Fossiler Knochen - Der letzte Schliff..

Begonnen von Gerd Schmahl, Dezember 31, 2020, 20:31:31 NACHMITTAGS

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Gerd Schmahl

...für dieses Jahr.
Hallo,
heute habe ich es endlich geschafft, ein lange geplantes Projekt umzusetzen: Einen Dünnschliff durch ein Knochenfragment eines Reptils. Dieses Fragment hatte ich zu Himmelfahrt 2018 in der Tongrube Mistelgau gefunden. Die Fossilien in dieser Grube stammen aus dem Unteren Jura und sind etwa 180 Millionen Jahre alt. Hier wurden vor allem Fischsaurier aber auch ein Flugsaurier gefunden. Berühmt sind aber auch die sogenannten "Belemnitenschlachtfelder", die aus tausenden Donnerkeilen bestehen.

Das von mir gefundene Knochenfragment zeigt ein schön ausgebildetes Kugelgelenk, wie es für Extremitäten typisch ist. Jedoch bin ich nicht Fachmann genug, um es einer bestimmten Reptilgruppe zuordnen zu können.
Zunächst der Knochen:

Bild 1: Knochenfragment aus Mistelgau nach dem Abtrennen des Dünnschliffes



Bild 2: Ein Panorama des Dünnschliffes zum Überblick, Aufnahme in X-Pol mit Rot1

Hier zwei Detail, welche die gute Erhaltung der Knochensubstanz zeigen:


Bild 3:Die kompakte äußere Schicht des Knochens; X-Pol + Rot1


Bild 4:Die innere spongiede Knochenmasse, in deren Zwischenräumen einst das Rote Knochenmark die Roten Blutkörperchen bildete. Hier jetzt mit einer kleinen Kalzitdruse. X-Pol + Rot1

Der Schliff hielt aber auch zwei Überraschungen parat:
1."Fossile Wasserwaagen", die es erlauben zu zeigen, wie herum der Knochen im Sediment gelegen hat. Mir war beim Schneiden schon aufgefallen, dass eine Seite heller und die andere dunkler wirkte. In der dunkleren waren die Hohlräume der spongieden Konchenmasse mit tonigem Sediment (grün gekennzeichnet) gefüllt, während im Hellenteil diese entweder mit Kalzit oder gar nicht gefüllt sind (rote Punkte).

Bild 5: "Fossilie Wasserwaagen X-Pol mit Rot1

2. fanden sich in manchen Kalzitdrusen undurchsichtige Gebilde, die sehr wahrscheinlich aus Pyrit bestehen. Das ist erstmal nichts Besonderes, aber sie erinnern an Bakterienlager oder Pilzkoniden, wobei die runden Kügelchen fast alle gleich groß sind, was sehr für die Pilze spricht und nicht für spontane Pyritisierungen. Hier 2 Bilder:

Bild 6: Mikrobenreste?

Bild 7: Mikrobenreste?

Ich hoffe Euch mit diesem etwas anderen Farbfeuerwerk eine Freude gemacht zu haben.
Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

jcs

Hallo Gerd,

das sind fantastische bilder! Unglaublich, wie gut die Morphologie des (lamellaren?) Knochen erhalten geblieben ist. Ich stelle es mir allerdings schwierig vor, die geeigneten Steine zu identifizieren, welche sich für so eine Präparation eignen. Wie findest Du die? Von außen sieht ja, zumindest für mich als Laien, jeder Stein wie der andere aus.

