Utricularia bisquamata: Fangblasen (Fortsetzung)

Begonnen von D.Mon, Oktober 30, 2020, 21:28:40 NACHMITTAGS

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D.Mon

Hallo zusammen,

ich habe hier einige Fotos von Utricularia Sprossen mit Fangblasen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien.
Die verwendete Hardware steht in der Signatur.
Die Fotos wurde im Dunkelfeld mit dem 20x Objektiv geschossen und sind gestackt.


Hier die Spossspitze, noch ohne Blasen.


Hier sieht man eine Knospe. Einzelheiten der Blase sind noch nicht deutlich erkennbar.


In diesem Bild kann man bereits den entstehenden Hohlraum erahnen.


Hier sind bei genauem Hinsehen bereits die Ansätze der Borsten zu erkennen, die bei Berührung durch Kleinorganismen den Fallenmechanismus auslösen.


Der Hohlraum entwickelt sich. Die Borsten sind jetzt schon besser zu erkennen.


Die endgültige Form ist jetzt schon gut erkennbar, aber ganz ausgewachsen ist diese Blase noch nicht. Die im Hintergrund ist abgerissen.

In ausgewachsenen Blasen konnte ich schon die Verdauungsdrüsen und Pumpen erkennen, aber da hatte ich die Kamera nicht betriebsbereit.
Wenn mir die wieder mal unterkommen, gibts auch davon noch Fotos.

Ich habe außerdem unbeabsichtigt (wenn auch nicht unerwünscht) eine andere Utricularia Art in meine Moorschale eingeschleppt (vermutlich U. sandersonii).
Die hatte ich nicht nicht unterm Mikroskop. Kommt aber auch noch dran.

Feedback, konstruktive Kritik und Vorschläge, was ich besser machen könnte, sind wie immer willkommen.

Schöne Grüße
D.Mon
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
--
Glück kann man nicht kaufen.
Aber man kann ein Mikroskop kaufen und das ist eigentlich dasselbe!
--
Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400

Gerd Schmahl

Hallo D.Mon,
das ist ein sehr schöner Entwicklungsbericht.
Beste Grüße
Gerd
Mikroskopischer Allesfresser

Heiko


jcs

Hallo Martin,

Sehr gelungene Aufnahmen! Da hat sich ja aufnahmetechinsch allerhand getan bei Dir!

Jürgen

D.Mon

Hallo zusammen,

vielen Dank für das positive Feedback.
Ich konnte inzwischen Fotos von ausgewachsenen Blasen machen, bei denen man unter anderem den Klappenmechanismus und die Drüsen an der Blaseninnenwand besser erkennen kann.
Sobald ich dazu komme, diese zu beschriften, werde ich sie nachreichen.

Viele Grüße
Martin alias D.Mon
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D.Mon

#5
Hallo nochmal,

hier noch einige interessante Fakten zu Utricularia und die angekündigten Bilder.
Es lohnt sich, die unten angegebenen Quellen zu lesen. Ich wollte jetzt nicht alles abschreiben und schildere nur die faszinierendsten Punkte.

Wie ich in Wikipedia gelesen habe, kann man bei Utricularia nicht klar zwischen Blatt und Spross unterscheiden. Insofern ist das, was ich oben bzw. im ersten Teil geschrieben habe nicht ganz korrekt. Anscheinend werde flächige grüne Pflanzenteile als Blatt, die anderen als Spross bezeichnet. Ich konnte beobachten, dass Sie fließend ineinander übergehen.

In meinem Bericht konzentriere ich mich aber auf die Fallen. Aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung und der Tatsache, dass sie aus dem Boden gezogen werden müssen und deshalb oft Anhaftungen von Sphagnum und anderem Detritus haben, sind sie nicht besonders leicht zu fotografieren. Hinzu kommt, dass man, um den Aufbau zu verstehen, durch die unterschiedlichen Schichten fokussieren muss. Da ich keine mikroskopischen Schnitte anfertigen kann, muss ich mit den resultierenden Einschränkungen leben.

Der Fallenmechanismus ist einigermaßen komplex. Drüsen, die an der Innenwand der Fallen sitzen, pumpen Wasser nach außen, wodurch sich im Inneren ein Unterdruck von ca. 0,1 bis 0,14 Bar einstellt. Die Klappen am Falleneingang verspannen sich gegeneinander und verschließen die Blase. Außen befindet sich ein Kranz von fingerartigen Borsten, der eine interessante Struktur aufweist.

Die Fallen mancher Arten  bilden algenähnliche Auswüchse, die Nahrung vortäuschen sollen (erinnert an Anglerfische, die weit höher entwickelt sind). Das konnte ich zwar nicht beobachten, dafür habe ich gesehen, dass sich kleine Ciliaten, Algen und andere Organismen vor den Falleneingängen tummeln, was ebenfalls Beute anlocken könnte. Andere sollen - beispielsweise über keulenförmige Drüsen - chemische Lockstoffe absondern. Ob das die "Gnubbel" sind, die ich gesehen habe?

Die oben erwähnten Klappen sind mehrflügelig und am "Falz" verschränken sich fingerartige Fortsätze. Ich habe bandartige Strukturen aus kleineren Zellen gesehen, die vermutlich mit dafür sorgen, dass das ganze Gebilde unter der Spannung nicht reisst. Ich nehme an, dass diese außerdem - ähnlich einem Gummiband - dafür sorgen, dass sich die Flügel nach dem Öffnen der Falle sofort wieder schließen, damit die Beute eingesperrt ist und damit erneut ein Unterdrucke aufgebaut werden kann. Wenn größere Mikroorganismen die außen liegenden Borsten stark genug anstoßen, werden die Klappen sozusagen entriegelt und schwingen durch den Unterdruck blitzschnell nach innen auf. Die Beute wird eingesaugt und eingesperrt. Das Auslösen der Fallen selbst funktioniert rein mechanisch, Reize werden nicht weitergeleitet.

