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Ist das ein gutes Amplival?

Begonnen von Abzei1905, Juli 16, 2020, 23:34:07 NACHMITTAGS

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Abzei1905

Hallo Forum,

ich habe vor einem halben Jahr ein Amplival mit pankratischem Kondensor auf ebay für 300€ gekauft - mein erstes Mikroskop.
Verwendungszweck: Pilzsporen betrachten und andere Spielereien. Dunkelfeldbilder gefallen mir sehr.
Ein Amplival, weil hier im Forum zu gebrauchten Markengeräten, statt zu gleichpreisigen neuen Chinaprodukten geraten wird. Ich habe auch oft gelesen, dass Ahnungslosen vom Blindkauf auf ebay abgeraten wird. Allerdings war 300€ mein Maximalbudget und ähnliche Geräte bei Gebrauchthändlern fast doppelt so teuer. Jetzt habe ich mir ein bisschen Zeit genommen damit herumzuprobieren, habe mir auf Booklooker ein paar günstige Heftchen von Zeiss über Zeiss Mikroskope und das Mikroskopieren gekauft und bin nicht wirklich zufrieden mit der Bildqualität.
Das Mikroskop hatte einen "normalen" Objektivsatz, also weder Plan, noch Achromat usw.. Bitte um Terminologiekorrektur....
Deswegen habe ich mir vor kurzem dann für 30€ ein Planachromat 40/0,65 160/0,17 gekauft und mir eine deutliche Verbesserung des Bildes erhofft. Das war leider nicht der Fall, es war eigentlich kein Unterschied zu erkennen. Immernoch sehr starke Randunschärfe und Farbverzerrungen am Bildrand.
Allerdings habe ich auch überhaupt keinen Vergleich, um beurteilen zu können, wie gut die Qualität des Bildes ist.

Weitere Mängel sind:
- Wenn man den Kondensor im Dunkelfeld richtig einstellt, enstehen in der Bildmitte ziemliche Farbverzerrungen, die sich nur vermeiden lassen, wenn man den Kondensor so weit vom Präperat wegfährt, dass die Bildmitte schonwieder nicht ausgeleuchtet wird.
- Der Pankratische Kondesor sieht aus, als hätte ihn schonmal jemand ohne Geschick aufgeschraubt. Einige der Schraubenköpfe sind von schlechtem Werkzeug ausgeleiert.
- einige Lamellen der Apperturblende haben Dellen an den Rändern, als hätte sie jemand mit einem Schraubenzieher übereinander gehebelt.
- Beim Einstellen der Appertur mit dem Appertur-Drehring am Kondensor verschiebt sich der Brennpunkt des Kondensors aus der Bildmitte zum Bildrand. Man muss für jede gewählte Apperturgröße den Kondensor neu zentrieren. Da wurde eine Linse wohl schief wieder eingebaut, vermute ich.

Jetzt möchte ich euch, als erfahrene Mikroskopiker um Rat fragen, was ich tun soll. Ich brauche eine Art Schritt für Schritt Anleitung, wie ich zu einer guten Entscheidung komme. Also vielleicht Tipps, was ich gezielt noch prüfen könnte, oder Vergleichsbilder von einem guten Amplival.

Ein paar Fragen:
- Kann man auf den Bildern genug erkennen, um zu sagen: "So sollte das nicht aussehen!"?
- Wenn ja, würdet ihr versuchen das Mikroskop wieder zu verkaufen?
- Eventuell mal zu Jemandem bringen der es sich für etwas Geld anschaut und beurteilt?

Ich hänge ein paar Bilder an, allerdings per Handy durchs Okular geschossen, die Qualität lässt zu wünschen übrig. Mehr habe ich grade nicht. Ein Bild vom Mikroskop selbst, eins von meinem Blut (hier erkennt man gut die Randunschärfe des Planachromat-Objektivs) und eins von einem Rosenblatt im Dunkelfeld (hier erkennt man gut die Farbverzerrungen in der Bildmitte).

mhaardt

300 Euro für ein Amplival mit pankratischem Kondensor sind erstmal ein Schnäppchen. Glückwunsch!

Alte Geräte brauchen mitunter etwas Zuwendung.  Du schreibst nichts von verharzten Trieben, das ist ja schon mal gut, d.h. es gab schon Wartungsarbeiten.  Die beschädigten Lamellen sind natürlich nicht schön.  Der pankratische Kondensor ist gerne nicht perfekt zentriert, auch bei Geräten im Originalzustand.  Ich meine mich zu erinnern, dass man auch die Aperturblende zentrieren kann, der Kondensor muss zum Stativ gerade sein und die Kondensorlinse zentriert man danach.  Das hat mich einige Zeit gekostet, aber jetzt ist alles fast gerade.  Erfahrene Mikroskopmechaniker machen das sicher fix.

