Botanik: Strand-Beifuß Artemisia maritima ein Weißpelziger Duft-Zwergstrauch *

Begonnen von Hans-Jürgen Koch, Mai 19, 2021, 07:09:53 VORMITTAG

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Hans-Jürgen Koch

Liebe Pflanzenfreunde,

zu dieser großen Gattung zählen in den gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre, häufig in ariden und semi-ariden Regionen heimische, sommer- und immergrüne Stauden und Sträucher.
(aride Gebiete - die potentielle Verdunstung ist höher als der Niederschlag; semiarid sind solche Gebiete, in denen mehr als sechs Monate Aridität herrscht.

Bild 01 Habitus, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Urheber: Sten Porse
Die Pflanzen werden vor allem wegen ihres dekorativen, oft duftenden und bisweilen insektenabweidenden Laubs kultiviert, dass bei vielen Arten weißlich behaart ist. Die zerschlitzten Blätter bieten ganzjährig eine interessante Ergänzung im Blumenbeet.
Die kleinen, gelben Blüten sind unauffällig.

Bild 02 Schnittstellen, Strand-Beifuß Artemisia maritima, Wismarbucht

Urheber: Kristian Peters

Bild 03 Gelbe Blüten, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Urheber: Dieses Bild stammt aus dem zentralen, freien Dateiarchiv Wikimedia Commons

Die Solequelle liegt idyllisch im Arterner Parkfriedhof.
Bild 04 Karstquelltopf auf dem Friedhof


Der Arterner Parkfriedhof (Kyffhäuserkreis, Thüringen) ist einer der schönsten Anlagen in Deutschland.
Der Solgraben, das kleinste Naturschutzgebiet von Europa (Größe ca. 1,63 ha) und die bedeutendste Binnensalzstelle Mitteleuropas, bietet auf kleinstem Raum eine seltene Fauna und Flora.

Bild 05 Tafel, Artener Solequelle


Die Sole kommt aus einem 300 Meter tiefen Steinsalzlager. Der Karstquelltopf fördert 1,7 qm Wasser/min, d. h. 28,3 Vs. Sie hat eine ganzjährige Temperatur von 11,5° C. Ein Liter Wasser enthält 22 - 25 g Salz (vorwiegend Kochsalz, aber auch Gips, Kali- und Magnesiumsalze).
Die Salzjahresfördermenge beträgt 22.400 qm und wurde vom Mittelalter bis 1964 wirtschaftlich genutzt.
Von der Quelle auf dem Friedhof fließt die Sole in einem schmalen Bett auf die freie Wiese hinaus. Ab dort heißt sie Solgraben.

Bild 06 Tafel der seltenen Pflanzen


Seit 1935 steht dieses Solegebiet unter Naturschutz. Pflanzen, wie z. B. Gemeiner Queller, Salzwermut, Salzaster, Salzmelde, Salzbinse, Erdklee und Tiere, wie z. B. typische Salzkäfer, Salzwanzen und Salzfliegen sind hier zu finden. Als einziger Fisch lebt der dreizackige Stichling noch im Solgraben.
Die Solequelle speist neben dem Solgraben auch das städtische Soleschwimmbad.
Der Beifuß wurde in früheren Jahrhunderten zur Aromatisierung von Bier verwendet, bevor der Hopfen diese Rolle übernahm, und galt bei den alten Germanen als magische Kraut.
Bis in die Neuzeit wurde vielerorts ein Beifuß Büschel unter den Dachfirst gebunden, um Blitze abzuhalten und Seuchen abzuwehren.
Früher nutzte man die Pflanze wegen seiner ätherischen Öle als Heilpflanze, hat dies heute jedoch aufgegeben.
Die Pflanze ist schwach giftig.
Die Blüten werden vom Wind bestäubt. Ihre Pollen gehören zu den wichtigsten Heuschnupfenauslösern. Sie werden besonders morgens zwischen 6 und 11 Uhr freigesetzt.
Als Gewürz ist die Pflanze beliebt zu Wild und Gans.
Die Volksmedizin empfiehlt sie bei Magenbeschwerden. Früher verwendete man sie fast nur in der Frauenheilkunde.
Der Name Artemisia leitet sich von Artemis ab, der griechischen Jagdgöttin und Beschützerin der Frauen.
Der Strand-Beifuß (Artemisia maritima) besiedelt in mehreren Unterarten die vollsonnigen Salzwiesen der Küsten von Nord- und Ostsee.
Der Strand-Beifuß benötigt für ein gutes Wachstum salzreiche Böden.
Artemisia maritima ist eine wintergrüne, durch Wurzelausläufer langsam flächige Bestände bildende Staude mit verholzender Basis. Sie erreicht Wuchshöhen von 30 bis 60 cm, auf stickstoffreichen, frischen Böden auch bis 80 cm.
Das fein gefiederte Laub ist silbrig mit ganz leichtem Grünstich.
Er blüht im Herbst zwischen September und Oktober.
Die gesamte Pflanze verströmt einen aromatischen Duft.
Die Blätter sind beidseitig mit kleinen weißen oder grauen, filzigen Haaren versehen. Die unteren Laubblätter sind zwei- bis dreifach gefiedert, die oberen Blätter nur einfach gefiedert, wobei die Blattzipfel linealisch geformt und höchstens 1,5 mm breit sind.
Die Einzelblüten stehen in einem ausgebreiteten rispigen Gesamtblütenstand an meist übergebogenen Ästen. Das eiförmige Blütenköpfchen ist im Durchmesser etwa 1 bis 2 Millimeter breit, der Köpfchenboden ist nicht behaart. Die Blütenhüllblätter sind graufilzig. Die winzigen Röhrenblüten sind gelb gefärbt.
Die Pflanze ist relativ austrocknungstolerant (skleromorph). Seine Blüten werden durch kurzrüsselige Insekten bestäubt, wobei auch Selbstbestäubung vorkommen kann. Die kleinen Früchte werden zumeist durch den Wind ausgebreitet.
Der Strandbeifuß ist ein seit Jahrhunderten bewährtes Mittel gegen Spul- und Madenwürmer. Die wurmtreibende Wirkung dieser Pflanzen beruht auf den Santoningehalt im ätherischen Öl.
Wichtige Inhaltsstoffe dieser Heilpflanze sind: Ätherisches Öl mit Santonin, Cholin

