Obertrumia aurea im blaugrünen Gewand

Begonnen von KayZed, Juni 30, 2024, 14:05:18 NACHMITTAGS

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KayZed

Liebe Mikrofreunde,

viele kennen das große Juwelentier mit bunten Nahrungsvakuolen. In einer Feuchtgraben-Probe ist mir nun eine blaugrüne Variante untergekommen. Beim Blick durch das Stereomikroskop dachte ich zunächst an Paramecium bursaria, das grüne Pantoffeltier. Das schied aber schnell aus, als ich die große Reuse mit dem 25er ausmachte.
Ein Blick in den "Foissner" (Bd III S 346ff) führte mich schnell auf die Spur von Nassula, obwohl die Färbung so gar nicht danach aussah. Zoochlorellen schieden aus, da es sich offensichtlich um einzellige bis kurzkettige Cyanobakterien handelte. Der ca. 300 µm große Ciliat lebt vorwiegend von "Blaualgen". Er musste sich kurz vorher damit vollgefressen haben, weil noch keine "bunten" Nahrungsvakuolen infolge des Verdauungsvorgangs zu sehen waren.
Außer Nassula ornata käme nach Foissner noch Obertrumia aurea in Frage, dessen Reuse ebenfalls einen Ring besitzt, der den Mundapparat in der Zelle fixiert. Von der Größe und Form her liegt allerdings N. ornata näher.

Da ich den Cilaten mit dem 50er gut fixierten konnte, habe ich ein kleines Video erstellt.


Viel Spass
Klaus

PS: Nach Martins Hinweis ist es wohl doch Obertrumia. Ich habe deshalb den Betreff entsprechend geändert.
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Martin Kreutz

#1
Hallo Klaus,

ich glaube, dass es sich bei Deinem Ciliaten nicht um Nassula ornata handelt, sondern um Obertrumia aurea, welchen Du selbst schon als alternative Möglichkeit in Betracht gezogen hast. Ich schließe dies aus der Abwesenheit von Extrusomen. In Deinem gut aufgelösten Video sind keine zu erkennen. Nassula ornata besitzt 8-10 µm lange, spindelförmige Extrusome, die mit dem 50er schon deutlich zu sehen wären. Zudem sind die "alten" Nahrungsvakuolen alle gelb oder orange gefärbt (und nicht blau, violett oder rot) was für Obertrumia aurea typisch ist. Falls Du noch Exemplare vorrätig hast, kannst Du vielleicht nochmal auf die Anwesenheit oder Abwesenheit von Extrusomen prüfen.

Schönen Abend

Martin

KayZed

Hallo Martin,

schön, wenn ein Experte wie du doch noch im Forum mitliest..
Ich habe zwar die Extrusomen von Obertrumia bei Foissner schon gesehen, aber irgendwie die Bedeutung nicht realisiert, weil ich sie in meinem Video nicht erkennen konnte. Ich dachte mir, dass es an der Auflösung läge. Ich werde den Betreff korrigieren.

Herzlichen Dank für deine Bestimmungshilfe.

Liebe Grüße
Klaus

PS: Bin gespannt, welche Organismen du am Pillersee entdeckt hast. Sie werden ja auf deiner Webseite mal auftauchen.
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Martin Kreutz

Hallo Klaus,

Du meinst wahrscheinlich "die Extrusomen von Nassula" (sorry für die korinthen....). Ja, Extrusome sind ein enorm wichtiges Bestimmungsmerkmal. Das wurde mir von einem inzwischen verstorbenen Professor auf Grund einiger krasser Fehlbestimmungen meinerseits eingebläut!

Tatsächlich bin ich mit den Pillerseeproben immer noch beschäftigt. Aber zwei Schalenamöben von dort habe ich schon eingestellt:

https://realmicrolife.com/hyalosphenia-elegans/
https://realmicrolife.com/archerella-flavum/

Martin


KayZed

#4
Ja klar, Martin!

War ein Versehen!
Unabhängig von der Auflösung dachte ich, man könne bei einem so vollgefressenen Exemplar ohnehin kaum Extrusomen sehen. Ist aber wohl ein Irrtum. Mein Vieh war ja auch schon ziemlich flach gedrückt.

Deine neu eingestellten Amöben sind wie immer phantastisch. Besonders die Aufhängung an den Plasmafäden bei Hyalosphenia ist eindrucksvoll. Ich habe die beiden Amöben gar nicht dem Pillersee zugeordnet, weil du verständlicherweise die Moor-Namen angegeben hast.

Ich habe letztes Jahr in einem nahegelegenen Hochmoor auch eine Hyalosphenia gefunden. Sie war vollgefressen mit Grünalgen, auch deshalb nicht so schön transparent. Ich hänge mal ein Bild mit DIK 50 an:



Weil ich gerade dabei bin.
Gestern ist mir vermutlich ein kleiner Sauginfusor unters Okular gerutscht:
18 µm lang, zentraler Nukleus, Kontraktile Vakuole mit Zuführbläschen, braune Nahrungsvakuolen, möglicherweise Öltropfen, langsame Tentakelbewegung mit "Knoten"-Bildung.
Die Bilder sind nicht optimal (Schichtdicke!), ich zeige sie trotzdem mal. Vielleicht hast du eine Idee.



Herzliche Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Martin Kreutz

Hallo Klaus,

das ist Hyalosphenia papilio, welche ich ebenfalls beim Pillersee Treffen gefunden habe. Die Bilder harren ihrer Bearbeitung jedoch noch in der Kamera. Das sind keine phagozytierten Grünalgen in Hyalosphenia, sondern Zoochlorellen. Sie sind konstant in allen Exemplaren vorhanden.

Dein Sauginfusor ist mit ziemlicher Sicherheit eine Amöbe, nämlich Nuclearia. Dies erkenne ich an dem deutlichen, zentralen Nucleolus. Alle Sauginfusoren (soweit ich weiß) besitzen keinen zentralen Nucleolus. Nucelaria ist bekannt dafür bei Stress diese "Bläschen" an den Filopodien zu bilden.

Martin

KayZed

Hallo Martin,

deine kompetenten Einschätzungen machen Freude.

Bei Hyalosphenia habe ich mich schon mit der Gattung zufrieden gegeben und bin noch gar nicht bis zur Artbestimmung vorgedrungen. Nachdem deine H. elegans so schön transparent war, dachte ich, dass meine wohl Grünalgen gefressen hatte. Zugegeben etwas dilettantisch oder anders ausgedrückt, ich war zu faul, um genauer nachzuschauen.

Danke für die Nuclearia-Einordnung. Hätte ich auch draufkommen müssen, in meinem Nackt-Amöben-Ordner befinden sich schon zwei Exemplare. Nur die Bläschenbildung hat mit irritiert. Und - wieder etwas dazu gelernt - unter meinen Sauginfusorien-Aufnahmen finde ich keine mit zentralem Nucleolus.

Schönen Abend
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7