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Wo die Steine wachsen

Begonnen von Florian D., Oktober 03, 2024, 22:21:32 NACHMITTAGS

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Florian D.

Glückauf Forum,

auf einer Exkursion, an der ich neulich teilgenommen hatte, sahen wir auch Onkolithe, also Kalkkonkretionen biogenen Ursprungs. Es wurde darauf hingewiesen, dass diese sich auch heute noch bilden, z. b. in dem Flüsschen Moosach bei Freising. Da bin ich heute auf Suche gegangen, obwohl das Wasser schon recht kalt war. Vollständige Knollen habe ich nicht gefunden, aber Kalkkrusten, die sich auf der sonnenbeschienenen Oberseite von Geröll ablagern.

Viele Grüsse
Florian

Florian D.

#1
Das Tümpeln ist ja nicht so mein Metier, insofern bitte ich die Qualität der Bilder zu entschuldigen. Habe jetzt etwas abgekratzt. Sehe Grünalgen, und viele kleine Blaualgen und Dinoflagellaten Diatomeen.

IMG_0067.JPG
IMG_0083.JPG
IMG_0084.JPG

Über die entsprechenden Onkolithe der Alz gibt es eine lesenswerte Dissertation:
https://edoc.ub.uni-muenchen.de/8314/1/Haegele_Daniela.pdf

Florian D.

Vielleicht noch ein Bild der Steine. Man sieht, dass die Krusten nur auf einer Seite wachsen.

purkinje

Hallo Florian,
interessanter Beitrag. Diese Steine kenn ich aus der Alz, habe sie aber bisher nicht mit diesem Hintergrund gesehen. Manchmal liegen die interessanten Sachen direkt vor einem  ;)
Beste Grüße Stefan

KayZed

#4
Hallo Florian,

schön, dass es im Forum wieder mal einen mikro-geologischen Beitrag gibt.

Im Prinzip sind die Kalkabscheidungen oder -ausfällungen, dort wo Wasser fließt, weit verbreitet. Es ist sicher allgemein bekannt, dass im kalkhaltigen Wasser durch Druck- bzw. Temperaturveränderungen (Erwärmung), vor allem aber durch photosynthetische Organismen der CO2-Gehalt verringert und damit Kalk ausgefällt wird.
Ob Travertin-, Kalksinter-, Kalktuff- oder Onkoid-Bildung, im Grunde ist der Vorgang der Gleiche.

Die Algen, die du von der Steinoberfläche abgekratzt hast, müssen allerdings nicht unbedingt etwas mit der Onkoid-Bildung zu tun haben, sondern könnten auch eine sekundäre Besiedelung darstellen.
Während beim Kalktuff Moose beteiligt sind, besteht der Biofilm bei der Onkoid-Bildung offensichtlich vor allem aus kalzifizierenden Cyanobakterien.

Aber auch an Tuff-Krusten können solche Cyanos beteiligt sein. Bekannt dafür ist die "Schwingalge" Phormidium incrustatum. An einer Kalkquelle südlich des Wendelsteins konnte ich vor einiger Zeit viele Kalksteine finden, die mit aktiven vermutlich Phormidium-Kolonien überzogen waren. Dazu die Aufnahme eines Handstücks.



Deinem sehr lesenswerten Literatur-Link zufolge (herzlichen Dank dafür!) läuft die Onkoid-Bildung offensichtlich stromatolithisch in feinsten Schichten ab. Durchaus ähnlich, aber etwas gröber und anders verursacht, findet man diesen Vorgang auch in der Travertin-Bildung. Dazu ein Beispiel eines Sinterkalkstückes aus den ehemaligen Mangfall-Steinbrüchen bei Weyarn.




Herzliche Grüße
Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Gerd Schmahl

Hallo Florian,
wo sind da  Dinoflagellaten?
Das letzte Bild zeigt eine Diatomee = Kieselalge.

