Keimende Mehltauspore auf Deckglas

Begonnen von reblaus, Oktober 24, 2022, 11:58:39 VORMITTAG

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reblaus

Hallo -

durch den Beitrag von Wes über Schimmelpilze auf dem Deckglas wurde ich angeregt ein 40 Jahre altes Thema wieder auszugraben. Konidien von echtem Mehltau keimen auf allen Unterlagen aus und versuchen mit einer Bohrhyphe darin einzudringen. Bei einem Blatt gelingt das und die Hyphe kann sich mit Nahrung versorgen und weiterwachsen, auf Glas stellt sie das Wachstum notgedrungen ein - hier ein kurzes Youtube-Filmchen einer Spore des Rebenmehltaus (leider gings damals nicht besser).

https://www.youtube.com/watch?v=efHNsWHKyh8

Man sieht, wie ein Appressorium gebildet wird, ein Struktur die fest an der Unterlage haftet, sodass die nach unten herauswachsende Bohrhyphe (hier nicht sichtbar) auch einen entsprechenden Druck ausüben kann. Durch Experimente mit sehr dünnen Acrylfolien konnten wir zeigen, dass das Eindringen in das Blatt nicht (wie oft vermutet) enzymatisch erfolgt, sondern mechanisch.

Viele Grüße

Rolf

jcs


Wes

Hallo Rolf,

sehr interessant! Wie lange dauert die Videoaufzeichnung und wissen Sie, welche Kraft das Appressorium erzeugt?

lg
Wes

reblaus

#3
Hallo Wes -

leider habe ich viele Unterlagen nicht mehr bzw. es haben nur einige Daumennagel-Grafiken überlebt, sodass ich auf mein schwindendes Gedächtnis angewiesen bin.
Die Aufnahmedauer war so etwa 1 std bei Zimmertemperatur.
Das Appressorium (AP) übt selbst kaum Druck aus, es ist lediglich fest angeheftet. Der ganze Druck wird auf die Spitze der Penetrationshyphe (PH) konzentriert, die etwa 1 mü dick ist. Die Abbn 1-3. zeigen REM-Aufnahmen von Gefrierbrüchen eines infizierten Rebblattes mit (1) einem Appressoriums von oben und (2) von der Seite, bei letzterem kann man die PH erkennen weil sich die "Klebeverbindung" zwischen AP mit dem Blatt durch die Präparation gelöst hat.
(3) zeigt eine Epidermiszelle, die erfolgreich penetriert wurde - die PH hat ein Hausthorium gebildet. Übrigens wird die Blattzelle dabei nicht etwa abgetötet - das HT ist lediglich eine Art Einstülpung

Dass das Eindringen mechanisch erfolgt, konnte man demonstrieren, indem man schwimmende Acrylfolien unterschiedlicher Dicke präparierte auf denen die Sporen ebenfalls APs mit PH bilden, die dann penetriert wurden.

Übrigens wehrt sich das Bltt oft erfolgreich gegen die PH - Abb. 4 zeigt einen 1 mü- Schnitt durch einigen Epidermiszellen mit oben aufliegendem AP. Bei der linken  erkennt man einen Eindringversuch, der durch warzenartige Verdickung der Zellwand abgewehrt wurde, bei der mittleren hat sich erfolgreich ein HT gebildet.

Viele Grüße

Rolf



mikrowastl

vielen Dank, Rolf.

Das sind tolle Darstellungen, grade auch der Film.

Das Thema Pilze und Pflanzen ist soo spannend (nach einem Vortrag über Mycorrhizas bin ich begeistert davon).
Da freue ich mich sehr über solche detaillierten bildlichen Informationen.

Hans
Vorstelllung: https://www.mikroskopie-forum.de/index.php?topic=33417.0
Axiostar plus /Wild M7s
,,Ich vermute inzwischen stark, dass ich doch nichts weiß!"

reblaus

Hallo -

bevor mir das jemand aufs Brot schmiert: Natürlich schreibt sich das Haustorium ohne h - ich habe das nachträglich korrigiert

Gruß

Rolf

Wes

Ein faszinierendes Thema, und ich mag besonders die histologischen Schnitte (wenn Sie mehr davon haben, können Sie sie gerne weitergeben). Laut Wikipedia kann der osmotische Druck, der vom Appressorium ausgeübt wird, bis zu 8 MPa (etwa 80 Kilogramm pro Quadratzentimeter) erreichen, das ist ein gewaltiger Schlag für die Pflanzenzellwand.

Beste Grüße
Wes

reblaus

Hallo -

in der Tat habe ich noch einige kleine Bilddateien ausgegraben.
Auf dem ersten Foto sieht man lichtmikroskopische eine an drei Stellen erfolgreiche Abwehr von Penetrationsversuchen des Pilzes.
Das zweite ist eine TEM-Aufnahme bei der sich die linke Zelle mit einer sehr überzeugenden Zellwandverdickung wehren konnte; rechts hat es der Mehltau geschafft und ein Haustorium gebildet.
Mit einiger Phantasie kann man da auch sehen, dass die Penetrationshyphe (sie ist ein Stück weit sichtbar) zwar die Zellwand durchbohrt hat aber nicht die Zellmembran. Diese wird nur eingestülpt und vermutlich "umprogrammiert" d.h. die Zelle bleibt im Prinzip intakt, muss aber jetzt durch die Zellmembran hindurch das Haustorium versorgen.

Hat mich seinerzeit auch sehr fasziniert.

Viele Grüße

Rolf