Erfahrungen mit einem SHK-Nachbau oder: nicht immer ist der Anwender schuld...

Begonnen von Orkim, Februar 11, 2023, 17:52:05 NACHMITTAGS

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Orkim

Es war mir ein Rätsel: die Schnitte durch mein dankbares, bevorzugtes Übungsmaterial Efeu (Hedera Helix) mit einem von einem kleinen Onlineshop erworbenen Klingenhalter Bauart "SHK" (es handelt sich nicht um das Original – was ich bei Bestellung aber nicht wußte) wollten einfach nicht gelingen. Nun bin ich mangels Mikroskopiker-Kollegen im Umfeld Autodidakt und lerne noch, aber als es trotz sorgfältigem Vorgehen auch beim x-ten male nur nicht reproduzierbaren Ausschuß gab, habe ich das Zylindermikrotom und den hochgelobten Klingenhalter beiseite gelegt. Es wurde mit Rasier- und Cutterklingen geschnitten und die Schuld für die mißratenen Schnitte darauf geschoben - bis ich heute eine Roundfin 1601B, die ich dankenswerter Weise von einem Forumsmitglied erhielt, eingelegt habe. Und so klärte sich die Sache dann auf: der Anschlag für die Klinge ist nicht maßhaltig, die Klinge verläuft nicht parallel zur Kante des Halters, sondern weicht um 0,9 mm zurück. Interessehalber habe ich mal ein wenig Euklid und seine Geometrie bemüht: das Zurückweichen der Klinge um 0,9 mm führt bei 14 Grad Anstellwinkel zu einem vertikalen Versatz der Schnitthöhe von 220 µm (!) auf 80 mm Klingenlänge. Die nutzt man natürlich nicht, aber auch bei 20 mm Klingenbewegung rechtwinklig zur Schneidrichtung ergibt sich ein Höhenversatz von > 50 µm.
Fazit: Finger weg! Der Klingenhalter aus unbekannter Produktion ist schlampig gefertigt und schlichtweg unbrauchbar. Ich bin zu arm für schlechtes Werkzeug, halte mir aber zu Gute dass ich bei der Bestellung nichts von der o.a. Problematik ahnte - und auch nicht davon, dass es auch (schlechtgemachte) Nachbauten vom originalen SHK-Klingenhalter gibt. Werte Botanik-Neueinsteiger-Mikrokopie-Interessierte: bleibt beim Original! Und darum werde ich mich jetzt auch kümmern...

Ein schönes Wochenende,
Gruß Peter



"It is a good thing to own a microscope; it is a far better thing to use the microscope"
(H.Scherren - Ponds and Rock Pools)

Bob

Hallo Peter,
ragt denn die Klinge eigentlich über die Unterkante des Metallteils des Halters hinaus? Und der Spalt zwischen Kunststoffgleitplatte und Metallteil, schließt der sich wenn der Halter zusammengeschraubt wird?
Ein richtig sitzender Anschlag ließe sich dann einfach herstellen so dass der Halter verwendbar wäre.

Viele Grüße,

Bob

Orkim

Hallo Bob,

der Spalt zwischen PTFE-Platte und Halter schließt sich bei mäßigem Druck auf den Halter. Ich hatte ohnehin schon vor, die Platte auszuwechseln und habe mir entspr. Ersatz besorgt, da mir der Ausschnitt auf der Unterseite recht groß erscheint und ich bei der Glasplatte meines kleinen Mikrotoms ( 68 mm) schon oft an der Kante abgerutscht bin. Ich weiß allerdings nicht, wie breit die Aussparung beim Original ist (alle Bilder zeigen den Orig.-Lieferzustand).
Die Unterkante hingegen ist einwandfrei ausgeführt, es ist ein kleiner Spalt vorhanden zwischen Lineal und Boden des Halters, d.h. die Schnittebene liegt unterhalb des Niveaus der Unterkante.
Gruß, Peter

P.S.: wie könnte man denn den Anschlag korrigieren?

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(H.Scherren - Ponds and Rock Pools)

Bob

Der Anschlag muss nichts aushalten, Peter, der dient ja nur zum richtigen Orientieren bevor man die Klinge dann klemmt. Du könntest also einfach Anschläge aus ein bis zwei Klecksen 2-Komponenten-Kleber, Heißkleber oder UHU Hart machen, die Klinge dabei so positionieren dass die Schneide parallel zur Sohle verläuft. Ölst Du die Klinge ganz dünn ein, dann lässt sie sich vom Klebstoff auch Lösen.
Über Luft zwischen Kunststoff und Metall wäre ich nicht so froh, weil dadurch die klare haptische Rückmeldung aufgeweicht wird, dass der Halter satt aufliegt.

Wutsdorff Peter

Guten Abend Namensvetter,
Der Spalt zwischen Kunststoff (Teflon?) ist in der Tat ein Konstruktions/Fertigungsfehler.
Diesen Spalt würde ich mit der Fühlerblattlehre ausmessen und dann entsprechend ausfüllen.
Eine einfachere Methode, um die Parallelität von Schneide und Unterlage zu testen, ist das Schneiden selbst:
Wenn beim Schneiden mit einem Ende der Klinge die Schnitte gerade sehr dünn ausfallen,, das andere Ende mit dem gleichen Schnitt dieser Schnitt immer dicker wird, dann liegt am Ende die Klinge zu tief.
Entsprechendes gilt umgekehrt. Durch entsprechende Beilagen aus Tesafilm zwischen Kunststoff und Metall kann diesem Übel abgeholfen werden.
Gruß vom Inschenör Peter

Fahrenheit

Liebe Pflanzenschnippler,

den besagten Halter (und einige andere aus der selben Produktion) habe ich hier auf meinem Schreibtisch neben mir liegen. Alle haben ein Problem mit den Fertigungstoleranzen und sind teils tatsächlich unbrauchbar. Ich war dazu im Gespräch mit dem Hersteller, der mich gebeten hatte, die Halter zu testen - auch bezüglich des Anstellwinkels der Klinge. Der Kontakt wurde abgebrochen, als es auch bei der zweiten Nachlieferung Mängel gab.

Mittlerweile ist der Shop erloschen - auch ein Grund, warum die Roundfin Klingen nicht mehr einfach erhältlich sind, sondern in China bestellt werden müssen (dazu gab es aber einen eigenen Thread).

Herzliche Grüße
Jörg
Hier geht's zur Vorstellung: Klick !
Und hier zur Webseite des MKB: Klick !

Arbeitsmikroskop: Leica DMLS
Zum Mitnehmen: Leitz SM
Für draussen: Leitz HM

Wutsdorff Peter

#6
Hier zur Erläuterung:
"Entsprechendes gilt umgekehrt."
Wenn beim Schneiden über die ganze Länge der Klinge am Ende der Schnitt ausbricht, d.h. die Klinge rel. zum Schnitt höher liegt, dann liegt offensichtlich die Klinge am unteren Ende zu hoch.
Soweit zur Ergänzung.
Ich habe  übrigens, wie schon beschrieben, meinem Handmikrotom einen größeren Tisch verpaßt (D=90 mm). Dann kann der Klingenhalter nicht kippeln. Von einem Geschäft, das Fliesen anbietet/verlegt, habe ich mir eine Scheibe mit den gewünschten Durchmessern schneiden lassen. Kosten ca. 40€.
Gruß Peter