Unterschiede zwischen Knicktubus und Schiebetubus

Begonnen von Soki, Oktober 14, 2020, 10:38:24 VORMITTAG

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Soki

Hallo,

aktuell beschäftigt mich die Frage, warum man von Schiebetuben abgekommen ist. Ich habe leider keinen Vergleich, da ich nur ein altes Zeiss West Bino mit Schiebemechanismus habe.

Alle aktuellen Binos/Trinos sind scheinbar mit einer Knickbrücke versehen.
Worin genau bestehen die Unterschiede bzw. Vor- und Nachteile dieser verschiedenen Ausführungen?

Gibt es Unterschiede bezüglich Langlebigkeit? Was bevorzugt ihr?


Vielen Dank und liebe Grüße,

Simon

Jürgen Boschert

Hallo Simon,

zum einen und wohl wesentlichen von der Herstellerseite: Knicktuben sind weniger aufwändig und günstiger herzustellen (keine Schwalbenschwanzführungen, keine zwei verstellbaren Okularstutzen -die wurden bei den Knicktuben irgendwann komplett weggelassen).

Für den Anwender: Knicktuben sind einfacher handzuhaben. Man passt einfach den Augenabstand durch Knicken an, fertig. Man muss nicht an den Okularstutzen entsprechend dem Augenabstand die Tubuslänge nachstellen. Es gab auch solche Schiebetuben mit automatischem Tubuslängenausgleich, was aber einen zusätzlichen, nicht unerheblichen Aufwand bei der Herstellung bedeutete. PZO und Leitz hatten solche Tuben im Programm, Zeiss (West) nie.
Beste Grüße !

JB

reblaus

Hallo Simon -

Jürgen B. hat mir das Wort von der Feder (äh Tastatur) genommen.
Bei häufig benutzten Mikroskopen (Kurs etc.) wird bei Schiebetuben stellt ein neuer Nutzer den Augenabstand meist schnell neu ein, justiert aber meist nicht die Tubuslänge - vielen Mikroskopkern ist diese Möglichkeit/Notwendigkeit unbekannt, und bei preiswerten Schiebetuben auch gar nicht vorgesehen - man akzeptiert einfach die Verschlechterung der Parfokalität durch unkorrekte Tubuslänge.
Die Schiebetuben sind allerdings kompakter und leichter als die Knicker, die von manchen Mikroskopen so weit abstehen, dass ich mir schon gelegentlich den Kopf daran gestoßen habe.

Viele Grüße

Rolf

Soki

Hallo,

vielen Dank für Eure Antworten. Aus diesen Gesichtspunkten machen Knicktuben natürlich mehr Sinn.

beste Grüße,
Simon

Dünnschliffbohrer

Hallo in die Runde,
einen wichtigen Gesichtspunkt möchte ich noch in die Diskussion werfen: in der Pol-Mikroskopie ist der Knicktubus sehr umständlich, der braucht dann eine zusätzliche Vorrichtung, die die Fadenkreuze in den Okularen beim Auseinanderbiegen konstant hält. Beim Schiebetubus entfällt das Problem. Vieleicht der Grund, warum Leitz, lange Marktführer in der Pol-Mikroskopie,  lange am Schiebetubus festhielt, währen Winkel-"Zeiss" zwar noch den Schiebetubus hatte, aber später "Zeiss"-West für für die binokulare Pol-Mikroskopie diese aufwändigeren Schiebetuben mit Ausgleich der Okulardrehung anbot.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Jürgen Boschert

Hallo Dünnschliffbohrer,

das ist natürlich ein zusätzlicher, wichtiger Aspekt. Den Pol-Schiebetubus gab es wohl genau aus dieser Schwierigkeit heraus bei Zeiss-West noch bis weit in die 70er Jahre hinein ("hellgraue Zeit"). Den Pol-Knicktubus gab es dann ab Mitte/Ende der 70er.
Beste Grüße !

JB