LG

Jürgen

Gerd Schmahl

#2
Hallo Jürgen,
ich sammle seit meinem 6.Lebensjahr Fossilien, das sieht man schon mal die Steine mit einem viel kritischeren Blick an, als die meisten anderen. Dann findet man solche Sachen auch meist nicht ganz auf gut Glück, auch wenn das letztlich immer mitspielt. Das ist das schöne am Fossiliensammeln: Man weiß da nie ganz genau, was heute drin ist in der Pralinenschachtel, aber man muss schon hingehen und sie aufmachen.
In diesem Fall war das eine sehr lange geplante Exkursion mit zahlreichen langjährigen Freunden und ortskundigem Führer. Da wurde sicherlich weit über eine Tonne Ton bewegt, an dem Tag. Dort fällt eigentlich jeder "Stein" auf, denn da gibt es außer Fossilien nur Ton. Alles was kein Ton ist, ist verdächtig. Der Knochen war auch noch ein Stück länger als auf den Fotos und so recht deutlich als solcher zu erkennen. Die Bilder habe ich wie geschrieben erst nach dem Schneiden gemacht. Ich war mir eigentlich sicher ohnehin ein Foto von frisch gefundenen Knochen zu haben, aber das hat sich leider als Irrtum herausgestellt.

Da ich nun schon einige Saurierknochen gefunden hatte, habe ich auch mal einen geopfert für den "Altar der Mikroskopie". Wichtigste Erkenntnis aus dem Anschliff: Der Knochen war schon bei der Einbettung ein Fragment, sonst hätte nicht der halbe Knochen voller Sediment sein können. Es war ein zur Zeit der Einbettung schon zerbrochener, vielleicht sogar zerbissener Röhrenknochen.
Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Dünnschliffbohrer

Hallo Gerd,
zunächst mal ein Frohes Neues und meine Glückwünsche zu dem gut geratenen Schliff!
Eine kritische Anmerkung kann ich mir aber nicht verkneifen: Der Pyrit, bzw. seine Form, insbesondere auch als "Himbeerpyrite" (= Framboide), haben (fast) nichts mit fossilen Mikroben zu tun. Das fast bedeutet, das der Pyrit ursprünglich zwar aufgrund der Tätigkeit von sulfatreduzierenden Bakterien abgeschieden wurde. Aber die Morphologie als Kügelchen oder himbeerartige Aggregate stellen keine so gen. "Autolithifikation" der Bakterienzellen dar. Die Spezialliteratur zu diesem Thema ist unübersehbar aber als gut verstädlichen Einstieg kann ich das an anderer Stelle bereits erwähnte Buch von D. Rickard: Pyrite - The natural history of fools gold empfehlen.
Ich habe auch keine Probleme mit dem Sediment in den Hohlräumen der Spongiosa. Viel ist davon ja auf den Bildern nicht zu sehen, der sparitische Kalzit scheint doch deutlich zu überwiegen. Der feine Ton dringt überall hinein, und schließlich ist auch die äußere hier dünne Schicht der Kompakta ja von vielen Kanälen für Blutgefässe durchdrungen. Das Knochenmark muss ja Anschluss an den Blutkreislauf haben. Viele Meeresreptilien haben sehr kurze "Langknochen", z.B. an den Flossen der Ichthyosaurier. Wenn das abgesägte Stück also keine postmortale Bruchfläche oder eindeutige Bißspuren zeigt, kann es gut sein, das der Knochen vollständig war.
Sehr schön kommen auf den Bildern auch die Lakunen der ehemaligen Osteozyten heraus, die sich mit ihrer Längserstreckung // zu den Schichten der Knochensubstanz anordnen.
"Und Gott sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei; und er schuf um ihn Laubmoose und Lebermoose und Flechten und ein Mikroskop!"
[aus: Kleeberg, Bernhard (2005): Theophysis, Ernst Haeckels Philosophie des Naturganzen,  S. 90]

Gerd Schmahl

#4
Hallo Dfb.,
mich hat es nur sehr strutzig gemacht, dass die ?Pyrit-Aggregate alle so ziemlich gleich groß sind, deshalb meine Vermutung, dass es sich um Pilz- oder Bakterienhinweise handeln könnte.
Zu den Osteozyten ist mir aufgefallen, dass die viel weiter verstreut sind, als z.B. in Rinderknochen, von dem ich ein Bild anhänge.

Beste Grüße
Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.