war schön anzusehen, wie sich die unzähligen Papierfähnchen in dem Wind bewegten, den die zahlreichen Gäste verursachten...

Die Kneipe scheint inzwischen kaputtgemanaged worden sein. Hier ein gerade gefundener Link (ohne die Teebeutel):
https://www.tripadvisor.de/Restaurant_Review-g187375-d961505-Reviews-Arche_Noah-Essen_North_Rhine_Westphalia.html (https://www.tripadvisor.de/Restaurant_Review-g187375-d961505-Reviews-Arche_Noah-Essen_North_Rhine_Westphalia.html)

Gruß - Werner
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: plaenerdd in April 14, 2022, 18:22:27 NACHMITTAGS
Hallo Werner,
ich fürchte, auch dafür würden die neumodischen Teebeutel nicht taugen: Ich habe den Eindruck, dass die nicht besonders gut kleben.
Ich zerreiße die jetzt nach dem Gebrauch. Der Inhalt kommt auf meinen Kompost im Garten und der Beutel in den Restmüll. Warum nur muss ich dabei immer an Otto Walkes (https://www.youtube.com/watch?v=jBPIPzGBxYE) denken?
LG Gerd
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: MartinS in April 14, 2022, 20:00:26 NACHMITTAGS
Das erinnert mich an eine Werbekampagne eines bekannten Tiefkühlkost Herstellers. Der machte seine "Schlemmer-Filet"-Schalen aus, mit Plastik kaschierter Pappe (nachdem Alu für "böse" erklärt wurde). Schlimm genug: Mit dieser Plastik/Papp-Schale sollte man das "Schlefi" sogar im Ofen backen können ! (Naja, vielleicht hilfts ja gegen Verstopfung ;) )
Das war aber wohl noch nicht absurd genug, denn irgendwann färbten sie die Pappschalen "Altpapier-Braun" und bewarben die neuen Schalen, welche natürlich weiterhin mit Plastik kaschiert war, mit: "Kann jetzt wie Altpapier entsorgt werden" :o

freundliche Grüße, Martin
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 18, 2022, 21:13:06 NACHMITTAGS
Moin!
Inspiriert vom Teebeutel-Thema habe ich alsbald zur Schere gegriffen, ein Teebeutel zerschnibbselt und ihn der mikroskopischen Analyse unterworfen:

Es handelt sich um Meßmer" Feinster Grüner Tee".
Ich lasse die Ergebnisse bewusst unkommentiert, füge aber für den Interessierten noch einen Link für die weitere Faseranalytik bei.

https://www.chf.de/eduthek/projektarbeit-textilfasern.html

Beschreibung der Bilder:
Bild 1: Teebeutel nativ im DF
Bild 2: Teebeutel mit Kaliumhydroxyd-Lösung

Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 18, 2022, 21:16:07 NACHMITTAGS
Bild 3: Teebeutel mit Chlorzhinkjodid-Lösung
Bild 4: Teebeutel mit Lugolscher Lösung
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 18, 2022, 21:17:10 NACHMITTAGS
Bild 5: Teebeutel mit Ninhydrin-Lösung
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: anne in April 19, 2022, 08:20:16 VORMITTAG
Hallo Tommmy mit 3m,
trotzdem wäre es interessant die Rückschlüsse die du gezogen hast zu hören.
lg
anne
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 08:48:24 VORMITTAG
Anne, der Tommy mit 2xm war schon vergeben...  :P
Tipp: Das Script ist wirklich lesenswert, zumal es die selbigen Untersuchungen angibt..
Einfach mal den Teebeutel Deiner Wahl aufs Mikroskop legen. Es scheint ja hier schon Unterschiede zu geben....
Ich habe mir noch ein Buch über Faserdiagnostik gekauft, mal sehen, wie tief dieses in die Materie einsteigt..Ich werde berichten...

Wenn auch nicht beschrieben: Einen Schmelzpunkt gibt es nicht, das Papier verbrennt fast rückstandsfrei mit leicht gräulicher Asche. Geruch wie nach verbranntem Papier.  Auch konnte ich auf der Packung keine solchen Kompostierungshinweise finden....