Das Farbenspiel bekommt man, wenn Objektive und Okulare nicht harmonieren.  Die Achromate ab 16x, alle Planachromate und alle Apochromate am Laboval sind für die Verwendung mit kompensierenden Okularen (markiert mit K oder PK, letztere insbesondere für Plan(apo)chromate) vorgesehen.

Du hast da ein Paar A-Okulare und ich vermute, dass Du das 40x Objektiv benutzt hast, was nicht passt.  Recht beliebt und üblich sind PK10x (15,5) als Ergänzung.

Nochmal zur Bildqualität: Auf den Prismen des Winkels lagern sich mit der Zeit Schmierfilme ab, die ein flaues Bild erzeugen.  Eine Reinigung wirkte bei mir Wunder.

Bei niedrigen Vergrößerungen kommt die F 15 mm Linse zum Einsatz.  Bei vielen Amplivals ist sie kaputt und hat eine raue Oberfläche, d.h. nicht mehr klar.  Ich trieb mal einen Händler auf, der günstig Ersatz liefern konnte, dazu gibt es im Forum einen Beitrag.  Das Bild wird damit kontrastreicher.

Michael

Abzei1905

Zitat300 Euro für ein Amplival mit pankratischem Kondensor sind erstmal ein Schnäppchen. Glückwunsch!
Na das macht mir schonmal Hoffnung.
Die Triebe laufen perfekt, die Bremse lässt sich exakt einstellen, das stimmt.

Zitatder Kondensor muss zum Stativ gerade sein
Ich habe bisher keine Möglichkeit entdeckt, die Ausrichtung des Kondensors zum Stativ zu arretieren. Weißt du da mehr?

Danke für den Tipp mit den Okularen, das hatte ich bisher nicht bedacht.
Die Glasflächen im Winkel habe ich mit etwas Aceton und einem Mikrofasertuch schonmal gereinigt, da war aber bis auf einige Staubpartikel kein Unterschied zu erkennen. Die schienen von Anfang an sauber zu sein.



Die F=15mm Linse ist, wie bei allen Trüb. Ich habe sie mal ausgebaut und mit meinem kleinsten Objektiv mit Auflicht angeschaut. Da platzt die Oberfläche ab, scheint als wäre das Glas unter Spannung.

Michael L.

Hallo Laurenz,

verwende zum Reinigen besser Wundbezin aus der Apotheke, Aceton löst möglicherweise Streulichtlacke und alles mögliche sonst noch an. Verwende Auch Augenwatte aus der Apotheke um ein Holzchen gewickelt, z. B. Schaschlick Spieße, um mit dem Wundbezin an die schwieriger zugänglichen Glasflächen zu kommen. So wenig Lösemittel verwenden wie möglich.

Viele Grüße,

Michael

mhaardt

Ich habe die Justierung des Kondensors hier beschrieben:

https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=20217.0

Am Ende findest Du auch die Adresse, wo Du eine Ersatzlinse bekommen kannst:

http://www.astro-electronic.de/optik.htm

(bi-konvex, Durchmesser 15 mm, Brennweite 15 mm).  Ich bin erstaunt, dass es noch welche gibt, denn das Problem ist bei den Amplivals recht verbreitet und sowas ist nicht leicht aufzutreiben.

Michael

Abzei1905

Zitatverwende zum Reinigen besser Wundbezin aus der Apotheke, Aceton löst möglicherweise Streulichtlacke und alles mögliche sonst noch an. Verwende Auch Augenwatte aus der Apotheke um ein Holzchen gewickelt, z. B. Schaschlick Spieße, um mit dem Wundbezin an die schwieriger zugänglichen Glasflächen zu kommen. So wenig Lösemittel verwenden wie möglich.
Danke für den Tipp!

Zu Michael mhaardt:
Das ist ja ein wahres Juwel des Internets - das findet man mit Google nicht mehr - vielen Dank!
Habe deine Beschreibung gelesen, das ist auch sehr hilfreich. Sobal ich einen Tag frei habe, werde ich berichten, wie gut es funktioniert hat.