Bild 07 llIlustration, Küsten-Beifuß Artemisia maritima

Küsten-Beifuß aus Sturms Flora von Deutschland, Band 13: Haufenblütige – Tafel 36
a, b) Blumenstand in natürlicher Größe
c) Blüte, vergrößert
d) Staubgefäß, vergrößert
e) Griffel, vergrößert
Aus: J. Sturms Flora von Deutschland, Nachdruck nach 1900 mit Chromolithographien (Ernst H. L. Krause: Schriften des Deutschen Lehrer-Vereins für Naturkunde).

Systematik:
Familie: Korbblütler (Asteraceae)
Unterfamilie: Asteroideae
Tribus: Anthemideae
Untertribus: Artemisiinae
Gattung: Artemisia
Art: Strand-Beifuß
Wissenschaftlicher Name: Artemisia maritima
Synonyme für Artemisia maritima sind:
Artemisia gallica, Artemisia seriphium, Artemisia pseudogallica (ROUY) A.W.HILL, Artemisia salina WILLD. und Seriphidium maritimum (L.) POLJAKOV
Trivialname: Sonnenwendkraut, Strandwermut, Küsten Beifuß
Englische Bezeichnung: Beach mugwort

Der Strand-Beifuß (Artemisia maritima) ist eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae).
Das Epitheton maritima stammt von lat. "maritimus" (= Meer) und bezieht sich auf den Standort der Art.
Artemisia maritima wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum, Band 2, Seite 846, erstveröffentlicht.
Carl von Linné (23. Mai 1707 - 10. Jan. 1778) war ein schwedischer Naturforscher.

Teil 1
Spross, Querschnitt
30 Mikrometer

Bild 08 Pflanzenprobe im Transportbehälter in einem AFE III – Gemisch


Sieben ungefärbte, fixierte Schnitte.

Bild 09 Detailaufnahme, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 10 Detailaufnahme, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 11 Übersicht, der Spross ist hohl, Autofluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 12 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 13 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 14 Detailaufnahme, Autofluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Unbekannte hell fluoreszierende Zellen

Bild 15 Restzellen vom Markparenchym, Autofluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Plants are the true rulers - Pflanzen sind die wahren Herrscher.

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Gerne per "Du"

Hans-Jürgen Koch

Wacker 3 A - Färbung (Acridinrot – Acriflavin - Astrablau)
1. Schnitte liegen in 50 % Ethanol.
2. Vorfärbung Acridiorot 8 Min.
3. 1x auswaschen mit Aqua dest.
4. Acriflavinlösung (differenzieren bis gerade keine Farbwolken mehr abgehen - Lupenkontrolle) 20 Sekunden
5. 2 x auswaschen mit Aqua dest.
6. Nachfärbung Astrablau 60 Sekunden
7. Auswaschen mit Aqua dest. bis keine Farbstoffreste verbleiben.
8 Entwässern mit 2x gewechseltem Isopropylalkohol (99,9 %
9. Einschluss in Euparal
Fotos: Nikon D5000

Bild 16 Übersicht, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 17 Detailaufnahme, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 18 Detailaufnahme mit Beschriftung, Strand-Beifuß Artemisia maritima

XY = Xylem, K = Kambium, T = Trachee, PH = Phloem, RP = Rindenparenchym, SK = Sklerenchym – Insel, PE = Periderm

Bild 19 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 20 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Teil 2
Spross, Längsschnitt 25 Mikrometer