Die Steine selber sehen für mich aber wie ganz normale Flußkiesel aus, nicht wie Onkolithe. Sind die tatsächlich aus Kalk? Wenn das Onkolithe sind, müssten sie zonal aufgebaut sein. Ich halte das für den ganz normalen Bewuchs, den man in jedem Fluss/Bach auf den Steinen finden kann, natürlich in unterschiedlicher Ausprägung und unterschiedlichem Artenspektrum je nach Wasserqualität/Fließgeschwindigkeit.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Florian D.

Kann jemand diese Algen, zumindest grob, ansprechen?

KayZed

#7
Hallo Gerd,

das stimmt schon. Zunächst sind das ganz normale Flusskiesel aus Kalk oder Silikaten (die Alz liegt noch im Einzugsbereich des ehemaligen Chiemseegletschers), also im geologischen Sinn keine Onkolithe, die ja meist vollständig aus Onkoidbildungen enstanden sind.

Allerdings sieht man auf der Oberfläche deutliche (Kalk)-Kuppen. Das sind wohl die rezenten Onkoid-Bildungen, die für die Alz im Oberlauf ziemlich typisch sind.
Die rötlichen Kiesel (Jurakalk oder Sandstein?) auf dem letzten Bild zeigen aber auch die üblichen Kalkkrusten, wenn Flusssteine länger aneinanderliegen und von kalkhaltigem Wasser durchflossen werde

Während Onkoide im Zentimeterbereich angesiedelt sind, gibt es sozusagen als kleinere Variante im Millimeterbereich die sog. Ooide, kleine Kügelchen, die auf ähnliche Weise um Kristallisationkerne im Flachwasser von Lagunen entstanden und durch ein Bindemittel (meist Kalk) zu Oolithen verbacken sind.
Dazu ein Bild eines angeschliffenen Handstücks des sog. Rogensteins vom Heeseberg bei Braunschweig. Der Schichtenaufbau ist noch ansatzweise zu erkennen (Zoomen!).



LG Klaus
Zeiss Stemi 508
Zeiss Jenaval Kontrast
Nikon Z7

Florian D.

#8
Gerd, hast natürlich recht, wollte Diatomeen schreiben, nicht Dinoflagellaten. Natürlich kann man das nur als Bewuchs und nicht als richtige Onkolithe ansehen, aber der Bildungsprozess ist wohl derselbe, nur ist hier halt der "Kristallisationskeim" recht gross. Klaus hat das ja schön ausgeführt. Der Belag schäumt schon mit Essigsäure, es wird also Kalk abgeschieden.
Heute habe ich das 100 Ölobjektiv angeflanscht. Anbei ein paar bessere Bilder.
Gelbgrünalge Vaucheria?
IMG_0087.JPG
IMG_0088.JPG
Cyanobakterium Oszillatoria?
IMG_0092.JPG
Diatomee Gyrosigma?
IMG_0102.JPG
Grünalge?
IMG_0104.JPG

Florian D.

Letztes Bild vielleicht Microspora?

Gerd Schmahl

Hallo Florian,
Deine Algenbestimmungen gehen schon in die richtige Richtung. Hast Du die mal mit Polarisation angeguckt? Auf dem zweiten Bild des letzten Beitrags sieht es aus, als wäre da eien schöner Calzit-Zwilling zu sehen.

Hallo Klaus,
Rogenstein habe ich selber schon dünngeschliffen. Ich liebe dieses Gestein. Das entsteht aber bei ständigem Wellenschlag im Brandungsbereich von tropischen Meeren.

LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.

Florian D.

Lieber Gerd,

Freilich hab ich den Zwilling in Pol angeschaut! Die Kristalle haben positive Elongation. Das passt nicht zu Calcit. Ich hätte vielleicht an Whewellit (Calciumoxalat) gedacht.

Viele Grüsse
Florian

Gerd Schmahl

Hallo Florian,
Calziumoxalat klingt natürlich auch plausibel, obwohl ich das noch nie bei Wasserpflanzen gesehen habe.
LG Gerd
Man sagt der Teufel sei, im Detail versteckt,
doch hab' ich mit dem Mikroskop viel Göttliches entdeckt.