Ich habe die Test parallel mit Filterpapier von Schleicher & Schuell gemacht..Hier gibt es schon Unterschiede...hier gern die Bilder
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 08:51:36 VORMITTAG
Filterpapier Schleicher & Schuell  mit Chlorzinkjodidlösung
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 08:52:36 VORMITTAG
Filterpapier Schleicher & Schuell mit Jod-Kaliumjodid-Lösung
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 08:54:01 VORMITTAG
Filterpapier Schleicher & Schuell mit Ninhydrinlösung
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: plaenerdd in April 19, 2022, 09:19:43 VORMITTAG
Hallo Tommmy,
schön, dass ich Dich dazu anregen konnte, selber einmal etwas in die Papier-Materialkunde einzusteigen.
Die von Dir verlinkte Projektarbeit wurde nicht von Spezialisten verfasst, sondern von Auszubildenden. Ich bin schon mal über diese Seite gestolpert. Da ging es um die Kontrastverfahren in der Mikroskopie. Die fand ich nicht so pralle.

Die Brennprobe ist natürlich der erste elementare Test. Die meisten Kunstfasern (bis auf Viskose) schmelzen, bevor sie brennen. Was Du uns zeigst, ist ganz sicher ein klassischer Papier-Teebeutel. Den Unterschied zum Filterpapier finde ich nur gering: Das ist wohl vor allem dichter.
Da die meisten Papierfasern aus Holz gewonnen werden, lohnt es sich nach den Tüpfeln der Holzzellen Ausschau zu halten. Das meiste Papier wird hierzulande aus Nadelholz gewonnen, das oft schöne Tüpfelreihen zeigt. Einige Spezialpapiere (z.B. Küchenrollen) werden aus Laubhölzern, speziell Eukalyptus hergestellt, der in großen Monkulturwäldern angebaut wird.

Ein sehr empfehlenswertes Buch zur Methodik der mikroskopischen Analyse von Fasern aller Art (nicht nur Papier) ist WÜLFERT, S. "Der Blick ins Bild"- (https://www.amazon.de/Blick-ins-Bild-Stefan-W%C3%BClfert/dp/3363008090) Lichtmikroskopische Untersuchungen von Bildaufbau, Fasern und Pigmenten aus der "Bücherei des Restaurators" Das Buch ist leider nur noch sehr teuer antiquarisch zu erhalten, aber es gibt ja Bibliotheken...
Viel Erfolg wünscht
Gerd

LG Gerd
EDIT: Du kannst bis zu 6 Fotos anhängen, musst sie aber vorher auf eine vernünftige Größe reduzieren. Ich stelle meist Bilder von 800pix Breite ein (max. 1200). Das reicht in der Regel, denn hier muss man sich nicht hineinzoomen.
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 14:43:51 NACHMITTAGS
Hallo Gerd,

Vielen Dank für deine Zeilen!
Das das Script nicht von "Spezialisten" verfasst wurde, geht eindeutig hervor, trotzdem fand ich dieses als "sofort" verfügbares Papier als einen ganz guten Einstieg in die von Dir angestoßene Teebeutelthematik. Ich hatte in meiner Bibliothek nichts spezifisches gefunden, so dass ich dies einfach mal als "Experimentiervorlage" benutzt habe.
Ich bin auf der Literaturliste auf ein weiteres Buch gestoßen, was ich mir schon für einen kleinen Preis im Antiquariat bestellt habe. Ich bin gespannt!!

Mein erster Test eines Teebeutelstückchens war mit meinen Boetius. Hier hätte ich nach Deiner Teebeuteexkursion Ergebnisse erwartet, die aber nicht zu sehen waren.

Im Vergleich zum Filterpapier kann man sagen, dass es weit aus dichter ist, und was aus allen Testreihen hervorgeht, die Lugol-Reaktion positiver ausfällt als beim Teebeutel (der aber auch dünner ist!!)

Der Test, ob es sich um Laub- oder Nadelholz handelt, werde ich mal noch nachholen..

Danke auch für die Buchtipp! Ich werde mir dieses Buch mal ausleihen...

