Herstellen von Radiolarien-Streupräparaten

Begonnen von Bob, November 01, 2017, 22:13:17 NACHMITTAGS

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Bob

Hallo zusammen,

ich habe heute von Bernd fertig gereinigte Radiolarien in zwei Siebungen bekommen. Jetzt überlege ich mir, wie ich daraus am besten Präparate machen kann.
Auf unserer Webseite ist die Anleitung von Gerhard Göke dazu zu finden: http://www.mikrohamburg.de/Goeke/Radiolarien_gesamt.pdf.
Herr Göke schreibt, dass hochbrechende Eindeckmedien eher nachteilig wären und empfiehlt:"CAEDAX, MALINOL, Dammaharz und Canadabalsam
bzw. Venezianisches Terpentin". Canadabalsam habe ich, desweiteren Euparal. Herr Göke empfiehlt :"Rohagit-S-Lösung, ggf. etwas glasklare Gummi-arabicum-Lösung" zu verwenden, um ein Absinken der Radiolarien im Präparat zu verhindern. Diese Substanzen habe ich beide nicht, ich hätte aber Schellack anzubieten. Mein Frage: Was wäre der beste Ablauf, um von Radiolarien in Wasser zu einem Dauerpräparat zu kommen, vorzugsweise (aber nicht zwingend) mit diesen Mitteln? Wichtig ist dabei sicher die Kompatibilität von Klebegrund und Eindeckmittel. Bernd hat ja großzügigerweise etlichen Forumsmitgliedern Material geschickt, so dass es bestimmt nicht schlecht ist, die Herstellung von Präparaten mit heute verfügbaren Mitteln zu beleuchten.

Viele Grüße,

Bob


anne

Hallo Bob,
ich denke die meisten Radiolarienstreupräparate sind ohne Klebegrund gemacht.
Schellack löst sich in Alkohol, also geht nur ein Eindeckmittel welches z.B. Toluol als Lösemittel hat.

Versucsh doch einfach mal wie ein normales Diatomeenstreupräparat.

lg
anne

Gerd Schmahl

#2
Hallo,
habe mich in den letzten Tagen auch über zwei Radiolarienproben von Bernd hergemacht. Meine Vorgehensweise:
- Wasserüberstand vorsichtig mit Pipette abgesaugt
-2x Isopropanol 100% dazu gegeben und jeweils 3 Minuten gewartet (entwässern)
-Auch ISO wieder mit Pipette abgesaugt und 2x Xylol dazugegeben und auch wieder abgesaugt
-Malinol zur Probe gegeben und mit Zahnstöcher verrührt
-Tropfen radiolarienhaltiges Malinol mit Zahnstocher auf runde Deckgläser gegeben und auf Heizplatte bei ca. 50 Grad ca. 3 min eingedampft.
-OT vorsichtig an Tropfenspitze angesetzt und umgedreht
-OT auf Heizplatte nochmal erhitzt und DG mit Zahnstocher angedrückt.
-herausgequollenes Malinol vom erkalteten OT mit Xylol an Wattestäbchen entfernt.
-OTs 3 Tage auf Zimmerheitzung nachgetrocknet und etikettiert.

Probleme:
Es ist nicht einfach blasenfreie Präparate zu bekommen, wenn der Tropfen schon zu sehr eingedampft ist, da das Malinol eine recht zähe Haut bildet, die beim Anlegen des OT oft Falten schlägt, die dann Luftblasen einschließen. Die Luftblasen sind aber immer außerhalb der Radiolarien, das diese ja mit Xylol gefüllt waren, das sich mit dem Malinol mischt.
Andererseits bleibt Malinol sehr lange zähflüssig, wird eigentlich nie richtig hart, so dass immer die Gefahr des Verschiebens der DG bei senkrechter Lagerung bleibt. Wahrscheinlich tritt dann auch das Absacken der Radiolarien zum DG-Rand hin auf. Bis jetzt liegen die Präparate aber noch flach und bieten sehr schöne Einblicke:

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Dr. Jekyll

#3
Hi,

Meine Radiolarien werden zunächst getrocknet. So lagere ich sie auch. Zur Herstellung von Präparaten gebe ich sie direkt in Euparal. Damit sie nicht zerdrückt werden verwende ich bei großen Radiolarien Hohlschliffobjektträger. Bei kleineren lege ich zwei Stücke feine Nylonschnur unter das Deckglas.
Damit die Objekte nicht absinken stelle ich die Objektträgerkästen hochkant, mit Dechglas nach unten.
Die Luftblasen in den Radiolarien entferne ich durch Anlegen von Vacuum.
http://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=14212.0
Beste Grüße
Harald

Bob

Hallo zusammen,

ich stelle mein Verfahren hier noch mal thematisch zugeordnet mit rein:

Ich habe in LOCA eingedeckt, Liquid Optical Clear Adhesive, welcher zum Aufkleben von Smartphone-Abdeckscheiben aufs Display im Reparaturfall verwendet wird. Das Zeug wird überwiegend in unspezifizierter Qualität verkauft, ist dafür fast umsonst.
Das in Wasser vorliegende Material habe ich um mehr demineralisiertes Wasser ergänzt, um eine geringere Dichte des Streupräparats zu erhalten.

Vorgehensweise:
- Runde Deckgläschen gut mit Ethanol gereinigt (hätte gerne noch besser werden dürfen, für besseres Verlaufen des Tropfens)
- Tropfen mit Material auf Deckglas aufgebracht (es ist schwierig, hier eine geringe Packungsdichte hinzubekommen)
- Bei 90°C auf Wärmeplatte getrocknet
- LOCA aufgetropft, benetzt offenbar sehr gut
- Objektträger draufgehalten, Deckglas saugt sich fest
- Richtig herum ca. 5x mit Unterdruck durch Mightyvac-Pumpe beaufschlagt
- Überkopf in UV-Lampe für Fingernägel rein, kurz ruhen lassen, dann 10 Minuten UV (sind wohl schon sehr reichlich)
- LOCA nimmt geleeartige Konstistenz an
- Radiolarien alle schön in einer Ebene direkt am Deckglas, scheinen auch nicht abzusinken
- Lagerung sicherheitshalter erstmal über Kopf

Ein paar Luftblasen habe ich als besonderes Extra mit eingebaut. Die Radiolarien wurden aber offenbar in der Regel gut gefüllt. Ein Deckglasring wäre wohl noch sinnvoll.

Die beiden Präparate haben jetzt 10 Tage mit Deckglas nach oben gelegen, und die Radiolarien sind nicht abgesunken. Das Härten mit UV hat also auch unter Glas geklappt. Das visuelle Bild ist einwandfrei. LOCA ist also vermutliche eine interessante Alternative zu den langsam hart werdenden Harzen. Die Handhabung ist richtig einfach: Es benetzt gut, die Präparate sehen sauber aus (nicht so meine Stärke), und es schrumpft nichts nach. Falls ich mal Nachteile in der langfristigen Haltbarkeit feststelle, werde ich das noch posten. So lange wie ein Smartphone dürfte es wohl mindestens halten.

Viele Grüße,

Bob