Entengrütze? Schwimm- und Algenfarne

Begonnen von Gerd Schmahl, Oktober 08, 2023, 20:51:25 NACHMITTAGS

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Gerd Schmahl

Das schöne Wetter der letzten September und ersten Oktobertage habe ich nochmal für eine siebentägige Radtour in Nordsachsen, Südbrandenburg und dem östlichen Sachsen-Anhalt genutzt. Nächtigen im Freien mit Hängematte und Tarp - Hirschröhren und Waldkauzrufe: So geht Urlaub!

Tags begegne ich immer wieder Gewässern, die grün sind vor lauter ,,Entengrütze". So nennt man hier den grünen Teppich aus kleinen Schwimmpflanzen. Meist bestehen diese recht monoton aus verschiedenen Arten von Wasserlinsen (Gattung Lemna ). Allerdings fiel mir schon ganz am Anfang meiner Fahrt ein Teppich auf dem schönen Flüsschen Röder auf, der fast ausschließlich aus dem Großen Algenfarn Azolla filiculoides bestand (Bild 01). Auch die Schwarze Elster, in die die Röder mündet, war an strömungsgeschützen Stellen mit Teppichen dieser Pflanze bedeckt, die hier rötlich-braune Herbstfarben zeigte.

Einen besonders schönen Schwimmteppich fand ich in einem der Kanäle, die den Wörlitzer Park durchziehen. Hier waren sie alle drei vereint: Wasserlinsen, Algenfarne und der Gemeine Schwimmfarn Salvinia natans (Bild 02). Leider hat Letzterer die 3 Tage Fahrt im Probenröhrchen nicht wirklich überstanden.
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Gerd Schmahl

Hier nun ein paar mikroskopische Eindrücke vom Großen Algenfarn
Bild 03: Lupenaufnahme mit dem SPlanFL2-Objektiv von Olympus (Stak)
Bild 04: dgl. als Raumbild für den Kreuzblick

Der Algenfarn führt seinen Namen nach den Blaualgen (heute Cyanobakterien) Anabaena azollae mit denen er symbiotisch zusammenlebt.
Bild 05 zeigt einen ungefärbten Handschnitt durch eines der Blättchen, in dessen Innenraum man die Cyanobakterien sehr schön an der charakteristischen blaugrünen Farbe erkennt. (SplanApo20, Stak)
Bild 06 zeigt eine Einzelaufnahme der Cyanobakterien mit dem SPLanApo40 an einem Quetschpräparat.

Fazit: Es lohnt sich immer, das Grün, das auf dem Wasser schwimmt etwas genauer anzusehen. So wie nicht alle Algenwatten nur aus Spirogyra bestehen, ist Entengrütze nicht gleich Entengrütze

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Siegfried

#2
Hallo Gerd
Meine Hochachtung für dich zur Meisterung deiner 7 Tage Radtour. (Gitarre?)
Und schöne Dokumentar-Fotos von Mitbringseln zeigst du uns auch.(makro und mikro)
Das 3D-Kreuzblick-Foto ist auch wieder klasse.
    Gruß von Siegfried

Gerd Schmahl

Hallo Siegfried,
danke für den Zuspruch.
Zitat von: Siegfried(Gitarre?)
Ja, Gitarre und Reisemikroskop waren auch im Gepäck, wobei ich zugeben muss, dass ich die Gitarre öfter heraus geholt habe als das Mikroskop.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

rhamvossen

Hallo Gerd,

Sehr schönen Beitrag. Du solltest deine Abenteuer mal in einem Buch niederschreiben. Ein Buch für Radfahrer, Naturliebhaber und diejenigen, die sich für Mikroskopie interessieren! Das wäre etwas. Das wäre doch eine schöne Kombination und würde eine willkommene Abwechslung sein zu den üblichen Bücher die es gibt. Oder rede ich Quatsch ::)? Beste Grüsse,

Rolf


3nzo

Hallo Gerd,
die Berichte von euren Ausflügen in die Natur sind immer sehr interessant und lassen mich Neues entdecken.
Herzlichen Glückwunsch und beste Grüße.

Enzo

Dünnschliffbohrer

Lieber Gerd und alle mikroskopierende Kryptogamenfreunde,

vielen Dank für diese schöne Fotodokumentation! Und vor allem auch Glückwunsch für diese schönen Funde! Diese interssanten Pflanzen habe ich leider noch nie in der freien Natur gefunden. Stattdessen regelmäßig im Frühjahr in den Gartenabteilungen der Baumärkte bei den Wasserpflanzen.