PS: Das Ergebnis hätte noch nicht verraten werden müssen :-(


Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 14:49:22 NACHMITTAGS
PS II:

Für den "Wülfertschen Blick" muss man aber mit 379 Teuro verdammt tief ins Portemonnaie greifen...
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: plaenerdd in April 19, 2022, 15:53:16 NACHMITTAGS
Hallo Tommmy,
Zitat von: TommmyMein erster Test eines Teebeutelstückchens war mit meinen Boetius.
Das ist doch ein Gerät zur Schmelzpunktanalsyse. Wolltest Du das Papier schmelzen oder dachtest Du, dass alle Teebeutel aus Kunstfasern bestehen?
Zitat von: TommyDer Test, ob es sich um Laub- oder Nadelholz handelt, werde ich mal noch nachholen..
Danke auch für die Buchtipp! Ich werde mir dieses Buch mal ausleihen...
PS: Das Ergebnis hätte noch nicht verraten werden müssen :-(
Hat hier schon jemand ein Ergebnis verraten, außer, dass es sich um Pflanzenfasern handelt?
LG Gerd

EDIT: Jetzt bin ich doch noch fündig geworden und kann Folgendes verraten:
Zitat von: https://entsorgen.org/teebeutel/#:~:text=Teebeutel%20bestehen%20aus%20Papier%2C%20Tee%20und%20teilweise%20Metall,Teebeutel%20steckt%20mehr%20als%20es%20das%20Auge%20zeigtDas Papier der Teebeutel besteht aus Abaca-Fasern. Das sind Hanffasern, die biologisch abbaubar sind und die dank ihrer hohen Reisfestigkeit verhindern, dass der Beutel kaputtreißen kann. Einige Hersteller verwenden als Alternative auch Polyactid-Beutel, die aus einem Biokunstoff gefertigt sind.
Also werden wohl keine Tüpfel zu finden sein.

Der Name "Hanf" ist insofern irreführend, als es sich bei Abaca  (https://de.wikipedia.org/wiki/Abac%C3%A1)um eine Pflanze handelt, die mit den Bananen verwandt ist.

Ach ja, wieder viel gelernt!
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Tommmy in April 19, 2022, 21:19:54 NACHMITTAGS
Hallo Gerd,

die ziemlich "genormte" Struktur Deiner Aufnahmen lies mich schon vermuten, dass es sich um "Kunstfasern" handeln könnte. Das diese, im Gegensatz zu Naturfasern, einen Schmelzpunkt besitzen, wäre nicht nur ein sicherer Nachweis gewesen, dass es sich um Kunstfasern handelt, sondern es wäre über den Schmelzpunkt auch eine (relativ) sichere Identifikation möglich gewesen....
Aber: die Probe ist nicht geschmolzen, sondern nur zu Asche verbrannt.....
Titel: Nachtrag: Buchempfehlung zum kleinen Preis!!
Beitrag von: Tommmy in April 23, 2022, 08:57:28 VORMITTAG
Liebe Gemeinde,
wie schon erwähnt, ist neue Literatur eingetroffen, die, für 12 Euro auch durchaus bezahlbar ist. Fazit: Empfehlenswert !
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Heiko in Februar 22, 2023, 20:47:19 NACHMITTAGS
Hallo Tee-Liebhaber,

vermute, bei dem Beutel-Gewebe handelt es sich um Polylactid, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Polylactide
Die ,,Klebepunkte", die in den Aufnahmen heller erscheinen, sollten thermisch erzeugt worden sein.

Viele Grüße,
Heiko
Titel: Re: Das Klein-Gedruckte auf der Teepackung
Beitrag von: Bob in Februar 22, 2023, 21:28:52 NACHMITTAGS
Hallo zusammen,
das ist ja interessant - Polyactide = PLA = Der beliebteste 3D-Druck-Kunststoff. Ich wusste gar nicht, dass der noch anderweitig genutzt wird.
Ich habe seit einigen Jahren ein Sieb für die Reinigungsanlage für unser großes Planschbecken aus diesem Material im Einsatz. Auch monatelanger Aufenhalt unter Wasser macht dem Kunststoff nichts aus. Diese Wasserbeständigkeit müsste den Beginn einer Kompostierungsehr verzögern.

Viele Grüße,

Bob