Ascorbinsäure, Umkristallisation

Begonnen von Ernst Hippe, Oktober 22, 2009, 16:50:26 NACHMITTAGS

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Ernst Hippe

Hallo Polfreunde,

Anfang 2008 hatte ich Ascorbinsäure beim Schmelzen zu stark erhitzt, so dass das Präparat verdorben schien. Wegen der ornamentalen Figuren hob ich es aber auf:



22 Monate später sah ich es mir wieder an und staunte, denn es hatten sich neue Kristalle gebildet:



(Hommage an Max Ernst!) Einige der alten Figuren sind oben noch zu sehen. Und:



(Der Erdbeerpilz...) Solche Veränderungen sind doch erstaunlich, deshalb zeige ich sie hier und rege zu ähnlichen Versuchen an.
Gruß Ernst Hippe
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rekuwi

Lieber Ernst,

das ist doch erstaunlich und sehr beeindruckend. Wie kommt das zustande?

wundert sich
Regi

Klaus Herrmann

Lieber Ernst,

sehr schön Dein Hommage an Max Ernst - von Ernst zu Ernst ;)

Wärst Du am Samstag in Würzburg gewesen, dann hättest Du ein Beispiel aus meiner Kollektion gesehen, das dieses Phänomen auch zeigt. Papaverin ein Alkaloid aus dem Schlafmohn neigt auch zu unterkühlten Schmelzen. Erst nach Tagen fangen die ersten Rosetten zu wachsen. Das sieht dann sehr attraktiv aus, weil sie wie bunte Planeten am nachtschwarzen Himmel wirken. Zur Vorbereitung habe ich mir das Präparat nun rausgeholt und da war nach nunmehr 3 Jahren der ganze Rest sehr feinkristallin auskristallisiert.

Man kann bei unterkühlten Schmelzen mit Impfkristallen arbeiten oder bisweilen hilft auch Tempern. Die Beweglichkeit der Moleküle in der zähen Schmelze ist sehr reduziert und durch das Tempern werden sie wieder etwas leichter beweglich, so dass es doch zur Kristallisation kommen kann.
Man muss aber deutlich unter dem Schmelzpunkt bleiben.



Und Deine Anregung das mit Ascorbinsäure zu versuchen habe ich in weiser Voraussicht schon im letzten Jahr aufgegriffen: ;)

Die schwarzen Flecken sind unterkühlte Schmelze, die immer noch nicht auskristallisiert ist - kann aber sein, dass die Ascorbinsäure zersetzt ist, dann geht natürlich gar nichts mehr!

Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Ernst Hippe

Liebe Regi,
ich kann nur vermuten, dass die Sublimation und erneuter Niederschlag einerseits, Wasseraufnahme hygroskopisch und Wiederverdunsten andererseits eine Rolle spielen. Ich beobachte solche Veränderungen an vielen alten Präparaten.

Lieber Klaus,
natürlich habe ich sehr bedauert, Deine Life-Vorführung nicht sehen zu können. Ich meine aber, dass der Fall der alten A.-Präparate mit unterkühlter Schmelze nichts zu tun hat. Der Zeitraum ist wohl dafür zu lang.
Gruß Ernst Hippe
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Klaus Herrmann

#4
Lieber Ernst,

bei der Ascorbinsäure gibt es keine Sublimation; die schmilzt bei 192° unter Zersetzung. Wenn man sie also zu lange quält bei Schmelztemperatur verabschiedet sie sich.

Bei meinem Ascorbinsäure-Präparat gibt es auch viele Bereiche, die wie Honig aussehen und in diesen Bereichen haben sich nach längerer Zeit wieder Kristalle gebildet. Das nenne ich eine unterkühlte Schmelze. Und solche geschmolzenen Bereiche sieht man auf Deinem Präparat auch. Die sind natürlich nicht doppelbrechend, da die Ordnung des Kristallgitters fehlt.

Beim Piperin neulich beobachte ich das selbe: ganz langsam wachsen Kristalle in der - festen - Schmelze.

Das Papaverin zeigte nach Monaten nur eine Vergrößerung der "Sonnen" und jetzt nach 3 Jahren ist alles komplett wieder auskristallisiert.

Glas ist auch eine unterkühlte Schmelze. Nach Jahrhunderten kann es "entglasen" durch Auskristallisation der Komponenten. Also der Vorgang kann dauern!
Mit herzlichen Mikrogrüßen

Klaus


ich ziehe das freundschaftliche "Du" vor! ∞ λ ¼


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Ernst Hippe

Hallo Klaus,

daß Unterkühlte Schmelze so langfristig sein kann, war mir bisher nicht so klar. Jetzt verstehe ich auch, warum ich nach der zuerst überhitzten Schmelze nur Verbranntes gesehen hatte: einige Bereiche waren noch nicht kaputt, aber erst viel später kristallisiert. Symbolisch für diese Langsamkeit schiebe ich noch ein "Faultier" nach, das nochmal beide Bereiche zeigt:

Gruß Ernst Hippe
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Capovau

Klassische Gläser sind auch unterkühlte Schmelzen und kristallisieren nie (jedenfalls nicht bei Raumtemperatur) Sehr viele organische Substanzen kristallisieren aus den zähen Schmelzen auch erst nach sehr langer Zeit aus. Ich sehe das oft bei Heiztischexperimenten.

Abhilfe schafft hier nur das Tempern bei Temperaturen kurz unterhalb der Schmelztemperatur und auch da kann es ohne heterogene Keimbildung sehr lange dauern. Das ganze ist auf Grund des Zähigkeitsverlaufs und der dadurch behinderten Diffusion kinetisch gehemmt.

Abhilfe ist da wirklich oft nur durch Kristallisation aus der Lösung zu schaffen.

Gruß Thomas

Ernst Hippe

Hallo Thomas,

danke für die Ergänzung. Solange es nur um ästhetische Aspekte geht, braucht man keine Abhilfe, weil die Ergebnisse manchmal besonders reizvoll sind, was ich ja zeigen wollte.
Gruß Ernst Hippe
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