Irgendwie sind Salvinia und Azolla klebrig: Nach jedem Besuch im Baumarkt hängen kleine Sprossstückchen der beiden Wasserfarne an den Töpfen anderer gekaufter Pflanzen oder sogar an den Fingern. Diese wasche ich dann daheim auf dem Balkon in geeigneten Wasserbehältern ab, wo sie sich dann im Sommer ungewollt auf der Wasseroberfläche vermehren. In der freien Natur erfolgt die Ausbreitung ja angeblich durch Wasservögel, bei denen die kleinen Sprossstückchen der zerbrechlichen Pflanzen im Gefieder hängen bleiben.
Leider habe ich es aber noch nicht geschafft, sie dauerhaft über den Winter zu bringen, obwohl schon Verschiedenes ausprobiert habe: mit Abdeckung, ohne Abdeckung, möglichst hell stellen, möglichst warm stellen, usw. Im botanischen Garten schaffen die das auch irgendwie. Warum klappt es bei mir nicht? Spätestens gegen Ende des Frühjahrs kurz bevor man sie wieder raus bringen könnte werden die Pflanzen von hinten immer schneller braun-schwarz, als sie vorne grün nachwachsen können.

Neuerer Literatur zufolge werden die ,,Wasserfarne" übrigens aufgespalten: ,,Wie oben (s. S. 51) angegeben, haben die beiden Ordnungen der genannten Wasserfarne (Hydropteridales) trotz des gemeinsamen Besitzes von Heterosporie und Sporokarpien verwandtschaftsmäßig nichts miteinander zu tun; man vergleiche die Beschreibungen. Während dieser Salviniales sehr isoliert stehen, kann man die Marsileaceae noch am ehesten mit homosporen Filicales in Verbindung bringen, wenn ihr Anschluss an eine bestimmte Familie auch umstritten ist. Entfernte Verwandtschaft mit den Schizeaceae wird diskutiert." [Farne und Farnverwandte. Bau, Systematik Biologie: Kramer, Schneller, Wollenweber, Thieme Verlag 1995]

Was ich aber bei Azolla und Salvinia noch nie verstanden habe ist folgendes: an jedem Knoten gehen jeweils zwei Schwimmblätter ab, und gleichzeitig ein wurzelartiges Gebilde an dem auch die Sporangien entstehen, und welches entwicklungsgeschichtlich ebenfalls ein Blatt sein soll. Morphologisch sieht es überhaupt nicht danach aus. Zwar sollten Sporenangien eigentlich nur an Blättern entstehen. Aber ist es denn erwiesen, dass dieses wurzelartige Gebilde tatsächlich ein Blatt darstellt, oder könnte es nicht vieleicht auch eine Verzweigung des Sprosses sein, an der sich die Sporenkarpien sich (als umgewandelte Blätter) entwickeln? Vielleicht weiß einer der Botaniker hier im Forum darauf eine Antwort.
Geschnitten habe ich es leider noch nicht, man müsste es sicherlich auch dazu einbetten.

Fossil sind diese "Wasserfarne" übrigens aus dem Tertiär bekannt. Ich meine mich daran zu erinnern, dass sie auch in niederrheinischen Braunkohlerevier gefunden wurden.

Einen schönen Abend noch in die Runde!
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Gerd Schmahl

#8
Hallo,
als ich heute einen Gartenfreund aus meiner Sparte besuchte, sah ich in seinem Mini-Teich (ca. 60 bis 8ol) eine sehr auffällige "Entengrütze" Die runden Blätter der vermeintlichen Teichlinsen waren etwas zu groß. Als ich meinen Gartenfreund fragte, was er da im Teich schwimmen hat, sagte er das seinen Wasserpflanzen, die er mal auf einer Gartenmesse von einem Holländer gekauft habe. Die würden Sauerstoff an das Wasser abgeben. Als ich eine Fingerprobe aus dem Teich nahm erkannte ich, dass es Schwimmfarne waren, allerdings eine andere Art, als unser einheimischer.

So bin ich doch noch in den Genuss gekommen, die interessante wasserabweisende Behaarung studieren zu können, die Frank Fox so meisterlich abgelichtet hat: Einmal hier aber besonders in diesem Beitrag.

Hier meine bescheidenen Fotos:
Bild 1: Übersichtsaufnahme: Die Pflanzen in einem Jogurteimer
Bild 1: Einzelaufnahme der Blattoberfläche
Bild 2: Stak mit Wassertropfen
Bild 3: dgl. für den Kreuzblick

Viel Freude beim Betrachten wünscht Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Gerd Schmahl

Hallo,
ich war heute noch einmal in Wörlitz, dieses Mal mit dem Auto und dieses Mal habe ich dien einheimischen Gemeinen Schwimmfarn Salvinia natans heil bis nach Hause bekommen. Eigentlich wollte ich heute mal früh ins Bett gehen, mir vorher aber noch ganz schnell im Stemi die etwas anders gebauten Haare (fast ohne Stiel) dieser Art ansehen. Dabei kam mir dieser kleine leider schon tote Kerl ins Blickfeld, der wie in einer Venusfliegenfalle auf dem Blatt saß. Vielleicht sind das ja doch fleischfressende Pflanzen?  8) Jedenfalls musste ich dann doch noch mit dem VANOX an das Tierchen heran gehen, wenn schon so schön still hält. Ich denke das war ein sehr junger Wasserläufer
Bild 1: mit dem SPlanFL2
Bild 2: mit dem SPlanApo4
Bild3: dgl. für Kreuzblick

Viel Freude beim Betrachten wünscht
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.