Sechs ungefärbte fixierte Schnitte

Bild 21 Detailaufnahme, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 22 Schraubentrachee, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 23 Detailaufnahme, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 24 Dunkelfeld, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 25 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 26 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 27 Übersicht, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 28 Spross mit kleinem Seitentrieb, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 29 Detailaufnahme mit Beschriftung, Strand-Beifuß Artemisia maritima


Bild 30 Übersicht, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß Artemisia maritima

Auflicht Beleuchtung Fluoreszenz iLED 455 nm
LED Modul 455 nm
Reflektormodul FL mit Filtersatz 67
Erregerfilter: BP 470 nm
Strahlenteiler: FT 477 nm
Emission (Sperrfilter): LP 485

Bild 31 Detailaufnahme, Auflichtbeleuchtung Fluoreszenz, Strand-Beifuß


Danksagung:
Ein herzliches Dankeschön gebührt Frau Schappmann (Landratsamt Kyffhäuserkreis - Untere Naturschutzbehörde), die mir eine Genehmigung zur Probenentnahme ausgestellt hat.
Dank auch an meinen Freund Eberhard Raap (Sangerhausen), der sein fachliches Wissen und seine Erfahrungen gerne weitergibt.

Quellen und weiterführende Informationen:
Wikipedia
,,Botanica", ISBN: 3-8290-0868-6
,,Was blüht denn da?", ISBN: 978-3-440-11379-0
,,Wildkräuter", ISBN: 978-3-8338-2611-5
,,Der neue Kosmos Tier- und Pflanzenführer", ISBN: 3-440-07286-X
,,Was blüht denn da?", 1965
Dietmar Aichele, ,,Was blüht denn da?", 1965
Fritz Koch, ,,Taschenbuch der heimischen Blumen", 1953
Rita Lüder, ,,Grundkurs Pflanzenbestimmung", ISBN: 3-494-01418-3
Schwegler, ,,Der Kosmos Pflanzenführer", ISBN: 3-86047-394-8

Die Informationen für Beschreibungen werden von mir selbst aus verschiedenen Quellen zusammengetragen. Dabei benutze ich sowohl Bücher als auch Internet Quellen. Texte werden anschließend individuell von mir selbst verfasst.
Sollte ich ein Copyright © verletzt haben, so geschieht dies nicht mit Absicht. Bitte schicke mir ein E-Mail, wenn es der Fall sein soll.
Für konstruktive Kritik bin ich ebenso offen wie für lobende Worte.

Gruß
Hans-Jürgen


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Gerne per "Du"

Siegfried

Hallo Hans-Jürgen
Wie immer ein sehr schöner, für mich lehrreicher Beitrag.
Ich bewundere immer deine Pflanzenschnitte und die dazugehörige Dokumentation.
Dein Beitrag und der von Anne Gleich
https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=41124.0
ergänzen sich diesmal besonders,
auch weil die Solequelle in Artern die gemeinsame  geografische Herkunft bilden.
In der Nähe des Wohnortes unseres Mikrofreundes
Eberhard Raap.
    Gruß von Siegfried

Hans-Jürgen Koch

Hallo Siegfried,

danke für dein Interesse und das Lob.
Die Solequelle in Artern ist schon unter Leitung von Eberhard eine Reise wert.

Gruß
Hans-Jürgen

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Bernd Miggel

Hallo Hans-Jürgen,

wie immer ein toller Beitrag!
Hast du schon einmal daran gedacht, bei deinem hohen Klingenverbrauch die Klingen nachzuschärfen?

Viele Grüße
Bernd

Hans-Jürgen Koch

Hallo Bernd,
danke.
Nach einigen Schnitten mit der Einwegklinge benutze ich tatsächlich den mit Juchtenleder bezogen Lederriemen.
Juchtenleder ist ein pflanzlich gegerbtes Rinds- oder Kalbsleder in der Stärke 1,6 - 3 mm. Das Leder ist mit sehr feinen Schleifpasten imprägniert.
Beim Abziehen wird die Klinge nicht geschliffen, sondern gerichtet.
Durch ein sauberes Abziehen kann man die ganze Leistungsfähigkeit des Stahls ausnutzen. Zieht man nicht ab, ist die Klinge anfänglich ,,scharf", doch dieser Grat legt sich schnell um und die Klinge schneidet nicht mehr in der Qualität wie zuvor.

Gruß
Hans-Jürgen
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Fahrenheit

Lieber Hans-Jürgen,

danke für die schöne Darstellung dieser interessanten Pflanze, die ich wie immer gerne gelistet habe.

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Hans-Jürgen Koch

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Bernd Miggel

Hallo Hans-Jürgen,

bevor ich selber damit beginne, eine Einmalklinge abzuziehen, möchte ich dich fragen, wie du es verhinderst, dass du dich dabei in die Finger schneidest.
Gibt es vielleicht eine spezielle Halterung als Schutz, die man kaufen oder selber basteln kann?

Viele Grüße
Bernd