Sehr interessant finde ich noch die auf der Blaseninnenwand sitzenden, (meist) vierstrahligen, Drüsen. Ich habe gelesen, dass sie mehrere Funktionen erfüllen. Sie pumpen Wasser nach dem Prinzip von Ionenpumpen nach außen und erzeugen so den Unterdruck und die Vorspannung der Blasenwand. Diese Vorspannung ist es, welche letztlich die Energie für das rasche Einsaugen blitzartig freizusetzen vermag. Sie sondern außerdem mehrere Verdauungsenzyme ab, welche die Nahrung zersetzen und leiten die gewonnenen Nährstoffe weiter. Wenn ich mir die zarten Gebilde ansehe, kann ich nur staunen, was die leisten können.

Hier kommen nun die Bilder. Durch Anklicken öffnen sie sich in höherer Auflösung.



Bei diesem Bild habe ich versucht, den Fokus etwa in die Mitte der Klappen (K) zu legen. Man kann deutlich erkennen, wie sie sich durch den Unterdruck nach innen wölben. Die Borsten (B) sind rund um die Öffnung angelegt. Der fingerartige Eindruck wird durch die Gliederung der Borsten in einzelne Abschnitte und die fächerartige Zusammenführung verstärkt. Andeutungsweise kann man hier auch die vierstrahligen Drüsen erkenne, die aber in einer anderen Schärfeebene liegen, nämlich an der unten liegenden Blaseninnenwand. Dass man sie trotzdem halbwegs scharf erkennen kann, ist meines Erachtens ein Hinweis darauf, dass die Ausdehnung senkrecht zur Blickachse deutlich geringer ist, als im hier sichtbaren Querschnitt. Das Bild ist mit dem 10x Objektiv aufgenommen und (wie auch die folgenden) nicht gestackt.



Hier kommt eine Aufnahme im Hellfeld durch das 40x Objektiv. Der Fokus liegt hier auf der oberen Blasenaußenwand, gerade so tief, dass man noch den örtliche Zusammenhang zwischen den Drüsenausgängen (Da) und den in der Blase liegenden Drüsen (Dr) erkennen kann. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich den Bezug zwischen den "Gnubbeln", die wie kleine transparente Dome aussehen, und den Drüsen nachvollziehen konnte. In der größeren Auflösung sieht man das deutlich besser, als in der Verkleinerung für das Forum. Achtet bitte auch auf die kleine "Warze" die man auf fünf Uhr sieht.



Auch dieses Bild wurde mit dem 40x angefertigt. Diesmal liegt der Fokus etwas tiefer, sodass man die Drüsen (Dr) und den Drüsenausgang (Da) unten rechts schärfer sieht. Leider fehlt mir das Fachwissen, die Feinstrukuren interpretieren und die ganzen Wirkmechanismen besser verstehen zu können. Trotzdem faszinieren mich diese kleinen Wunderwerke der Natur ungemein.

Ich hoffe, dass ich etwas Interesse wecken konnte. Zusätzliche Erklärungen, Tipps und Kritik sind - wie immer - ausdrücklich erwünscht.

Herzliche Grüße
Martin

Quellen:
Wikipedia: Wasserschläuche
Wikipedia: Gewöhnlicher Wasserschlauch
eigene Beobachtungen
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Mikroskope: Motic Panthera U, Lomo MBS-10, Orthoplan mit DIC
Kamera: Sony ILCE-6400

Alex H.

Hallo Martin,

vielen Dank für die tollen Bilder und den interessanten Bericht!

Grüße
Alex
Botanik, vorrangig heimische Wildpflanzen, die Morphologie der Sporen, Pollen, Blüten, Früchte und Samen, Blütenökologie, Kryptogamen im Allgemeinen;
Stereolupe: optimiertes LZOS MBS-10; Mikroskop: gut ausgestattetes LOMO Biolam;

Jürgen Boschert

Hallo Martin,

vielen Dank für dentoll recherchierten und bebilderten Beitrag !
Beste Grüße !

JB

Herbert Dietrich

Hallo Martin,

vielen Dank für diesen interessanten Beitrag.
Ich bin begeistert, den einheimischen Wasserschlauch kenne ich als freischwimmende Pflanze,
aber im Moos wurzelnd! Man lernt immer wieder etwas faszinierendes Neues. Toll!

Herzliche Grüße
Herbert

D.Mon

Hallo zusammen,

vielen Dank für die positiven Rückmeldungen. Es freut mich sehr, wenn Euch die Bilder und Berichte gefallen.

Es gibt ja mehrere (ingesamt 8 glaube ich) einheimische Wasserschlaucharten. Die sind alle freischwimmend. Ich habe z. B. noch Utricularia vulgaris, den ich derzeit noch in einem Einmachglas halte. Ich habe ihn zumindest als U. vulgaris erworben. Weil er so zart ist, bin ich mir aber nicht ganz sicher. Im Frühjahr soll er in einen Teich, dann wird es sich zeigen.

Herzliche Grüße
Martin
Bitte per "Du" - Martin alias D.Mon
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