Liebe Freunde des Tümpelns,
nach dem diesjährigen Pillerseetreffen habe ich wie die meisten anderen Teilnehmer auch zahlreiche Proben mit nach Hause genommen. In einer der Proben aus einem Moorkomplex fanden sich besonders viele beschalte Amöben, darunter auch große Exemplare des bekannten Uhrglastierchens Arcella.
An einem Individuum - ich halte es für A. crenulata, erkennbar u.a. an dem leicht ein- und auswärts gebuchteten Rand der ventralen Öffnung des Gehäuses - habe ich mir zur Aufgabe gemacht, etwas genauer zu dokumentieren, was diese interessanten Protisten fressen.
Ingesamt habe ich relativ sicher feststellen können:
Euastrum cf. binale (einzeln lebende Desmidiacee), Bild 4
Teilingia spec. (fädige Desmidiacee), Bild 5
Diatomeen 1 + 2, Bilder 5 u. 6
Tardigrade/Exuvie mit Krallen (also ein komplex organisierter Vielzeller, Bild 6)
Unbestimmte, einzellige grün-gelbe Algen
Dickwandige, z.T. dunkle Einschlüsse – Pilzsporen, Pollen?
Ich halte diese Gruppe von Einzellern somit für nichtselektive Allesfresser, die neben lebender Algennahrung auch geformten und ungeformten Detritus aufnehmen. Größenlimitierend für das Nahrungsspektrum ist vermutlich die Weite der ventralen Öffnung der Schale.
Und natürlich ist auch immer wieder der Feinbau von Arcella selbst faszinierend. Neben zwei Kernen (Nu) mit deutlichen Nukleoli (Nc) und kontraktilen Vakuolen (kV) sind die Zytoplasmafortsätze (Zf) gut zu erkennen, mit denen der zelluläre Weichkörper an der organischen und fein gekammerten Schale festgeheftet ist.
Alle Aufnahmen am Leitz Orthoplan mit Blitz.
Schöne Grüße
Ole
Nu=Nukleus
Nc=Nukleolus
kV=kontraktile Vakuole
Di1,2=Diatomee 1 u. 2
Ta=Tardigrade (Bärtierchen)
Kr=Krallen
Zf=Zytoplasmafortsatz
Sö=Schalenöffnung
Hallo Ole,
wieder einmal technisch erstklassige Aufnahmen und gleichzeitig ein toller Beitrag zur Lebensweise.
Ich finde es sehr spannend mehr über ein Lebewesen zu lernen, als nur dessen Identifikation. Vielen Dank dafür!
Oliver
Hallo Ole,
ganz tolle Aufnahmen und Hinweise. Da muss ich bei meinem nächsten Fund mal genauer hinsehen.
Freundliche Grüße
Peter
Lieber Ole,
tolle Fotos und ein lehrreicher Beitrag. Offenbar sind die Arcellen Vielfraße und sehr gefährliche Räuber.
Herzliche Grüße
Peter
Lieber Ole,
wieder eine hochinteressante Dokumentation über eine eigentlich weit verbreitete Amöbe mit wunderbaren, fein aufgelösten Aufnahmen.
Ich kann Oliver nur zustimmen, die Mikrobeobachtungen werden richtig spannend, wenn sie über die bloßen Bestimmungen hinausgehen.
Allerdings ist man als noch nicht so erfahrener Mikroskopiker oft schon froh, einen Organismus überhaupt zugeordnet zu haben.
Könntest du noch die Abkürzungen der letzten Bilder erläutern?
Herzliche Grüße
KlausZ
Herzlichen Dank Euch allen für die Rückmeldungen!
Ja, die Mikroskopie wird (für mich) noch schöner, wenn man hierbei mehr über die Biologie und Lebensweise der untersuchten Objekte erfährt.
@Klaus: ich habe im Beitrag direkt noch eine Abkürzungslegende eingefügt.
Beste Grüße
Ole
Hallo,
Zur Vervollständigung des Arcella-Speiseplans:
Joseph Leidy beschrieb 1902 die nicht häufige große Hochmoor-Art Galeripora artocrea mit den Worten .".. aber die Sarcode-Masse hat eine hellgrüne Farbe, da eine Fülle von Chlorophyllkörperchen in die Zusammensetzung des Endosarcs eindringt.".
G. artocrea wäre damit die einzige Acella/Galeripora, die sich derart von symbiontischen Algen ernähren lässt, was ja ansonsten im nährstoffarmen Moor von vielen Organismen praktiziert wird
Allerdings hat nach Leidy niemand diese (mixotrophische) Ernährungsform noch einmal beeobachtet (s. Penard 1902, Deflandre 1928) Allerdings werden von dieser Art fast nur leere Schalen gefunden.
Hans
Good quality pictures, interesting storyline and observations ... who needs TV and David Attenborough?
Best Maarten
Lieber Ole,
sehr schöne Aufnahmen mit interessanten Erläuterungen. Auch bei mir steht noch eine reichhaltige Lauchsee-Probe auf der Fensterbank. Ich muss mich unbedingt noch mal dran und schauen, ob ich außer Arcella-Schalen auch noch ein paar Tierchen finde, die ihre Umwelt aufmampfen.
Grüße
Stephan
Hallo Hans,
schönen Dank für die interessante Information über Algensymbionten bei Arcella. Das war mir nicht bekannt, klingt aber sehr plausibel.
Viele Grüße
Ole