Gerd Schmahl

Hallo Laurenz,
ZitatDas Mikroskop hatte einen "normalen" Objektivsatz, also weder Plan, noch Achromat usw.. Bitte um Terminologiekorrektur....
Die "normalen" Objektive sind die Achromate (für 2 Farben korrigiert). Die dazugehörigen Okulare haben entweder keinen Aufdruck oder ein "A" vor der Vergrößerungsangabe.
Die Planachromate sind farblich genauso korrigiert, haben aber ein geebnetes Bildfeld. Die dazugehörigen Okulare haben ein P vor der Vergrößerungsangabe.
Die Apochromate sind farblich höher korrigiert, so dass die Bildort für 3 Farben übereinstimmen, sie besitzen aber oft noch eine Bildwölbung am Rand. Die dazugehörigen Okulare sind mit "K" bezeichnet.
Die Planapochromate haben zusätzlich noch ein geebnetes Bildfeld. Die dazugehörigen Okulare sind mit "PK" gekennzeichnet.
Noch ein Wort zu den Okularen, denn so rein und klar wie eben geschildert ist es leider doch nicht, denn die Okulare mit "K" und "PK" werden auch für hochaperturige Achromaten empfohlen (also ab einer n.A. von 0,65). Ich nutze, da ich überwiegend Apochromaten am Revolver habe fast ausschließlich die PK-Okulare. Das PK-10 ist auch recht gut zum Fotografieren geeignet, da es als Brillenokular auch ein sehr weit oben stehende Austrittspupille hat. Man kann den oberen Rand abschrauben. Alles eben gesagte gild für Zeiss-Jena der Endlichbaureihe, die praktisch mit dem Amplival endete.
Hast Du Dich eigentlich schon mal vorgestellt in der Rubrik Mikroskopiker im Netz? Ich würde gerne wissen, in welcher Gegend Dein Amplival steht. Wenn es in der relativen Nähe von Dresden wäre, würde ich vielleicht mal unverbindlich drüber schauen können.
Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Abzei1905

Hallo Gerd,
danke für die ausführliche Antwort. Ich war eben dabei einen neuen Beitrag zu Okularen zu verfassen, da habe ich gesehen, dass du schon etwas dazu geschrieben hast.
Ich habe mich im November letzten Jahres hier schon vorgestellt, ja https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=35602.msg260414#msg260414. Allerdings war ich seitdem nicht mehr online. Ich war anfangs mit diesem Amplival ein bisschen überfordert und habe jetzt ein halbes Jahr immer mal wieder rumprobiert und versucht Anleitungen zu finden, bis ich jetzt wirklich sagen kann, dass ich etwas Ahnung habe.
Ich wohne leider in Karlsruhe, danke für das Angebot. Vielleicht kannst du mir ein paar Literaturverweise geben? Ich konnte zwei Anleitungen zum Amplival im Internet finden - die sind allerdings recht oberflächlich. Eine davon hattest du mir sogar schonmal als Antwort auf meine Vorstellung verlinkt. Ich konnte noch ein kleines Zeiss-Heftchen "Mikroskopieren von Anfang an" im Internet ergattern, das ist sehr Hilfreich gewesen, was die generellen Grundlagen angeht.
Was ich jetzt bräuchte, ist etwas Ausführliches, dem ich solche Sachen wie P-, K-, PK-Beschriftungen auf Okularen entnehmen kann.

Vielleicht könntest du mir kurz noch was zum Kauf eines PK-Okularsatztes erklären.
Vergrößerung 10x denke ich, ist ein guter Wert. Sehfeldzahl und Zusammenhang mit der Objektfeldgröße habe ich auch verstanden (glaube ich zumindest) - also da möchte ich ein Objektiv mit möglichst großer Sehfeldzahl, welches noch in meinen Tubus passt und nicht zu teuer ist (ist das richtig?).

Nun finde ich auf ebay verschiedene Ausführungen dieser PK Okulare mit großen und mit kleinen Austrittspupillen. Welche sind da zu bevorzugen und warum? Im Anhang dazu Bilder.

Gerd Schmahl

Hallo Laurenz,
ich kann die mittleren empfehlen, an denen man den oberen Teil abschrauben kann (fürs Fotografieren mit dem Kameraobjektiv am Okular). Die dicken Dinger im 1. Bild kenne ich nicht persönlich. Die 12,5er sind oft schon etwas zu viel des guten (Stichwort "Förderliche Vergrößerung"). Sie haben auch eine niedriger liegende Austrittspupille.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.